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Mietrecht Lexikon

Kündigung wegen Eigenbedarf

erstellt von RA Alexander Liese

Was genau bedeutet Eigenbedarf, und unter welchen Umständen darf der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen?

Eigenbedarf bedeutet, dass der Vermieter die vermietete Wohnung für sich selbst, für nahe Familienangehörige oder für Angehörige seines Haushalts benötigt. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist eine der wenigen Ausnahmen, bei denen der Vermieter einen unbefristeten Mietvertrag ordentlich kündigen kann. Diese Möglichkeit ist jedoch gesetzlich eng geregelt und darf nicht missbräuchlich verwendet werden. Der Vermieter muss in der Kündigung nachvollziehbar darlegen, dass er oder eine berechtigte Person die Wohnung für sich selbst als Wohnraum benötigt. Hierbei muss der Vermieter den genauen Bedarf erläutern und darlegen, warum die Nutzung der Wohnung für den genannten Zweck erforderlich ist. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist zum Beispiel zulässig, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, für seine Kinder, Eltern oder andere enge Verwandte benötigt. Die Kündigung darf jedoch nicht erfolgen, wenn es sich lediglich um einen vorgeschobenen Grund handelt, um den Mieter aus der Wohnung zu verdrängen. In solchen Fällen kann der Mieter der Kündigung widersprechen und unter Umständen Schadensersatz verlangen.

Welche Personen fallen unter den Begriff „Eigenbedarf“? Kann der Vermieter auch für entfernte Verwandte oder Freunde kündigen?

Unter den Begriff „Eigenbedarf“ fallen in erster Linie der Vermieter selbst und seine nahen Familienangehörigen, wie Kinder, Eltern, Geschwister, Enkel oder Großeltern. Auch Ehepartner und Lebenspartner können in den Eigenbedarf eingeschlossen werden. Darüber hinaus können auch Angehörige des Haushalts des Vermieters, etwa Pflegekinder oder Lebensgefährten, für die eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgesprochen wird, wenn sie dauerhaft im Haushalt des Vermieters leben sollen. Der Eigenbedarf kann grundsätzlich nicht für entfernte Verwandte, wie Cousins oder Schwäger, oder für Freunde geltend gemacht werden. In einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofes, ist eine Eigenbedarfskündigung für entferntere Verwandte mit denen eine besondere Nähebeziehung besteht nicht mehr möglich. Vielmehr hat der BGH klargestellt, dass nur für solche Angehörige ein Eigenbedarf geltend gemacht werden kann, denen auch ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Diese Angehörigen sind in § 383 Abs. 1 ZPO und 52 Abs. StPO abschließend aufgelistet.

Welche Fristen muss der Vermieter bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs einhalten?

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs muss der Vermieter die gesetzlichen Kündigungsfristen einhalten, die sich nach der Dauer des bestehenden Mietverhältnisses richten. Diese Fristen betragen:

  • Drei Monate, wenn das Mietverhältnis weniger als fünf Jahre besteht.
  • Sechs Monate, wenn das Mietverhältnis zwischen fünf und acht Jahren besteht.
  • Neun Monate, wenn das Mietverhältnis länger als acht Jahre besteht.

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und den Kündigungsgrund, also den Eigenbedarf, klar und nachvollziehbar darlegen. Zudem muss der Vermieter die gesetzliche Kündigungsfrist einhalten. Die Frist beginnt mit dem Zugang der Kündigung beim Mieter. Der Mieter hat das Recht, der Kündigung zu widersprechen, insbesondere wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine unzumutbare Härte darstellen würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Der Widerspruch muss jedoch spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter mitgeteilt werden. In jedem Fall sollte der Vermieter die Eigenbedarfskündigung sorgfältig vorbereiten und alle gesetzlichen Vorgaben einhalten, um die Kündigung rechtssicher zu gestalten und mögliche Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Muss der Vermieter den Eigenbedarf nachweisen, und wie detailliert muss die Begründung in der Kündigung sein?

Ja, der Vermieter ist verpflichtet, den Eigenbedarf in der Kündigung detailliert darzulegen und nachzuweisen. Nach 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss der Vermieter in der Kündigung die Person benennen, für die die Wohnung benötigt wird, und das berechtigte Interesse an der Wohnung darlegen. Dies bedeutet, dass er konkret erläutern muss, warum die betreffende Person die Wohnung benötigt und welche Umstände den Eigenbedarf rechtfertigen. Es reicht nicht aus, wenn der Vermieter pauschal behauptet, die Wohnung zu benötigen. Stattdessen muss er nachvollziehbare und konkrete Gründe angeben, wie zum Beispiel, dass ein Familienmitglied in die Nähe ziehen möchte, eine berufliche Notwendigkeit besteht oder gesundheitliche Gründe vorliegen.

Die Begründung muss so ausführlich sein, dass sie dem Mieter die Möglichkeit gibt, die Kündigung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Eine unzureichend begründete Eigenbedarfskündigung kann von den Gerichten als unwirksam angesehen werden.

Was kann ich tun, wenn ich Zweifel an der Richtigkeit des angegebenen Eigenbedarfs habe?

Wenn Sie Zweifel an der Richtigkeit des angegebenen Eigenbedarfs haben, stehen Ihnen mehrere Optionen zur Verfügung, um Ihre Interessen zu wahren. Zunächst können Sie den Vermieter auffordern, weitere Belege für den behaupteten Eigenbedarf vorzulegen. Dabei sollten Sie Ihre Zweifel konkret darlegen und begründen, warum Sie die Angaben des Vermieters anzweifeln.

Haus und Haustürschlüssel werden übergeben

Bild von Tumisu auf Pixabay

Sollte der Verdacht bestehen, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist, sollten Sie sich anwaltliche Hilfe holen.

In einem gerichtlichen Verfahren wird der Vermieter dann verpflichtet, den Eigenbedarf detailliert nachzuweisen. Sollte das Gericht zu dem Schluss kommen, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht ist, wird die Kündigung für unwirksam erklärt, und Sie haben das Recht, in der Wohnung zu bleiben. Sie sollten in jedem Fall frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Auseinandersetzung einschätzen zu können.

Habe ich Anspruch auf eine Entschädigung oder eine Ersatzwohnung, wenn mir wegen Eigenbedarfs gekündigt wird?

Grundsätzlich besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Entschädigung oder eine Ersatzwohnung, wenn Ihnen wegen Eigenbedarfs gekündigt wird. Das Gesetz sieht lediglich vor, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse nachweisen muss, um die Kündigung wirksam auszusprechen. Allerdings ist der Vermieter verpflichtet, Ihnen eine Alternativwohnung anzubieten, wenn dieser eine geeignete leerstehende Wohnung in seinem Bestand hat.  

In der Praxis sind Vermieter manchmal bereit, eine Entschädigung zu zahlen oder eine Ersatzwohnung anzubieten, um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden. Auch in Fällen, in denen der Eigenbedarf als unrechtmäßig erkannt wird oder der Vermieter den Eigenbedarf nicht ausreichend nachweisen kann, kann eine Entschädigung in Betracht kommen. Sollte der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen sein und dies nach Ihrem Auszug nachweisbar sein, könnten Sie unter Umständen auch nachträglich Schadenersatzansprüche geltend machen. Es empfiehlt sich, solche Möglichkeiten frühzeitig mit einem Rechtsanwalt zu besprechen, um Ihre Chancen auf eine angemessene Lösung zu maximieren.

Welche besonderen Schutzrechte habe ich als Mieter, wenn ich schon lange in der Wohnung lebe oder besondere soziale Härtefälle vorliegen?

Mieter, die schon lange in der Wohnung leben oder bei denen besondere soziale Härtefälle vorliegen, genießen im deutschen Mietrecht einen erhöhten Kündigungsschutz. Das Gesetz sieht vor, dass in solchen Fällen eine Abwägung der Interessen des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses und dem Eigenbedarf des Vermieters stattzufinden hat, wenn der Mieter rechtzeitig Widerspruch gegen die Kündigung erhebt. Wenn Sie beispielsweise seit vielen Jahren in der Wohnung leben, sich dort ein soziales Netzwerk aufgebaut haben oder gesundheitlich beeinträchtigt sind, können diese Umstände als Härtegründe geltend gemacht werden (§ 574 BGB). Ein weiterer Härtefall liegt vor, wenn Sie sich in einer wirtschaftlich prekären Lage befinden und keine vergleichbare Wohnung zu erschwinglichen Konditionen finden können.

In solchen Fällen können Sie der Eigenbedarfskündigung widersprechen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und die Gründe detailliert darlegen, warum ein Auszug für Sie unzumutbar wäre. Die Gerichte wägen in diesen Fällen die Interessen beider Parteien ab. Besonders bei langjährigem Mietverhältnis oder schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen tendieren die Gerichte dazu, den Interessen des Mieters Vorrang zu geben. Auch hier empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen, um die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs bestmöglich einzuschätzen und zu erhöhen.

Was passiert, wenn der Vermieter nach meinem Auszug die Wohnung nicht wie angegeben für den Eigenbedarf nutzt? Habe ich dann rechtliche Ansprüche?

Wenn der Vermieter die Wohnung nach Ihrem Auszug nicht wie angegeben für den Eigenbedarf nutzt, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Schadenersatzansprüche geltend machen. Es handelt es sich um einen Missbrauch des Kündigungsrechts, wenn der Vermieter bereits bei Ausspruch der Kündigung nicht vorhatte, die Wohnung tatsächlich für den angegebenen Zweck zu nutzen, oder wenn er nach dem Auszug seine Pläne ohne nachvollziehbaren Grund ändert.

Sollte sich herausstellen, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war oder der Vermieter die Wohnung kurz nach Ihrem Auszug anderweitig vermietet oder verkauft hat, können Sie Schadensersatz verlangen. Dieser Schadensersatz umfasst typischerweise Umzugskosten, Maklergebühren und eventuell höhere Mietkosten in der neuen Wohnung. Der Schadensersatz kann auch für den immateriellen Schaden, den der Verlust der Wohnung verursacht hat, geltend gemacht werden.

Um solche Ansprüche durchzusetzen, müssen Sie nachweisen, dass der Eigenbedarf vorgeschoben war. Dieser Nachweis kann beispielsweise durch Zeugenaussagen, Dokumente oder eine lückenlose Beweissicherung erfolgen. Im Falle eines nachweisbaren Missbrauchs können Sie zusätzlich erwägen, den Vermieter auf Rücknahme der Kündigung und Wiedereinräumung des Mietverhältnisses zu verklagen. Da solche Fälle oft kompliziert sind und eine umfangreiche Beweisführung erfordern, ist es ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen.