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Vorkaufsrecht bleibt bestehen: BGH-Urteil stärkt Siedlungsunternehmen

  • Teaser: Beim Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken kann das Vorkaufsrecht nicht nachträglich ausgehebelt werden, selbst wenn die ursprünglichen Vertragsparteien den Kaufvertrag aufheben möchten. Der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil die Position von Siedlungsunternehmen gestärkt.
  • Bildquelle: Symbolbild: KI-generiertes Bild
  • Beitragstext: Der Sachverhalt: Verkauf und Aufhebungsversuch In diesem Fall verkauften die Grundstückseigentümer mit notariellem Kaufvertrag zwei landwirtschaftliche Grundstücke in Hessen (1,4 ha und 2,3 ha) an eine GmbH & Co. KG, die dort eine Freiflächenphotovoltaikanlage errichten wollte. Da es sich um landwirtschaftliche Flächen handelte, war eine Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz erforderlich. Nach Beantragung der Genehmigung passierte Folgendes: Die Eigentümer und die Käuferin ließen durch Vertreter ohne Vollmacht den Kaufvertrag notariell aufheben. Zwei Tage später erhielten beide Parteien die Mitteilung, dass ein Siedlungsunternehmen sein Vorkaufsrecht ausgeübt hatte. Nach dieser Mitteilung genehmigten die Parteien den zuvor durch die vollmachtlosen Vertreter geschlossenen Aufhebungsvertrag notariell. Die Verkäufer wollten mit einer Klage feststellen lassen, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei. Sie argumentierten, dass der Kaufvertrag durch die nachträgliche Genehmigung der Aufhebung rückwirkend unwirksam geworden sei. Die zentrale Streitfrage Kann ein bereits ausgeübtes siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht nachträglich durch die Genehmigung eines zuvor von vollmachtlosen Vertretern geschlossenen Aufhebungsvertrags unwirksam werden? Diese Frage ist besonders relevant, weil die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts normalerweise auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt. Die Entscheidung des BGH Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen und dabei folgende wichtige Grundsätze klargestellt: Grundsätzliche Regel: Das Recht zur Ausübung eines Vorkaufsrechts setzt einen rechtswirksamen Kaufvertrag voraus. Bis zur Erteilung aller erforderlichen Genehmigungen können Verkäufer und Käufer das Vorkaufsrecht gegenstandslos machen, indem sie den Vertrag aufheben. Besonderheit beim siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht: Nach Zugang der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts können die ursprünglichen Vertragsparteien den Vertrag nicht mehr wirksam aufheben. Entscheidend für den Fall: Selbst wenn der Aufhebungsvertrag vor der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch vollmachtlose Vertreter geschlossen und erst danach genehmigt wurde, entfällt das bereits ausgeübte Vorkaufsrecht nicht rückwirkend. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass das Siedlungsunternehmen mit der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts eine "verfestigte Rechtsposition" erlangt, die ihm nicht mehr entzogen werden kann. Die sonst übliche Rückwirkung der Genehmigung nach § 184 BGB greift hier nicht zu Lasten des Vorkaufsberechtigten. Was bedeutet das Urteil für Sie? Für Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen: Wenn Sie eine landwirtschaftliche Fläche ab 0,5 ha (in Hessen, in anderen Bundesländern gelten teils andere Grenzen) verkaufen möchten, müssen Sie mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts durch ein Siedlungsunternehmen rechnen. Die Möglichkeit, einen Kaufvertrag aufzuheben, um ein Vorkaufsrecht zu verhindern, besteht nur bis zur Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Achten Sie auf den sogenannten "Zwischenbescheid" der Genehmigungsbehörde - dieser weist auf die mögliche Ausübung des Vorkaufsrechts hin. Zu diesem Zeitpunkt können Sie noch den Genehmigungsantrag zurückziehen. Für Käufer landwirtschaftlicher Flächen: Beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke besteht immer das Risiko, dass ein Siedlungsunternehmen sein Vorkaufsrecht ausübt. Selbst wenn Sie mit dem Verkäufer einvernehmlich vom Kaufvertrag zurücktreten möchten, ist dies nach Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr möglich. Für Siedlungsunternehmen: Ihre Rechtsposition wird durch dieses Urteil gestärkt: Haben Sie ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht ausgeübt, können die ursprünglichen Vertragsparteien dies nicht mehr durch nachträgliche Vertragsaufhebung vereiteln. Fazit Das BGH-Urteil stärkt die Position von Siedlungsunternehmen erheblich und begrenzt die Möglichkeiten der Vertragsparteien, ein ausgeübtes Vorkaufsrecht nachträglich zu verhindern. Für Verkäufer landwirtschaftlicher Flächen ist es wichtig, die Konsequenzen eines möglichen Vorkaufsrechts bereits vor Vertragsabschluss zu bedenken und auf den Zwischenbescheid der Genehmigungsbehörde zu achten, der noch die Möglichkeit zur Rücknahme des Genehmigungsantrags bietet. Quelle: BGH, Urteil vom 11.04.2025 - V ZR 194/23, veröffentlicht in BeckRS 2025, 9582
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    Rechtsanwalt Alexander Liese

Der Sachverhalt: Verkauf und Aufhebungsversuch

In diesem Fall verkauften die Grundstückseigentümer mit notariellem Kaufvertrag zwei landwirtschaftliche Grundstücke in Hessen (1,4 ha und 2,3 ha) an eine GmbH & Co. KG, die dort eine Freiflächenphotovoltaikanlage errichten wollte. Da es sich um landwirtschaftliche Flächen handelte, war eine Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz erforderlich.

Nach Beantragung der Genehmigung passierte Folgendes:

  1. Die Eigentümer und die Käuferin ließen durch Vertreter ohne Vollmacht den Kaufvertrag notariell aufheben.
  2. Zwei Tage später erhielten beide Parteien die Mitteilung, dass ein Siedlungsunternehmen sein Vorkaufsrecht ausgeübt hatte.
  3. Nach dieser Mitteilung genehmigten die Parteien den zuvor durch die vollmachtlosen Vertreter geschlossenen Aufhebungsvertrag notariell.

Die Verkäufer wollten mit einer Klage feststellen lassen, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei. Sie argumentierten, dass der Kaufvertrag durch die nachträgliche Genehmigung der Aufhebung rückwirkend unwirksam geworden sei.

Die zentrale Streitfrage

Kann ein bereits ausgeübtes siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht nachträglich durch die Genehmigung eines zuvor von vollmachtlosen Vertretern geschlossenen Aufhebungsvertrags unwirksam werden?

Diese Frage ist besonders relevant, weil die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts normalerweise auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt.

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen und dabei folgende wichtige Grundsätze klargestellt:

  1. Grundsätzliche Regel: Das Recht zur Ausübung eines Vorkaufsrechts setzt einen rechtswirksamen Kaufvertrag voraus. Bis zur Erteilung aller erforderlichen Genehmigungen können Verkäufer und Käufer das Vorkaufsrecht gegenstandslos machen, indem sie den Vertrag aufheben.
  2. Besonderheit beim siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht: Nach Zugang der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts können die ursprünglichen Vertragsparteien den Vertrag nicht mehr wirksam aufheben.
  3. Entscheidend für den Fall: Selbst wenn der Aufhebungsvertrag vor der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch vollmachtlose Vertreter geschlossen und erst danach genehmigt wurde, entfällt das bereits ausgeübte Vorkaufsrecht nicht rückwirkend.

Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass das Siedlungsunternehmen mit der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts eine "verfestigte Rechtsposition" erlangt, die ihm nicht mehr entzogen werden kann. Die sonst übliche Rückwirkung der Genehmigung nach § 184 BGB greift hier nicht zu Lasten des Vorkaufsberechtigten.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen:

  • Wenn Sie eine landwirtschaftliche Fläche ab 0,5 ha (in Hessen, in anderen Bundesländern gelten teils andere Grenzen) verkaufen möchten, müssen Sie mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts durch ein Siedlungsunternehmen rechnen.
  • Die Möglichkeit, einen Kaufvertrag aufzuheben, um ein Vorkaufsrecht zu verhindern, besteht nur bis zur Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts.
  • Achten Sie auf den sogenannten "Zwischenbescheid" der Genehmigungsbehörde - dieser weist auf die mögliche Ausübung des Vorkaufsrechts hin. Zu diesem Zeitpunkt können Sie noch den Genehmigungsantrag zurückziehen.

Für Käufer landwirtschaftlicher Flächen:

  • Beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke besteht immer das Risiko, dass ein Siedlungsunternehmen sein Vorkaufsrecht ausübt.
  • Selbst wenn Sie mit dem Verkäufer einvernehmlich vom Kaufvertrag zurücktreten möchten, ist dies nach Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr möglich.

Für Siedlungsunternehmen:

  • Ihre Rechtsposition wird durch dieses Urteil gestärkt: Haben Sie ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht ausgeübt, können die ursprünglichen Vertragsparteien dies nicht mehr durch nachträgliche Vertragsaufhebung vereiteln.

Fazit

Das BGH-Urteil stärkt die Position von Siedlungsunternehmen erheblich und begrenzt die Möglichkeiten der Vertragsparteien, ein ausgeübtes Vorkaufsrecht nachträglich zu verhindern. Für Verkäufer landwirtschaftlicher Flächen ist es wichtig, die Konsequenzen eines möglichen Vorkaufsrechts bereits vor Vertragsabschluss zu bedenken und auf den Zwischenbescheid der Genehmigungsbehörde zu achten, der noch die Möglichkeit zur Rücknahme des Genehmigungsantrags bietet.

Quelle: BGH, Urteil vom 11.04.2025 - V ZR 194/23, veröffentlicht in BeckRS 2025, 9582

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Verwahrloste Wohnung: Wann ist die Rückgabe rechtlich wirksam?

  • Teaser: Wenn Sie als Mieter ausziehen, stellt sich oft die Frage, in welchem Zustand die Wohnung zurückgegeben werden muss. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts München I bringt Klarheit: Auch eine verschmutzte oder verwahrloste Wohnung gilt als ordnungsgemäß zurückgegeben. Der Vermieter muss die Wohnung annehmen – selbst wenn sie nicht "besenrein" ist.
  • Bildquelle: Symbolbild: KI-generiertes Bild
  • Beitragstext: Der Sachverhalt: Umzugskostenbeihilfe trotz Schmutz? In dem verhandelten Fall hatten Mieter und Vermieter einen gerichtlichen Vergleich geschlossen. Darin verpflichtete sich der Mieter, die Wohnung bis zu einem bestimmten Datum zu räumen und zurückzugeben. Im Gegenzug sollte der Vermieter eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 7.500 Euro zahlen. Vereinbart wurde ausdrücklich, dass der Mieter keine Schönheitsreparaturen schuldet, sondern die Rückgabe in "besenreinem Zustand" genügt. Der Mieter übergab die Wohnung fristgerecht, jedoch – laut Darstellung des Vermieters – in einem stark verschmutzten Zustand: Spinnweben in den Zimmerecken Das Spülbecken mit Rost und Schmutz befüllt Stark verkalkte Toilette und Badewanne Verschmutzte Fliesen im Bad Stark verschmutzter Fußboden in der gesamten Wohnung Der Vermieter forderte den Mieter mehrfach auf, die Wohnung zu reinigen, was dieser verweigerte. Daraufhin wollte der Vermieter die vereinbarte Umzugskostenbeihilfe nicht zahlen. Er argumentierte, dass die Bedingung "besenrein" nicht erfüllt sei und daher auch die Zahlungspflicht nicht entstanden sei. Die zentrale Rechtsfrage In diesem Fall ging es um eine grundlegende Frage im Mietrecht: Darf ein Vermieter die Rücknahme einer Wohnung verweigern, wenn diese nicht im vereinbarten (besenreinen) Zustand übergeben wird? Und kann dadurch die Zahlungspflicht für eine vereinbarte Umzugskostenbeihilfe entfallen? Die Entscheidung des Gerichts Das Landgericht München I hat in seinem Beschluss vom 17.07.2023 (Az. 14 S 4563/23) die Position des Mieters bestätigt. Der Vermieter muss die vereinbarte Umzugskostenbeihilfe zahlen, weil: Die Wohnung fristgerecht zurückgegeben wurde. Der Zustand der Wohnung bei der Rückgabe für die Wirksamkeit der Rückgabe rechtlich unerheblich ist. Der entscheidende Leitsatz des Gerichts lautet: "Allein darin, dass der Mieter dem Vermieter die Räume in verwahrlostem oder einem sonst nicht vertragsgemäßen Zustand überlässt, kann noch keine Vorenthaltung gesehen werden." Das Gericht stützt sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Es unterscheidet klar zwischen zwei Rechtsbegriffen: Die Rückgabe/Herausgabe bedeutet lediglich die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an der Mietsache. Sie ist mit der Schlüsselübergabe erfüllt. Die vertragliche Räumungspflicht betrifft hingegen den Zustand, in dem die Wohnung zurückzugeben ist. Was bedeutet das Urteil für Sie? Für Mieter: Sie müssen die Wohnung zum vereinbarten Zeitpunkt zurückgeben (Schlüssel übergeben), aber der Zustand der Wohnung verhindert nicht die Wirksamkeit der Rückgabe. Auch wenn Sie die Wohnung nicht im vertraglich vereinbarten Zustand (z.B. "besenrein") übergeben, haben Sie Ihre Rückgabepflicht grundsätzlich erfüllt. Achtung: Dies bedeutet nicht, dass Sie für Verschmutzungen oder Beschädigungen nicht haftbar gemacht werden können! Der Vermieter kann immer noch Schadensersatzansprüche geltend machen. Für Vermieter: Sie sind zur Annahme der Wohnung verpflichtet, auch wenn diese nicht im vereinbarten Zustand übergeben wird. Eine Verweigerung der Rücknahme kann sogar zum Annahmeverzug führen, was negative Folgen für Sie haben kann. Statt die Rücknahme zu verweigern, sollten Sie die Wohnung annehmen und anschließend Schadensersatzansprüche geltend machen. Bei Vereinbarungen über Zahlungen (wie eine Umzugskostenbeihilfe) sollten Sie präzise formulieren, welche Bedingungen erfüllt sein müssen. Praktische Konsequenzen Das Urteil verdeutlicht einen wichtigen Grundsatz im Mietrecht: Die Nichterfüllung einer Reinigungspflicht stellt nur eine Schlechterfüllung dar, keine Nichterfüllung der Rückgabepflicht. Ist eine Wohnung bei der Übergabe also verschmutzt oder nicht im vereinbarten Zustand, ist der korrekte Weg für den Vermieter: Die Wohnung zurücknehmen Den Zustand dokumentieren (z.B. durch ein Übergabeprotokoll mit Fotos) Gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen Für beide Parteien empfiehlt es sich, bei der Wohnungsübergabe ein detailliertes Protokoll zu erstellen und den Zustand durch Fotos zu dokumentieren, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Fazit Das Landgericht München I hat mit seinem Beschluss die Rechtsprechung des BGH bestätigt: Der Zustand einer Mietwohnung bei der Rückgabe hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Rückgabe selbst. Vermieter sind verpflichtet, die Wohnung anzunehmen – auch wenn diese nicht im vereinbarten "besenreinen" Zustand ist. Für Schäden oder übermäßige Verschmutzung können sie anschließend Schadensersatz verlangen. Quelle: LG München I, Beschluss vom 17.07.2023 - 14 S 4563/23
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    Rechtsanwalt Alexander Liese

Der Sachverhalt: Umzugskostenbeihilfe trotz Schmutz?

In dem verhandelten Fall hatten Mieter und Vermieter einen gerichtlichen Vergleich geschlossen. Darin verpflichtete sich der Mieter, die Wohnung bis zu einem bestimmten Datum zu räumen und zurückzugeben. Im Gegenzug sollte der Vermieter eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 7.500 Euro zahlen. Vereinbart wurde ausdrücklich, dass der Mieter keine Schönheitsreparaturen schuldet, sondern die Rückgabe in "besenreinem Zustand" genügt.

Der Mieter übergab die Wohnung fristgerecht, jedoch – laut Darstellung des Vermieters – in einem stark verschmutzten Zustand:

  • Spinnweben in den Zimmerecken
  • Das Spülbecken mit Rost und Schmutz befüllt
  • Stark verkalkte Toilette und Badewanne
  • Verschmutzte Fliesen im Bad
  • Stark verschmutzter Fußboden in der gesamten Wohnung

Der Vermieter forderte den Mieter mehrfach auf, die Wohnung zu reinigen, was dieser verweigerte. Daraufhin wollte der Vermieter die vereinbarte Umzugskostenbeihilfe nicht zahlen. Er argumentierte, dass die Bedingung "besenrein" nicht erfüllt sei und daher auch die Zahlungspflicht nicht entstanden sei.

Die zentrale Rechtsfrage

In diesem Fall ging es um eine grundlegende Frage im Mietrecht: Darf ein Vermieter die Rücknahme einer Wohnung verweigern, wenn diese nicht im vereinbarten (besenreinen) Zustand übergeben wird? Und kann dadurch die Zahlungspflicht für eine vereinbarte Umzugskostenbeihilfe entfallen?

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht München I hat in seinem Beschluss vom 17.07.2023 (Az. 14 S 4563/23) die Position des Mieters bestätigt. Der Vermieter muss die vereinbarte Umzugskostenbeihilfe zahlen, weil:

  1. Die Wohnung fristgerecht zurückgegeben wurde.
  2. Der Zustand der Wohnung bei der Rückgabe für die Wirksamkeit der Rückgabe rechtlich unerheblich ist.

Der entscheidende Leitsatz des Gerichts lautet:

"Allein darin, dass der Mieter dem Vermieter die Räume in verwahrlostem oder einem sonst nicht vertragsgemäßen Zustand überlässt, kann noch keine Vorenthaltung gesehen werden."

Das Gericht stützt sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Es unterscheidet klar zwischen zwei Rechtsbegriffen:

  • Die Rückgabe/Herausgabe bedeutet lediglich die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an der Mietsache. Sie ist mit der Schlüsselübergabe erfüllt.
  • Die vertragliche Räumungspflicht betrifft hingegen den Zustand, in dem die Wohnung zurückzugeben ist.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter:

  • Sie müssen die Wohnung zum vereinbarten Zeitpunkt zurückgeben (Schlüssel übergeben), aber der Zustand der Wohnung verhindert nicht die Wirksamkeit der Rückgabe.
  • Auch wenn Sie die Wohnung nicht im vertraglich vereinbarten Zustand (z.B. "besenrein") übergeben, haben Sie Ihre Rückgabepflicht grundsätzlich erfüllt.
  • Achtung: Dies bedeutet nicht, dass Sie für Verschmutzungen oder Beschädigungen nicht haftbar gemacht werden können! Der Vermieter kann immer noch Schadensersatzansprüche geltend machen.

Für Vermieter:

  • Sie sind zur Annahme der Wohnung verpflichtet, auch wenn diese nicht im vereinbarten Zustand übergeben wird.
  • Eine Verweigerung der Rücknahme kann sogar zum Annahmeverzug führen, was negative Folgen für Sie haben kann.
  • Statt die Rücknahme zu verweigern, sollten Sie die Wohnung annehmen und anschließend Schadensersatzansprüche geltend machen.
  • Bei Vereinbarungen über Zahlungen (wie eine Umzugskostenbeihilfe) sollten Sie präzise formulieren, welche Bedingungen erfüllt sein müssen.

Praktische Konsequenzen

Das Urteil verdeutlicht einen wichtigen Grundsatz im Mietrecht: Die Nichterfüllung einer Reinigungspflicht stellt nur eine Schlechterfüllung dar, keine Nichterfüllung der Rückgabepflicht. Ist eine Wohnung bei der Übergabe also verschmutzt oder nicht im vereinbarten Zustand, ist der korrekte Weg für den Vermieter:

  1. Die Wohnung zurücknehmen
  2. Den Zustand dokumentieren (z.B. durch ein Übergabeprotokoll mit Fotos)
  3. Gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen

Für beide Parteien empfiehlt es sich, bei der Wohnungsübergabe ein detailliertes Protokoll zu erstellen und den Zustand durch Fotos zu dokumentieren, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Fazit

Das Landgericht München I hat mit seinem Beschluss die Rechtsprechung des BGH bestätigt: Der Zustand einer Mietwohnung bei der Rückgabe hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Rückgabe selbst. Vermieter sind verpflichtet, die Wohnung anzunehmen – auch wenn diese nicht im vereinbarten "besenreinen" Zustand ist. Für Schäden oder übermäßige Verschmutzung können sie anschließend Schadensersatz verlangen.

Quelle: LG München I, Beschluss vom 17.07.2023 - 14 S 4563/23

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Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.

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Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

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Wohnungseigentümergemeinschaft: Darf eine Kinderwagen-Garage auf Gemeinschaftseigentum aufgestellt werden?

  • Teaser: In Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) kommt es häufig zu Interessenkonflikten zwischen den einzelnen Eigentümern. Eine kürzlich gefällte Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg gibt Aufschluss darüber, unter welchen Bedingungen eine temporäre Aufstellung einer Kinderwagen-Garage auf Gemeinschaftseigentum zulässig ist.
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  • Beitragstext: Der Fall: Streit um eine Kinderwagen-Garage Ein Eigentümerehepaar mit Zwillingen beantragte in einer Eigentümerversammlung die Erlaubnis, eine Kinderwagen-Garage für ihren Doppelkinderwagen auf dem Gemeinschaftseigentum aufzustellen. Als Begründung gaben sie an, dass es sehr schwierig bis unmöglich sei, den Doppelkinderwagen die Treppen hinauf- und hinunterzubefördern. Die Eigentümergemeinschaft genehmigte das Aufstellen der Kinderwagen-Garage für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. Der ausgewählte Standort befand sich an einer Außenwand des Gebäudes in einer Nische, vor einem Fenster, das zu einer im Kellergeschoss/Souterrain gelegenen Teileigentumseinheit gehörte. Diese Einheit wurde von den Klägern an Dritte verpachtet und teilweise als Restaurant genutzt. Die Kläger fochten diesen Beschluss an und begründeten dies damit, dass die Kinderwagen-Garage ihre Gewerbefläche erheblich beeinträchtige. Sie argumentierten, die Garage blockiere den Zugang zu ihrer Einheit, verdunkle den Innenraum und erschwere die Belüftung. Die rechtliche Einordnung: Bauliche Veränderung oder Nutzungsregelung? Ein zentraler Punkt in der gerichtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob es sich bei der Aufstellung der Kinderwagen-Garage um eine bauliche Veränderung oder lediglich um eine Regelung der Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums handelt. Das Gericht stellte klar: Eine bauliche Veränderung setzt eine auf Dauer angelegte Maßnahme an realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums voraus. Bleibt die bauliche Substanz des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudes auf Dauer unangetastet, handelt es sich lediglich um eine des Gebrauchs. Da die Kinderwagen-Garage nur temporär für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren aufgestellt werden sollte und aufgrund ihrer eigenen Schwere auf dem Boden ruht, ohne dass ein Eingriff in die bauliche Substanz erforderlich ist, handelte es sich nach Ansicht des Gerichts um eine Nutzungsregelung und nicht um eine bauliche Veränderung. Die "goldene Grundregel" bei Nutzungsentscheidungen Bei der Beurteilung von Beschlüssen über die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums betonte das Gericht den Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme: Bei der Beschlussfassung über eine "Benutzung" ist eine umfassende Einzelfallbetrachtung vorzunehmen; die Regelung muss der "goldenen Grundregel" gegenseitiger Rücksichtnahme und sonstigem Recht entsprechen und die Interessen der Betroffenen und der Eigentümer im Übrigen zum schonenden Ausgleich bringen. Das Gericht sah den Beschluss der Eigentümergemeinschaft als Ausdruck dieser Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange der Eltern, die für ihre Kleinkinder einen barrierefreien Abstellplatz für den Doppelkinderwagen benötigten. Die Abwägung der Interessen Das Gericht nahm eine umfassende Abwägung der betroffenen Interessen vor: Interessen der Eltern: Sie benötigten einen barrierefreien Stellplatz für den Doppelkinderwagen ihrer zwei Kleinkinder. Alternative Standorte: Im Außenbereich standen keine vergleichbaren Flächen zur Verfügung, da auf der Straßenseite und im Gartenbereich Treppen überwunden werden müssten. Beeinträchtigung der Kläger: Die Auswirkungen auf die Interessen der Kläger wurden als "gerade noch hinnehmbar" bewertet. Die Garage sollte nur an der Wand zum Nachbargebäude stehen und nicht die gesamte Nische vor dem Fenster einnehmen. Zeitliche Begrenzung: Die Gestattung war auf etwa zwei Jahre befristet, was für das Gericht ein wichtiger Faktor war. Nutzung des betroffenen Raums: Der durch die mögliche "Verschattung" betroffene Raum war laut Aufteilungsplan als "Leergut-Raum" und nicht als Hauptverkaufs- oder Gastraum bezeichnet. Die Entscheidung des Gerichts Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wies die Klage ab und bestätigte den Beschluss der Eigentümergemeinschaft. Es sah darin eine ausgewogene Lösung, die dem Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme entsprach. Die temporäre Aufstellung einer Kinderwagen-Garage dient nach Ansicht des Gerichts dem geordneten Zusammenleben aller Wohnungseigentümer. Besonders die zeitliche Begrenzung und die Barrierefreiheit waren entscheidende Faktoren, die für die Zulässigkeit des Beschlusses sprachen. Was bedeutet das Urteil für Sie? Die Entscheidung zeigt wichtige Grundsätze für das Zusammenleben in Wohnungseigentümergemeinschaften: Unterscheidung von baulichen Veränderungen und Nutzungsregelungen: Temporäre Einrichtungen ohne Eingriff in die Bausubstanz sind in der Regel Nutzungsregelungen. Gegenseitige Rücksichtnahme: Bei Nutzungskonflikten ist eine umfassende Einzelfallbetrachtung erforderlich, die alle Interessen zum Ausgleich bringt. Bedeutung der zeitlichen Begrenzung: Eine zeitliche Befristung kann einen Eingriff in die Rechte anderer Eigentümer rechtfertigen, wenn dieser dadurch verhältnismäßig bleibt. Barrierefreiheit als legitimes Interesse: Die Bedürfnisse von Familien mit Kleinkindern können bei der Interessenabwägung besonderes Gewicht haben. Demokratische Mehrheitsentscheidungen: Gerichte respektieren den Entscheidungsspielraum der Eigentümergemeinschaft, solange die Lösung nach billigem Ermessen vertretbar ist. Diese Grundsätze lassen sich auf viele ähnlich gelagerte Fälle übertragen, in denen es um die zeitlich begrenzte Nutzung von Gemeinschaftseigentum geht. Quelle: AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 10.04.2025 - 980b C 16/24 WEG (nicht rechtskräftig)
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Der Fall: Streit um eine Kinderwagen-Garage

Ein Eigentümerehepaar mit Zwillingen beantragte in einer Eigentümerversammlung die Erlaubnis, eine Kinderwagen-Garage für ihren Doppelkinderwagen auf dem Gemeinschaftseigentum aufzustellen. Als Begründung gaben sie an, dass es sehr schwierig bis unmöglich sei, den Doppelkinderwagen die Treppen hinauf- und hinunterzubefördern.

Die Eigentümergemeinschaft genehmigte das Aufstellen der Kinderwagen-Garage für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. Der ausgewählte Standort befand sich an einer Außenwand des Gebäudes in einer Nische, vor einem Fenster, das zu einer im Kellergeschoss/Souterrain gelegenen Teileigentumseinheit gehörte. Diese Einheit wurde von den Klägern an Dritte verpachtet und teilweise als Restaurant genutzt.

Die Kläger fochten diesen Beschluss an und begründeten dies damit, dass die Kinderwagen-Garage ihre Gewerbefläche erheblich beeinträchtige. Sie argumentierten, die Garage blockiere den Zugang zu ihrer Einheit, verdunkle den Innenraum und erschwere die Belüftung.

Die rechtliche Einordnung: Bauliche Veränderung oder Nutzungsregelung?

Ein zentraler Punkt in der gerichtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob es sich bei der Aufstellung der Kinderwagen-Garage um eine bauliche Veränderung oder lediglich um eine Regelung der Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums handelt.

Das Gericht stellte klar:

Eine bauliche Veränderung setzt eine auf Dauer angelegte Maßnahme an realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums voraus. Bleibt die bauliche Substanz des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudes auf Dauer unangetastet, handelt es sich lediglich um eine des Gebrauchs.

Da die Kinderwagen-Garage nur temporär für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren aufgestellt werden sollte und aufgrund ihrer eigenen Schwere auf dem Boden ruht, ohne dass ein Eingriff in die bauliche Substanz erforderlich ist, handelte es sich nach Ansicht des Gerichts um eine Nutzungsregelung und nicht um eine bauliche Veränderung.

Die "goldene Grundregel" bei Nutzungsentscheidungen

Bei der Beurteilung von Beschlüssen über die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums betonte das Gericht den Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme:

Bei der Beschlussfassung über eine "Benutzung" ist eine umfassende Einzelfallbetrachtung vorzunehmen; die Regelung muss der "goldenen Grundregel" gegenseitiger Rücksichtnahme und sonstigem Recht entsprechen und die Interessen der Betroffenen und der Eigentümer im Übrigen zum schonenden Ausgleich bringen.

Das Gericht sah den Beschluss der Eigentümergemeinschaft als Ausdruck dieser Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange der Eltern, die für ihre Kleinkinder einen barrierefreien Abstellplatz für den Doppelkinderwagen benötigten.

Die Abwägung der Interessen

Das Gericht nahm eine umfassende Abwägung der betroffenen Interessen vor:

  1. Interessen der Eltern: Sie benötigten einen barrierefreien Stellplatz für den Doppelkinderwagen ihrer zwei Kleinkinder.
  2. Alternative Standorte: Im Außenbereich standen keine vergleichbaren Flächen zur Verfügung, da auf der Straßenseite und im Gartenbereich Treppen überwunden werden müssten.
  3. Beeinträchtigung der Kläger: Die Auswirkungen auf die Interessen der Kläger wurden als "gerade noch hinnehmbar" bewertet. Die Garage sollte nur an der Wand zum Nachbargebäude stehen und nicht die gesamte Nische vor dem Fenster einnehmen.
  4. Zeitliche Begrenzung: Die Gestattung war auf etwa zwei Jahre befristet, was für das Gericht ein wichtiger Faktor war.
  5. Nutzung des betroffenen Raums: Der durch die mögliche "Verschattung" betroffene Raum war laut Aufteilungsplan als "Leergut-Raum" und nicht als Hauptverkaufs- oder Gastraum bezeichnet.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wies die Klage ab und bestätigte den Beschluss der Eigentümergemeinschaft. Es sah darin eine ausgewogene Lösung, die dem Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme entsprach.

Die temporäre Aufstellung einer Kinderwagen-Garage dient nach Ansicht des Gerichts dem geordneten Zusammenleben aller Wohnungseigentümer. Besonders die zeitliche Begrenzung und die Barrierefreiheit waren entscheidende Faktoren, die für die Zulässigkeit des Beschlusses sprachen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Die Entscheidung zeigt wichtige Grundsätze für das Zusammenleben in Wohnungseigentümergemeinschaften:

  1. Unterscheidung von baulichen Veränderungen und Nutzungsregelungen: Temporäre Einrichtungen ohne Eingriff in die Bausubstanz sind in der Regel Nutzungsregelungen.
  2. Gegenseitige Rücksichtnahme: Bei Nutzungskonflikten ist eine umfassende Einzelfallbetrachtung erforderlich, die alle Interessen zum Ausgleich bringt.
  3. Bedeutung der zeitlichen Begrenzung: Eine zeitliche Befristung kann einen Eingriff in die Rechte anderer Eigentümer rechtfertigen, wenn dieser dadurch verhältnismäßig bleibt.
  4. Barrierefreiheit als legitimes Interesse: Die Bedürfnisse von Familien mit Kleinkindern können bei der Interessenabwägung besonderes Gewicht haben.
  5. Demokratische Mehrheitsentscheidungen: Gerichte respektieren den Entscheidungsspielraum der Eigentümergemeinschaft, solange die Lösung nach billigem Ermessen vertretbar ist.

Diese Grundsätze lassen sich auf viele ähnlich gelagerte Fälle übertragen, in denen es um die zeitlich begrenzte Nutzung von Gemeinschaftseigentum geht.

Quelle: AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 10.04.2025 - 980b C 16/24 WEG (nicht rechtskräftig)

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Wann darf der Vermieter nach Modernisierung die Miete erhöhen?

  • Teaser: Der Einbau einer modernen Heizungsanlage ist ein klassischer Fall der energetischen Modernisierung. Doch nicht immer ist klar, unter welchen Bedingungen Vermieter die Kosten auf ihre Mieter umlegen dürfen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in einem wegweisenden Urteil klargestellt, wann eine Mieterhöhung nach energetischer Modernisierung rechtmäßig ist.
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  • Beitragstext: Der Fall: Neue Heizung – höhere Miete? In einem Mehrfamilienhaus in Bremen wurde die bestehende Heizungsanlage modernisiert. Der Vermieter ließ eine neue Gaszentralheizung einschließlich zentraler Warmwasseraufbereitung installieren, die die alten Einzelöfen (Kombithermen) in den Wohnungen ersetzen sollte. Nach Abschluss der Arbeiten erhöhte der Vermieter die monatliche Grundmiete um 59 Euro. Die betroffenen Mieter zahlten die erhöhte Miete zunächst, forderten später jedoch die gezahlten Erhöhungsbeträge zurück. Sie waren der Meinung, dass die Mieterhöhung unberechtigt sei, da keine nachhaltige Einsparung von Endenergie nachgewiesen worden sei. Der Streitpunkt: Wie misst man Energieeinsparung? Der zentrale Streitpunkt in diesem Fall war die Frage, wie eine "nachhaltige Einsparung von Endenergie" – eine Voraussetzung für die Umlage von Modernisierungskosten – festgestellt werden sollte. Das Landgericht Bremen hatte entschieden, dass eine Energieeinsparung nur dann vorliege, wenn der tatsächliche Energieverbrauch vor und nach der Modernisierung verglichen werde. Dafür hielt das Gericht einen Betrachtungszeitraum von jeweils vier bis fünf Jahren für erforderlich. Da der Vermieter keine Verbrauchswerte aus der Zeit vor dem Einbau der neuen Heizungsanlage vorlegen konnte, gab das Landgericht den Mietern Recht. Der BGH beurteilte die Sache jedoch grundlegend anders. Mit dem Urteil vom 16.03.2025 (Az. VIII ZR 283/23) stellte er klar, dass der tatsächliche Energieverbrauch in einem Gebäude nicht das entscheidende Kriterium sein kann. Denn dieser hängt von vielen Faktoren ab – wie Wetter, Leerstand einzelner Wohnungen, Anzahl der Bewohner und deren individuelles Nutzerverhalten. Die Entscheidung des BGH: Erwartete Einsparung reicht aus Der BGH entschied zugunsten des Vermieters und hob das Urteil des Landgerichts auf. Die zentralen Aussagen des Urteils lauten: Eine Mieterhöhung ist bereits dann berechtigt, wenn nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung eine messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Diese Beurteilung muss unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten erfolgen – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe. Es ist ausdrücklich erlaubt, auf anerkannte Pauschalwerte zurückzugreifen, anstatt tatsächliche Verbrauchswerte zu vergleichen. Der BGH betonte, dass der Vergleich tatsächlicher Energieverbrauchswerte über mehrere Jahre hinweg den Vermieter unangemessen belasten würde. Dieser müsste dann möglicherweise jahrelang auf die Möglichkeit einer Mieterhöhung warten. Was bedeutet das Urteil für Sie? Für Mieter: Wenn Ihr Vermieter eine energetische Modernisierung durchführt, kann er die Kosten auf Sie umlegen, sobald zu erwarten ist, dass die Maßnahme zu einer Energieeinsparung führt. Sie können vom Vermieter keine mehrjährigen Verbrauchsberechnungen verlangen, um eine Mieterhöhung zu rechtfertigen. Es reicht aus, wenn der Vermieter anhand von anerkannten Pauschalwerten nachweist, dass die durchgeführte Maßnahme grundsätzlich zu einer Energieeinsparung führen kann. Für Vermieter: Sie können nach einer energetischen Modernisierung eine Mieterhöhung vornehmen, wenn durch die bauliche Veränderung eine messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Sie müssen nicht den tatsächlichen Energieverbrauch vor und nach der Maßnahme vergleichen. Zur Begründung Ihrer Mieterhöhung können Sie auf anerkannte Pauschalwerte zurückgreifen. Das Urteil stärkt die Position von Vermietern bei energetischen Modernisierungen und schafft mehr Rechtssicherheit für die Umlage entsprechender Kosten. Gleichzeitig setzt es klare Maßstäbe dafür, wann eine Modernisierungsmaßnahme als energetisch einzustufen ist und damit eine Mieterhöhung rechtfertigt. Die Entscheidung des BGH zeigt auch, dass der Gesetzgeber Anreize für energetische Modernisierungen schaffen will. Diese Modernisierungen kommen letztlich nicht nur der Umwelt zugute, sondern können auch zu einer Verbesserung des Wohnkomforts führen. Quelle: BGH, Urteil vom 16.03.2025, Az. VIII ZR 283/23
  • Der beste Anwalt für Mietrecht
    Rechtsanwalt Alexander Liese

Der Fall: Neue Heizung – höhere Miete?

In einem Mehrfamilienhaus in Bremen wurde die bestehende Heizungsanlage modernisiert. Der Vermieter ließ eine neue Gaszentralheizung einschließlich zentraler Warmwasseraufbereitung installieren, die die alten Einzelöfen (Kombithermen) in den Wohnungen ersetzen sollte. Nach Abschluss der Arbeiten erhöhte der Vermieter die monatliche Grundmiete um 59 Euro.

Die betroffenen Mieter zahlten die erhöhte Miete zunächst, forderten später jedoch die gezahlten Erhöhungsbeträge zurück. Sie waren der Meinung, dass die Mieterhöhung unberechtigt sei, da keine nachhaltige Einsparung von Endenergie nachgewiesen worden sei.

Der Streitpunkt: Wie misst man Energieeinsparung?

Der zentrale Streitpunkt in diesem Fall war die Frage, wie eine "nachhaltige Einsparung von Endenergie" – eine Voraussetzung für die Umlage von Modernisierungskosten – festgestellt werden sollte.

Das Landgericht Bremen hatte entschieden, dass eine Energieeinsparung nur dann vorliege, wenn der tatsächliche Energieverbrauch vor und nach der Modernisierung verglichen werde. Dafür hielt das Gericht einen Betrachtungszeitraum von jeweils vier bis fünf Jahren für erforderlich. Da der Vermieter keine Verbrauchswerte aus der Zeit vor dem Einbau der neuen Heizungsanlage vorlegen konnte, gab das Landgericht den Mietern Recht.

Der BGH beurteilte die Sache jedoch grundlegend anders. Mit dem Urteil vom 16.03.2025 (Az. VIII ZR 283/23) stellte er klar, dass der tatsächliche Energieverbrauch in einem Gebäude nicht das entscheidende Kriterium sein kann. Denn dieser hängt von vielen Faktoren ab – wie Wetter, Leerstand einzelner Wohnungen, Anzahl der Bewohner und deren individuelles Nutzerverhalten.

Die Entscheidung des BGH: Erwartete Einsparung reicht aus

Der BGH entschied zugunsten des Vermieters und hob das Urteil des Landgerichts auf. Die zentralen Aussagen des Urteils lauten:

  1. Eine Mieterhöhung ist bereits dann berechtigt, wenn nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung eine messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist.
  2. Diese Beurteilung muss unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten erfolgen – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe.
  3. Es ist ausdrücklich erlaubt, auf anerkannte Pauschalwerte zurückzugreifen, anstatt tatsächliche Verbrauchswerte zu vergleichen.

Der BGH betonte, dass der Vergleich tatsächlicher Energieverbrauchswerte über mehrere Jahre hinweg den Vermieter unangemessen belasten würde. Dieser müsste dann möglicherweise jahrelang auf die Möglichkeit einer Mieterhöhung warten.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter:

  • Wenn Ihr Vermieter eine energetische Modernisierung durchführt, kann er die Kosten auf Sie umlegen, sobald zu erwarten ist, dass die Maßnahme zu einer Energieeinsparung führt.
  • Sie können vom Vermieter keine mehrjährigen Verbrauchsberechnungen verlangen, um eine Mieterhöhung zu rechtfertigen.
  • Es reicht aus, wenn der Vermieter anhand von anerkannten Pauschalwerten nachweist, dass die durchgeführte Maßnahme grundsätzlich zu einer Energieeinsparung führen kann.

Für Vermieter:

  • Sie können nach einer energetischen Modernisierung eine Mieterhöhung vornehmen, wenn durch die bauliche Veränderung eine messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist.
  • Sie müssen nicht den tatsächlichen Energieverbrauch vor und nach der Maßnahme vergleichen.
  • Zur Begründung Ihrer Mieterhöhung können Sie auf anerkannte Pauschalwerte zurückgreifen.

Das Urteil stärkt die Position von Vermietern bei energetischen Modernisierungen und schafft mehr Rechtssicherheit für die Umlage entsprechender Kosten. Gleichzeitig setzt es klare Maßstäbe dafür, wann eine Modernisierungsmaßnahme als energetisch einzustufen ist und damit eine Mieterhöhung rechtfertigt.

Die Entscheidung des BGH zeigt auch, dass der Gesetzgeber Anreize für energetische Modernisierungen schaffen will. Diese Modernisierungen kommen letztlich nicht nur der Umwelt zugute, sondern können auch zu einer Verbesserung des Wohnkomforts führen.

Quelle: BGH, Urteil vom 16.03.2025, Az. VIII ZR 283/23

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Der Sachverhalt: Stromausfall ohne Zugang zum Sicherungskasten

Am Morgen des 12. März 2025 erlebte ein Mieter einer Erdgeschosswohnung einen plötzlichen Stromausfall. Ein großes Problem für ihn: Der zugehörige Sicherungskasten befand sich im Kellerraum einer Nachbarin, zu dem er keinen Schlüssel besaß.

Der Mieter schickte daraufhin um 9:48 Uhr eine SMS an die Betreuerin seiner Vermieterin und bat um Zugang zum Sicherungskasten. Nach eigenen Angaben erhielt er keine Rückmeldung, und auch die Nachbarin, in deren Kellerraum sich der Sicherungskasten befand, war nicht zu Hause.

Daraufhin entschied sich der Mieter, rechtliche Schritte einzuleiten. Er stellte einen Antrag auf einstweilige Verfügung, um Zugriff auf den Sicherungskasten zu erhalten.

Doch die Geschichte nimmt noch eine Wendung: Gegen 18:50 Uhr am selben Tag wurde die Stromversorgung wiederhergestellt. Der Mieter erklärte daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, forderte jedoch, dass die Vermieterin die Kosten des Verfahrens tragen solle.

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Die Vermieterin widersprach der Erledigungserklärung und stellte den Sachverhalt anders dar:

  • Sie habe gegen 10 Uhr einen Anruf (vermutlich von einer anderen Mieterin) erhalten
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Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Bottrop wies die Klage ab und entschied, dass der Mieter die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Das Gericht sah keinen ausreichenden Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung.

Die Begründung des Gerichts lässt sich in einem zentralen Punkt zusammenfassen:

"Der Verfügungskläger hat lediglich eine SMS um 09:48 Uhr an die Verfügungsbeklagte versendet. Es hätte nahegelegen, vor der Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, zunächst die Betreuerin der Verfügungsbeklagten telefonisch zu kontaktieren."

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  1. Nutzen Sie alle verfügbaren Kommunikationswege: Bei dringenden Problemen in der Mietwohnung, wie einem Stromausfall, sollten Sie nicht nur eine Nachricht schreiben, sondern auch versuchen, den Vermieter telefonisch zu erreichen.
  2. Dokumentieren Sie Ihre Bemühungen: Falls es später zu einem Rechtsstreit kommt, ist es wichtig nachweisen zu können, dass Sie alle zumutbaren Versuche unternommen haben, das Problem zu lösen.
  3. Persönlicher Kontakt kann sinnvoll sein: Wenn Ihr Vermieter in der Nähe wohnt, kann es in Notfällen angebracht sein, ihn persönlich aufzusuchen.
  4. Einstweilige Verfügungen erfordern echte Dringlichkeit: Eine solche Maßnahme ist ein letztes Mittel und wird nur gewährt, wenn Sie zuvor alle anderen zumutbaren Wege ausgeschöpft haben.

Besonders relevant ist dieses Urteil für Wohnsituationen, in denen wichtige Einrichtungen wie Sicherungskästen nicht direkt zugänglich sind. Hier empfiehlt es sich, bereits im Vorfeld mit dem Vermieter abzusprechen, wie in Notfällen zu verfahren ist.

Gesetzlicher Hintergrund

Die rechtliche Grundlage für diese Entscheidung findet sich in § 940 der Zivilprozessordnung (ZPO). Demnach sind einstweilige Verfügungen zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes nur dann zulässig, wenn diese Regelung "zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint".

Das Gericht sah diese Notwendigkeit nicht als gegeben an, da der Mieter nicht alle zumutbaren Kommunikationswege ausgeschöpft hatte, bevor er rechtliche Schritte einleitete.

Quelle: AG Bottrop, Urteil vom 24.04.2025 - 8 C 88/25

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