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Anfechtung des Arbeitsverhältnisses

erstellt von RA Andrej Vodevic

Welche Gründe berechtigen zur Anfechtung eines Arbeitsvertrags?

Ein Arbeitsvertrag kann unter bestimmten Bedingungen angefochten werden. Diese Anfechtungsmöglichkeiten sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt. Die häufigsten Gründe sind ein Irrtum, arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung. Ein Irrtum, der zur Anfechtung berechtigt, kann in Form eines Inhaltsirrtums oder eines Erklärungsirrtums vorliegen. Beim Inhaltsirrtum war die Partei sich über den tatsächlichen Inhalt ihrer Erklärung nicht bewusst. Beim Erklärungsirrtum lag ein Fehler in der Erklärung vor, etwa durch ein Versprechen oder Verschreiben. Besonders relevant im Arbeitsrecht ist jedoch der Eigenschaftsirrtum, wenn es um wesentliche und dauerhafte Eigenschaften einer Person geht, die für das Arbeitsverhältnis relevant sind, wie z. B. berufliche Qualifikationen.

Justitia vor Bücherstapel

Bild von heberhenrique20 auf Pixabay

Ein weiteres Anfechtungsrecht besteht, wenn der Arbeitsvertrag durch arglistige Täuschung zustande kam. Das bedeutet, dass eine Partei vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat, die für den Vertragsschluss entscheidend waren. Auch eine widerrechtliche Drohung kann zur Anfechtung berechtigen. In solchen Fällen muss nachgewiesen werden, dass die Willenserklärung nur unter dem Einfluss dieser Drohung abgegeben wurde.

Welche Auswirkungen hat eine erfolgreiche Anfechtung auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis?

Die erfolgreiche Anfechtung eines Arbeitsvertrags hat erhebliche rechtliche Konsequenzen. Wenn die Anfechtung wirksam ist, wird der Vertrag rückwirkend so behandelt, als wäre er nie geschlossen worden. Bei einem bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnis bedeutet dies, dass das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung endet, ähnlich wie bei einer fristlosen Kündigung. In einem solchen Fall spricht man von einem sogenannten faktischen Arbeitsverhältnis, das durch die Anfechtung aufgelöst wird.

Im Unterschied zu einer Kündigung greift bei einer Anfechtung der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer nicht. Das bedeutet, dass selbst besondere Kündigungsschutzregelungen wie der Schutz für Schwangere oder schwerbehinderte Menschen hier keine Anwendung finden. Allerdings bleibt der Arbeitgeber weiterhin verpflichtet, bereits erbrachte Arbeitsleistungen zu vergüten. In der Regel wird der Arbeitnehmer dann so gestellt, als hätte er für die Dauer der Anfechtungsfrist gearbeitet, jedoch ohne Anspruch auf eine Kündigungsfrist oder Abfindung.

Welche Rechte haben Arbeitnehmer, wenn ihr Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung angefochten wird?

Zunächst muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Täuschung tatsächlich stattgefunden hat und für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war. Eine bloße Vermutung reicht hierbei nicht aus. Der Arbeitnehmer hat das Recht, die Vorwürfe zu bestreiten und kann verlangen, dass der Arbeitgeber die behaupteten Tatsachen nachweist. Wenn der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass keine arglistige Täuschung vorlag, bleibt der Arbeitsvertrag bestehen.

Auch nach einer erfolgreichen Anfechtung hat der Arbeitnehmer in der Regel Anspruch auf die Bezahlung der bereits geleisteten Arbeitsstunden bis zum Zeitpunkt der Anfechtung. In einigen Fällen kann der Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen, wenn die Anfechtung durch den Arbeitgeber willkürlich oder missbräuchlich erfolgt ist. Hier kommt es jedoch immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Welche Fristen sind bei der Anfechtung eines Arbeitsvertrags zu beachten?

Grundsätzlich gilt, dass die Anfechtung unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, erklärt werden muss, sobald der Anfechtungsgrund bekannt wird. Nach § 121 BGB bedeutet dies in der Regel wenige Tage bis maximal zwei Wochen. Bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung beträgt die Frist jedoch ein Jahr ab dem Zeitpunkt, an dem die Täuschung oder Drohung entdeckt wurde.

Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund erfährt. Versäumt der Arbeitgeber diese Frist, verliert er das Recht zur Anfechtung, und das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen. Es ist daher wichtig, dass Arbeitgeber bei Verdacht auf arglistige Täuschung oder Irrtum umgehend handeln, um ihre Rechte zu wahren.

Kann ein Arbeitsverhältnis aufgrund von Irrtum über persönliche Eigenschaften angefochten werden?

Ja, ein Arbeitsverhältnis kann wegen eines sogenannten Eigenschaftsirrtums angefochten werden, wenn sich der Arbeitgeber über wesentliche und für das Arbeitsverhältnis entscheidende Eigenschaften des Arbeitnehmers geirrt hat. Dabei handelt es sich um Umstände, die von erheblicher Bedeutung für die Ausführung der geschuldeten Arbeitsleistung sind und deren Vorliegen der Arbeitgeber bei Abschluss des Vertrags vorausgesetzt hat. Ein solcher Irrtum kann z. B. vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer Qualifikationen vorgibt, die er tatsächlich nicht besitzt, und diese für die Ausübung der Tätigkeit notwendig sind.

Ein klassisches Beispiel hierfür wäre ein Bewerber, der behauptet, über eine bestimmte berufliche Ausbildung oder Qualifikation zu verfügen, die für die zu besetzende Stelle erforderlich ist. Stellt sich nachträglich heraus, dass diese Angaben falsch waren, kann der Arbeitgeber den Vertrag wegen Eigenschaftsirrtums anfechten. Ein bloßer Irrtum über weniger bedeutende Details, wie zum Beispiel die exakte berufliche Erfahrung oder der Umfang früherer Tätigkeiten, rechtfertigt jedoch in der Regel keine Anfechtung.

Wichtig ist, dass die betroffene Eigenschaft objektiv von Bedeutung ist, um den Anfechtungsgrund zu rechtfertigen. Dabei muss es sich um eine dauerhafte Eigenschaft handeln; vorübergehende Zustände wie etwa eine Schwangerschaft oder eine kurzfristige Erkrankung fallen nicht darunter. Wenn der Arbeitnehmer beispielsweise eine schwerwiegende gesundheitliche Einschränkung hat, die ihn dauerhaft an der Ausführung seiner Aufgaben hindert, könnte dies unter Umständen ebenfalls einen Eigenschaftsirrtum begründen.

Kann ein Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag anfechten, wenn der Arbeitnehmer Vorstrafen verschwiegen hat?

Ein Arbeitgeber kann unter bestimmten Bedingungen ein Arbeitsverhältnis anfechten, wenn ein Arbeitnehmer relevante Vorstrafen verschwiegen hat. Hier kommt es darauf an, ob die Vorstrafen für die auszuübende Tätigkeit von Bedeutung sind und ob der Arbeitgeber berechtigt war, nach diesen Vorstrafen zu fragen. In der Regel darf der Arbeitgeber nur dann nach Vorstrafen fragen, wenn diese in direktem Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen.

Beispielsweise ist es in sicherheitsrelevanten Berufen wie dem Finanzsektor, dem Sicherheitsdienst oder der Kinderbetreuung durchaus zulässig, nach einschlägigen Vorstrafen zu fragen. Verschweigt ein Bewerber in solchen Fällen eine Vorstrafe, die seine Eignung für die Stelle infrage stellt, kann dies eine Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung rechtfertigen. Anders sieht es aus, wenn die Vorstrafen für die angestrebte Position irrelevant sind – in solchen Fällen wäre die Frage des Arbeitgebers unzulässig, und ein Verschweigen hätte keine rechtlichen Konsequenzen.

In welchen Fällen ist eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung möglich?

Eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung ist dann möglich, wenn eine Partei durch die Drohung dazu gebracht wurde, eine Willenserklärung abzugeben, die sie ohne die Drohung nicht abgegeben hätte. Im Kontext des Arbeitsrechts kommt dies selten vor, da Arbeitsverträge in der Regel freiwillig und ohne Zwang geschlossen werden. Jedoch können Fälle auftreten, in denen beispielsweise ein Arbeitnehmer unter Druck gesetzt wird, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, indem ihm andernfalls die fristlose Kündigung angedroht wird.

Für eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass er sich in einer Zwangslage befand und dass die Drohung objektiv geeignet war, ihn in seiner Entscheidungsfreiheit erheblich zu beeinträchtigen. Nicht jede Drohung rechtfertigt jedoch eine Anfechtung. Sie muss rechtswidrig sein, was bedeutet, dass das angedrohte Verhalten entweder an sich unzulässig war oder dass die Drohung mit rechtlich zulässigen Mitteln unverhältnismäßig war.

Wenn ein Arbeitnehmer erfolgreich angefochten hat, weil er unter Drohung zu einem Vertragsschluss gezwungen wurde, wird der Vertrag rückwirkend als nichtig angesehen. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre der Vertrag nie zustande gekommen. Das kann auch Ansprüche auf Schadensersatz umfassen, wenn der Arbeitnehmer durch die Drohung einen finanziellen Nachteil erlitten hat.

Welche Beweispflichten bestehen bei der Anfechtung eines Arbeitsvertrags?

Die Beweislast bei der Anfechtung eines Arbeitsvertrags liegt grundsätzlich bei der Partei, die die Anfechtung erklärt. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, der sich auf eine arglistige Täuschung, einen Irrtum oder eine widerrechtliche Drohung beruft, dies auch beweisen muss. Insbesondere bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist der Nachweis oft schwierig, da es sich um innere Tatsachen handelt, die nicht immer direkt zu belegen sind.

Der Anfechtende muss nachweisen, dass die täuschende Partei bewusst falsche Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat, die für den Vertragsabschluss ausschlaggebend waren. Dazu gehört auch der Nachweis, dass ohne die Täuschung oder Drohung die Willenserklärung nicht oder anders abgegeben worden wäre. Es reicht jedoch aus, wenn die Täuschung mitursächlich für den Vertragsschluss war; sie muss nicht die alleinige Ursache sein.