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Verwalterwechsel: Wer muss fehlerhafte Jahresabrechnungen korrigieren?

  • Teaser: Wer ist für die Korrektur einer fehlerhaften Jahresabrechnung zuständig, wenn ein Verwalterwechsel stattgefunden hat? Mit dieser praxisrelevanten Frage musste sich jetzt das Landgericht Berlin in einem aktuellen Urteil auseinandersetzen. Die Antwort ist klar: Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) ist immer der aktuelle Verwalter verantwortlich – auch wenn die fehlerhafte Abrechnung aus der Zeit seines Vorgängers stammt.
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  • Beitragstext: Der Sachverhalt: Streit um fehlerhafte Jahresabrechnung Im vorliegenden Fall hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ihre frühere Hausverwaltung verklagt. Die WEG verlangte von der ehemaligen Verwalterin die Korrektur einer Jahresabrechnung für das Jahr 2021, die nach Ansicht der Gemeinschaft erhebliche Fehler enthielt. Konkret ging es um mehrere behauptete Mängel: Die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten basierte auf Gasverbrauch, obwohl die Anlage mit einer Wärmepumpe betrieben wurde Die Verbrauchskosten für Wärme, Warm- und Kaltwasser wurden nach falschen Zählerwerten verteilt Bestimmte Kosten wurden in der Gesamtabrechnung fehlerhaft berücksichtigt Die Soll-Zahlungen waren nicht korrekt eingesetzt Die frühere Verwalterin hatte zwar eine Jahresabrechnung erstellt, wollte diese aber nicht entsprechend korrigieren. Sie vertrat die Auffassung, dass nach einem Verwalterwechsel nur der aktuelle Verwalter für die Korrektur zuständig sei. Die zentralen Streitpunkte Rechtlich ging es um die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel für die Korrektur einer fehlerhaften Jahresabrechnung verantwortlich ist: Die Position der WEG: Nach älterer Rechtsprechung des BGH sei der ausgeschiedene Verwalter weiterhin für die Erstellung und Korrektur von Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zuständig. Diese Pflicht stelle eine nachwirkende Vertragspflicht dar. Die Position der Beklagten: Mit dem Ausscheiden als Verwalter enden auch die organschaftlichen Pflichten. Für die Korrektur sei daher stets der aktuelle Verwalter zuständig. Die WEG argumentierte zudem, dass die neue Verwalterin die Abrechnung technisch gar nicht korrigieren könne, da sie ein anderes Abrechnungsprogramm verwende. Die Entscheidung des Gerichts Das Landgericht Berlin wies die Klage der WEG ab und gab der ehemaligen Verwalterin Recht. Die zentralen Argumente des Gerichts: "Soweit § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG dem Verwalter auferlegt, die Jahresabrechnung zu erstellen, regelt das Gesetz keine originäre Verpflichtung des Verwalters, sondern nur dessen Organzuständigkeit." Anders als im alten Recht folgt die Pflicht zur Aufstellung der Jahresabrechnung jetzt aus der Organstellung des Verwalters und nicht aus dem Verwaltervertrag. Der Verwalter ist lediglich Ausführungs- bzw. Vertretungsorgan und setzt die Pflichten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer um. "Endet diese Organstellung durch Abberufung, können vom abberufenen Verwalter keine organschaftlichen Primärpflichten mehr verlangt werden." Mit anderen Worten: Wenn ein Verwalter abberufen wird, kann er nicht mehr verpflichtet werden, organschaftliche Aufgaben zu erledigen – dazu gehört auch die Korrektur einer Jahresabrechnung. Das Gericht stellte fest, dass die frühere Rechtsprechung des BGH, wonach der ausgeschiedene Verwalter für Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zuständig bleibt, seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) nicht mehr anwendbar ist. Was bedeutet das Urteil für Sie? Die Entscheidung hat wichtige praktische Auswirkungen für Wohnungseigentümer und Verwaltungen: Für Wohnungseigentümergemeinschaften: Die Korrektur fehlerhafter Jahresabrechnungen muss immer beim aktuellen Verwalter beantragt werden, auch wenn die Fehler vom Vorgänger verursacht wurden. Praktische Probleme (wie unterschiedliche Abrechnungsprogramme) ändern nichts an dieser rechtlichen Zuständigkeit. Die WEG sollte bei einem Verwalterwechsel dafür sorgen, dass alle notwendigen Unterlagen und Daten übertragen werden. Für ausgeschiedene Verwalter: Sie sind nur zur Rechenschaftslegung verpflichtet, nicht aber zur nachträglichen Korrektur ihrer Abrechnungen. Diese Rechenschaftspflicht umfasst die Übermittlung aller relevanten Unterlagen und Informationen an den neuen Verwalter. Für neue Verwalter: Sie übernehmen die volle Verantwortung für die Korrektur aller Jahresabrechnungen – auch für Zeiträume vor ihrer Amtszeit. Bei der Übernahme einer WEG sollten sie darauf achten, alle notwendigen Unterlagen und Daten vom Vorgänger zu erhalten. Es ist zu beachten, dass das Landgericht die Revision zugelassen hat. Die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel für die Korrektur von Jahresabrechnungen zuständig ist, wird daher möglicherweise noch vom Bundesgerichtshof abschließend geklärt werden. Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Wohnungseigentümer müssen sich bei fehlerhaften Jahresabrechnungen nach einem Verwalterwechsel an den aktuellen Verwalter wenden – nicht an den früheren. Der ausgeschiedene Verwalter ist nur zur Herausgabe von Informationen verpflichtet, nicht aber zur Korrektur seiner Abrechnung. Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 10.12.2024 - 56 S 24/24 WEG
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    Rechtsanwalt Alexander Liese

Der Sachverhalt: Streit um fehlerhafte Jahresabrechnung

Im vorliegenden Fall hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ihre frühere Hausverwaltung verklagt. Die WEG verlangte von der ehemaligen Verwalterin die Korrektur einer Jahresabrechnung für das Jahr 2021, die nach Ansicht der Gemeinschaft erhebliche Fehler enthielt.

Konkret ging es um mehrere behauptete Mängel:

  • Die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten basierte auf Gasverbrauch, obwohl die Anlage mit einer Wärmepumpe betrieben wurde
  • Die Verbrauchskosten für Wärme, Warm- und Kaltwasser wurden nach falschen Zählerwerten verteilt
  • Bestimmte Kosten wurden in der Gesamtabrechnung fehlerhaft berücksichtigt
  • Die Soll-Zahlungen waren nicht korrekt eingesetzt

Die frühere Verwalterin hatte zwar eine Jahresabrechnung erstellt, wollte diese aber nicht entsprechend korrigieren. Sie vertrat die Auffassung, dass nach einem Verwalterwechsel nur der aktuelle Verwalter für die Korrektur zuständig sei.

Die zentralen Streitpunkte

Rechtlich ging es um die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel für die Korrektur einer fehlerhaften Jahresabrechnung verantwortlich ist:

  1. Die Position der WEG: Nach älterer Rechtsprechung des BGH sei der ausgeschiedene Verwalter weiterhin für die Erstellung und Korrektur von Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zuständig. Diese Pflicht stelle eine nachwirkende Vertragspflicht dar.
  2. Die Position der Beklagten: Mit dem Ausscheiden als Verwalter enden auch die organschaftlichen Pflichten. Für die Korrektur sei daher stets der aktuelle Verwalter zuständig.

Die WEG argumentierte zudem, dass die neue Verwalterin die Abrechnung technisch gar nicht korrigieren könne, da sie ein anderes Abrechnungsprogramm verwende.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Berlin wies die Klage der WEG ab und gab der ehemaligen Verwalterin Recht.

Die zentralen Argumente des Gerichts:

"Soweit § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG dem Verwalter auferlegt, die Jahresabrechnung zu erstellen, regelt das Gesetz keine originäre Verpflichtung des Verwalters, sondern nur dessen Organzuständigkeit."

Anders als im alten Recht folgt die Pflicht zur Aufstellung der Jahresabrechnung jetzt aus der Organstellung des Verwalters und nicht aus dem Verwaltervertrag. Der Verwalter ist lediglich Ausführungs- bzw. Vertretungsorgan und setzt die Pflichten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer um.

"Endet diese Organstellung durch Abberufung, können vom abberufenen Verwalter keine organschaftlichen Primärpflichten mehr verlangt werden."

Mit anderen Worten: Wenn ein Verwalter abberufen wird, kann er nicht mehr verpflichtet werden, organschaftliche Aufgaben zu erledigen – dazu gehört auch die Korrektur einer Jahresabrechnung.

Das Gericht stellte fest, dass die frühere Rechtsprechung des BGH, wonach der ausgeschiedene Verwalter für Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zuständig bleibt, seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) nicht mehr anwendbar ist.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Die Entscheidung hat wichtige praktische Auswirkungen für Wohnungseigentümer und Verwaltungen:

  1. Für Wohnungseigentümergemeinschaften:
    • Die Korrektur fehlerhafter Jahresabrechnungen muss immer beim aktuellen Verwalter beantragt werden, auch wenn die Fehler vom Vorgänger verursacht wurden.
    • Praktische Probleme (wie unterschiedliche Abrechnungsprogramme) ändern nichts an dieser rechtlichen Zuständigkeit.
    • Die WEG sollte bei einem Verwalterwechsel dafür sorgen, dass alle notwendigen Unterlagen und Daten übertragen werden.
  2. Für ausgeschiedene Verwalter:
    • Sie sind nur zur Rechenschaftslegung verpflichtet, nicht aber zur nachträglichen Korrektur ihrer Abrechnungen.
    • Diese Rechenschaftspflicht umfasst die Übermittlung aller relevanten Unterlagen und Informationen an den neuen Verwalter.
  3. Für neue Verwalter:
    • Sie übernehmen die volle Verantwortung für die Korrektur aller Jahresabrechnungen – auch für Zeiträume vor ihrer Amtszeit.
    • Bei der Übernahme einer WEG sollten sie darauf achten, alle notwendigen Unterlagen und Daten vom Vorgänger zu erhalten.

Es ist zu beachten, dass das Landgericht die Revision zugelassen hat. Die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel für die Korrektur von Jahresabrechnungen zuständig ist, wird daher möglicherweise noch vom Bundesgerichtshof abschließend geklärt werden.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Wohnungseigentümer müssen sich bei fehlerhaften Jahresabrechnungen nach einem Verwalterwechsel an den aktuellen Verwalter wenden – nicht an den früheren. Der ausgeschiedene Verwalter ist nur zur Herausgabe von Informationen verpflichtet, nicht aber zur Korrektur seiner Abrechnung.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 10.12.2024 - 56 S 24/24 WEG

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Baumängel blockieren Rücktrittsrecht des Bauträgers

  • Teaser: Wenn Käufer eine Rate nicht zahlen, kann der Bauträger dann einfach vom Vertrag zurücktreten? Nein – sagt das OLG München in einer wichtigen Entscheidung, die für Immobilienkäufer große Bedeutung hat.
  • Bildquelle: Bild von <a href="https://pixabay.com/de/users/satyaprem-6578610/?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=3281999">Talpa</a> auf <a href="https://pixabay.com/de//?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=3281999">Pixabay</a>
  • Beitragstext: Der Fall: Streit um ein Einfamilienhaus Im Februar 2018 schlossen die Parteien einen Bauträgerkaufvertrag über ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus zum Preis von 497.000 Euro. Der Bauträger verpflichtete sich vertraglich, das Haus zu errichten und nach vollständiger Fertigstellung den Besitz zu übergeben. Die Besitzübergabe war dabei an die Zahlung der vorletzten Kaufpreisrate in Höhe von rund 73.132 Euro gekoppelt. Als es zur Übergabe kommen sollte, weigerten sich die Käufer, diese Rate zu zahlen. Der Grund: Sie bemängelten verschiedene Bauleistungen und stellten stattdessen eine Bankbürgschaft in gleicher Höhe. Diese akzeptierte der Bauträger jedoch nicht und trat im Juli 2019 vom Vertrag zurück. Er machte geltend, die Käufer seien mit der Zahlung in Verzug geraten und hätten zudem eigenmächtig verschiedene Gewerke an andere Handwerker vergeben. Die Käufer hingegen behaupteten, der Bauträger habe ihnen die Übergabe des Hauses gar nicht ordnungsgemäß angeboten. Außerdem bestünden erhebliche Mängel am Objekt. Die zentralen Streitpunkte Der Rechtsstreit drehte sich um folgende Kernfragen: War der Rücktritt des Bauträgers wirksam? Durften die Käufer die Zahlung verweigern wegen der Baumängel? Konnte die Bankbürgschaft die Zahlung ersetzen? Während der Bauträger mit seiner Klage die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Vertrag für zulässig erklären lassen wollte, verteidigten sich die Käufer mit dem Hinweis auf bestehende Mängel und fehlende Übergabebereitschaft. Die Entscheidung des Gerichts Das OLG München wies die Berufung des Bauträgers zurück und gab den Käufern Recht. Die Richter stellten klar: Ein Rücktritt des Unternehmers vom Vertrag wegen Verzugs des Bestellers mit der Zahlung einer Kaufpreisrate scheidet aus, wenn sich der Unternehmer seinerseits in Gläubigerverzug befindet, weil er die von ihm geschuldete und verlangte Gegenleistung (hier: Besitzübergabe) nicht anbietet. In seiner Begründung hob das Gericht drei wesentliche Punkte hervor: Die Ausübung eines Rücktrittsrechts kann treuwidrig und damit unwirksam sein, wenn sich der Erklärende widersprüchlich verhält. Genau das war hier der Fall, da der Bauträger einerseits vom Vertrag zurücktreten, andererseits aber auch die Zahlung verlangen wollte. Der Bauträger befand sich in Gläubigerverzug, weil er die Übergabe des Hauses nicht ordnungsgemäß angeboten hatte. Das OLG stellte klar, dass er kein Recht hatte, die Übergabe von der "Anwesenheit der tätigen Handwerker" abhängig zu machen. Ein mangelbedingtes Leistungsverweigerungsrecht der Käufer besteht auch dann, wenn Abschlagszahlungen laut Vertrag nach Baufortschritt fällig werden. Dabei liegt die Beweislast für die Vertragsgemäßheit der Leistung beim Bauträger. Was bedeutet das Urteil für Sie? Die Entscheidung stärkt die Rechte von Immobilienkäufern erheblich und zeigt klare Grenzen für das Rücktrittsrecht von Bauträgern auf: Mängel berechtigen zur Zahlungsverweigerung: Als Käufer dürfen Sie bei erheblichen Mängeln die Zahlung von Kaufpreisraten verweigern. Der Bauträger kann in diesem Fall nicht wirksam vom Vertrag zurücktreten. Beweislast liegt beim Bauträger: Nicht Sie als Käufer müssen beweisen, dass Mängel vorliegen, sondern der Bauträger muss nachweisen, dass seine Leistung vertragsgemäß ist. Ordnungsgemäßes Übergabeangebot erforderlich: Der Bauträger muss die Immobilie ordnungsgemäß zur Übergabe anbieten, bevor er Zahlungen verlangen kann. Fehlt dieses Angebot, befindet er sich im Gläubigerverzug. Bankbürgschaft kann je nach Vertrag ausreichend sein: Obwohl in diesem Fall die Bürgschaft vom Bauträger nicht akzeptiert wurde, kann eine Bankbürgschaft unter bestimmten Umständen eine Alternative zur direkten Zahlung darstellen. Diese Entscheidung verdeutlicht: Bei Streitigkeiten um Bauträgerkaufverträge kommt es auf das Zusammenspiel von Zahlungspflichten und Leistungserfüllung an. Bauträger können sich nicht einseitig durch einen Rücktritt vom Vertrag lösen, wenn sie selbst ihre Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen. Für Immobilienkäufer bedeutet das mehr Sicherheit und eine stärkere Position bei Auseinandersetzungen über Baumängel. Es lohnt sich, bei Problemen mit der Bauqualität rechtlichen Rat einzuholen und die eigenen Rechte zu kennen. Quelle: OLG München, Beschluss vom 09.08.2022, Az.: 20 U 3568/21 Bau
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Der Fall: Streit um ein Einfamilienhaus

Im Februar 2018 schlossen die Parteien einen Bauträgerkaufvertrag über ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus zum Preis von 497.000 Euro. Der Bauträger verpflichtete sich vertraglich, das Haus zu errichten und nach vollständiger Fertigstellung den Besitz zu übergeben. Die Besitzübergabe war dabei an die Zahlung der vorletzten Kaufpreisrate in Höhe von rund 73.132 Euro gekoppelt.

Als es zur Übergabe kommen sollte, weigerten sich die Käufer, diese Rate zu zahlen. Der Grund: Sie bemängelten verschiedene Bauleistungen und stellten stattdessen eine Bankbürgschaft in gleicher Höhe. Diese akzeptierte der Bauträger jedoch nicht und trat im Juli 2019 vom Vertrag zurück. Er machte geltend, die Käufer seien mit der Zahlung in Verzug geraten und hätten zudem eigenmächtig verschiedene Gewerke an andere Handwerker vergeben.

Die Käufer hingegen behaupteten, der Bauträger habe ihnen die Übergabe des Hauses gar nicht ordnungsgemäß angeboten. Außerdem bestünden erhebliche Mängel am Objekt.

Die zentralen Streitpunkte

Der Rechtsstreit drehte sich um folgende Kernfragen:

  1. War der Rücktritt des Bauträgers wirksam?
  2. Durften die Käufer die Zahlung verweigern wegen der Baumängel?
  3. Konnte die Bankbürgschaft die Zahlung ersetzen?

Während der Bauträger mit seiner Klage die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Vertrag für zulässig erklären lassen wollte, verteidigten sich die Käufer mit dem Hinweis auf bestehende Mängel und fehlende Übergabebereitschaft.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG München wies die Berufung des Bauträgers zurück und gab den Käufern Recht. Die Richter stellten klar:

Ein Rücktritt des Unternehmers vom Vertrag wegen Verzugs des Bestellers mit der Zahlung einer Kaufpreisrate scheidet aus, wenn sich der Unternehmer seinerseits in Gläubigerverzug befindet, weil er die von ihm geschuldete und verlangte Gegenleistung (hier: Besitzübergabe) nicht anbietet.

In seiner Begründung hob das Gericht drei wesentliche Punkte hervor:

  1. Die Ausübung eines Rücktrittsrechts kann treuwidrig und damit unwirksam sein, wenn sich der Erklärende widersprüchlich verhält. Genau das war hier der Fall, da der Bauträger einerseits vom Vertrag zurücktreten, andererseits aber auch die Zahlung verlangen wollte.
  2. Der Bauträger befand sich in Gläubigerverzug, weil er die Übergabe des Hauses nicht ordnungsgemäß angeboten hatte. Das OLG stellte klar, dass er kein Recht hatte, die Übergabe von der "Anwesenheit der tätigen Handwerker" abhängig zu machen.
  3. Ein mangelbedingtes Leistungsverweigerungsrecht der Käufer besteht auch dann, wenn Abschlagszahlungen laut Vertrag nach Baufortschritt fällig werden. Dabei liegt die Beweislast für die Vertragsgemäßheit der Leistung beim Bauträger.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Die Entscheidung stärkt die Rechte von Immobilienkäufern erheblich und zeigt klare Grenzen für das Rücktrittsrecht von Bauträgern auf:

  1. Mängel berechtigen zur Zahlungsverweigerung: Als Käufer dürfen Sie bei erheblichen Mängeln die Zahlung von Kaufpreisraten verweigern. Der Bauträger kann in diesem Fall nicht wirksam vom Vertrag zurücktreten.
  2. Beweislast liegt beim Bauträger: Nicht Sie als Käufer müssen beweisen, dass Mängel vorliegen, sondern der Bauträger muss nachweisen, dass seine Leistung vertragsgemäß ist.
  3. Ordnungsgemäßes Übergabeangebot erforderlich: Der Bauträger muss die Immobilie ordnungsgemäß zur Übergabe anbieten, bevor er Zahlungen verlangen kann. Fehlt dieses Angebot, befindet er sich im Gläubigerverzug.
  4. Bankbürgschaft kann je nach Vertrag ausreichend sein: Obwohl in diesem Fall die Bürgschaft vom Bauträger nicht akzeptiert wurde, kann eine Bankbürgschaft unter bestimmten Umständen eine Alternative zur direkten Zahlung darstellen.

Diese Entscheidung verdeutlicht: Bei Streitigkeiten um Bauträgerkaufverträge kommt es auf das Zusammenspiel von Zahlungspflichten und Leistungserfüllung an. Bauträger können sich nicht einseitig durch einen Rücktritt vom Vertrag lösen, wenn sie selbst ihre Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen.

Für Immobilienkäufer bedeutet das mehr Sicherheit und eine stärkere Position bei Auseinandersetzungen über Baumängel. Es lohnt sich, bei Problemen mit der Bauqualität rechtlichen Rat einzuholen und die eigenen Rechte zu kennen.

Quelle: OLG München, Beschluss vom 09.08.2022, Az.: 20 U 3568/21 Bau

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Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.

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Wer riecht's, der glaubt's! - Geruchsbelästigung beim Hauskauf und Verkäuferhaftung

  • Teaser: Beim Kauf eines Hauses kann eine nach dem Einzug bemerkte Geruchs- oder Schadstoffbelastung für Käufer zum bösen Erwachen führen. Doch wann haftet der Verkäufer für solche Mängel? Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem aktuellen Urteil wichtige Grundsätze zur Verkäuferhaftung bei Geruchsbelästigung und Schadstoffbelastung in Immobilien festgelegt.
  • Bildquelle: Bild von <a href="https://pixabay.com/de/users/stux-12364/?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=1186336">Stefan Schweihofer</a> auf <a href="https://pixabay.com/de//?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=1186336">Pixabay</a>
  • Beitragstext: Der Fall: Was ist passiert? Ein Ehepaar erwarb im Februar 2021 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Bei dem Haus handelte es sich um ein Fertighaus aus dem Jahr 1977. Dem Vertragsabschluss ging eine Besichtigung voraus, an der der Käufer, eine Begleitperson und der vom Verkäufer beauftragte Makler teilnahmen. Nach dem Einzug im Mai 2021 bemerkte der Käufer nach eigenen Angaben eine erhebliche Geruchsbelästigung in den Wohnräumen. Der Geruch haftete sogar an Kleidungsstücken und konnte nur durch Waschen entfernt werden. Zudem stellte der Käufer fest, dass das Haus mit gesundheitsschädlichen Substanzen belastet war. Eine Raumluftanalyse ergab eine Belastung mit Formaldehyd in einer den zulässigen Höchstwert für Innenraumluft übersteigenden Konzentration sowie das Vorhandensein des Holzschutzmittels Lindan. Im November 2022 zog der Käufer mit seiner Familie aufgrund der Schadstoffbelastung aus dem Haus aus und forderte von der Verkäuferin Schadensersatz. Die Verkäuferin wies diese Forderung zurück. Die zentralen Streitpunkte Der Fall drehte sich um folgende zentrale Fragen: Lag ein Sachmangel vor? War das Haus zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs tatsächlich mit Geruchsbelästigung und Schadstoffen belastet? Griff der Haftungsausschluss? Im Kaufvertrag war ein Ausschluss der Haftung für Sachmängel vereinbart worden. Konnte sich die Verkäuferin darauf berufen? Kannte die Verkäuferin die Mängel? Ein Haftungsausschluss greift nicht, wenn der Verkäufer einen Mangel kennt, aber verschweigt. Hatte die Verkäuferin oder ihr Makler als "Verhandlungsgehilfe" Kenntnis von den Mängeln? Bestand eine Aufklärungspflicht? Hätte die Verkäuferin den Käufer über mögliche Schadstoffbelastungen informieren müssen? Der Käufer argumentierte, die Verkäuferin und der Makler hätten von der Schadstoffbelastung und Geruchsbelästigung gewusst und ihn darüber nicht aufgeklärt. Die Verkäuferin hingegen bestritt, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Geruchs- oder Schadstoffbelastung bestanden habe. Der Makler behauptete, er habe im Rahmen der Besichtigung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um ein Haus der Firma J. handele und dass bei solchen Häusern eine Schadstoffbelastung möglich sei. Die Entscheidung des Gerichts Das Landgericht Paderborn wies die Klage ab, und das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung in der Berufung. Das Gericht stellte folgende wichtige Grundsätze fest: "Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Verkäufer nicht auf einen vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann. Die Kenntnis der mangelbegründenden Umstände muss im Einzelfall festgestellt und darf nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden." Das Gericht ließ offen, ob tatsächlich eine Geruchsbelästigung oder Schadstoffbelastung mit Formaldehyd und Lindan zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Entscheidend war vielmehr, dass der Käufer nicht beweisen konnte, dass die Verkäuferin von diesen Mängeln wusste. Zu den Kernpunkten im Detail: 1. Zur subjektiven Wahrnehmung von Gerüchen Das Gericht berücksichtigte die Aussage einer Sachverständigen, dass Menschen Gerüche unterschiedlich wahrnehmen. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Verkäuferin und ihr verstorbener Ehemann sowie Zeugen, die keine besondere Geruchsbelästigung festgestellt hatten, den Geruch trotz dessen Vorhandenseins nicht wahrgenommen haben. 2. Zur Haftung für Äußerungen des Maklers Das Gericht stellte klar: "Beim Grundstückskauf ist dem Verkäufer das Wissen desjenigen zuzurechnen, der Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe ist." Der Makler hatte nach Aussage eines Zeugen darauf hingewiesen, dass bei dem Haus eine Schadstoffbelastung vorliegen und eine Sanierung erforderlich sein könnte. Dies erfolgte, weil seine Internetrecherche kein eindeutiges Ergebnis bezüglich der Schadstoffbelastung ergeben hatte. Mit diesem Hinweis erfüllte er seine Aufklärungspflicht. 3. Zur Aufklärungspflicht bei Vertragsverhandlungen Das Gericht betonte einen wichtigen Grundsatz: "Bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise erwarten darf." Zudem: "Macht der Verkäufer tatsächliche Angaben, die für den Kaufentschluss des anderen Teils von Bedeutung sein können, müssen diese unabhängig vom Bestehen einer Offenbarungspflicht richtig sein." Was bedeutet das Urteil für Sie? Dieses Urteil hat wichtige praktische Auswirkungen für Käufer und Verkäufer von Immobilien: Für Käufer: Beweislast beachten: Als Käufer tragen Sie die Beweislast dafür, dass der Verkäufer einen Mangel kannte oder hätte kennen müssen. Vertragsgestaltung: Achten Sie auf Haftungsausschlüsse im Kaufvertrag und versuchen Sie, konkrete Beschaffenheitsvereinbarungen zu treffen. Sachverständige hinzuziehen: Bei Verdacht auf Schadstoffbelastung sollten Sie vor dem Kauf eine Fachperson hinzuziehen. Dokumentation: Halten Sie alle Aussagen des Verkäufers oder Maklers zu möglichen Mängeln schriftlich fest. Für Verkäufer: Aufklärungspflicht ernst nehmen: Sie müssen über bekannte Mängel aufklären, auch wenn ein Haftungsausschluss vereinbart ist. Vorsicht bei Aussagen: Alle Angaben zum Kaufobjekt müssen korrekt sein, selbst wenn keine Aufklärungspflicht besteht. Makleraussagen beachten: Was der Makler sagt, wird Ihnen als Verkäufer zugerechnet. Dokumentation: Halten Sie fest, worüber Sie den Käufer informiert haben, um spätere Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Das Urteil zeigt, dass Geruchsbelästigungen und Schadstoffbelastungen aufgrund der subjektiven Wahrnehmung besonders schwierige Mängel sind. Für Käufer ist die Beweisführung in solchen Fällen oft kompliziert, während Verkäufer gut beraten sind, auf jeden Verdacht einer möglichen Belastung hinzuweisen. Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 17.02.2025 - 22 U 117/23
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Der Fall: Was ist passiert?

Ein Ehepaar erwarb im Februar 2021 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Bei dem Haus handelte es sich um ein Fertighaus aus dem Jahr 1977. Dem Vertragsabschluss ging eine Besichtigung voraus, an der der Käufer, eine Begleitperson und der vom Verkäufer beauftragte Makler teilnahmen.

Nach dem Einzug im Mai 2021 bemerkte der Käufer nach eigenen Angaben eine erhebliche Geruchsbelästigung in den Wohnräumen. Der Geruch haftete sogar an Kleidungsstücken und konnte nur durch Waschen entfernt werden. Zudem stellte der Käufer fest, dass das Haus mit gesundheitsschädlichen Substanzen belastet war. Eine Raumluftanalyse ergab eine Belastung mit Formaldehyd in einer den zulässigen Höchstwert für Innenraumluft übersteigenden Konzentration sowie das Vorhandensein des Holzschutzmittels Lindan.

Im November 2022 zog der Käufer mit seiner Familie aufgrund der Schadstoffbelastung aus dem Haus aus und forderte von der Verkäuferin Schadensersatz. Die Verkäuferin wies diese Forderung zurück.

Die zentralen Streitpunkte

Der Fall drehte sich um folgende zentrale Fragen:

  1. Lag ein Sachmangel vor? War das Haus zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs tatsächlich mit Geruchsbelästigung und Schadstoffen belastet?
  2. Griff der Haftungsausschluss? Im Kaufvertrag war ein Ausschluss der Haftung für Sachmängel vereinbart worden. Konnte sich die Verkäuferin darauf berufen?
  3. Kannte die Verkäuferin die Mängel? Ein Haftungsausschluss greift nicht, wenn der Verkäufer einen Mangel kennt, aber verschweigt. Hatte die Verkäuferin oder ihr Makler als "Verhandlungsgehilfe" Kenntnis von den Mängeln?
  4. Bestand eine Aufklärungspflicht? Hätte die Verkäuferin den Käufer über mögliche Schadstoffbelastungen informieren müssen?

Der Käufer argumentierte, die Verkäuferin und der Makler hätten von der Schadstoffbelastung und Geruchsbelästigung gewusst und ihn darüber nicht aufgeklärt. Die Verkäuferin hingegen bestritt, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Geruchs- oder Schadstoffbelastung bestanden habe. Der Makler behauptete, er habe im Rahmen der Besichtigung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um ein Haus der Firma J. handele und dass bei solchen Häusern eine Schadstoffbelastung möglich sei.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Paderborn wies die Klage ab, und das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung in der Berufung. Das Gericht stellte folgende wichtige Grundsätze fest:

"Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Verkäufer nicht auf einen vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann. Die Kenntnis der mangelbegründenden Umstände muss im Einzelfall festgestellt und darf nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden."

Das Gericht ließ offen, ob tatsächlich eine Geruchsbelästigung oder Schadstoffbelastung mit Formaldehyd und Lindan zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Entscheidend war vielmehr, dass der Käufer nicht beweisen konnte, dass die Verkäuferin von diesen Mängeln wusste.

Zu den Kernpunkten im Detail:

1. Zur subjektiven Wahrnehmung von Gerüchen

Das Gericht berücksichtigte die Aussage einer Sachverständigen, dass Menschen Gerüche unterschiedlich wahrnehmen. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Verkäuferin und ihr verstorbener Ehemann sowie Zeugen, die keine besondere Geruchsbelästigung festgestellt hatten, den Geruch trotz dessen Vorhandenseins nicht wahrgenommen haben.

2. Zur Haftung für Äußerungen des Maklers

Das Gericht stellte klar:

"Beim Grundstückskauf ist dem Verkäufer das Wissen desjenigen zuzurechnen, der Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe ist."

Der Makler hatte nach Aussage eines Zeugen darauf hingewiesen, dass bei dem Haus eine Schadstoffbelastung vorliegen und eine Sanierung erforderlich sein könnte. Dies erfolgte, weil seine Internetrecherche kein eindeutiges Ergebnis bezüglich der Schadstoffbelastung ergeben hatte. Mit diesem Hinweis erfüllte er seine Aufklärungspflicht.

3. Zur Aufklärungspflicht bei Vertragsverhandlungen

Das Gericht betonte einen wichtigen Grundsatz:

"Bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise erwarten darf."

Zudem:

"Macht der Verkäufer tatsächliche Angaben, die für den Kaufentschluss des anderen Teils von Bedeutung sein können, müssen diese unabhängig vom Bestehen einer Offenbarungspflicht richtig sein."

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige praktische Auswirkungen für Käufer und Verkäufer von Immobilien:

Für Käufer:

  • Beweislast beachten: Als Käufer tragen Sie die Beweislast dafür, dass der Verkäufer einen Mangel kannte oder hätte kennen müssen.
  • Vertragsgestaltung: Achten Sie auf Haftungsausschlüsse im Kaufvertrag und versuchen Sie, konkrete Beschaffenheitsvereinbarungen zu treffen.
  • Sachverständige hinzuziehen: Bei Verdacht auf Schadstoffbelastung sollten Sie vor dem Kauf eine Fachperson hinzuziehen.
  • Dokumentation: Halten Sie alle Aussagen des Verkäufers oder Maklers zu möglichen Mängeln schriftlich fest.

Für Verkäufer:

  • Aufklärungspflicht ernst nehmen: Sie müssen über bekannte Mängel aufklären, auch wenn ein Haftungsausschluss vereinbart ist.
  • Vorsicht bei Aussagen: Alle Angaben zum Kaufobjekt müssen korrekt sein, selbst wenn keine Aufklärungspflicht besteht.
  • Makleraussagen beachten: Was der Makler sagt, wird Ihnen als Verkäufer zugerechnet.
  • Dokumentation: Halten Sie fest, worüber Sie den Käufer informiert haben, um spätere Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.

Das Urteil zeigt, dass Geruchsbelästigungen und Schadstoffbelastungen aufgrund der subjektiven Wahrnehmung besonders schwierige Mängel sind. Für Käufer ist die Beweisführung in solchen Fällen oft kompliziert, während Verkäufer gut beraten sind, auf jeden Verdacht einer möglichen Belastung hinzuweisen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 17.02.2025 - 22 U 117/23

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Schusswaffengebrauch in der Mietwohnung: Räumung zulässig?

  • Teaser: Gewalt in Mietwohnungen stellt Vermieter vor schwierige Entscheidungen. Was können sie tun, wenn ein Mieter mit einer Waffe auf eine andere Person schießt? Reicht ein solcher Vorfall aus, um eine sofortige Räumung zu erwirken? Das Amtsgericht Hamburg hat in einem aktuellen Fall wichtige Grundsätze zum Thema Räumungsverfügung bei Gewalttaten in Mietwohnungen aufgestellt.
  • Bildquelle: Bild von <a href="https://pixabay.com/de/users/usa-reiseblogger-328188/?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=3052115">Simon</a> auf <a href="https://pixabay.com/de//?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=3052115">Pixabay</a>
  • Beitragstext: Der Fall: Schuss in der Mietwohnung Ein 87-jähriger Mieter lebte seit 25 Jahren in einer Genossenschaftswohnung in Hamburg. Im Januar 2025 schoss er in seiner Wohnung einer 38-jährigen Frau ins Bein und verletzte sie schwer. Die Frau wohnte nicht in der Wohnung, sondern kümmerte sich gelegentlich um den betagten Mieter. Die Polizei nahm den Mieter vorläufig fest. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft kündigte die Wohnungsbaugenossenschaft das Mietverhältnis fristlos und forderte ihn auf, die Wohnung zu räumen. Zusätzlich sprach sie ein Hausverbot für ihren Geschäftssitz aus. Als der Mieter nicht auszog, beantragte die Genossenschaft eine einstweilige Räumungsverfügung beim Amtsgericht Hamburg. Sie befürchtete eine Gefahr für andere Hausbewohner durch den Mieter. Streitfrage: Rechtfertigt ein Schusswaffengebrauch die sofortige Räumung? Die zentrale Frage des Rechtsstreits war: Begründet der einmalige Gebrauch einer Schusswaffe in der Mietwohnung eine "konkrete Gefahr für Leib oder Leben" der Vermieterin oder anderer Hausbewohner, die eine sofortige Räumung rechtfertigt? Die Genossenschaft argumentierte: Der Schusswaffengebrauch stelle eine konkrete Gefahr für andere Hausbewohner dar Solange der Mieter in der Wohnung verbleibe, seien andere Bewohner, Besucher und Handwerker akut gefährdet Als Vermieterin sei die Genossenschaft für die Sicherheit ihrer Mitglieder verantwortlich Der Mieter hielt dagegen: Das Mietverhältnis sei über 25 Jahre störungsfrei verlaufen Die Vermieterin stütze sich auf unbegründete Mutmaßungen Es bestehe keine konkrete Gefahr für andere Hausbewohner Die Entscheidung: Abstrakte Gefahr reicht nicht für Räumungsverfügung Das Amtsgericht Hamburg wies den Antrag der Genossenschaft zurück. In seiner Begründung stellte das Gericht wichtige Grundsätze für Räumungsverfügungen auf: "Die abstrakte Gefährlichkeit des eingesetzten Mittels (Schusswaffengebrauch im Wohnraum) rechtfertigt für sich genommen noch keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Vermieters bzw. von ihm zu schützenden Personen." Das Gericht betonte, dass für eine Räumungsverfügung nach § 940a ZPO eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben vorliegen muss. Bloße Mutmaßungen, Befürchtungen oder Angst reichen nicht aus. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund seien besonders hoch anzusetzen, weil die Räumung einen gravierenden Eingriff darstellt. Entscheidend war für das Gericht: Der Vorfall richtete sich nicht gegen die Vermieterin oder andere Hausbewohner Es gab keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung dieser Personengruppen Die Vorwegnahme der Hauptsache durch eine sofortige Räumung wiege schwer bei einem 87-jährigen Mieter, der seit 25 Jahren in der Wohnung lebt Wichtig war auch: Nach juristischer Lebenserfahrung wird bei einer Festnahme am Tatort die Tatwaffe sichergestellt und die Wohnung nach weiteren Waffen durchsucht. Eine weitere Bedrohung durch die ursprüngliche Waffe bestand daher nicht mehr. Was bedeutet das Urteil für Sie? Als Vermieter haben Sie eine wichtige Erkenntnis aus diesem Urteil mitzunehmen: Eine einstweilige Räumungsverfügung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Selbst bei schwerwiegenden Vorfällen wie einem Schusswaffengebrauch müssen Sie nachweisen können, dass eine konkrete Gefahr für Sie als Vermieter oder andere Hausbewohner besteht. Das Gericht unterscheidet klar zwischen: Einer abstrakten Gefahr (die Möglichkeit einer Gefährdung) Einer konkreten Gefahr (tatsächliche Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung) Für eine Räumungsverfügung benötigen Sie Letzteres. Dabei können konkrete Anhaltspunkte sein: Frühere Vorfälle, die sich gegen Sie oder andere Hausbewohner gerichtet haben Ausgesprochene Drohungen gegen diesen Personenkreis Tatsächliche Anzeichen für weitere unmittelbar bevorstehende Gewalttaten Auch ein "verdeckter" Räumungsantrag, etwa durch ein Betretungsverbot für die Wohnung in Verbindung mit einem Schlüsselaustausch, unterliegt denselben strengen Anforderungen. Das Gericht stellt klar: "Faktisch steht das Betretungsverbot der Wohnung einer Räumung gleich, weshalb an den Antrag dieselben Voraussetzungen einer konkreten Gefahr aus § 940a ZPO zu stellen sind." Wichtig zu wissen: Der normale Weg zur Räumung führt über eine Räumungsklage im Hauptsacheverfahren. Die einstweilige Verfügung ist ein Sonderweg für absolute Ausnahmefälle, bei denen eine konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht und ein Abwarten bis zum Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist. Fazit Der Fall zeigt die hohen Hürden für eine Räumungsverfügung. Selbst ein so schwerwiegender Vorfall wie ein Schusswaffengebrauch in der Mietwohnung rechtfertigt nicht automatisch eine sofortige Räumung. Entscheidend ist, ob eine konkrete Gefahr für den Vermieter oder andere Hausbewohner besteht. Bei der Beurteilung müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden – darunter auch das Alter des Mieters und die Dauer des Mietverhältnisses. Quelle: AG Hamburg, Beschluss vom 21.01.2025 - 21 C 7/25
  • Der beste Anwalt für Mietrecht
    Rechtsanwalt Alexander Liese

Der Fall: Schuss in der Mietwohnung

Ein 87-jähriger Mieter lebte seit 25 Jahren in einer Genossenschaftswohnung in Hamburg. Im Januar 2025 schoss er in seiner Wohnung einer 38-jährigen Frau ins Bein und verletzte sie schwer. Die Frau wohnte nicht in der Wohnung, sondern kümmerte sich gelegentlich um den betagten Mieter.

Die Polizei nahm den Mieter vorläufig fest. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft kündigte die Wohnungsbaugenossenschaft das Mietverhältnis fristlos und forderte ihn auf, die Wohnung zu räumen. Zusätzlich sprach sie ein Hausverbot für ihren Geschäftssitz aus.

Als der Mieter nicht auszog, beantragte die Genossenschaft eine einstweilige Räumungsverfügung beim Amtsgericht Hamburg. Sie befürchtete eine Gefahr für andere Hausbewohner durch den Mieter.

Streitfrage: Rechtfertigt ein Schusswaffengebrauch die sofortige Räumung?

Die zentrale Frage des Rechtsstreits war: Begründet der einmalige Gebrauch einer Schusswaffe in der Mietwohnung eine "konkrete Gefahr für Leib oder Leben" der Vermieterin oder anderer Hausbewohner, die eine sofortige Räumung rechtfertigt?

Die Genossenschaft argumentierte:

  • Der Schusswaffengebrauch stelle eine konkrete Gefahr für andere Hausbewohner dar
  • Solange der Mieter in der Wohnung verbleibe, seien andere Bewohner, Besucher und Handwerker akut gefährdet
  • Als Vermieterin sei die Genossenschaft für die Sicherheit ihrer Mitglieder verantwortlich

Der Mieter hielt dagegen:

  • Das Mietverhältnis sei über 25 Jahre störungsfrei verlaufen
  • Die Vermieterin stütze sich auf unbegründete Mutmaßungen
  • Es bestehe keine konkrete Gefahr für andere Hausbewohner

Die Entscheidung: Abstrakte Gefahr reicht nicht für Räumungsverfügung

Das Amtsgericht Hamburg wies den Antrag der Genossenschaft zurück. In seiner Begründung stellte das Gericht wichtige Grundsätze für Räumungsverfügungen auf:

"Die abstrakte Gefährlichkeit des eingesetzten Mittels (Schusswaffengebrauch im Wohnraum) rechtfertigt für sich genommen noch keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Vermieters bzw. von ihm zu schützenden Personen."

Das Gericht betonte, dass für eine Räumungsverfügung nach § 940a ZPO eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben vorliegen muss. Bloße Mutmaßungen, Befürchtungen oder Angst reichen nicht aus. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund seien besonders hoch anzusetzen, weil die Räumung einen gravierenden Eingriff darstellt.

Entscheidend war für das Gericht:

  1. Der Vorfall richtete sich nicht gegen die Vermieterin oder andere Hausbewohner
  2. Es gab keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung dieser Personengruppen
  3. Die Vorwegnahme der Hauptsache durch eine sofortige Räumung wiege schwer bei einem 87-jährigen Mieter, der seit 25 Jahren in der Wohnung lebt

Wichtig war auch: Nach juristischer Lebenserfahrung wird bei einer Festnahme am Tatort die Tatwaffe sichergestellt und die Wohnung nach weiteren Waffen durchsucht. Eine weitere Bedrohung durch die ursprüngliche Waffe bestand daher nicht mehr.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Vermieter haben Sie eine wichtige Erkenntnis aus diesem Urteil mitzunehmen: Eine einstweilige Räumungsverfügung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Selbst bei schwerwiegenden Vorfällen wie einem Schusswaffengebrauch müssen Sie nachweisen können, dass eine konkrete Gefahr für Sie als Vermieter oder andere Hausbewohner besteht.

Das Gericht unterscheidet klar zwischen:

  • Einer abstrakten Gefahr (die Möglichkeit einer Gefährdung)
  • Einer konkreten Gefahr (tatsächliche Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung)

Für eine Räumungsverfügung benötigen Sie Letzteres. Dabei können konkrete Anhaltspunkte sein:

  • Frühere Vorfälle, die sich gegen Sie oder andere Hausbewohner gerichtet haben
  • Ausgesprochene Drohungen gegen diesen Personenkreis
  • Tatsächliche Anzeichen für weitere unmittelbar bevorstehende Gewalttaten

Auch ein "verdeckter" Räumungsantrag, etwa durch ein Betretungsverbot für die Wohnung in Verbindung mit einem Schlüsselaustausch, unterliegt denselben strengen Anforderungen. Das Gericht stellt klar:

"Faktisch steht das Betretungsverbot der Wohnung einer Räumung gleich, weshalb an den Antrag dieselben Voraussetzungen einer konkreten Gefahr aus § 940a ZPO zu stellen sind."

Wichtig zu wissen: Der normale Weg zur Räumung führt über eine Räumungsklage im Hauptsacheverfahren. Die einstweilige Verfügung ist ein Sonderweg für absolute Ausnahmefälle, bei denen eine konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht und ein Abwarten bis zum Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist.

Fazit

Der Fall zeigt die hohen Hürden für eine Räumungsverfügung. Selbst ein so schwerwiegender Vorfall wie ein Schusswaffengebrauch in der Mietwohnung rechtfertigt nicht automatisch eine sofortige Räumung. Entscheidend ist, ob eine konkrete Gefahr für den Vermieter oder andere Hausbewohner besteht. Bei der Beurteilung müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden – darunter auch das Alter des Mieters und die Dauer des Mietverhältnisses.

Quelle: AG Hamburg, Beschluss vom 21.01.2025 - 21 C 7/25

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Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.


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Portrait der besten Anwälte von Essen

Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.

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Kind sitzt im Chefsessel und bedient ein Mobiltelefon

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

Erfahrungen & Bewertungen zu JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

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Wartebereich der JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.

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Rauchmelder und Winterdienst: Was Mieter bei der Betriebskostenabrechnung zahlen müssen

  • Teaser: Immer wieder sorgen Betriebskostenabrechnungen für Streit zwischen Mietern und Vermietern. Besonders umstritten sind oft Posten, die nicht ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart wurden. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Schöneberg klärt nun, dass Mieter sowohl für die Wartung von Rauchmeldern als auch für Winterdienstkosten aufkommen müssen – auch wenn diese nicht explizit im Mietvertrag genannt sind.
  • Bildquelle: Bild von <a href="https://pixabay.com/de/users/u_rpnz0oibah-42253525/?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=8558784">u_rpnz0oibah</a> auf <a href="https://pixabay.com/de//?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=8558784">Pixabay</a>
  • Beitragstext: Der Streitfall: Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung In dem verhandelten Fall hatte ein Vermieter seinem Mieter eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2022 zugestellt, aus der sich eine Nachforderung von 547,15 Euro ergab. Der Mieter hatte bereits Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 450 Euro geleistet, bestritt aber, für bestimmte Kosten aufkommen zu müssen. Konkret wendete sich der Mieter gegen zwei Kostenpositionen: Die Wartungskosten für Rauchmelder Die Kosten für den Winterdienst Beide Positionen waren nicht ausdrücklich im Mietvertrag als umlagefähige Betriebskosten vereinbart worden. Zudem hatte der Vermieter den Umlagemaßstab für die Heizkosten von ursprünglich 50:50 (Verbrauch   äche) auf 70:30 geändert. Die Entscheidung des Gerichts Das Amtsgericht Schöneberg gab dem Vermieter Recht und verurteilte den Mieter zur Zahlung der noch ausstehenden 97,15 Euro. Die Begründung des Gerichts liefert wichtige Erkenntnisse für alle Mietverhältnisse: Rauchmelder-Wartungskosten sind umlagefähig Wichtig: Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Mietvertrag dürfen Vermieter die Kosten für die Wartung von Rauchmeldern auf ihre Mieter umlegen. Das Gericht begründete dies damit, dass es sich bei den Wartungskosten für Rauchmelder um Betriebskosten handelt, die erst nach Abschluss des Mietvertrags aufgrund einer Modernisierung entstanden sind. In solchen Fällen ist der Vermieter ausnahmsweise berechtigt, diese Kosten auf den Mieter umzulegen. Das Gericht stützte sich hierbei auf ein Urteil des Landgerichts Magdeburg aus dem Jahr 2011 und auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass bei neu eingeführten Betriebskosten von einer konkludenten (stillschweigenden) Einigung ab dem Zeitpunkt ihrer erstmaligen Entstehung auszugehen ist. Zudem ist der Mieter nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, diese nach einer Modernisierung entstandenen Kosten zu tragen. Winterdienstkosten sind Teil der Straßenreinigung Ebenfalls wichtig: Winterdienstkosten fallen unter die Straßenreinigungskosten und sind auch ohne separate Vereinbarung umlagefähig. Das Gericht stellte klar, dass es unerheblich ist, ob der Winterdienst als solcher ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart wurde. Entscheidend sei vielmehr, dass die Parteien die Umlage der Straßenreinigungskosten vereinbart haben. Bei Winterdienst handele es sich um Kosten der Straßenreinigung, die lediglich saisonal, nämlich im Winter, anfallen. Änderung des Umlagemaßstabs für Heizkosten In dem Urteil ging es auch um die Frage, ob der Vermieter den Umlagemaßstab für Heizkosten ändern darf. Die ursprüngliche Vereinbarung im Mietvertrag sah eine Verteilung von 50% nach Verbrauch und 50% nach Fläche vor. Der Vermieter hatte diesen Maßstab jedoch auf 70% nach Verbrauch und 30% nach Fläche geändert. Das Gericht entschied: Nach Durchführung von baulichen Maßnahmen, die nachhaltig Einsparungen von Heizenergie bewirken, darf der Vermieter den vereinbarten Umlagemaßstab für Heizkosten ändern. Im konkreten Fall hatte die Hausverwaltung mit Schreiben vom 22.12.2016 den Umlagemaßstab gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Heizkostenverordnung aufgrund von baulichen Maßnahmen geändert. Seit 2017 wurden die Heizkostenabrechnungen entsprechend dem neuen Schlüssel verteilt. Das Gericht ging hier von einer konkludenten Vereinbarung zwischen den Parteien aus, da der Mieter die Änderung über mehrere Jahre hinweg akzeptiert hatte. Was bedeutet das Urteil für Sie? Das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg hat wichtige praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter: Für Mieter: Auch wenn im Mietvertrag die Wartungskosten für Rauchmelder nicht ausdrücklich genannt sind, müssen Sie diese in der Regel bezahlen. Gleiches gilt für die Kosten des Winterdienstes, sofern die Umlage der Straßenreinigungskosten vereinbart ist. Prüfen Sie Ihre Betriebskostenabrechnungen genau, aber bedenken Sie, dass bestimmte Kosten auch ohne explizite Vereinbarung umlagefähig sein können. Für Vermieter: Sie können Kosten für nachträglich eingebaute Rauchmelder auf Ihre Mieter umlegen, auch wenn dies nicht explizit im Mietvertrag vereinbart wurde. Winterdienstkosten können als Teil der Straßenreinigungskosten abgerechnet werden. Nach energetischen Sanierungen können Sie den Umlagemaßstab für Heizkosten anpassen, sollten dies aber schriftlich mitteilen. Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass bei Betriebskosten nicht allein der Wortlaut des Mietvertrags entscheidend ist. Auch gesetzliche Regelungen, die Grundsätze von Treu und Glauben sowie die Rechtsprechung spielen eine wichtige Rolle. Bei Unsicherheiten über die Umlagefähigkeit bestimmter Betriebskosten kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, um unnötige Streitigkeiten zu vermeiden. Quelle AG Schöneberg, Urteil vom 05.02.2025 - 4 C 5067/24
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Der Streitfall: Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung

In dem verhandelten Fall hatte ein Vermieter seinem Mieter eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2022 zugestellt, aus der sich eine Nachforderung von 547,15 Euro ergab. Der Mieter hatte bereits Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 450 Euro geleistet, bestritt aber, für bestimmte Kosten aufkommen zu müssen.

Konkret wendete sich der Mieter gegen zwei Kostenpositionen:

  1. Die Wartungskosten für Rauchmelder
  2. Die Kosten für den Winterdienst

Beide Positionen waren nicht ausdrücklich im Mietvertrag als umlagefähige Betriebskosten vereinbart worden. Zudem hatte der Vermieter den Umlagemaßstab für die Heizkosten von ursprünglich 50:50 (Verbrauch

 

äche) auf 70:30 geändert.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Schöneberg gab dem Vermieter Recht und verurteilte den Mieter zur Zahlung der noch ausstehenden 97,15 Euro. Die Begründung des Gerichts liefert wichtige Erkenntnisse für alle Mietverhältnisse:

Rauchmelder-Wartungskosten sind umlagefähig

Wichtig: Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Mietvertrag dürfen Vermieter die Kosten für die Wartung von Rauchmeldern auf ihre Mieter umlegen.

Das Gericht begründete dies damit, dass es sich bei den Wartungskosten für Rauchmelder um Betriebskosten handelt, die erst nach Abschluss des Mietvertrags aufgrund einer Modernisierung entstanden sind. In solchen Fällen ist der Vermieter ausnahmsweise berechtigt, diese Kosten auf den Mieter umzulegen. Das Gericht stützte sich hierbei auf ein Urteil des Landgerichts Magdeburg aus dem Jahr 2011 und auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004.

Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass bei neu eingeführten Betriebskosten von einer konkludenten (stillschweigenden) Einigung ab dem Zeitpunkt ihrer erstmaligen Entstehung auszugehen ist. Zudem ist der Mieter nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, diese nach einer Modernisierung entstandenen Kosten zu tragen.

Winterdienstkosten sind Teil der Straßenreinigung

Ebenfalls wichtig: Winterdienstkosten fallen unter die Straßenreinigungskosten und sind auch ohne separate Vereinbarung umlagefähig.

Das Gericht stellte klar, dass es unerheblich ist, ob der Winterdienst als solcher ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart wurde. Entscheidend sei vielmehr, dass die Parteien die Umlage der Straßenreinigungskosten vereinbart haben. Bei Winterdienst handele es sich um Kosten der Straßenreinigung, die lediglich saisonal, nämlich im Winter, anfallen.

Änderung des Umlagemaßstabs für Heizkosten

In dem Urteil ging es auch um die Frage, ob der Vermieter den Umlagemaßstab für Heizkosten ändern darf. Die ursprüngliche Vereinbarung im Mietvertrag sah eine Verteilung von 50% nach Verbrauch und 50% nach Fläche vor. Der Vermieter hatte diesen Maßstab jedoch auf 70% nach Verbrauch und 30% nach Fläche geändert.

Das Gericht entschied:

Nach Durchführung von baulichen Maßnahmen, die nachhaltig Einsparungen von Heizenergie bewirken, darf der Vermieter den vereinbarten Umlagemaßstab für Heizkosten ändern.

Im konkreten Fall hatte die Hausverwaltung mit Schreiben vom 22.12.2016 den Umlagemaßstab gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Heizkostenverordnung aufgrund von baulichen Maßnahmen geändert. Seit 2017 wurden die Heizkostenabrechnungen entsprechend dem neuen Schlüssel verteilt. Das Gericht ging hier von einer konkludenten Vereinbarung zwischen den Parteien aus, da der Mieter die Änderung über mehrere Jahre hinweg akzeptiert hatte.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg hat wichtige praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter:

  1. Für Mieter:
    • Auch wenn im Mietvertrag die Wartungskosten für Rauchmelder nicht ausdrücklich genannt sind, müssen Sie diese in der Regel bezahlen.
    • Gleiches gilt für die Kosten des Winterdienstes, sofern die Umlage der Straßenreinigungskosten vereinbart ist.
    • Prüfen Sie Ihre Betriebskostenabrechnungen genau, aber bedenken Sie, dass bestimmte Kosten auch ohne explizite Vereinbarung umlagefähig sein können.
  2. Für Vermieter:
    • Sie können Kosten für nachträglich eingebaute Rauchmelder auf Ihre Mieter umlegen, auch wenn dies nicht explizit im Mietvertrag vereinbart wurde.
    • Winterdienstkosten können als Teil der Straßenreinigungskosten abgerechnet werden.
    • Nach energetischen Sanierungen können Sie den Umlagemaßstab für Heizkosten anpassen, sollten dies aber schriftlich mitteilen.

Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass bei Betriebskosten nicht allein der Wortlaut des Mietvertrags entscheidend ist. Auch gesetzliche Regelungen, die Grundsätze von Treu und Glauben sowie die Rechtsprechung spielen eine wichtige Rolle.

Bei Unsicherheiten über die Umlagefähigkeit bestimmter Betriebskosten kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, um unnötige Streitigkeiten zu vermeiden.

Quelle

AG Schöneberg, Urteil vom 05.02.2025 - 4 C 5067/24

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Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.

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