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Wann ist ein Haus ein "Einfamilienhaus" im Sinne des Maklerrechts?

  • Teaser: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 6. März 2025 wichtige Klarstellungen zum Begriff des "Einfamilienhauses" im Maklerrecht getroffen. Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Verteilung von Maklerprovisionen beim Immobilienkauf. Wir erklären, was das Urteil konkret bedeutet und welche Folgen es für Käufer und Verkäufer von Immobilien hat.

Wann ist ein Haus ein "Einfamilienhaus" im Sinne des Maklerrechts?

  • Alexander Liese
  • 02/25

Worum ging es im Streitfall?

Eine Maklerin hatte Käufern ein Objekt vermittelt, das als Einfamilienhaus mit Büroanbau beschrieben wurde. Für ihre Dienste verlangte die Maklerin eine Provision in Höhe von 3,57% des Kaufpreises. Das Besondere: Der Büroanbau hatte einen separaten Eingang und eine eigene Hausnummer und machte etwa ein Fünftel der Gesamtfläche aus.

Die Käufer hatten einen Maklervertrag unterschrieben, der diese Provision vorsah. Allerdings hatte die Maklerin auch mit der Ehefrau des Verkäufers einen Maklervertrag mit einer anderen Provisionshöhe geschlossen.

Die Käufer weigerten sich, die verlangte Provision zu zahlen. Sie beriefen sich darauf, dass nach den seit Dezember 2020 geltenden Regelungen zur Maklerprovision (§§ 656a ff. BGB) bei einem Einfamilienhaus die Provision zwischen Käufer und Verkäufer hälftig zu teilen sei und beide Seiten die gleiche Provisionshöhe zahlen müssten.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat den Käufern Recht gegeben und die Klage der Maklerin abgewiesen. Das Gericht stellte dabei mehrere wichtige Grundsätze klar:

"Um ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB handelt es sich, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient."

Anders ausgedrückt: Entscheidend ist der erkennbare Erwerbszweck, nicht die aktuelle oder frühere Nutzung des Gebäudes.

Gewerbliche Teilnutzung schadet nicht

Eine besonders wichtige Klarstellung betrifft die Frage, ob eine teilweise gewerbliche Nutzung der Einordnung als "Einfamilienhaus" entgegensteht. Der BGH stellte hierzu fest:

"Der Annahme, dass ein Einfamilienhaus Wohnzwecken dient, steht nicht entgegen, dass darin eine Einliegerwohnung oder eine anderweitige gewerbliche Nutzungsmöglichkeit von jeweils nur untergeordneter Bedeutung vorhanden sind."

Im konkreten Fall umfasste der Büroanbau etwa ein Fünftel der Gesamtfläche. Diese untergeordnete gewerbliche Nutzung änderte nach Ansicht des BGH nichts daran, dass es sich um ein Einfamilienhaus im Sinne des Maklerrechts handelte. Auch der Umstand, dass das Büro über einen eigenen Eingang und eine eigene Hausnummer verfügte, spielte keine entscheidende Rolle.

Dritte als Vertragspartner beim Maklervertrag

Ein weiterer interessanter Aspekt des Urteils: Die Vorschrift des § 656c BGB ist auch dann entsprechend anzuwenden, wenn nicht der Verkäufer selbst, sondern ein Dritter (hier: die Ehefrau des Verkäufers) den Maklervertrag mit dem Makler abschließt.

Der BGH begründet dies damit, dass anderenfalls der Schutzzweck der Regelung - nämlich der Verbraucherschutz für Käufer von Wohnimmobilien - leicht umgangen werden könnte.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Käufer von Immobilien:

  1. Gleichverteilung der Provision: Wenn Sie ein Einfamilienhaus kaufen und der Makler sowohl für Sie als auch für die Verkäuferseite tätig ist, muss die Provision in gleicher Höhe verteilt werden. Abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
  2. Weiter Definition des "Einfamilienhauses": Auch wenn die Immobilie teilweise gewerblich genutzt wird (z.B. durch ein Büro oder eine Einliegerwohnung), kann sie als Einfamilienhaus gelten, solange diese Nutzung untergeordnet ist.
  3. Keine Umgehung durch Dritte: Es spielt keine Rolle, ob der Verkäufer selbst oder ein Dritter (z.B. Ehepartner) den Maklervertrag mit dem Makler abschließt - die Schutzvorschriften gelten trotzdem.

Für Verkäufer von Immobilien:

  1. Transparenz bei der Provisionshöhe: Achten Sie darauf, dass die mit dem Makler vereinbarte Provision der entspricht, die auch der Käufer zahlt. Nur so ist der Maklervertrag wirksam.
  2. Klare Kommunikation: Sprechen Sie offen mit Ihrem Makler über die gesetzlichen Regelungen zur Provisionsverteilung.

Für Makler:

  1. Gleiche Provisionshöhe zwingend: Vereinbaren Sie mit beiden Parteien eines Immobiliengeschäfts die exakt gleiche Provisionshöhe, wenn Sie für beide Seiten tätig werden.
  2. Weite Definition des Einfamilienhauses beachten: Auch Objekte mit untergeordneter gewerblicher Nutzung (wie im Urteilsfall: ein Fünftel der Gesamtfläche) fallen unter die Regelungen zu Einfamilienhäusern.
  3. Keine Umgehungsmöglichkeit: Die Beauftragung durch Dritte (z.B. Ehepartner des Verkäufers) statt durch die Vertragspartei selbst ändert nichts an der Anwendbarkeit der Provisionsregelungen.

Fazit: Mehr Schutz für Verbraucher beim Immobilienkauf

Die Entscheidung des BGH stärkt die Position von Verbrauchern beim Kauf von Einfamilienhäusern. Sie macht deutlich, dass der Gesetzgeber mit den Ende 2020 eingeführten Regelungen zur Maklercourtage einen effektiven Verbraucherschutz bezweckt hat, der nicht durch vertragliche Konstruktionen umgangen werden kann.

Für die Praxis bedeutet dies: Bei Einfamilienhäusern - auch mit untergeordneter gewerblicher Nutzung - muss die Maklerprovision gleichmäßig zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt werden, wenn der Makler für beide Seiten tätig ist. Eine unterschiedliche Provisionshöhe führt zur Unwirksamkeit des Maklervertrags.

Wenn Sie unsicher sind, ob die Ihnen angebotene Provisionsregelung den gesetzlichen Vorgaben entspricht, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen, bevor Sie einen Maklervertrag unterschreiben.

BGH, Urteil vom 6. März 2025 - I ZR 32/24

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Schonfristzahlung schützt nicht vor ordentlicher Kündigung wegen Mietrückständen

  • Teaser: Die nachträgliche Zahlung von Mietrückständen innerhalb der gesetzlichen Schonfrist kann zwar eine fristlose Kündigung unwirksam machen – vor einer ordentlichen Kündigung wegen derselben Mietrückstände schützt sie jedoch nicht.

Schonfristzahlung schützt nicht vor ordentlicher Kündigung wegen Mietrückständen

  • Alexander Liese
  • 03/25

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Der Fall: Langzeitmieter mit wiederholten Zahlungsausfällen

Ein Berliner Mieterpaar bewohnte seit November 1994 – also seit fast 30 Jahren – eine Wohnung im selben Mietverhältnis. In den Jahren 2019 bis 2021 kam es zu wiederholten Zahlungsausfällen. Konkret blieben die Mieten für Oktober 2019, Januar 2020 und Mai 2021 zunächst unbezahlt.

Nachdem die Vermieterin die Mieter mehrfach an ihre Zahlungspflicht erinnert hatte, sprach sie schließlich am 8. Juni 2021 eine fristlose Kündigung aus. Vorsorglich erklärte sie im selben Schreiben auch die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses – ebenfalls wegen der Zahlungsrückstände.

Die Mieter reagierten darauf und glichen am 30. Juni 2021 – also innerhalb der gesetzlichen Schonfrist – ihre Mietrückstände vollständig aus.

Streitpunkt: Welche Wirkung hat die Schonfristzahlung?

Der Rechtsstreit drehte sich um die zentrale Frage: Wirkt die rechtzeitige Zahlung innerhalb der Schonfrist nur gegen die fristlose Kündigung oder auch gegen die ordentliche Kündigung?

Was ist die Schonfristregelung?

Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs unwirksam, wenn der Vermieter spätestens zwei Monate nach Erhebung einer Räumungsklage die rückständige Miete erhält.

Das Landgericht Berlin vertrat – wie schon in früheren Entscheidungen – die Ansicht, dass eine rechtzeitige Schonfristzahlung nicht nur die außerordentliche fristlose Kündigung, sondern auch eine gleichzeitig erklärte ordentliche Kündigung unwirksam macht, sofern beide auf denselben Zahlungsrückstand gestützt werden.

Der BGH sah dies jedoch anders.

Die Entscheidung: Schonfristzahlung wirkt nur gegen die fristlose Kündigung

Der BGH stellte klar: Die Schonfristzahlung hat ausschließlich Folgen für die fristlose Kündigung – nicht aber für eine gleichzeitig ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs.

Die entscheidende Begründung des Gerichts:

  • Die gesetzliche Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, die die Heilungswirkung der Schonfristzahlung regelt, ist ausdrücklich nur auf die fristlose Kündigung bezogen.
  • Diese Vorschrift ist weder direkt noch entsprechend (analog) auf die ordentliche Kündigung anwendbar.
  • Der Gesetzgeber hat mehrfach die Möglichkeit gehabt, eine Ausweitung der Schonfristregelung auch auf ordentliche Kündigungen zu beschließen, hat dies aber nicht getan.

Damit bestätigte der BGH seine bereits in früheren Urteilen vertretene Rechtsauffassung und widersprach ausdrücklich der Ansicht des Berliner Landgerichts.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat weitreichende praktische Konsequenzen für Mieter und Vermieter:

Für Mieter:

  • Die nachträgliche Zahlung von Mietrückständen innerhalb der Schonfrist schützt Sie nur vor der fristlosen Kündigung.
  • Auch wenn Sie Ihre Mietrückstände vollständig ausgleichen, kann eine ordentliche Kündigung wegen derselben Zahlungsrückstände weiterhin wirksam sein.
  • Bei Zahlungsschwierigkeiten sollten Sie frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter suchen und möglichst Ratenzahlungsvereinbarungen treffen, um einer Kündigung vorzubeugen.

Für Vermieter:

  • Bei Zahlungsverzug empfiehlt es sich, immer sowohl die fristlose als auch hilfsweise die ordentliche Kündigung auszusprechen.
  • Die ordentliche Kündigung bleibt auch dann wirksam, wenn der Mieter innerhalb der Schonfrist zahlt.
  • Allerdings muss eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs eine "nicht unerhebliche" Pflichtverletzung darstellen, was im Einzelfall zu prüfen ist.

Wichtig zu beachten: In Ausnahmefällen kann es als rechtsmissbräuchlich (treuwidrig) angesehen werden, wenn sich ein Vermieter trotz Ausgleichs der Zahlungsrückstände noch auf die ordentliche Kündigung beruft. Dies ist jedoch stets eine Einzelfallentscheidung, die von den konkreten Umständen abhängt.

Fazit: Pünktliche Mietzahlung bleibt oberstes Gebot

Das Urteil des BGH unterstreicht einmal mehr, wie wichtig die pünktliche Zahlung der Miete ist. Die Schonfristregelung bietet keinen umfassenden Schutz bei Zahlungsverzug, sondern verhindert lediglich die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses durch eine fristlose Kündigung.

Mieter sollten daher:

  • Für ausreichende finanzielle Rücklagen sorgen
  • Bei absehbaren Zahlungsschwierigkeiten frühzeitig mit dem Vermieter kommunizieren
  • Im Notfall Beratungsangebote (z.B. Mietervereine oder Schuldnerberatung) in Anspruch nehmen

Für Vermieter bestätigt das Urteil, dass sie durch die Kombination von fristloser und ordentlicher Kündigung ihre Rechtsposition bei Zahlungsverzug effektiv absichern können.

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Digitale Belegeinsicht: Urteil und Gesetzesänderung bei Nebenkostenabrechnungen

  • Teaser: Müssen Vermieter bei der Belegeinsicht zu Nebenkostenabrechnungen immer Originalbelege vorlegen, oder reichen auch digitale Dokumente aus? Diese Frage beschäftigt regelmäßig Mieter und Vermieter – besonders in Zeiten steigender Nachzahlungsbeträge und zunehmender Digitalisierung. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Frankfurt sorgt hier für Klarheit und zeigt: Unter bestimmten Voraussetzungen ist die rein digitale Belegeinsicht zulässig.

Digitale Belegeinsicht bei Betriebskostenabrechnung

  • Alexander Liese
  • 02/25

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Darum ging es im Streitfall

Ein Vermieter hatte seinen Mietern eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2021 zugesandt, die einen Nachzahlungsbetrag auswies. Zusätzlich sollten die Mieter eine Nachzahlung für Grundsteuer leisten, da der Vermieter einen geänderten Grundsteuerbescheid erhalten hatte.

Die Mieter verlangten daraufhin Einsicht in die Belege. Bei dem Termin in den Räumen des Vermieters stellten sie jedoch fest, dass ihnen keine Originalbelege in Papierform vorgelegt wurden. Das Büro des Vermieters arbeitet als "papierloses Büro", weshalb nur digitale Dokumente am Computer zur Einsicht bereitgestellt wurden.

Die Mieter weigerten sich, die Nachzahlung zu leisten und beriefen sich auf ihr Zurückbehaltungsrecht, da sie der Meinung waren, dass:

  1. Der Vermieter verpflichtet sei, Originalbelege und nicht nur digitale Kopien vorzulegen

  2. Die Belegeinsicht nicht vollständig gewährt worden sei

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Frankfurt (Urteil vom 02.02.2024, Az. 33 C 3020/23) entschied zugunsten des Vermieters und verurteilte die Mieter zur Zahlung der geforderten Nachzahlungsbeträge. Die zentralen Punkte der Entscheidung:

Digitale Belege können ausreichen

Das Gericht stellte klar: Obwohl Mieter grundsätzlich einen Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege haben, können gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausnahmefällen auch Kopien oder Scanprodukte ausreichen.

Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn:

  • Der Vermieter nachweislich eine papierlose Büroverwaltung führt

  • Die digitalen Belege geeignet sind, die dokumentierten Erklärungen unverändert wiederzugeben

Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter überzeugend dargelegt, dass ihm die Belege durch einen digitalen Dienstleister nur in digitaler Form zur Verfügung standen und legte sogar eine Bescheinigung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor, die die Echtheit der Dokumente bestätigte.

Belegeinsicht war ausreichend gewährt

Das Gericht sah die Belegeinsicht auch als ausreichend gewährt an. Die Mieter hatten nicht konkret dargelegt, welche Belege ihnen angeblich vorenthalten wurden. Der Vermieter hingegen konnte durch eine ausführliche Notiz seiner Mitarbeiter nachweisen, dass:

  • Den Mietern vorab die papierlose Verwaltung erläutert wurde

  • Einsicht in verschiedene Kostenpositionen gewährt wurde

  • Nach jeder Rechnung und Erklärung gefragt wurde, ob noch Fragen bestünden

  • Der Termin nach etwa 1,5 Stunden von den Mietern selbst abgebrochen wurde, obwohl 3 Stunden angesetzt waren

Die pauschale Behauptung der Mieter, "der PC habe nicht funktioniert", überzeugte das Gericht nicht.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter:

  • Bestehen Sie weiterhin auf Ihr Recht, die Belege zur Nebenkostenabrechnung einzusehen.

  • Akzeptieren Sie aber, dass Vermieter mit nachweislich papierloser Büroführung die Belege auch in digitaler Form bereitstellen dürfen.

  • Dokumentieren Sie genau, welche Belege Sie einsehen möchten und welche Ihnen eventuell nicht gezeigt wurden.

  • Ein pauschaler Einwand, die Belegeinsicht sei unzureichend gewesen, reicht vor Gericht nicht aus.

Für Vermieter:

  • Sie dürfen bei papierloser Büroführung die Belege digital bereitstellen.

  • Dokumentieren Sie jedoch sorgfältig, wie Sie die Belegeinsicht gewährt haben.

  • Idealerweise lassen Sie sich die Echtheit der digitalen Dokumente von einem unabhängigen Dritten bestätigen.

  • Erklären Sie den Mietern vorab, warum keine Originalbelege vorgelegt werden können.

Gesetzesänderung zum 01.01.2025

Der Gesetzgeber hat diese Entwicklung erkannt und das Belegeinsichtsrecht im Mietrecht zum 01.01.2025 angepasst. Der neu geschaffene § 556 Abs. 4 BGB regelt:

"Der Vermieter hat dem Mieter auf Verlangen Einsicht in die der Abrechnung zugrundeliegenden Belege zu gewähren. Der Vermieter ist berechtigt, die Belege elektronisch bereitzustellen."

Mit dieser Regelung wird die elektronische Bereitstellung von Belegen zur Nebenkostenabrechnung ausdrücklich erlaubt. Wichtig bleibt aber:

  • Der Ort der Einsichtnahme bleibt grundsätzlich der Geschäftssitz des Vermieters

  • Die Belege müssen auch in elektronischer Form geordnet vorliegen

  • Ein Anspruch auf Zusendung von digitalen Kopien per E-Mail besteht nicht automatisch

Fazit

Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt nimmt bereits wesentliche Aspekte der aktuellen Gesetzesänderung vorweg. Es zeigt: Die Digitalisierung hält auch im Mietrecht Einzug. Mieter müssen akzeptieren, dass Vermieter mit nachweislich papierloser Büroführung Belege digital bereitstellen dürfen. Gleichzeitig bleiben die Kernprinzipien des Belegeinsichtsrechts erhalten – die Belege müssen vollständig, geordnet und nachvollziehbar sein, egal ob digital oder analog.

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Änderung im gewerblichen Mietrecht: Textform statt Schriftform

  • Teaser: Am 29. Oktober 2024 wurde das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) verkündet und trat zum 1. Januar 2025 in Kraft. Dieses Gesetz bringt wesentliche Erleichterungen bei Formvorschriften mit sich, die sowohl Vermieter als auch Mieter betreffen. Besonders die Umstellung von Schriftform auf Textform bei gewerblichen Mietverträgen und die digitale Bereitstellung von Belegen bei Betriebskostenabrechnungen stellen bedeutende Neuerungen dar.
  • Alexander Liese
  • 01/25

Inhaltsangabe:

Am 29. Oktober 2024 wurde das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) verkündet und trat zum 1. Januar 2025 in Kraft. Dieses Gesetz bringt wesentliche Erleichterungen bei Formvorschriften mit sich, die sowohl Vermieter als auch Mieter betreffen. Besonders die Umstellung von Schriftform auf Textform bei gewerblichen Mietverträgen und die digitale Bereitstellung von Belegen bei Betriebskostenabrechnungen stellen bedeutende Neuerungen dar.

Textform statt Schriftform bei Gewerbemietverträgen

Die wohl wichtigste Änderung im Mietrecht betrifft das Formerfordernis bei gewerblichen Mietverträgen. Bisher galt: Gewerbemietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr mussten zwingend die Schriftform gemäß §§ 578, 550 BGB wahren. Dies bedeutete, dass der Vertrag von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben werden musste.

Mit Inkrafttreten des BEG IV wurde § 550 BGB angepasst. In § 578 Abs. 1 BGB heißt es nun:

"§ 550 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform geschlossen wird, für unbestimmte Zeit gilt."

Die Schriftform wird also durch die Textform ersetzt. Dies stellt eine erhebliche Erleichterung dar.

Schriftform vs. Textform - die entscheidenden Unterschiede

Die Schriftform (§ 126 BGB) verlangt:

  • Eine eigenhändige Unterschrift auf einem körperlichen Dokument
  • Die handschriftliche Namenszeichnung am Ende des Textes
  • Alternativ ist nur eine notariell beglaubigte Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur zulässig

Die Textform (§ 126b BGB) ist deutlich weniger streng und erfordert lediglich:

  • Eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist
  • Die Speicherung auf einem dauerhaften Datenträger
  • Die Möglichkeit für den Empfänger, die Erklärung aufzubewahren oder zu speichern
  • Die unveränderte Wiedergabe der Erklärung

"Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden."

Diese Erleichterung hat weitreichende praktische Konsequenzen: Bei der Textform ist keine eigenhändige Unterschrift mehr erforderlich. Ein Mietvertrag kann somit beispielsweise per E-Mail, als PDF-Dokument, per Fax, als Scan eines unterschriebenen Dokuments oder sogar über Messaging-Dienste rechtsgültig geschlossen werden. Es reicht aus, wenn der Absender erkennbar ist und das Ende der Erklärung deutlich wird, etwa durch eine Grußformel oder den Hinweis "Diese Erklärung ist nicht unterschrieben".

Übergangsregelung für bestehende Mietverträge

Für bereits bestehende Gewerbemietverträge, die vor dem 1. Januar 2025 geschlossen wurden, gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr. Das bedeutet:

  1. Diese Verträge sind noch bis zum 31. Dezember 2025 nach den alten Vorschriften zu beurteilen; das Schriftformerfordernis bleibt bis dahin verbindlich.
  2. Wird ein bestehender Mietvertrag nach dem 1. Januar 2025 geändert, gelten für ihn bereits ab diesem Zeitpunkt die neuen Vorschriften - Änderungen können dann in Textform erfolgen.
  3. Nach Ablauf der Übergangsfrist, also ab dem 1. Januar 2026, gilt die neue Regelung auch für alle Altverträge.

Textform beim Widerspruch gegen Kündigungen

Eine weitere Erleichterung betrifft den Härtefallwiderspruch gegen Kündigungen. Mieter können künftig einer Kündigung unter Berufung auf einen Härtefall gemäß § 574b Abs. 1 BGB in Textform widersprechen und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Bisher war hier eine handschriftliche Unterschrift erforderlich. Nun kann der Widerspruch auch per E-Mail oder Telefax erklärt werden.

Bedeutung und Hintergründe der Reform

Die Reform verfolgt zwei Hauptziele:

  1. Erleichterung digitaler Vertragsabschlüsse: Durch die Absenkung von Formerfordernissen sollen digitale Prozesse vereinfacht werden.
  2. Reduzierung von Kündigungen wegen Formverstößen: Bisher konnten Gewerbemietverträge aufgrund von Schriftformmängeln vorzeitig gekündigt werden, auch wenn eigentlich eine längere Festlaufzeit vereinbart war. Die neue Regelung soll solche Fälle verringern.

Ursprünglich sollte das Schriftformerfordernis dem Schutz von Immobilienkäufern dienen, die als neue Vermieter in bestehende Mietverträge eintreten. Der Erwerber sollte die Möglichkeit haben, sich von einem Mietvertrag zu lösen, über dessen vollständigen Inhalt er keine Kenntnis hatte. In der Praxis nutzten jedoch sowohl Vermieter als auch Mieter Schriftformmängel, um sich von unliebsam gewordenen Verträgen zu trennen.

Die "Schriftformfalle" und ihre Auswirkungen

In der Immobilienbranche sprach man oft von der "Schriftformfalle": War beispielsweise eine wichtige Vertragsänderung nicht schriftlich dokumentiert oder fehlte nur eine Unterschrift, konnte der gesamte Vertrag von jeder Partei vorzeitig gekündigt werden - selbst wenn eine Festlaufzeit von 10 Jahren vereinbart war. Diese strenge Formvorschrift führte häufig zu überraschenden Kündigungen aus formalen Gründen und schuf damit erhebliche Rechtsunsicherheit.

Textform: Vorteile und Herausforderungen

Die Textform bietet zwar Erleichterungen, aber es bleiben Herausforderungen bestehen:

Vorteile:

  • Schnellere und flexiblere Vertragsabschlüsse
  • Elektronische Abschlüsse werden rechtssicher möglich
  • Weniger formale Hürden bei Vertragsanpassungen

Herausforderungen:

  • Für Immobilienkäufer wird es möglicherweise schwieriger, den vollständigen Vertragsinhalt zu erfassen
  • Die Dokumentationspflichten bleiben bestehen, werden jedoch komplexer
  • Die Gefahr von "Textformverstößen" ersetzt nun die bisherigen "Schriftformverstöße"

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Vermieter:

  • Gewerbemietverträge können ab sofort in Textform abgeschlossen und geändert werden, was den Verwaltungsaufwand reduziert.
  • Die Dokumentation aller Vereinbarungen bleibt jedoch weiterhin wichtig - achten Sie besonders auf eine systematische Archivierung elektronischer Kommunikation.
  • Bei Immobilienverkäufen müssen Sie sorgfältig darauf achten, dass alle textformkonform getroffenen Vereinbarungen mit Mietern vollständig offengelegt werden.
  • Empfehlenswert ist es, bei wichtigen Mietvertragsänderungen weiterhin ein einheitliches Dokument zu erstellen, auch wenn keine handschriftliche Unterschrift mehr nötig ist.
  • Überlegen Sie, ob Sie für besonders wichtige Änderungen die Schriftform vertraglich vereinbaren wollen, um die Dokumentation zu vereinfachen.

Für Mieter:

  • Vereinbarungen mit dem Vermieter können nun einfacher und schneller in Textform getroffen werden.
  • Ein Widerspruch gegen eine Kündigung wegen Härtefall kann in Textform eingelegt werden.
  • Beachten Sie, dass auch informelle Kommunikation (wie E-Mails oder sogar Nachrichten über Messenger-Dienste) vertragsrelevant sein kann, wenn die Textform gewahrt ist.
  • Dokumentieren Sie wichtige Absprachen mit dem Vermieter sorgfältig und bewahren Sie elektronische Kommunikation systematisch auf.
  • Fordern Sie bei wichtigen Vereinbarungen eine Bestätigung des Empfangs vom Vermieter an, um später Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.

Falls kein geeigneter Bote zur Verfügung steht, ist eine andere Möglichkeit, das Kündigungsschreiben durch einen Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen. So hat der Vermieter auch einen Nachweis, dass die Kündigung dem Mieter ordnungsgemäß zugestellt wurde. Der Gerichtsvollzieher fertigt nämlich vor der Zustellung eine beglaubigte Abschrift des zugestellten Dokuments, sowie eine Zustellungsurkunde an.

Praktische Tipps für den Umgang mit der Textform

  1. Klare Kennzeichnung: Machen Sie bei elektronischer Kommunikation deutlich, ob es sich um einen Vertragsabschluss oder eine verbindliche Vertragsänderung handelt (z.B. durch entsprechende Betreffzeilen in E-Mails).
  2. Einheitliche Dokumente: Erstellen Sie weiterhin einheitliche Dokumente, die klar auf bestehende Verträge Bezug nehmen und angeben, welche Teile geändert werden.
  3. Empfangsbestätigung: Lassen Sie sich den Erhalt wichtiger elektronischer Dokumente bestätigen.
  4. Systematische Archivierung: Entwickeln Sie ein System zur Archivierung elektronischer Vertragsunterlagen, damit nichts verloren geht.
  5. Prüfung von Altverträgen: Nutzen Sie die Übergangszeit bis Ende 2025, um bestehende Verträge auf Schriftformmängel zu prüfen und diese gegebenenfalls zu beheben.

Die Umstellung von Schrift- auf Textform stellt einen wichtigen Schritt zur Digitalisierung des Mietrechts dar. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich in der Praxis tatsächlich eine durchgängige Nutzung der Textform durchsetzen wird oder ob Vertragsparteien aus Gründen der Rechtssicherheit weiterhin auf die bewährte Schriftform zurückgreifen werden.

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Die größten Irrtümer im Mietrecht

  • Teaser: Mietrecht ist komplex und voller Fallstricke – sowohl für Mieter als auch für Vermieter. In unserem neuesten Beitrag decken wir die zehn häufigsten Irrtümer im Mietrecht auf, die oft zu unnötigen Konflikten und Kosten führen können. Ob es um die Verpflichtungen bei Renovierungen geht, die Rückzahlung der Kaution, oder die Rechte und Pflichten bei einem Wohnungsverkauf, wir klären auf, was wirklich rechtens ist. Dieser Leitfaden ist unerlässlich für jeden, der in einer Mietwohnung lebt oder vermietet, um sicherzustellen, dass Sie Ihre Rechte und Pflichten genau kennen und rechtliche Fallstricke vermeiden. Bleiben Sie informiert und schützen Sie sich vor häufigen Rechtsirrtümern mit unseren Expertentipps!
  • Portrait ALexander Liese
    Alexander Liese
  • 10/24

Inhaltsangabe:

  1. Bevor ich ausziehe, dann muss ich die Wohnung weiß streichen.

Ob Sie verpflichtet sind, die Wohnung vor Ihrem Auszug zu streichen, hängt vornehmlich davon ab, ob Sie zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn dies in Ihrem Mietvertrag eine sog. „Schönheitsreparaturklausel“ oder „Endrenovierungsklausel“ zu finden ist. Ist dies der Fall, ist weiter zu prüfen, ob diese Klausel auch so formuliert ist, dass sie den gesetzlichen Anforderungen genügt. Dies ist von einem Rechtsanwalt für Mietrecht zu überprüfen. Zusätzlich gilt aber: Selbst wenn eine Schönheitsreparaturklausel in ihrem Mietvertrag enthalten ist, greift diese nur, wenn Sie die Wohnung auch in einem renovierten Zustand erhalten haben. Sie sind nicht verpflichtet, die Wohnung in einem besseren Zustand zurückzugeben, als Sie sie erhalten haben.

Wenn Sie zur Vornahme von Schönheitsreparatur verpflichtet sind, müssen Sie aber nur dann einen Neuanstrich vornehmen, wenn der Abnutzungsgrad auch einen Neuanstrich erforderlich macht. Sind die Wände noch in einem Zustand, die einem Neuanstrich entsprechen, muss nicht nochmals gestrichen werden. Es besteht auch keine Pflicht, die Wände zwingend in der Farbe Weiß zu streichen oder zurückzugeben. Entscheidend ist, dass es sich um „neutrale“ Farben handelt, die die Weitervermietung nicht erschweren. Also blasse und gängige Farbtöne sind erlaubt. Nicht erlaubt wären Mustertapeten oder ungewöhnliche Farben wie Schwarz oder Knallrot. 

2. Sobald ich ausgezogen bin, muss der Vermieter mir meine Kaution zurückzahlen.

Das ist so nicht richtig. Es stimmt zwar, dass der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution mit der Rückgabe der Wohnung bzw. Beendigung des Mietverhältnisses fällig wird. Allerdings gewährt die Rechtsprechung dem Vermieter eine angemessene Frist (in der Regel sechs Monate), um zu überprüfen, on ihm noch Ansprüche zustehen, die er mit der Kaution verrechnen kann (Mietrückstände, Schadenersatz wegen Beschädigung der Mietsache, offene Betriebskosten). Mit der Geltendmachung des Kautionsrückzahlungsanspruchs, sollte man also zunächst die Prüfungsfrist des Vermieters abwarten und anschließend unter Fristsetzung eine Abrechnung über die Kaution anfordern. Läuft die Frist ohne eine Reaktion des Vermieters ab, empfiehlt es sich einen Rechtsanwalt für Mietrecht einzuschalten.

3. Wenn ich einen Nachmieter gefunden habe, dann muss ich die Kündigungsfrist nicht einhalten.

Das ist unzutreffend und ein Irrtum. Die Kündigungsfrist des Mieters beträgt grundsätzlich drei Monate. Für diese Zeit besteht auch weiterhin die Pflicht die Miete zu zahlen. Auch wenn Sie dem Vermieter eine oder mehrere Personen vorschlagen, die das Mietobjekt schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zu übernehmen, ist der Vermieter hierzu nicht verpflichtet. Der Vermieter ist grundsätzlich frei in seiner Entscheidung ob und an wen er die Wohnung im Anschluss vermietet. Die Pflicht einen vom Mieter vorgeschlagenen Nachmieter zu akzeptzieren, gibt es nicht. Trotzdem kann die Suche nach einem Nachmieter sinnvoll sein. Wenn der Vermieter den Nachmieter akzeptiert, besteht die Möglichkeit, das Mietverhältnis im Wege eines Mietaufhebungsvertrag auch schon vor dem Ablauf der Kündigungsfrist zu beenden. Bei Verhandlungen mit dem Vermieter kann Sie ein Anwalt für Mietrecht unterstützen.  

4. Wenn meine Wohnung verkauft wird, muss ich mit dem Käufer einen neuen Mietvertrag abschließen.

Das ist ein Irrtum. Wird die Wohnung oder das Grundstück verkauft, dann tritt der Käufer in das bestehende Mietverhältnis in dem Moment in welchem er im Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen wird, in das bestehende Mietverhältnis in alle Rechten und Pflichten ein. Als Mieter ändert sich also nichts.

5. Wenn die Wohnung verkauft wird, dann habe ich als Mieter ein Vorkaufsrecht.

Das kann tatsächlich der Fall sein. Wenn der Vermieter nach Ihrem Einzug ein Wohnhaus mit mehreren Wohneinheiten in Eigentumswohnungen umwandelt und diese anschließend einzeln verkauft, haben Sie als Mieter ein Vorkaufsrecht. Dasselbe gilt, wenn nach Ihrem Einzug ein Grundstück mit mehreren Wohneinheiten (Reihenhaus, Doppelhaushälfte) in einzelne Grundstücke aufgeteilt wird. Wird die Wohnung/das Grundstück verkauft, ohne dass Ihnen der Vorkauf angeboten wurde, macht sich der Verkäufer schadenersatzpflichtig. Über Ihre Ansprüche sollten Sie sich in diesem Fall durch einen Anwalt für Mietrecht beraten lassen.

6. Wenn meine Wohnung einen Mangel hat, dann muss ich keine Miete mehr zahlen.

Das stimmt nur teilweise. Wenn die Wohnung einen Mangel aufweist (Feuchtigkeit, Rohrbruch, Schimmelbefall, Wasser- oder Heizungsausfall) besteht die Möglichkeit die Miete zu mindern. Dies ist allerdings nur dann zulässig, wenn Sie dem Vermieter den Mangel vorher angezeigt haben. Wie hoch die Minderungsquote ist, hängt immer vom jeweiligen Einzelfall und davon ab, inwieweit der Mangel die Nutzbarkeit der Wohnung zu Wohnwegen negativ beeinflusst. Mindern Sie mehr als Sie es berechtigterweise dürfen, geraten Sie in Zahlungsrücktand. Dies kann zu einem Kündigungsgrund des Vermieters führen. Sie sollten sich also vor einer Mietminderung von einem Rechtsanwalt für Mietrecht beraten lassen.

7. Wenn meine Wohnung einen Mangel hat und der Vermieter nicht reagiert, kann ich auch rückwirkend die Miete mindern.

Das kann sich als Irrtum herausstellen. Zunächst setzt das Recht zur Minderung der Miete eine Mangelanzeige durch den Mieter voraus. Sie sollten also umgehend einen Mangel an den Vermieter melden, sobald sie ihn bemerken. Tun Sie das nicht, können sie sich unter Umständen schadenersatzpflichtig machen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Vermieter um den Mangel bereits aus anderen Gründen weiß. Zahlen Sie die Mieter aber in voller Höhe weiter, obwohl Sie den Mangel angezeigt haben, können Sie nur dann rückwirkend eine Minderung vornehmen, wenn Sie deutlich gemacht haben, dass Sie die Miete nur unter Vorbehalt in voller Höhe zahlen. Sie sollten also bei der Überweisung der Miete in den Verwendungszweck „unter Vorbehalt“ hinzufügen, oder in der Mängelanzeige deutlich machen, dass Sie bis zu Behebung des Mangels unter Vorbehalt weiterzahlen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Sie keine Kenntnis von Ihrem Recht zur Minderung der Miete hatten. Dies hat sich also mit der Lektüre dieses Artikels soeben erledigt.

8. Wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist, dann darf der Vermieter die Schlösser zu meiner Wohnung austauschen.

Natürlich nicht! Ziehen Sie aus der Wohnung auch nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht aus, dann darf der Vermieter Sie weder rauswerfen noch die Schlösser austauschen. Der Vermieter muss in diesem Fall einen Räumungstitel erwirken. Dies erreicht er durch Erhebung einer Räumungsklage. Erst wenn er die Räumungsklage gewinnt, also gegenüber dem Gericht nachweißt, dass seine Kündigung den gesetzlichen Anforderungen genügt (Einhaltung der Schriftform, Nachweis der Zustellung der Kündigung, Beweis eines gesetzlichen Kündigungsgrundes) erhält dieser ein Räumungsurteil. Auch dann darf der Vermieter die Räumung aber nicht selbst vornehmen, sondern muss den Gerichtsvollzieher mit der Räumung beauftragen. Von diesem Erhalten Sie dann einen angekündigten Räumungstermin. Erst wenn Sie zu diesem Termin nicht ausgezogen sind, darf der Gerichtsvollzieher die Räumung notfalls gegen Ihren Willen durchsetzen. Es ist daher anzuraten rechtzeitig einen Anwalt für Mietrecht einzuschalten, um Ihre Rechte als Mieter zu verteidigen.

9. Gegen eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters kann man nichts machen.

Das ist falsch. Der Eigenbedarf stellt ein berechtigtes Interesse zur Beendigung des Mietverhältnisses und damit einen Kündigungsgrund dar. Der Vermieter muss den Eigenbedarf aber tatsächlich nachweisen können. Ist der Eigenbedarf nur vorgeschoben, ist die Kündigung unwirksam und der Vermieter macht sich sogar schadenersatzpflichtig.  Auch wenn der Eigenbedarf tatsächlich bestehen sollte, können Sie unter Umständen eine Verlängerung der Räumungsfrist verlangen, wenn die Räumung für Sie eine besondere Härte bedeuten würde, zum Beispiel, wenn Sie innerhalb der Kündigungsfrist keinen vergleichbaren Ersatzwohnraum gefunden haben. Es ist zudem zu beachten, dass die Eigenbedarfskündigung durch eine Regelung im Mietvertrag für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen wurde. Darüber hinaus besteht eine Kündigungssperre für Eigenbedarfskündigungen für mindestens drei Jahre, wenn die Wohnung nach Ihrem Einzug zu einer Einraumwohnung umgewandelt wurde oder wenn die Wohnung an eine Personengesellschaft oder mehrere Käufer veräußert wurde, die nicht derselben Familie oder demselben Haushalt angehören. Darüber hinaus muss die Kündigung auch der gesetzlichen Form genügen, um wirksam zu sein. Lassen Sie sich am besten rechtzeitig von einem Anwalt für Mietrecht beraten.

10. Der Vermieter darf in die Mietwohnung, wann er möchte.

Das ist falsch. Der Vermieter hat nur dann ein Betretungsrecht, wenn er einen berechtigten Grund für die Betretung der Wohnung vorzuweisen hat (Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen und Reparaturen, Beseitigung von Mängeln, Besichtigungen von potenziellen Käufern oder Nachmietern etc). Will der Vermieter von seinem Betretungsrecht Gebrauch machen, muss er dies mit angemessener Vorlaufzeit ankündigen. Erscheint der Vermieter unangekündigt vor Ihrer Tür oder hat teilt keinen berechtigten Grund dargelegt, dürfen Sie den Zutritt zur Wohnung verweigern.

Kontaktieren Sie uns!

Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.


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