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Wasserschaden am Sondereigentum: Wer darf gegen die WEG-Versicherung klagen?

  • Teaser: Ein Wasserschaden in der eigenen Wohnung kann erheblichen Ärger und Kosten verursachen. Besonders kompliziert wird es, wenn die Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für den Schaden aufkommen soll. Doch wer ist eigentlich berechtigt, diese Ansprüche durchzusetzen? Das Amtsgericht München hat in einem aktuellen Urteil eine klare Position bezogen, die für alle Wohnungseigentümer von großer Bedeutung ist.
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Der Sachverhalt: Wasserschaden mit Folgen

Im Mai 2020 ereignete sich in einer vermieteten Eigentumswohnung ein erheblicher Wasserschaden. Die Ursache lag vermutlich in der darunterliegenden Wohnung. Der Schaden betraf hauptsächlich das Badezimmer und war so gravierend, dass die Mieter die Wohnung für vier Monate verlassen mussten.

Die Hausverwaltung meldete den Schaden umgehend der Gebäudeversicherung. Mit der Sanierung wurde eine Fachfirma beauftragt. Bei der Renovierung des Badezimmers kam es jedoch zu einem Fehler: Im Duschboden wurde kein ausreichendes Gefälle eingebaut, sodass das Wasser nicht richtig ablaufen konnte. Es staute sich und breitete sich im Badezimmer aus. Eine Nachbesserung dieses Problems wurde von der Hausverwaltung nicht veranlasst.

Der Rechtsstreit: Wohnungseigentümer gegen Versicherung

Der Eigentümer der betroffenen Wohnung entschloss sich, selbst gegen die Gebäudeversicherung vorzugehen. Er forderte einen Betrag von 4.060 Euro als Entschädigung.

Um seine Klageberechtigung zu untermauern, verwies der Eigentümer auf einen Beschluss der WEG vom November 2024. Darin hatte die Eigentümergemeinschaft einstimmig beschlossen, ihm sämtliche Mangel- und Gewährleistungsansprüche abzutreten, die der WEG im Bereich seines Sondereigentums entstanden waren.

Der Wohnungseigentümer argumentierte, dass er aufgrund dieser Abtretung und seiner Stellung als Miteigentümer berechtigt sei, Ansprüche sowohl aus dem Werkvertrag als auch aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen.

Die Entscheidung des Gerichts: Klare Grenzen

Das Amtsgericht München wies die Klage als unzulässig ab. Die Begründung ist für alle Wohnungseigentümer von weitreichender Bedeutung:

Der Kläger ist kein Versicherungsnehmer und kann daher keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen. Gemäß Teil I. B § 12 Nr. 1 Satz 1 VGB 2008 steht die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zu.

Das Gericht stellte klar, dass im Fall einer Wohngebäudeversicherung die WEG als rechtsfähiger Verband der Versicherungsnehmer ist. Die einzelnen Wohnungseigentümer sind lediglich die Versicherten. Bei Schäden am Sondereigentum handelt es sich um eine "Versicherung für fremde Rechnung".

Zwar stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) grundsätzlich dem Versicherten, also dem Wohnungseigentümer, zu. Verfügen über diese Rechte kann jedoch ausschließlich der Versicherungsnehmer – in diesem Fall die WEG, vertreten durch die Hausverwaltung.

Die Klausel ist rechtmäßig

Das Gericht betonte, dass die Klausel in den Versicherungsbedingungen, wonach nur der Versicherungsnehmer zur Geltendmachung des Versicherungsanspruchs berechtigt ist, rechtlich nicht zu beanstanden sei. Der Versicherer habe ein berechtigtes Interesse daran, es nur mit dem Versicherungsnehmer zu tun zu haben.

Dies vermeidet verschiedene Probleme:

  • Keine Überprüfung der Versicherteneigenschaft
  • Kein Prozesskostenrisiko im Hinblick auf den Versicherten
  • Keine Auseinandersetzung mit einer Vielzahl unbekannter Personen
  • Keine Doppelklagen von Versicherungsnehmer und Versicherten
  • Keine Einvernahme des Versicherungsnehmers als Zeugen

Auch die Zustimmung der WEG zur Klageerhebung durch den Eigentümer ändert nichts an dieser rechtlichen Bewertung. Das Gericht stellte fest:

Der Versicherte kann daher auch dann keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen, wenn die Versicherungsnehmerin zugestimmt hat.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Wohnungseigentümer bedeutet dieses Urteil:

  1. Keine Direktklage gegen die Versicherung: Als einzelner Wohnungseigentümer können Sie nicht selbst gegen die Gebäudeversicherung klagen – auch nicht, wenn die WEG zustimmt oder Ihnen sogar Ansprüche abtritt.
  2. Die WEG muss handeln: Bei Schäden am Sondereigentum müssen Sie darauf hinwirken, dass die WEG (vertreten durch die Hausverwaltung) die Ansprüche gegenüber der Versicherung durchsetzt.
  3. Mögliche Ansprüche gegen die WEG: Wenn die WEG nicht bereit ist, berechtigte Ansprüche gegen die Versicherung durchzusetzen, können Sie unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen die WEG selbst haben.

Das Gericht erkennt ausdrücklich an, dass diese Situation für den einzelnen Wohnungseigentümer problematisch sein kann. Es betont jedoch, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten des Eigentümers sich darauf beschränken, von der WEG zu verlangen, dass bestehende Ansprüche gegenüber der Versicherung durchgesetzt werden.

Fazit: Klare Zuständigkeiten beachten

Das Urteil verdeutlicht die klare Trennung der Zuständigkeiten in einer WEG. Die Gebäudeversicherung steht in einem Vertragsverhältnis mit der Gemeinschaft als Ganzes, nicht mit den einzelnen Eigentümern. Diese Struktur dient der Rechtssicherheit, kann aber im Einzelfall zu Spannungen führen.

Für Wohnungseigentümer ist es daher wichtig, bei Schäden am Sondereigentum frühzeitig mit der Hausverwaltung zu kommunizieren und auf eine konsequente Verfolgung von Versicherungsansprüchen zu drängen. Im Zweifel sollte rechtlicher Rat eingeholt werden, um die eigenen Möglichkeiten korrekt einschätzen zu können.

Quelle: AG München, Urteil vom 03.01.2025 - 231 C 21924/24

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Bodenschwellen auf Privatstraßen: Das müssen Sie wissen

  • Teaser: Wer kennt sie nicht – die kleinen Huckel auf Privatstraßen, die uns zum Abbremsen zwingen? Was für manche ein Ärgernis ist, dient für andere der Verkehrssicherheit. Doch dürfen Eigentümer solche Bodenschwellen überhaupt auf Privatwegen anbringen, wenn Nachbarn ein Wegerecht besitzen? Das Kammergericht Berlin hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Bodenschwellen grundsätzlich zulässig sind, auch wenn sie die Zufahrt für Nachbarn erschweren.
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Der Sachverhalt: Ein Nachbarschaftsstreit eskaliert

Im vorliegenden Fall stritten Nachbarn um eine etwa 190 Meter lange Privatstraße. Die Straße gehört den Beklagten, die Kläger haben ein Wegerecht, um zu ihrem Grundstück zu gelangen. Über 20 Jahre lang konnten die Kläger die Straße ohne Hindernisse befahren. Doch dann installierten die Eigentümer acht Bodenschwellen in einem Abstand von jeweils 13-14 Metern.

Die Kläger empfanden diese Maßnahme als erhebliche Beeinträchtigung ihres Wegerechts. Sie forderten die Beseitigung der Bodenschwellen und klagten. Zudem spielten im Verfahren Überwachungskameras am Carport der Beklagten eine Rolle – die Kläger befürchteten, dass die Kameras auf die Privatstraße gerichtet seien und sie unter Beobachtung stünden.

Die zentralen Streitpunkte

Der Fall drehte sich um mehrere rechtliche Fragen:

  1. Dürfen Eigentümer auf ihrem Privatweg Bodenschwellen anbringen, wenn andere ein Wegerecht haben?
  2. Inwieweit müssen Berechtigte eines Wegerechts Einschränkungen hinnehmen?
  3. Wann sind Überwachungskameras auf einem Privatgrundstück für Nachbarn unzumutbar?

Die Kläger argumentierten, dass die Bodenschwellen ihr Wegerecht erheblich beeinträchtigten und dass das Anbringen von Straßenschwellen gemäß § 45 StVO ausschließlich der Straßenverkehrsbehörde vorbehalten sei. Zudem seien die Schwellen für ältere Besucher mit Rollatoren oder Rollstühlen ein unzumutbares Hindernis.

Die Beklagten hingegen beriefen sich auf ihr Eigentumsrecht und ihr Interesse, dass auf ihrem Grundstück eine angemessene Geschwindigkeit eingehalten wird.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Berlin wies die Klage ab, und das Kammergericht bestätigte diese Entscheidung. Die Richter stellten fest:

"Der Eigentümer eines mit einer Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücks kann weiterhin über sein Grundstück in der ihm richtig erscheinenden Weise verfügen, solange dadurch nicht die Grunddienstbarkeit mehr als unerheblich beeinträchtigt wird."

Das Gericht führte eine Interessenabwägung durch und kam zu dem Schluss, dass das Interesse der Beklagten an der Einhaltung einer angemessenen Geschwindigkeit das Interesse der Kläger an einer unbeeinträchtigten Ausübung ihres Wegerechts überwiegt.

Die Richter stellten klar, dass die Bodenschwellen keine wesentliche Beeinträchtigung darstellen, sondern lediglich zu einer Verlangsamung der Fahrt und zu Erschütterungen in einem zumutbaren Rahmen führen. Diese Beeinträchtigungen müssten die Kläger hinnehmen.

Zur Frage der Überwachungskameras entschied das Gericht, dass kein Anspruch auf Entfernung besteht. Die Kameras waren offenbar nur auf das Grundstück der Beklagten ausgerichtet, und eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger war nicht nachweisbar.

Die Begründung im Detail

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf mehrere zentrale Überlegungen:

1. Grunddienstbarkeit und Eigentumsrecht

Grundsätzlich muss der durch das Wegerecht Verpflichtete die ungehinderte Nutzung des Weges ermöglichen. Jedoch findet das Wegerecht seine Schranken in § 1020 BGB. Danach muss der Berechtigte in Ausübung seines Rechts das Interesse des Eigentümers tunlichst schonen.

Das bedeutet: Der Eigentümer darf sein Grundstück weiterhin gestalten, solange die Dienstbarkeit nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Es besteht kein Anspruch auf eine hundertprozentig ebene Zufahrt.

2. Verhältnismäßigkeit der Bodenschwellen

Das Gericht befand, dass Bodenschwellen ein bewährtes und zweckmäßiges Mittel sind, um Verkehr zu einer Geschwindigkeitsreduktion anzuhalten. Die Maßnahme der Beklagten war:

  • Geeignet: Bodenschwellen reduzieren effektiv die Geschwindigkeit
  • Erforderlich: Auch ohne konkrete Gefahrensituationen in der Vergangenheit dürfen Eigentümer der abstrakten Gefahr eines Fahrens mit überhöhter Geschwindigkeit vorbeugen
  • Verhältnismäßig: Acht Schwellen auf 190 Metern sind angemessen, um den Zweck zu erfüllen

3. Zumutbarkeit für Verkehrsteilnehmer

Das Gericht stellte fest:

"Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeugführer haben die mit der Überwindung von maßvollen Bodenschwellen verbundenen Beeinträchtigungen im Grundsatz hinzunehmen."

Die Bodenschwellen waren durch rot-weiße Markierung deutlich erkennbar und konnten von allen Verkehrsteilnehmern überwunden werden:

  • Fahrzeuge konnten die Straße mit geringerer Geschwindigkeit befahren
  • Fußgänger konnten jede Schwelle prinzipiell mit einem Schritt übersteigen
  • Rollstühle, Rollatoren oder Kinderwagen ließen sich generell über die Schwellen rollen

Das Gericht erkannte zwar an, dass bestimmte Personengruppen wie ältere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen besondere Schwierigkeiten haben könnten. Dies führe aber nicht zu einem Beseitigungsanspruch, sondern höchstens zu einem Anspruch auf geeignete Abhilfemaßnahmen.

4. Zur Frage der Überwachungskameras

Das Gericht stellte fest, dass die Kameras vornehmlich den Carport der Beklagten erfassten. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Kläger lag nicht vor, da:

"Ein Anspruch auf Entfernung von Überwachungskameras besteht nicht, wenn die Sorge eines Nachbarn, vermeintlich überwacht zu werden, allein auf einem Nachbarschaftsstreit beruht, ohne dass objektive Anhaltspunkte diesen Verdacht belegen."

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil des Kammergerichts Berlin hat wichtige Auswirkungen für Eigentümer und Berechtigte von Wegerechten:

  1. Für Grundstückseigentümer: Sie dürfen Ihre Privatstraße grundsätzlich gestalten und auch verkehrsberuhigende Maßnahmen wie Bodenschwellen anbringen, solange diese verhältnismäßig sind und das Wegerecht nicht wesentlich beeinträchtigen.
  2. Für Inhaber von Wegerechten: Sie müssen zumutbare Einschränkungen bei der Ausübung Ihres Rechts hinnehmen. Ein Anspruch auf eine völlig ebene oder hindernisfreie Zufahrt besteht nicht.
  3. Für alle Verkehrsteilnehmer: Die mit der Überwindung von maßvollen Bodenschwellen verbundenen Beeinträchtigungen sind grundsätzlich hinzunehmen. Verkehrsteilnehmer mit besonderen Anforderungen können allenfalls verlangen, dass ihren Anliegen durch gesonderte Maßnahmen Rechnung getragen wird.
  4. Für Nachbarn mit Sorge vor Videoüberwachung: Ein bloßer Verdacht auf Überwachung reicht für einen Unterlassungsanspruch nicht aus. Es müssen objektive Anhaltspunkte vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts belegen.

Dieses Urteil verdeutlicht, dass bei nachbarrechtlichen Streitigkeiten stets eine Interessenabwägung im Einzelfall erfolgen muss. Dabei gilt der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme – sowohl für Eigentümer als auch für Berechtigte.

Quelle: KG Berlin, Beschluss vom 14.03.2025 - 21 U 202/24

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Mietminderung ohne Berechtigung: Wann Sie ein Risiko eingehen

  • Teaser: Wenn Sie als Mieter die Miete mindern, sollten Sie sich der möglichen Konsequenzen bewusst sein. Ein aktuelles Urteil zeigt, dass unbegründete Mietminderungen zum Verlust der Wohnung führen können.
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  • 04/25

Worum ging es in dem Fall?

Ein Mieter in Wiesbaden hatte über einen längeren Zeitraum seine Miete gemindert. Als Begründung führte er verschiedene Mängel an:

  • Uringeruch im Treppenhaus und angeblich auch in seiner Wohnung
  • Eine defekte Haustür, die nicht verschließbar war
  • Regelmäßig überfüllte Mülltonnen mit Geruchsbelästigung

Der Vermieter akzeptierte diese Mietminderung nicht, mahnte den Mieter wiederholt und kündigte schließlich das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs. Daraufhin kam es zum Rechtsstreit, der zunächst vor dem Amtsgericht Wiesbaden und nach Berufung des Mieters vor dem Landgericht Wiesbaden verhandelt wurde.

Die strittigen Punkte

Der zentrale Streitpunkt war, ob die vom Mieter angeführten Mängel tatsächlich vorlagen und ob sie eine Mietminderung in der vorgenommenen Höhe rechtfertigten.

Der Mieter behauptete:

  • Im Treppenhaus und in seiner Wohnung sei ein Uringeruch wahrnehmbar gewesen, der von den Toiletten eines Restaurants im Erdgeschoss ausgehe.
  • Die Haustür sei nicht verschließbar gewesen, wodurch Dritte Zugang zum Gebäude erhielten und im Innenhof urinierten oder nächtigten.
  • Die Mülltonnen seien regelmäßig überfüllt gewesen, was zu Würmerbefall und starkem Gestank geführt habe, der bis in seine Wohnung vorgedrungen sei.

Die Vermieterin bestritt diese Darstellung:

  • Sie habe nach Kenntnis der Probleme Abhilfe geschaffen.
  • Die vom Mieter vorgelegten Fotos würden keinen dauerhaften Mangel beweisen.
  • Andere Mieter hätten sich nie über die genannten Probleme beschwert.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Wiesbaden bestätigte das Urteil des Amtsgerichts und wies die Berufung des Mieters zurück. Dabei kam es zu folgenden Feststellungen:

  1. Zur Beweislast: Der Mieter trägt grundsätzlich die Beweislast für die von ihm behaupteten Mängel. Bestehen Zweifel – insbesondere bei widersprüchlichen Zeugenaussagen – gehen diese zu seinen Lasten.
  2. Zu den einzelnen Mängeln:
    • Uringeruch: Das Gericht konnte keinen dauerhaften Uringeruch im Treppenhaus oder in der Wohnung feststellen. Die Zeugenaussagen waren widersprüchlich.
    • Defekte Haustür: Hier erkannte das Gericht einen Mangel an, jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum (19.10.2022 bis 30.10.2022). Nach einer Reparatur hätte der Mieter erneut auftretende Probleme melden müssen.
    • Überfüllte Mülltonnen: Das Gericht bestätigte Probleme mit überfüllten Mülltonnen und damit verbundene Geruchsbelästigungen im Außenbereich, konnte aber keine dauerhafte Beeinträchtigung im Treppenhaus oder in der Wohnung feststellen.
  3. Zur Höhe der Mietminderung: Das Gericht setzte folgende Minderungsquoten fest:
    • 5% für die defekte Haustür (nur für den begrenzten Zeitraum)
    • 5-7% für die überfüllten Mülltonnen
  4. Zur Verwirkung: Der Mieter argumentierte vergeblich, dass die Vermieterin ihre Ansprüche auf die rückständigen Mieten verwirkt habe. Das Gericht stellte fest, dass es am sogenannten "Umstandsmoment" fehle – der Mieter konnte nicht darauf vertrauen, dass die Vermieterin die Mieten nicht mehr einfordern würde, da sie seinen Mietminderungen stets widersprochen hatte.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil enthält wichtige Lehren für Mieter, die eine Mietminderung in Erwägung ziehen:

  1. Dokumentation ist entscheidend: Mängel sollten detailliert und nachweisbar dokumentiert werden (z.B. durch datierte Fotos, Zeugenaussagen, Protokolle).
  2. Mängel unverzüglich melden: Treten Mängel auf oder kehren sie nach einer Reparatur zurück, müssen sie dem Vermieter umgehend gemeldet werden, damit dieser die Möglichkeit hat, Abhilfe zu schaffen.
  3. Angemessene Minderungshöhe wählen: Die Gerichte legen bei der Bewertung von Mängeln oft strengere Maßstäbe an, als Mieter vermuten. Im vorliegenden Fall hielt das Gericht maximal 7% für angemessen, während der Mieter von mindestens 28% ausging.
  4. Vorsicht bei dauerhafter Mietminderung: Wenn der Vermieter der Mietminderung widerspricht, riskieren Mieter bei einer unberechtigt hohen Minderung einen Zahlungsrückstand, der zur Kündigung führen kann.
  5. Der Zeitfaktor: Beachten Sie, dass das Gericht bei der defekten Haustür nur einen kurzen Minderungszeitraum akzeptierte. Nach einer Reparatur darf nicht ohne erneute Mängelanzeige weiter gemindert werden.

Besonders wichtig: Das Gericht betonte den Grundsatz, dass an einem Vertrauenstatbestand für die Verwirkung stets dann fehlt, wenn ein Mieter die Miete mindert und der Vermieter dieser Minderung widerspricht. Mit anderen Worten: Wenn Ihr Vermieter Ihre Mietminderung nicht akzeptiert und dies deutlich kommuniziert, können Sie sich später nicht darauf berufen, er habe auf die Mietzahlung verzichtet.

Für Mieter bedeutet dies: Eine Mietminderung sollte wohlüberlegt sein und auf einer soliden Dokumentation der Mängel beruhen. Im Zweifel ist es ratsam, juristischen Rat einzuholen, bevor man sich für eine dauerhafte Mietminderung entscheidet.

Quelle

Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.09.2024, Az. 3 S 13/24

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WEG-Recht: Grenzen der Beschlussrechte der Eigentümermehrheit

  • Teaser: Die Frage, ob Blumenkästen an der Außen- oder Innenseite eines Balkons angebracht werden dürfen, sorgt in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) immer wieder für Diskussionen. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts München bringt nun Klarheit und zeigt, welche Rechte und Pflichten Eigentümer haben.
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  • 04/25

Der Sachverhalt: Streit um Blumenkästen an der Balkonfassade

In einem Wohngebäude aus den 1970er Jahren hatten die Eigentümer seit Jahrzehnten ihre Blumenkästen an der Außenseite der Balkone angebracht. Das Gebäude verfügte von Anfang an über entsprechende Halterungen für diese Zwecke.

Die Situation änderte sich, als eine Eigentümerin im Erdgeschoss ohne Genehmigung bauliche Veränderungen an ihrem Balkon vornahm. Sie ließ den Balkon verglasen und die Außenfassade mit einer etwa 30 cm dicken Wärmedämmung verstärken. Diese Maßnahmen führten dazu, dass bei Regenfällen Wasser von den Blumenkästen der darüberliegenden Wohnung auf den neu geschaffenen Sims tropfte und nicht mehr wie zuvor ins Erdreich abfließen konnte.

In einer Eigentümerversammlung wurde daraufhin mehrheitlich beschlossen, dass sämtliche Blumenkästen künftig nur noch an der Innenseite der Balkone angebracht werden dürfen. Außerdem wurde festgelegt, dass Eigentümer, die gegen diese Regelung verstoßen, für etwaige Schäden oder Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum aufkommen müssen.

Eine Eigentümerin klagte gegen diesen Beschluss. Sie argumentierte, dass die jahrzehntelange Praxis der außen angebrachten Blumenkästen einer Vereinbarung gleichkomme, die nicht durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss geändert werden könne. Zudem würde eine Anbringung auf der Innenseite die nutzbare Balkonfläche erheblich einschränken.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht München (Urteil vom 12.11.2024, Az: 1293 C 12154/24 WEG) entschied in seinem Urteil differenziert:

  1. Teilweise Nichtigkeit des Beschlusses: Der Teil des Beschlusses, der eine verschuldensunabhängige Haftung für den "verursachenden Eigentümer" vorsah, wurde für nichtig erklärt. Eine durch Mehrheitsbeschluss aufgestellte Hausordnung kann keine Haftung ohne Verschulden vorsehen.
  2. Gültigkeit der Anbringungsregelung: Der Teil des Beschlusses, der die Anbringung von Blumenkästen nur noch an der Innenseite erlaubt, wurde hingegen als rechtmäßig angesehen.

Das Gericht stellte klar, dass die bloße Tatsache, dass das Haus ursprünglich mit Halterungen für außen hängende Blumenkästen ausgestattet war und diese Praxis 40 Jahre lang bestand, keinen dauerhaften Anspruch begründet. Es ist keine Vereinbarung zwischen den Eigentümern zustande gekommen, die nur mit Zustimmung aller geändert werden könnte.

Rechtliche Grundlagen der Entscheidung

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf mehrere wichtige rechtliche Grundsätze:

  1. Gemeinschaftliches Eigentum: Balkonaußenwände und -brüstungen sind zwingend gemeinschaftliches Eigentum (gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WEG).
  2. Mehrheitsentscheidungen bei Hausordnungen: Die Bestimmungen einer Hausordnung können grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss geändert werden.
  3. Ordnungsmäßige Verwaltung: Ein Beschluss, der dazu dient, Verschmutzungen und Schäden am Gemeinschaftseigentum zu verhindern, hält sich im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung.

Das Gericht betonte, dass die Eigentümergemeinschaft bei der Regelung des gemeinschaftlichen Eigentums weitergehende Befugnisse hat als bei der Nutzung des Sondereigentums.

Wichtig: Eine durch Mehrheitsbeschluss aufgestellte Hausordnung ist insoweit nichtig, als sie eine Haftung für Schäden durch den Verursacher ohne Verschulden vorsieht.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie in einer Wohnungseigentümergemeinschaft leben, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Keine automatischen Rechte durch langjährige Praxis: Auch wenn eine bestimmte Nutzung (wie das Anbringen von Blumenkästen an der Außenseite) seit Jahren praktiziert wird, begründet dies allein noch kein dauerhaftes Recht.
  2. Mehrheitsbeschlüsse zu Hausordnungen sind bindend: Die Gemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss Regelungen zur Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums festlegen oder ändern.
  3. Grenzen der Haftungsregelungen: Eine verschuldensunabhängige Haftung kann nicht durch einfachen Mehrheitsbeschluss eingeführt werden.
  4. Schutz des Gemeinschaftseigentums: Beschlüsse, die dem Schutz des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, werden von Gerichten in der Regel als ordnungsmäßige Verwaltung angesehen.

Die Entscheidung zeigt, dass die Eigentümergemeinschaft einen erheblichen Gestaltungsspielraum bei der Regelung des gemeinschaftlichen Eigentums hat. Gleichzeitig stellt das Gericht klar, dass es Grenzen gibt, insbesondere wenn es um die Haftung für Schäden geht.

Für Wohnungseigentümer ist es daher ratsam, Beschlüsse der Eigentümerversammlung genau zu prüfen und gegebenenfalls rechtzeitig rechtlichen Rat einzuholen, wenn sie mit bestimmten Regelungen nicht einverstanden sind.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 12.11.2024, Az. 1293 C 12154/24 WEG (ZMR 2025, 173)

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Wegerecht und Grundstücksgrenzen: Wenn Nachbarn streiten

  • Teaser: Gute Nachbarschaft ist Gold wert – doch manchmal kommt es selbst bei besten Nachbarn zu Konflikten. Besonders häufig dreht sich der Streit um zwei Themen: Wegerechte über fremde Grundstücke und die genaue Lage der Grundstücksgrenzen. Wir erklären, welche Rechte und Pflichten Sie haben und wie die Gerichte in Deutschland typische Nachbarschaftskonflikte entscheiden.
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  • 04/25

Wegerecht: Wenn der Weg über das Nachbargrundstück führt

Es gibt Situationen, in denen ein Grundstückseigentümer sein eigenes Grundstück oder seine Garage nur über das Grundstück eines Nachbarn erreichen kann. Hier kommt das sogenannte Wegerecht ins Spiel. Dieses Recht erlaubt es einem Grundstückseigentümer, über das Grundstück des Nachbarn zu gehen oder mit dem Auto zu fahren, um zum eigenen Grundstück zu gelangen.

Wichtig zu wissen: Ein Wegerecht kann auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Nachbarn beruhen. Um es langfristig abzusichern, sollte es als Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen werden. Alternativ ist auch die Eintragung als "Baulast" möglich, was besonders bei kommunalen Wegerechten üblich ist.

Die Garage ohne Zufahrt: Ein Lehrstück aus der Rechtsprechung

Was passiert, wenn die Vereinbarung zum Wegerecht nicht eindeutig ist? Ein Fall vor dem Bundesgerichtshof zeigt die Problematik:

Ein Grundstücksbesitzer hatte eine Garage gebaut, die teilweise auf das Nachbargrundstück ragte. Auch die Zufahrt zur Garage führte über das Nachbargrundstück. Der Nachbar hatte nichts dagegen und ließ sogar eine entsprechende Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen, die den Überbau der Garage auf seinem Grundstück erlaubte.

Als der Nachbar sein Grundstück verkaufte, verbot der neue Eigentümer dem Garagenbesitzer, sein Grundstück zu befahren. Der Bundesgerichtshof gab dem neuen Eigentümer Recht: Die eingetragene Grunddienstbarkeit bezog sich nur auf den Überbau der Garage – von einem Recht zum Befahren des Grundstücks stand nichts in der Vereinbarung. Die Folge: Die Garage konnte nicht mehr genutzt werden.

BGH-Urteil vom 15.11.2013 (Az. V ZR 24/13): Eine Grunddienstbarkeit, die nur den Überbau duldet, begründet kein Recht, das Grundstück mit einem Fahrzeug zu befahren.

Was ist ein Notwegerecht und wann besteht darauf ein Anspruch?

Das Notwegerecht ist eine besondere Form des Wegerechts. Darauf kann ein Grundstückseigentümer auch ohne vertragliche Vereinbarung einen Rechtsanspruch haben. Voraussetzung ist, dass die nächste öffentliche Straße nur über ein anderes Grundstück erreichbar ist.

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass zu einer ordnungsgemäßen Nutzung eines Wohngrundstücks auch die Erreichbarkeit mit einem Kraftfahrzeug gehört – etwa um Müll zu entsorgen, Brennstoffe anzuliefern oder sperrige Gegenstände zu transportieren.

Einschränkungen des Notwegerechts:

  • Der Nachbar muss keinen direkten Weg bis zur Haustür ermöglichen
  • Es reicht, wenn man an das Grundstück heranfahren und Gegenstände in zumutbarer Weise transportieren kann
  • Es erlaubt nicht das Parken von Fahrzeugen auf dem Nachbargrundstück
  • Existiert ein alternativer Weg, der nur umständlicher oder unbequemer ist, besteht kein Anspruch auf ein Notwegerecht
  • Der Inhaber des Wegerechts muss Rücksicht auf die Belange des Nachbarn nehmen (z.B. Tore schließen)

Als Ausgleich für die Duldung des Notwegs sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 917 BGB) einen Anspruch auf eine jährliche Entschädigung vor.

Wer muss den Weg sauber halten?

Auch bei bestehenden Wegerechten kann es zu Streitigkeiten kommen. In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte ein Grundstückseigentümer mit Wegerecht seinen Weihnachtsbaum über den Notweg entsorgt und dabei eine Nadelspur hinterlassen. Der Eigentümer des belasteten Grundstücks forderte daraufhin wöchentliches Kehren.

Das Gericht entschied: Ein Wegerecht beinhaltet keine generelle Kehrpflicht auf fremdem Grund. Bei besonders intensiven Verschmutzungen kann der Grundstückseigentümer jedoch im Einzelfall verlangen, dass der Wegeberechtigte diese beseitigt.

Streit um die Grundstücksgrenze: Was tun bei Unklarheiten?

Häufig entsteht Streit zwischen Nachbarn auch über den exakten Verlauf der Grundstücksgrenze. Besonders problematisch wird es, wenn sich die Nachbarn nicht einigen können und keine offiziellen Unterlagen existieren. Für diesen Fall gilt § 920 BGB, der die sogenannte "Grenzverwirrung" regelt:

  1. Kann keiner der Nachbarn beweisen, wo die Grenze verläuft, ist zunächst der Besitzstand maßgeblich – die Grundstücke werden so aufgeteilt, wie sie bisher tatsächlich genutzt wurden.
  2. Ist auch dies nicht klar feststellbar, wird jedem Grundstück ein gleich großes Stück der umstrittenen Fläche zugeteilt.
  3. Führt dies zu ungerechten Ergebnissen, ist die Grenze nach "Billigkeit" zu ziehen.

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Das OLG Hamm entschied in einem Streit über eine Grundstücksgrenze, die zuletzt 1825 vermessen worden war. Das Gericht legte den Grenzverlauf anhand einer Hecke fest, die die Nachbarn seit 30 Jahren als Grenze akzeptiert hatten.

Wie kann ich den Verlauf meiner Grundstücksgrenze erkennen?

Grundstücksgrenzen sind häufig durch Grenzsteine markiert. Wenn diese nicht mehr auffindbar sind (weil sie überwuchert, verdeckt oder bei Bauarbeiten verschüttet wurden), hat jeder Grundstückseigentümer das Recht, von seinem Nachbarn Mitwirkung bei der Errichtung neuer Grenzzeichen zu verlangen (§ 919 BGB).

Die Art der Markierung und das dabei einzuhaltende Verfahren richten sich nach den Landesgesetzen des jeweiligen Bundeslandes oder nach der Ortsüblichkeit. Die Kosten teilen sich beide Nachbarn – sofern nichts anderes vereinbart ist.

Was bedeutet das für Sie?

Nachbarschaftsstreitigkeiten sind keine Seltenheit, lassen sich aber oft durch freundlichen Umgang miteinander vermeiden. Klare Absprachen und schriftliche Vereinbarungen helfen, spätere Konflikte zu verhindern:

  • Lassen Sie Wegerechte immer als Grunddienstbarkeit im Grundbuch eintragen
  • Achten Sie darauf, dass die Dienstbarkeit genau beschreibt, was erlaubt ist (z.B. Befahren des Grundstücks mit PKW)
  • Bei Unklarheiten über Grundstücksgrenzen: Ziehen Sie einen Vermessungsingenieur hinzu
  • Bedenken Sie: Ein Notwegerecht besteht nur, wenn Ihr Grundstück sonst nicht erreichbar wäre
  • Im Streitfall kann ein im Zivilrecht erfahrener Rechtsanwalt helfen

Das Nachbarrecht ist ein großer und komplexer Rechtsbereich. Mit etwas gegenseitiger Rücksichtnahme lassen sich jedoch die meisten Probleme lösen, bevor sie vor Gericht landen.

Quelle: imr-online, Anwalt-Suchservice (10.04.2025)

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