Wenn die Bürofläche zu klein ist: Mieter bekommt Geld zurück
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- Beitragstext: Der Fall: 70 Quadratmeter im Vertrag, nur 45,6 in der Realität Ein Unternehmer mietete 2014 Büroräume und zahlte neun Jahre lang eine Miete, die auf 70 Quadratmetern basierte. Erst 2023 erfuhr er: Die Räume sind tatsächlich nur 45,6 Quadratmeter groß - eine Abweichung von über 30 Prozent. Die monatliche Miete betrug 350 Euro, berechnet nach 5 Euro pro Quadratmeter. Bei der tatsächlichen Fläche hätte er nur 230 Euro zahlen müssen. Der entscheidende Vertragstext: "Die monatliche Grundmiete beträgt: Bürofläche EUR 5,00 /m² x 70,0 m² EUR 350,00." Zentrale Streitpunkte vor Gericht War die Flächenangabe verbindlich? Die Vermieterin argumentierte, die Flächenangabe von 70 Quadratmetern sei nicht als Beschaffenheitsmerkmal vereinbart worden. Sie verwies auf eine Klausel im Vertrag: "Die Angabe der Fläche dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstands." Quadratmetermiete oder Pauschale? Der Mieter behauptete, es sei eine echte Quadratmetermiete vereinbart worden. Die Vermieterin sah die Aufschlüsselung nur als Formulartext ohne rechtliche Bedeutung. Das Urteil: Geld zurück trotz Flächenklausel Das OLG Dresden gab dem Mieter größtenteils recht und sprach ihm 4.320 Euro zu - allerdings nur für die Jahre 2021 bis 2023, da die Ansprüche aus 2020 bereits verjährt waren. Die Begründung des Gerichts Echte Quadratmetermiete vereinbart: Das Gericht stellte fest, dass im Vertrag ausdrücklich eine Mietpreisabrede von 5 Euro je Quadratmeter getroffen wurde. Dies sei eine echte Quadratmetermiete. Flächenklausel ändert nichts am Mietpreis: Die Klausel in § 1 Ziffer 2 des Vertrags regele nur, ob die Flächenangabe zur Sollbeschaffenheit gehört - nicht aber die Höhe der Miete. Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung: Bei einer echten Quadratmetermiete berechnet sich die geschuldete Miete nach der tatsächlichen Fläche. Zahlungen über diesen Betrag hinaus sind Überzahlungen, die zurückgefordert werden können. Wichtige Unterscheidung: Mangel vs. Überzahlung Das Urteil macht eine wichtige rechtliche Unterscheidung: Mietmangel: Wenn die Flächenangabe Teil der Sollbeschaffenheit ist, liegt bei Abweichungen ein Mangel vor, der zur Mietminderung berechtigt Überzahlung: Bei echter Quadratmetermiete kann unabhängig davon eine Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung erfolgen Grenzen des Anspruchs Verjährung greift Rückforderungsansprüche verjähren nach drei Jahren. Da der Mieter erst 2023 von der Flächenabweichung erfuhr, waren die Ansprüche aus 2020 bereits verjährt. Kenntnis verhindert Rückforderung nicht Die Vermieterin konnte sich nicht auf § 814 BGB berufen, wonach bewusst geleistete Nicht-Schulden nicht zurückgefordert werden können. Der Mieter hatte bis 2023 keine positive Kenntnis von der geringeren Fläche. Was bedeutet das Urteil für Sie? Für Mieter von Gewerberäumen Prüfen Sie Ihren Mietvertrag: Ist eine Quadratmetermiete vereinbart? Nachmessen lohnt sich: Auch wenn Flächenangaben als unverbindlich bezeichnet werden, können Sie bei echter Quadratmetermiete zu viel gezahlte Miete zurückfordern Handeln Sie schnell: Ansprüche verjähren nach drei Jahren ab Kenntnis der Abweichung Dokumentieren Sie: Halten Sie den Zeitpunkt fest, ab dem Sie von der Flächenabweichung erfahren Für Vermieter Klare Vertragsgestaltung: Entscheiden Sie bewusst zwischen Pauschale und Quadratmetermiete Korrekte Flächenangaben: Auch bei "unverbindlichen" Angaben können rechtliche Folgen entstehen Verjährungsfristen beachten: Rückforderungsansprüche sind zeitlich begrenzt Praktische Tipps Bei Vertragsabschluss: Lassen Sie die Fläche professionell vermessen und vereinbaren Sie eindeutig, ob eine Pauschale oder Quadratmetermiete gelten soll. Bei bestehenden Verträgen: Überprüfen Sie regelmäßig, ob die vertraglichen Angaben mit der Realität übereinstimmen. Bei Abweichungen: Suchen Sie frühzeitig das Gespräch oder holen Sie sich rechtlichen Rat, um Verjährung zu vermeiden. Das Urteil zeigt: Auch scheinbar wasserdichte Flächenklauseln schützen nicht vor Rückforderungen, wenn eine echte Quadratmetermiete vereinbart wurde. Entscheidend ist die konkrete Vertragsgestaltung im Einzelfall. Quelle: OLG Dresden, Urteil vom 19.03.2025 - 5 U 1633/24
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Rechtsanwalt Alexander Liese
Büroräume viel kleiner als vertraglich vereinbart
Ein Unternehmer mietete 2014 Büroräume in Leipzig. Der Mietvertrag wies eine Fläche von "ca. 70 qm" aus, tatsächlich waren es jedoch nur 45,6 Quadratmeter - eine Abweichung von über 34 Prozent. Jahrelang zahlte der Mieter die vereinbarte Miete von monatlich 350 Euro.
Im Mietvertrag stand ausdrücklich eine Quadratmetermiete von 5,00 Euro je Quadratmeter. Gleichzeitig enthielt der Vertrag aber auch eine Klausel, wonach die Flächenangabe "wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstands" diene.
Erst 2023, kurz vor Ende des Mietverhältnisses, erfuhr der Mieter telefonisch von der tatsächlichen Raumgröße. Daraufhin forderte er die Rückzahlung der über Jahre zu viel gezahlten Miete - insgesamt mehrere tausend Euro.
Der zentrale Streitpunkt: Echte Quadratmetermiete oder Pauschalmiete?
Die Vermieterin berief sich auf die Vertragsklausel: Die Flächenangabe sei unverbindlich, eine Grundmiete von 350 Euro sei pauschal vereinbart worden. Die Aufspaltung in einen Quadratmeterpreis sei nur dem verwendeten Vertragsformular geschuldet, nicht aber gewollt.
Der Mieter argumentierte dagegen: Bei einer echten Quadratmetermiete müsse nach der tatsächlichen Fläche abgerechnet werden. Bei 46 Quadratmetern und 5,00 Euro je Quadratmeter wären nur 230 Euro Grundmiete geschuldet gewesen - 120 Euro weniger pro Monat.
Die entscheidende Frage lautete: Haben die Parteien eine echte Quadratmetermiete vereinbart oder nur eine pauschale Miete, die rechnerisch auf Quadratmeter aufgeteilt wurde?
Landgericht wies Klage ab - OLG gab Mieter Recht
Das Landgericht Leipzig wies die Klage zunächst ab. Es sah in der Vertragsklausel einen eindeutigen Ausschluss jeder Flächenrelevanz für die Mietberechnung.
Das Oberlandesgericht Dresden korrigierte diese Entscheidung grundlegend. Die Richter unterschieden klar zwischen zwei verschiedenen Rechtsfragen:
Unterschied zwischen Sollbeschaffenheit und Mietberechnung
"Die Parteien können vereinbaren, wie sie eine Mietfläche verstanden wissen wollten. Unabhängig davon ist bei echter Quadratmetermiete die geschuldete Miete anhand der tatsächlichen Quadratmeter zu berechnen."
Das Gericht stellte fest: Die Vertragsklausel bezieht sich nur darauf, ob eine bestimmte Flächengröße zur vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit gehört. Sie regelt aber nicht die Höhe der Miete bei echter Quadratmetermiete.
Konkret bedeutet das:
- Für Gewährleistung: Keine Mietminderung wegen zu kleiner Räume, da Flächenangabe unverbindlich
- Für Mietberechnung: Trotzdem Abrechnung nach tatsächlicher Fläche bei echter Quadratmetermiete
Echte Quadratmetermiete lag vor
Das OLG Dresden bejahte eine echte Quadratmetermiete, da der Vertrag ausdrücklich vorsah: "Bürofläche EUR 5,00/m² x 70,0 m² EUR 350,00".
Die Richter ließen das Argument nicht gelten, dies sei nur der verwendeten Vertragsvorlage geschuldet. Auch Formularverträge seien bindend, wenn sie ordnungsgemäß einbezogen wurden und der Inhaltskontrolle standhalten.
Die Entscheidung: Rückzahlung von über 4.000 Euro
Das OLG verurteilte die Vermieterin zur Rückzahlung von 4.320 Euro. Dieser Betrag errechnet sich aus der monatlichen Überzahlung von 120 Euro für 36 Monate (Januar 2021 bis Dezember 2023).
Die Berechnung im Detail:
- Vereinbarte Miete: 5,00 EUR × 70 m² = 350 EUR
- Geschuldete Miete: 5,00 EUR × 46 m² = 230 EUR
- Monatliche Überzahlung: 120 EUR
- Zeitraum 2021-2023: 36 Monate
- Rückforderung: 36 × 120 EUR = 4.320 EUR
Verjährung bei Ansprüchen aus 2020
Für das Jahr 2020 gingen die Mieter leer aus. Diese Rückforderungsansprüche waren bereits verjährt, da der Mieter die tatsächliche Flächengröße grob fahrlässig hätte früher erkennen können.
Das Gericht argumentierte: Die räumlichen Verhältnisse waren dem Mieter seit 2014 bekannt. Zudem hätte er die abweichenden Flächenangaben in den jährlichen Betriebskostenabrechnungen bemerken können, die seit 2015 die korrekte Fläche von 45,6 Quadratmetern auswiesen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Gewerbemieter:
- Mietverträge genau prüfen: Unterscheiden Sie zwischen pauschaler Miete und echter Quadratmetermiete
- Bei echter Quadratmetermiete: Lassen Sie die Fläche professionell vermessen, wenn Zweifel bestehen
- Betriebskostenabrechnungen beachten: Abweichende Flächenangaben können Hinweise auf Überzahlungen geben
- Schnell handeln: Warten Sie nicht jahrelang mit der Geltendmachung von Ansprüchen
Für Vermieter:
- Klare Vertragsgestaltung: Wenn eine Pauschalmiete gewollt ist, vermeiden Sie Quadratmeter-Aufschlüsselungen
- Konsistenz wahren: Verwenden Sie in allen Dokumenten (Vertrag, Nebenkostenabrechnungen) dieselben Flächenangaben
- Vorsicht bei Formularverträgen: Auch standardisierte Klauseln sind bindend und können nicht nachträglich relativiert werden
Praktische Hinweise:
Der Unterschied ist entscheidend:
- Echte Quadratmetermiete: "5,00 EUR/m² × tatsächliche Fläche"
- Pauschalmiete: "350 EUR für die überlassenen Räume"
Verjährungsfristen beachten: Rückforderungsansprüche verjähren in drei Jahren. Die Frist beginnt mit Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Überzahlung.
Dokumentation ist wichtig: Halten Sie Messungen, Berechnungen und den Zeitpunkt der Kenntniserlangung schriftlich fest.
Abgrenzung zur Wohnraummiete
Dieses Urteil betraf Gewerberäume. Bei Wohnraummiete gelten teilweise andere Regeln, insbesondere hinsichtlich der Unwirksamkeit bestimmter Klauseln und der Mieterschutzvorschriften.
Das OLG Dresden verwies ausdrücklich auf die etablierte BGH-Rechtsprechung zur 10-Prozent-Grenze bei Flächenabweichungen. Diese kommt jedoch nur zum Tragen, wenn die Flächenangabe Teil der vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit ist - was hier durch die Vertragsklausel ausgeschlossen war.
Fazit: Vertragsauslegung entscheidet
Das Urteil zeigt: Entscheidend ist die genaue Vertragsauslegung. Klauseln zur Unverbindlichkeit von Flächenangaben können die Gewährleistungsrechte ausschließen, ändern aber nichts an der Berechnungsgrundlage bei echter Quadratmetermiete.
Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten von Anfang an Klarheit über die gewünschte Mietstruktur schaffen. Unklare oder widersprüchliche Regelungen führen zu kostspieligen Rechtsstreitigkeiten.
Die Entscheidung des OLG Dresden stärkt die Position von Gewerbemietern bei echten Quadratmetermieten und sorgt für mehr Rechtssicherheit in diesem wichtigen Bereich des Mietrechts.
Quelle: Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 19.03.2025, Az. 5 U 1633/24
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