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Mieterdienstbarkeit im Gewerbemietrecht: Eintragung auch bei Nicht-Errichtung des Mietobjekts

  • Teaser: Als Mieter eines Gewerberaums hat man oft erhebliche Investitionen zu tätigen, um die Räumlichkeiten für den eigenen Geschäftsbetrieb nutzbar zu machen. Um diese Investitionen abzusichern, vereinbaren Vermieter und Mieter häufig die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ins Grundbuch. Doch was passiert, wenn das Mietobjekt noch gar nicht errichtet wurde? Kann der Mieter trotzdem auf die Eintragung bestehen? Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm zu befassen.
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  • Beitragstext: Der Sachverhalt: Streit um ein nicht errichtetes Supermarktgebäude Im Juni 2021 schlossen eine Bauträgergesellschaft als Vermieterin und ein Supermarktbetreiber als Mieterin einen Mietvertrag über noch zu errichtende Geschäftsräume mit einer Größe von 1.100 m² sowie Außenflächen, insbesondere Parkplätze. Die Mietdauer sollte 15 Jahre ab Übergabe betragen, wobei die Übergabe grundsätzlich für den 25. März 2022 vorgesehen war. In § 22 des Mietvertrags verpflichtete sich die Vermieterin, zur Sicherung des Nutzungsrechts der Mieterin eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen zu lassen. Später übertrug die ursprüngliche Vermieterin mit Zustimmung der Mieterin ihre Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis auf eine andere Gesellschaft, die auch Eigentümerin der betreffenden Grundstücke war. Das Problem: Die geplanten Mieträume wurden nicht errichtet. Die neue Vermieterin teilte der Mieterin schließlich mit, dass sie aufgrund nicht von ihr zu vertretender Verzögerungen und veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen wolle. Sie berief sich auf stark gestiegene Bau- und Finanzierungskosten, die eine Realisierung des Projekts unwirtschaftlich machten. Die Mieterin widersprach dieser Sichtweise und forderte die Vermieterin auf, ihre Verpflichtung zur Eintragung der Mieterdienstbarkeit im Grundbuch zu erfüllen. Als die Vermieterin dies nicht tat, wandte sich die Mieterin an das Landgericht Bochum und beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Vermieterin zur Beantragung und Bewilligung einer entsprechenden Vormerkung im Grundbuch zu verpflichten. Die Entscheidung: Anspruch auf Sicherung trotz fehlenden Gebäudes Das Landgericht Bochum gab dem Antrag statt und das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung nun mit Beschluss vom 11. Dezember 2024. Die zentralen Streitpunkte Im Verfahren vor dem OLG Hamm brachte die Vermieterin im Wesentlichen folgende Argumente vor: Kein Verfügungsanspruch: Da das Mietobjekt noch nicht existiere, gebe es auch keinen Anspruch auf Eintragung einer Dienstbarkeit. Ohne Gebäude könne es kein zu sicherndes Nutzungsrecht geben. Wirksame Kündigung: Der Mietvertrag sei wirksam gekündigt worden, da sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erheblich verändert hätten. Die Baukosten hätten sich nahezu verdoppelt, die Finanzierungskosten mehr als verdoppelt. Keine Anpassungsmöglichkeit: Eine Anpassung des Vertrages sei nicht möglich oder zumutbar. Die Begründung des Gerichts Das OLG Hamm wies die Berufung der Vermieterin aus folgenden Gründen zurück: Anspruch besteht unabhängig von der Gebäudeerrichtung: Die Vormerkung sichert nicht den Nutzungsanspruch selbst, sondern den Anspruch auf Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Dieser Anspruch besteht bereits aufgrund des Mietvertrages, obwohl das Gebäude noch nicht errichtet ist. Nach § 883 BGB kann auch ein künftiger oder bedingter Anspruch durch Vormerkung gesichert werden, wenn eine feste Rechtsgrundlage mit bestimmbaren Entstehungsvoraussetzungen existiert. Kündigung unwirksam: Die Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB war nicht begründet, da hierfür Umstände im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen müssen. Gestiegene Bau- und Finanzierungskosten fallen jedoch in den Risikobereich der Vermieterin. Störung der Geschäftsgrundlage nicht ausreichend belegt: Auch eine Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB war nicht gerechtfertigt. Die Vermieterin hatte nicht substantiiert dargelegt, warum eine Vertragsanpassung unmöglich oder unzumutbar sein sollte. Sie hatte nicht einmal auf ein Anpassungsangebot der Mieterin (Erhöhung der Miete um 1.650 € monatlich) reagiert. Was bedeutet das Urteil für Sie? Diese Entscheidung hat wichtige Konsequenzen für Vermieter und Mieter im Gewerbemietrecht: Für Mieter: Der Anspruch auf Eintragung einer Dienstbarkeit besteht unabhängig davon, ob das Mietobjekt bereits errichtet ist. Eine solche Sicherung kann und sollte frühzeitig durchgesetzt werden, um die eigenen Investitionen zu schützen. Es ist ratsam, im Mietvertrag klare Regelungen zur Eintragung einer Dienstbarkeit zu treffen. Für Vermieter: Kostensteigerungen im Bau fallen grundsätzlich in das Risiko des Vermieters und rechtfertigen allein keine Kündigung. Eine Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage erfordert eine konkrete Darlegung, warum eine Vertragsanpassung unmöglich oder unzumutbar ist. Bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten sollte frühzeitig das Gespräch über eine Anpassung des Vertrages gesucht werden. Das Urteil verdeutlicht einmal mehr, dass Gerichte an der Verbindlichkeit von Verträgen festhalten und hohe Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung stellen. Besonders im gewerblichen Mietrecht, wo oft langfristige Verträge mit erheblichen Investitionen verbunden sind, ist Vertragstreue ein hohes Gut. Fazit Selbst wenn ein Mietobjekt noch nicht errichtet wurde, kann der Mieter bereits einen Anspruch auf Sicherung seiner Rechte durch eine Vormerkung im Grundbuch haben. Vermieter können sich nicht einfach auf gestiegene Kosten berufen, um sich von ihren vertraglichen Verpflichtungen zu lösen. Das OLG Hamm stärkt damit die Position von Mietern im Gewerbemietrecht und betont die Bedeutung der Vertragstreue. Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 11.12.2024 - 30 U 40/24, openJur 2025, 10499
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    Rechtsanwalt Alexander Liese

Der Sachverhalt: Streit um ein nicht errichtetes Supermarktgebäude

Im Juni 2021 schlossen eine Bauträgergesellschaft als Vermieterin und ein Supermarktbetreiber als Mieterin einen Mietvertrag über noch zu errichtende Geschäftsräume mit einer Größe von 1.100 m² sowie Außenflächen, insbesondere Parkplätze. Die Mietdauer sollte 15 Jahre ab Übergabe betragen, wobei die Übergabe grundsätzlich für den 25. März 2022 vorgesehen war.

In § 22 des Mietvertrags verpflichtete sich die Vermieterin, zur Sicherung des Nutzungsrechts der Mieterin eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen zu lassen. Später übertrug die ursprüngliche Vermieterin mit Zustimmung der Mieterin ihre Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis auf eine andere Gesellschaft, die auch Eigentümerin der betreffenden Grundstücke war.

Das Problem: Die geplanten Mieträume wurden nicht errichtet. Die neue Vermieterin teilte der Mieterin schließlich mit, dass sie aufgrund nicht von ihr zu vertretender Verzögerungen und veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen wolle. Sie berief sich auf stark gestiegene Bau- und Finanzierungskosten, die eine Realisierung des Projekts unwirtschaftlich machten.

Die Mieterin widersprach dieser Sichtweise und forderte die Vermieterin auf, ihre Verpflichtung zur Eintragung der Mieterdienstbarkeit im Grundbuch zu erfüllen. Als die Vermieterin dies nicht tat, wandte sich die Mieterin an das Landgericht Bochum und beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Vermieterin zur Beantragung und Bewilligung einer entsprechenden Vormerkung im Grundbuch zu verpflichten.

Die Entscheidung: Anspruch auf Sicherung trotz fehlenden Gebäudes

Das Landgericht Bochum gab dem Antrag statt und das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung nun mit Beschluss vom 11. Dezember 2024.

Die zentralen Streitpunkte

Im Verfahren vor dem OLG Hamm brachte die Vermieterin im Wesentlichen folgende Argumente vor:

  1. Kein Verfügungsanspruch: Da das Mietobjekt noch nicht existiere, gebe es auch keinen Anspruch auf Eintragung einer Dienstbarkeit. Ohne Gebäude könne es kein zu sicherndes Nutzungsrecht geben.
  2. Wirksame Kündigung: Der Mietvertrag sei wirksam gekündigt worden, da sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erheblich verändert hätten. Die Baukosten hätten sich nahezu verdoppelt, die Finanzierungskosten mehr als verdoppelt.
  3. Keine Anpassungsmöglichkeit: Eine Anpassung des Vertrages sei nicht möglich oder zumutbar.

Die Begründung des Gerichts

Das OLG Hamm wies die Berufung der Vermieterin aus folgenden Gründen zurück:

  1. Anspruch besteht unabhängig von der Gebäudeerrichtung: Die Vormerkung sichert nicht den Nutzungsanspruch selbst, sondern den Anspruch auf Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Dieser Anspruch besteht bereits aufgrund des Mietvertrages, obwohl das Gebäude noch nicht errichtet ist. Nach § 883 BGB kann auch ein künftiger oder bedingter Anspruch durch Vormerkung gesichert werden, wenn eine feste Rechtsgrundlage mit bestimmbaren Entstehungsvoraussetzungen existiert.
  2. Kündigung unwirksam: Die Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB war nicht begründet, da hierfür Umstände im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen müssen. Gestiegene Bau- und Finanzierungskosten fallen jedoch in den Risikobereich der Vermieterin.
  3. Störung der Geschäftsgrundlage nicht ausreichend belegt: Auch eine Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB war nicht gerechtfertigt. Die Vermieterin hatte nicht substantiiert dargelegt, warum eine Vertragsanpassung unmöglich oder unzumutbar sein sollte. Sie hatte nicht einmal auf ein Anpassungsangebot der Mieterin (Erhöhung der Miete um 1.650 € monatlich) reagiert.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat wichtige Konsequenzen für Vermieter und Mieter im Gewerbemietrecht:

Für Mieter:

  • Der Anspruch auf Eintragung einer Dienstbarkeit besteht unabhängig davon, ob das Mietobjekt bereits errichtet ist.
  • Eine solche Sicherung kann und sollte frühzeitig durchgesetzt werden, um die eigenen Investitionen zu schützen.
  • Es ist ratsam, im Mietvertrag klare Regelungen zur Eintragung einer Dienstbarkeit zu treffen.

Für Vermieter:

  • Kostensteigerungen im Bau fallen grundsätzlich in das Risiko des Vermieters und rechtfertigen allein keine Kündigung.
  • Eine Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage erfordert eine konkrete Darlegung, warum eine Vertragsanpassung unmöglich oder unzumutbar ist.
  • Bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten sollte frühzeitig das Gespräch über eine Anpassung des Vertrages gesucht werden.

Das Urteil verdeutlicht einmal mehr, dass Gerichte an der Verbindlichkeit von Verträgen festhalten und hohe Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung stellen. Besonders im gewerblichen Mietrecht, wo oft langfristige Verträge mit erheblichen Investitionen verbunden sind, ist Vertragstreue ein hohes Gut.

Fazit

Selbst wenn ein Mietobjekt noch nicht errichtet wurde, kann der Mieter bereits einen Anspruch auf Sicherung seiner Rechte durch eine Vormerkung im Grundbuch haben. Vermieter können sich nicht einfach auf gestiegene Kosten berufen, um sich von ihren vertraglichen Verpflichtungen zu lösen. Das OLG Hamm stärkt damit die Position von Mietern im Gewerbemietrecht und betont die Bedeutung der Vertragstreue.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 11.12.2024 - 30 U 40/24, openJur 2025, 10499

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Bei Gefahr in Verzug kann die Verwaltung einer WEG auch ohne Ermächtigung handeln

  • Teaser: Auch ohne wirksamen Verwaltervertrag kann die Hausverwaltung bei akuter Brandgefahr zum Schutz der Bewohner handeln – und muss dafür keinen Schadensersatz leisten.
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  • Beitragstext: Der Fall: Millionenschaden durch Fassadenabriss Eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit fünf Hochhäusern in Nürnberg stand 2018 vor einem dramatischen Problem: Bei einer behördlichen Überprüfung stellte sich heraus, dass in den Fassaden brennbare Materialien verbaut waren. Die Hausverwaltung veranlasste daraufhin den sofortigen Abriss aller Fassaden – mit Kosten von über 15 Millionen Euro. Die Eigentümergemeinschaft klagte anschließend auf Schadensersatz gegen die Verwaltung. Ihr Vorwurf: Die Verwaltung habe ohne ordnungsgemäße Ermächtigung gehandelt und den Abriss zu voreilig veranlasst. Brennbare Dämmstoffe trotz Bestandsschutz unzulässig Das Amtsgericht Nürnberg wies die Klage ab. Die Hochhäuser aus den 1960er Jahren hatten keinen Bestandsschutz für die brennbaren Materialien, so das Gericht. Bei der Errichtung 1965/66 waren bereits brennbare Dämmstoffe verbaut worden, obwohl dies schon damals gegen die Bayerische Bauordnung und die Hochhausrichtlinien verstieß. Wichtig für Eigentümer: Auch bei älteren Gebäuden gilt: Wenn brennbare Materialien schon bei der Errichtung rechtswidrig verbaut wurden, gibt es keinen Bestandsschutz. Die Behörden können jederzeit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anordnen. Warum waren die Materialien so gefährlich? Ein Sachverständiger erklärte vor Gericht die Brandgefahr: Die verwendeten Dreischichtplatten enthielten einen Polystyrolkern, der brennbar war Bei einem Brand hätten Temperaturen von über 900°C das Material zum Schmelzen und Abtropfen gebracht Die Feuerwehr hätte Brände in den 41-55 Meter hohen Gebäuden ab dem 10. Geschoss nicht mehr löschen können Eine Brandausbreitung von Stockwerk zu Stockwerk wäre die Folge gewesen Verwaltung handelte im Interesse der Eigentümer Obwohl die Verwaltung seit 2015 nicht mehr wirksam bestellt war, sah das Gericht ihr Handeln als berechtigt an. Als "faktische Verwaltung" war sie verpflichtet, Gefahren für Leben und Gesundheit abzuwenden. Die Stadt hatte bereits mit der Räumung der Hochhäuser gedroht, falls nicht bis zum 20. Dezember 2018 die Fassaden entfernt würden. Durch das schnelle Handeln der Verwaltung blieben den Bewohnern eine Zwangsräumung und Obdachlosigkeit erspart. Keine Zeit für Alternativprüfungen Die Eigentümer hatten argumentiert, man hätte weniger einschneidende Maßnahmen prüfen können. Das Gericht sah das anders: Weihnachten und Silvester 2018 standen bevor – das Risiko durch Feuerwerkskörper war zu hoch Für Brandversuche und alternative Sanierungskonzepte fehlte die Zeit Die Feuerwehr war aufgrund fehlender Zufahrten ohnehin nur eingeschränkt einsatzfähig Was bedeutet das Urteil für Sie? Für Wohnungseigentümer: Bestandsschutz ist begrenzt: Auch alte Gebäude müssen bei Brandgefahr nachgerüstet werden Bei akuter Gefahr können Behörden sofortige Maßnahmen anordnen – auch ohne lange Prüffristen Die Kosten trägt grundsätzlich die Eigentümergemeinschaft, auch wenn die Verwaltung den Auftrag erteilt hat Für Hausverwaltungen: Auch ohne wirksamen Vertrag kann in Notfällen gehandelt werden – die Haftung beschränkt sich auf grob fahrlässiges Verhalten Bei behördlichen Anordnungen zum Brandschutz sollte schnell gehandelt werden Eine Freistellung von Drittansprüchen kann gegen die Eigentümergemeinschaft durchgesetzt werden Für Immobilienkäufer: Lassen Sie bei Altbauten ab den 1960er Jahren unbedingt die Fassadendämmung prüfen Brennbare Materialien können auch bei genehmigten Bauten später zum Problem werden Besonders bei Hochhäusern gelten strenge Brandschutzvorschriften Fazit: Sicherheit geht vor Kosten Das Urteil macht deutlich: Beim Brandschutz haben Sicherheitsbelange Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. Eine Hausverwaltung, die bei akuter Brandgefahr schnell handelt, macht sich nicht schadensersatzpflichtig – auch wenn hohe Kosten entstehen. Für Eigentümer bedeutet das: Investitionen in den Brandschutz sind keine lästige Pflicht, sondern essentiell für den Schutz von Leben und Eigentum. Wer bei Altbauten auf eine professionelle Brandschutzprüfung verzichtet, riskiert teure Überraschungen. Quelle: AG Nürnberg, Urteil vom 23.01.2025 – 244 C 7118/20 WEG
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Der Fall: Millionenschaden durch Fassadenabriss

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit fünf Hochhäusern in Nürnberg stand 2018 vor einem dramatischen Problem: Bei einer behördlichen Überprüfung stellte sich heraus, dass in den Fassaden brennbare Materialien verbaut waren. Die Hausverwaltung veranlasste daraufhin den sofortigen Abriss aller Fassaden – mit Kosten von über 15 Millionen Euro.

Die Eigentümergemeinschaft klagte anschließend auf Schadensersatz gegen die Verwaltung. Ihr Vorwurf: Die Verwaltung habe ohne ordnungsgemäße Ermächtigung gehandelt und den Abriss zu voreilig veranlasst.

Brennbare Dämmstoffe trotz Bestandsschutz unzulässig

Das Amtsgericht Nürnberg wies die Klage ab. Die Hochhäuser aus den 1960er Jahren hatten keinen Bestandsschutz für die brennbaren Materialien, so das Gericht. Bei der Errichtung 1965/66 waren bereits brennbare Dämmstoffe verbaut worden, obwohl dies schon damals gegen die Bayerische Bauordnung und die Hochhausrichtlinien verstieß.

Wichtig für Eigentümer: Auch bei älteren Gebäuden gilt: Wenn brennbare Materialien schon bei der Errichtung rechtswidrig verbaut wurden, gibt es keinen Bestandsschutz. Die Behörden können jederzeit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anordnen.

Warum waren die Materialien so gefährlich?

Ein Sachverständiger erklärte vor Gericht die Brandgefahr:

  • Die verwendeten Dreischichtplatten enthielten einen Polystyrolkern, der brennbar war
  • Bei einem Brand hätten Temperaturen von über 900°C das Material zum Schmelzen und Abtropfen gebracht
  • Die Feuerwehr hätte Brände in den 41-55 Meter hohen Gebäuden ab dem 10. Geschoss nicht mehr löschen können
  • Eine Brandausbreitung von Stockwerk zu Stockwerk wäre die Folge gewesen

Verwaltung handelte im Interesse der Eigentümer

Obwohl die Verwaltung seit 2015 nicht mehr wirksam bestellt war, sah das Gericht ihr Handeln als berechtigt an. Als "faktische Verwaltung" war sie verpflichtet, Gefahren für Leben und Gesundheit abzuwenden.

Die Stadt hatte bereits mit der Räumung der Hochhäuser gedroht, falls nicht bis zum 20. Dezember 2018 die Fassaden entfernt würden. Durch das schnelle Handeln der Verwaltung blieben den Bewohnern eine Zwangsräumung und Obdachlosigkeit erspart.

Keine Zeit für Alternativprüfungen

Die Eigentümer hatten argumentiert, man hätte weniger einschneidende Maßnahmen prüfen können. Das Gericht sah das anders:

  • Weihnachten und Silvester 2018 standen bevor – das Risiko durch Feuerwerkskörper war zu hoch
  • Für Brandversuche und alternative Sanierungskonzepte fehlte die Zeit
  • Die Feuerwehr war aufgrund fehlender Zufahrten ohnehin nur eingeschränkt einsatzfähig

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Wohnungseigentümer:

  • Bestandsschutz ist begrenzt: Auch alte Gebäude müssen bei Brandgefahr nachgerüstet werden
  • Bei akuter Gefahr können Behörden sofortige Maßnahmen anordnen – auch ohne lange Prüffristen
  • Die Kosten trägt grundsätzlich die Eigentümergemeinschaft, auch wenn die Verwaltung den Auftrag erteilt hat

Für Hausverwaltungen:

  • Auch ohne wirksamen Vertrag kann in Notfällen gehandelt werden – die Haftung beschränkt sich auf grob fahrlässiges Verhalten
  • Bei behördlichen Anordnungen zum Brandschutz sollte schnell gehandelt werden
  • Eine Freistellung von Drittansprüchen kann gegen die Eigentümergemeinschaft durchgesetzt werden

Für Immobilienkäufer:

  • Lassen Sie bei Altbauten ab den 1960er Jahren unbedingt die Fassadendämmung prüfen
  • Brennbare Materialien können auch bei genehmigten Bauten später zum Problem werden
  • Besonders bei Hochhäusern gelten strenge Brandschutzvorschriften

Fazit: Sicherheit geht vor Kosten

Das Urteil macht deutlich: Beim Brandschutz haben Sicherheitsbelange Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. Eine Hausverwaltung, die bei akuter Brandgefahr schnell handelt, macht sich nicht schadensersatzpflichtig – auch wenn hohe Kosten entstehen.

Für Eigentümer bedeutet das: Investitionen in den Brandschutz sind keine lästige Pflicht, sondern essentiell für den Schutz von Leben und Eigentum. Wer bei Altbauten auf eine professionelle Brandschutzprüfung verzichtet, riskiert teure Überraschungen.


Quelle: AG Nürnberg, Urteil vom 23.01.2025 – 244 C 7118/20 WEG

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Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.

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Kind sitzt im Chefsessel und bedient ein Mobiltelefon

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

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Mieterhöhung unwirksam: Fehlende Drittmittel-Angaben nach Renovierung

  • Teaser: Vermieter müssen bei Modernisierungsmieterhöhungen klar angeben, ob sie staatliche Förderung erhalten haben. Fehlen diese Angaben, ist die gesamte Erhöhung unwirksam.
  • Bildquelle: Symbolbild: KI-generiertes Bild
  • Beitragstext: Der Fall: Unklare Angaben zu KfW-Förderung Eine Berliner Vermieterin kündigte ihrem Mieter umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an. Geplant waren energiesparende Maßnahmen wie der Einbau einer neuen Gasbrennwertheizung, einer Türsprechanlage und Wärmedämmung an Kellerdecken und Dachboden. In der Ankündigung erwähnte sie ausdrücklich, dass sie dafür KfW-Mittel beantragen wolle. Nach Abschluss der Arbeiten erhöhte die Vermieterin die Miete erheblich. In ihrem Schreiben erläuterte sie detailliert die durchgeführten Maßnahmen und berechnete die Mieterhöhung. Was jedoch fehlte: Jede Angabe dazu, ob und in welcher Höhe sie tatsächlich die angekündigte KfW-Förderung erhalten hatte. Das rechtliche Problem: § 559a BGB Warum Drittmittel-Angaben so wichtig sind Das Gesetz schreibt in § 559a BGB vor, dass staatliche Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen bei Modernisierungsmieterhöhungen angerechnet werden müssen. Der Grund ist einleuchtend: Vermieter sollen nicht doppelt profitieren - einmal durch staatliche Förderung und zusätzlich durch höhere Mieten. Erhält ein Vermieter öffentliche Förderung für Modernisierungen, muss sich die Mieterhöhung entsprechend verringern. Welche Drittmittel sind anrechenbar? Das Gesetz erfasst verschiedene Arten staatlicher Unterstützung: Direkte Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten Zinsgünstige oder zinslose Darlehen KfW-Fördermittel Aufwendungsbeihilfen Mittel von Finanzierungsinstituten des Bundes oder der Länder Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs Formelle Unwirksamkeit der Mieterhöhung Der BGH gab dem Mieter Recht und entschied: Die Mieterhöhung war formell unwirksam. Das bedeutet, der Mieter musste die erhöhte Miete nicht zahlen und konnte bereits gezahlte Beträge zurückfordern. Entscheidend war nicht, ob die Vermieterin tatsächlich Förderung erhalten hatte, sondern dass ihre Angaben zu unklar waren. Nach der ausdrücklichen Ankündigung, KfW-Mittel beantragen zu wollen, durfte sie in der Mieterhöhungserklärung nicht einfach schweigen. Was hätte die Vermieterin tun müssen? Die Vermieterin hätte klar erklären müssen: Ob sie die angekündigte Förderung beantragt hat Ob sie diese erhalten hat In welcher Höhe sie Drittmittel bekommen hat Wie sich diese auf die Mieterhöhung auswirken Selbst wenn sie keine Förderung erhalten hätte, wäre eine entsprechende Erklärung erforderlich gewesen. Warum genaue Angaben erforderlich sind Mieter müssen Nachprüfung möglich sein Das Gesetz verlangt, dass Mieter die Berechtigung und Höhe von Mieterhöhungen überprüfen können. Dazu benötigen sie alle relevanten Informationen. Fehlen wesentliche Angaben, ist eine sachgerechte Prüfung unmöglich. Verschiedene Interpretationsmöglichkeiten Schweigt der Vermieter zu angekündigten Drittmitteln, sind verschiedene Deutungen möglich: Die Förderung wurde gar nicht beantragt Sie wurde beantragt, aber nicht gewährt Sie wurde gewährt, ist aber bereits abgezogen Die Angabe wurde schlicht vergessen Diese Unklarheit allein macht die Mieterhöhung unwirksam, auch wenn der Vermieter möglicherweise keine Förderung erhalten hat. Praktische Auswirkungen der BGH-Rechtsprechung Für Vermieter: Vollständige Transparenz erforderlich Vermieter müssen bei Modernisierungsmieterhöhungen alle Drittmittel offenlegen. Dies gilt besonders, wenn sie in der Modernisierungsankündigung Förderungen erwähnt haben. Checkliste für Vermieter: Haben Sie in der Ankündigung Drittmittel erwähnt? Wurden diese tatsächlich beantragt? Falls ja: Wurden sie bewilligt? Sind alle erhaltenen Mittel korrekt angerechnet? Ist dies in der Mieterhöhungserklärung klar dargestellt? Für Mieter: Prüfrecht und Schutz vor überhöhten Forderungen Mieter haben ein starkes Prüfrecht. Sind die Angaben zu Drittmitteln unvollständig oder unklar, können sie: Die Mieterhöhung komplett verweigern Bereits gezahlte Beträge zurückfordern Gerichtlich klären lassen Wichtiger Hinweis: Zahlen Sie erhöhte Miete nur unter Vorbehalt, wenn Sie Zweifel an der Berechtigung haben. Was bedeutet das Urteil für Sie? Neue Klarheit für Modernisierungsmieterhöhungen Das BGH-Urteil schafft rechtliche Klarheit in einem häufigen Streitpunkt. Vermieter können sich nicht mehr darauf verlassen, dass Schweigen zu Drittmitteln unproblematisch ist. Stärkung der Mieterrechte Mieter erhalten ein wirksameres Instrument, um überhöhte Modernisierungsmieterhöhungen zu verhindern. Die Rechtsprechung stärkt das Transparenzgebot und sorgt für faire Kostenverteilung. Bedeutung für laufende Verfahren Haben Sie als Mieter eine ähnlich unklare Mieterhöhungserklärung erhalten, sollten Sie diese rechtlich prüfen lassen. Möglicherweise ist auch Ihre Mieterhöhung unwirksam. Ausblick: Präventive Maßnahmen Für künftige Modernisierungen Vermieter sollten von Beginn an dokumentieren, welche Förderungen sie beantragen und erhalten. Eine lückenlose Dokumentation verhindert spätere Rechtsprobleme. Rechtssichere Mieterhöhungserklärungen Die Entscheidung zeigt: Transparenz schützt vor Unwirksamkeit. Eine ausführliche, klare Darstellung aller Kostenfaktoren - einschließlich Drittmitteln - ist unerlässlich. Fazit Das BGH-Urteil verdeutlicht: Bei Modernisierungsmieterhöhungen führt kein Weg an vollständiger Transparenz vorbei. Vermieter müssen alle relevanten Informationen - besonders zu staatlicher Förderung - klar darlegen. Anderenfalls riskieren sie die Unwirksamkeit der gesamten Mieterhöhung. Für Mieter bedeutet dies: Prüfen Sie Mieterhöhungen genau und scheuen Sie sich nicht, unklare Angaben zu hinterfragen. Das Recht ist auf Ihrer Seite. Quelle: BGH, Urteil vom 19. Juli 2023, Az. VIII ZR 416/21
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Der Fall: Unklare Angaben zu KfW-Förderung

Eine Berliner Vermieterin kündigte ihrem Mieter umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an. Geplant waren energiesparende Maßnahmen wie der Einbau einer neuen Gasbrennwertheizung, einer Türsprechanlage und Wärmedämmung an Kellerdecken und Dachboden. In der Ankündigung erwähnte sie ausdrücklich, dass sie dafür KfW-Mittel beantragen wolle.

Nach Abschluss der Arbeiten erhöhte die Vermieterin die Miete erheblich. In ihrem Schreiben erläuterte sie detailliert die durchgeführten Maßnahmen und berechnete die Mieterhöhung. Was jedoch fehlte: Jede Angabe dazu, ob und in welcher Höhe sie tatsächlich die angekündigte KfW-Förderung erhalten hatte.

Das rechtliche Problem: § 559a BGB

Warum Drittmittel-Angaben so wichtig sind

Das Gesetz schreibt in § 559a BGB vor, dass staatliche Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen bei Modernisierungsmieterhöhungen angerechnet werden müssen. Der Grund ist einleuchtend: Vermieter sollen nicht doppelt profitieren - einmal durch staatliche Förderung und zusätzlich durch höhere Mieten.

Erhält ein Vermieter öffentliche Förderung für Modernisierungen, muss sich die Mieterhöhung entsprechend verringern.

Welche Drittmittel sind anrechenbar?

Das Gesetz erfasst verschiedene Arten staatlicher Unterstützung:

  • Direkte Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten
  • Zinsgünstige oder zinslose Darlehen
  • KfW-Fördermittel
  • Aufwendungsbeihilfen
  • Mittel von Finanzierungsinstituten des Bundes oder der Länder

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Formelle Unwirksamkeit der Mieterhöhung

Der BGH gab dem Mieter Recht und entschied: Die Mieterhöhung war formell unwirksam. Das bedeutet, der Mieter musste die erhöhte Miete nicht zahlen und konnte bereits gezahlte Beträge zurückfordern.

Entscheidend war nicht, ob die Vermieterin tatsächlich Förderung erhalten hatte, sondern dass ihre Angaben zu unklar waren. Nach der ausdrücklichen Ankündigung, KfW-Mittel beantragen zu wollen, durfte sie in der Mieterhöhungserklärung nicht einfach schweigen.

Was hätte die Vermieterin tun müssen?

Die Vermieterin hätte klar erklären müssen:

  • Ob sie die angekündigte Förderung beantragt hat
  • Ob sie diese erhalten hat
  • In welcher Höhe sie Drittmittel bekommen hat
  • Wie sich diese auf die Mieterhöhung auswirken

Selbst wenn sie keine Förderung erhalten hätte, wäre eine entsprechende Erklärung erforderlich gewesen.

Warum genaue Angaben erforderlich sind

Mieter müssen Nachprüfung möglich sein

Das Gesetz verlangt, dass Mieter die Berechtigung und Höhe von Mieterhöhungen überprüfen können. Dazu benötigen sie alle relevanten Informationen. Fehlen wesentliche Angaben, ist eine sachgerechte Prüfung unmöglich.

Verschiedene Interpretationsmöglichkeiten

Schweigt der Vermieter zu angekündigten Drittmitteln, sind verschiedene Deutungen möglich:

  • Die Förderung wurde gar nicht beantragt
  • Sie wurde beantragt, aber nicht gewährt
  • Sie wurde gewährt, ist aber bereits abgezogen
  • Die Angabe wurde schlicht vergessen

Diese Unklarheit allein macht die Mieterhöhung unwirksam, auch wenn der Vermieter möglicherweise keine Förderung erhalten hat.

Praktische Auswirkungen der BGH-Rechtsprechung

Für Vermieter: Vollständige Transparenz erforderlich

Vermieter müssen bei Modernisierungsmieterhöhungen alle Drittmittel offenlegen. Dies gilt besonders, wenn sie in der Modernisierungsankündigung Förderungen erwähnt haben.

Checkliste für Vermieter:

  • Haben Sie in der Ankündigung Drittmittel erwähnt?
  • Wurden diese tatsächlich beantragt?
  • Falls ja: Wurden sie bewilligt?
  • Sind alle erhaltenen Mittel korrekt angerechnet?
  • Ist dies in der Mieterhöhungserklärung klar dargestellt?

Für Mieter: Prüfrecht und Schutz vor überhöhten Forderungen

Mieter haben ein starkes Prüfrecht. Sind die Angaben zu Drittmitteln unvollständig oder unklar, können sie:

  • Die Mieterhöhung komplett verweigern
  • Bereits gezahlte Beträge zurückfordern
  • Gerichtlich klären lassen

Wichtiger Hinweis: Zahlen Sie erhöhte Miete nur unter Vorbehalt, wenn Sie Zweifel an der Berechtigung haben.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Neue Klarheit für Modernisierungsmieterhöhungen

Das BGH-Urteil schafft rechtliche Klarheit in einem häufigen Streitpunkt. Vermieter können sich nicht mehr darauf verlassen, dass Schweigen zu Drittmitteln unproblematisch ist.

Stärkung der Mieterrechte

Mieter erhalten ein wirksameres Instrument, um überhöhte Modernisierungsmieterhöhungen zu verhindern. Die Rechtsprechung stärkt das Transparenzgebot und sorgt für faire Kostenverteilung.

Bedeutung für laufende Verfahren

Haben Sie als Mieter eine ähnlich unklare Mieterhöhungserklärung erhalten, sollten Sie diese rechtlich prüfen lassen. Möglicherweise ist auch Ihre Mieterhöhung unwirksam.

Ausblick: Präventive Maßnahmen

Für künftige Modernisierungen

Vermieter sollten von Beginn an dokumentieren, welche Förderungen sie beantragen und erhalten. Eine lückenlose Dokumentation verhindert spätere Rechtsprobleme.

Rechtssichere Mieterhöhungserklärungen

Die Entscheidung zeigt: Transparenz schützt vor Unwirksamkeit. Eine ausführliche, klare Darstellung aller Kostenfaktoren - einschließlich Drittmitteln - ist unerlässlich.

Fazit

Das BGH-Urteil verdeutlicht: Bei Modernisierungsmieterhöhungen führt kein Weg an vollständiger Transparenz vorbei. Vermieter müssen alle relevanten Informationen - besonders zu staatlicher Förderung - klar darlegen. Anderenfalls riskieren sie die Unwirksamkeit der gesamten Mieterhöhung.

Für Mieter bedeutet dies: Prüfen Sie Mieterhöhungen genau und scheuen Sie sich nicht, unklare Angaben zu hinterfragen. Das Recht ist auf Ihrer Seite.


Quelle: BGH, Urteil vom 19. Juli 2023, Az. VIII ZR 416/21

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Staffelmiete bei Sozialwohnungen rechtens

  • Teaser: Auch während einer Preisbindung dürfen Vermieter und Mieter Staffelmieten für die Zeit nach Ablauf der Bindung vereinbaren. Der Bundesgerichtshof stärkt damit die Vertragsfreiheit im Mietrecht.
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  • Beitragstext: Der Fall: Eine Mieterin war seit 2018 in einer Dreizimmerwohnung in Köln eingezogen. Die Wohnung war aufgrund öffentlicher Förderung bis Ende 2020 preisgebunden. Bereits bei Vertragsabschluss hatten die Parteien jedoch eine Staffelmiete vereinbart: Die monatliche Grundmiete sollte sich nach Ablauf der Preisbindung automatisch erhöhen. Die Vereinbarung sah folgende Staffelung vor: Während der Preisbindung lag die Miete bei einem niedrigen Betrag. Ab Januar 2021 sollte sie deutlich steigen und ab Januar 2022 nochmals angehoben werden. Die Mieterin zahlte die höhere Miete zunächst unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Jahre später verlangte sie jedoch die Rückzahlung der Erhöhungsbeträge und argumentierte, die Staffelmietvereinbarung sei unwirksam. Sie forderte mehrere tausend Euro zurück und wollte gerichtlich feststellen lassen, dass sie weiterhin nur die ursprünglich niedrige Miete zahlen müsse. Die zentrale Rechtsfrage Der Streit drehte sich um eine grundsätzliche Frage des Mietrechts: Dürfen Vermieter und Mieter bereits während einer Preisbindung für öffentlich geförderte Wohnungen Staffelmieten für die Zeit nach Ablauf dieser Bindung vereinbaren? Die Mieterin vertrat die Ansicht, dass solche Vereinbarungen unzulässig seien, da sie die Schutzwirkung der Preisbindung unterlaufen würden. Sie berief sich darauf, dass die drastischen Mieterhöhungen nach Ende der Bindung nicht rechtmäßig seien. Der Vermieter hingegen sah sich durch die vertragliche Vereinbarung berechtigt und verwies auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit. Nach seiner Ansicht sei es zulässig, bereits im Voraus zu regeln, wie sich die Miete nach Wegfall der öffentlichen Bindung entwickeln solle. BGH bestätigt Vertragsfreiheit Der Bundesgerichtshof gab dem Vermieter Recht und stellte wichtige Grundsätze zur Staffelmiete bei preisgebundenen Wohnungen auf: Staffelmieten auch während Preisbindung zulässig Das Gericht betonte, dass Staffelmietvereinbarungen grundsätzlich auch für Zeiträume innerhalb einer Preisbindung zulässig sind - vorausgesetzt, die vereinbarten Mieten überschreiten nicht die durch die Förderbestimmungen festgelegten Höchstgrenzen. Vereinbarungen für Zeit nach Preisbindung erlaubt "Es ist mit Blick auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit regelmäßig zulässig, dass die Parteien eines Mietvertrags über eine preisgebundene Wohnung eine Staffelmiete für die Zeit nach Beendigung der Preisbindung vereinbaren." Der BGH machte deutlich: Mieter und Vermieter dürfen bereits während der Bindung antizipiert eine Abrede über die Miete für den Zeitraum nach deren Ablauf treffen. Die öffentliche Bindung steht dem nicht entgegen. Planungssicherheit für beide Seiten Das Gericht verwies auf die Vorteile solcher Vereinbarungen: Sie verschaffen dem Vermieter Planungssicherheit und können sich auch für den Mieter als günstig erweisen, wenn die Preise am Wohnungsmarkt stärker steigen als die vereinbarte Staffel vorsieht. Unterschied zu bestehender Rechtsprechung Der BGH verwies auf seine bereits 2003 entwickelte Rechtsprechung zu diesem Thema. Damals hatte das Gericht bereits entschieden, dass entsprechende Vereinbarungen zulässig sind. Die aktuelle Entscheidung bestätigt diese Linie auch unter der heutigen Rechtslage. Keine Kappungsgrenze bei Staffelmieten Bedeutsam ist, dass für Staffelmieten - anders als bei anderen Mieterhöhungen - die übliche Kappungsgrenze nicht gilt. Das bedeutet, die Miete kann theoretisch auch um mehr als die sonst zulässigen Prozentsätze innerhalb bestimmter Zeiträume steigen. Schutz vor Mietwucher bleibt bestehen Allerdings sind auch Staffelmieten nicht grenzenlos möglich. Sie können nach wie vor wegen Mietwuchers oder ordnungswidriger Mietpreisüberhöhung unwirksam sein. Zudem können in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten besondere Begrenzungsvorschriften greifen. Bedeutung für die Praxis Für Mieter öffentlich geförderter Wohnungen: Vertragskonditionen genau prüfen: Achten Sie bei Vertragsabschluss darauf, welche Staffelungen vereinbart werden Entwicklung der Miete verstehen: Kalkulieren Sie bereits bei Einzug die langfristige finanzielle Belastung Rechtliche Beratung einholen: Bei unklaren Vereinbarungen sollten Sie sich frühzeitig beraten lassen Für Vermieter: Klare Vertragsgestaltung: Formulieren Sie Staffelvereinbarungen eindeutig und unter Beachtung der Preisbindung Rechtssichere Vereinbarungen: Stellen Sie sicher, dass die Staffeln die jeweiligen Höchstgrenzen einhalten Marktüblichkeit beachten: Vermeiden Sie überhöhte Staffeln, die als Mietwucher eingestuft werden könnten Praktische Hinweise: Die Entscheidung stärkt die Position der Vermieter, bedeutet aber auch für Mieter Rechtssicherheit. Sie wissen nun, dass ordnungsgemäß vereinbarte Staffelmieten auch bei ursprünglich preisgebundenen Wohnungen durchsetzbar sind. Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen dem Zeitraum der Preisbindung und der Zeit danach. Während der Bindung gelten die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, danach greifen die allgemeinen mietrechtlichen Bestimmungen. Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt Die Entscheidung könnte dazu beitragen, dass mehr Investoren in den öffentlich geförderten Wohnungsbau investieren, da sie bereits bei Vertragsabschluss Planungssicherheit für die Zeit nach Ablauf der Bindung haben. Gleichzeitig bietet sie auch Mietern eine gewisse Vorhersehbarkeit der Mietentwicklung, da sie bereits bei Einzug wissen, wie sich ihre Wohnkosten langfristig entwickeln werden. Berücksichtigung sozialer Aspekte Kritisch zu sehen ist, dass die Entscheidung möglicherweise zu drastischen Mietsprüngen nach Ablauf von Preisbindungen führen kann. Mieter, die sich über Jahre an eine niedrige Miete gewöhnt haben, könnten von plötzlichen Erhöhungen überrascht werden. Hier ist eine sorgfältige Vertragsgestaltung besonders wichtig, die sowohl die berechtigten Interessen der Vermieter als auch die Schutzinteressen der Mieter berücksichtigt. Abgrenzung zu anderen Mieterhöhungen Der BGH stellte klar, dass die Grundsätze für Staffelmieten nicht auf andere Arten von Mieterhöhungen übertragbar sind. Für normale Mieterhöhungen nach den Vorschriften über die ortsübliche Vergleichsmiete gelten weiterhin die üblichen Beschränkungen und Kappungsgrenzen. Auch Modernisierungsumlagen und andere Mietanpassungen unterliegen ihren jeweiligen speziellen Vorschriften und werden durch diese Entscheidung nicht berührt. Europarechtliche Einordnung Die Entscheidung steht im Einklang mit den europäischen Vorgaben zur Wohnraumförderung. Der BGH berücksichtigte, dass das deutsche System der zeitlich befristeten Preisbindung durchaus mit einer späteren freien Preisgestaltung kombiniert werden kann. Dies entspricht auch dem Gedanken, dass öffentliche Förderung zeitlich begrenzt sein soll und nach Erfüllung des Förderzwecks die normale Marktlogik wieder greifen darf. Fazit: Der BGH stärkt mit seiner Entscheidung die Vertragsfreiheit im Mietrecht und schafft Rechtssicherheit für beide Seiten. Staffelmieten sind auch bei ursprünglich preisgebundenen Wohnungen für die Zeit nach Ablauf der Bindung zulässig, wenn sie ordnungsgemäß vereinbart wurden. Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Januar 2024, Az. VIII ZR 12/23
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Der Fall:

Eine Mieterin war seit 2018 in einer Dreizimmerwohnung in Köln eingezogen. Die Wohnung war aufgrund öffentlicher Förderung bis Ende 2020 preisgebunden. Bereits bei Vertragsabschluss hatten die Parteien jedoch eine Staffelmiete vereinbart: Die monatliche Grundmiete sollte sich nach Ablauf der Preisbindung automatisch erhöhen.

Die Vereinbarung sah folgende Staffelung vor: Während der Preisbindung lag die Miete bei einem niedrigen Betrag. Ab Januar 2021 sollte sie deutlich steigen und ab Januar 2022 nochmals angehoben werden. Die Mieterin zahlte die höhere Miete zunächst unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Jahre später verlangte sie jedoch die Rückzahlung der Erhöhungsbeträge und argumentierte, die Staffelmietvereinbarung sei unwirksam. Sie forderte mehrere tausend Euro zurück und wollte gerichtlich feststellen lassen, dass sie weiterhin nur die ursprünglich niedrige Miete zahlen müsse.

Die zentrale Rechtsfrage

Der Streit drehte sich um eine grundsätzliche Frage des Mietrechts: Dürfen Vermieter und Mieter bereits während einer Preisbindung für öffentlich geförderte Wohnungen Staffelmieten für die Zeit nach Ablauf dieser Bindung vereinbaren?

Die Mieterin vertrat die Ansicht, dass solche Vereinbarungen unzulässig seien, da sie die Schutzwirkung der Preisbindung unterlaufen würden. Sie berief sich darauf, dass die drastischen Mieterhöhungen nach Ende der Bindung nicht rechtmäßig seien.

Der Vermieter hingegen sah sich durch die vertragliche Vereinbarung berechtigt und verwies auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit. Nach seiner Ansicht sei es zulässig, bereits im Voraus zu regeln, wie sich die Miete nach Wegfall der öffentlichen Bindung entwickeln solle.

BGH bestätigt Vertragsfreiheit

Der Bundesgerichtshof gab dem Vermieter Recht und stellte wichtige Grundsätze zur Staffelmiete bei preisgebundenen Wohnungen auf:

Staffelmieten auch während Preisbindung zulässig

Das Gericht betonte, dass Staffelmietvereinbarungen grundsätzlich auch für Zeiträume innerhalb einer Preisbindung zulässig sind - vorausgesetzt, die vereinbarten Mieten überschreiten nicht die durch die Förderbestimmungen festgelegten Höchstgrenzen.

Vereinbarungen für Zeit nach Preisbindung erlaubt

"Es ist mit Blick auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit regelmäßig zulässig, dass die Parteien eines Mietvertrags über eine preisgebundene Wohnung eine Staffelmiete für die Zeit nach Beendigung der Preisbindung vereinbaren."

Der BGH machte deutlich: Mieter und Vermieter dürfen bereits während der Bindung antizipiert eine Abrede über die Miete für den Zeitraum nach deren Ablauf treffen. Die öffentliche Bindung steht dem nicht entgegen.

Planungssicherheit für beide Seiten

Das Gericht verwies auf die Vorteile solcher Vereinbarungen: Sie verschaffen dem Vermieter Planungssicherheit und können sich auch für den Mieter als günstig erweisen, wenn die Preise am Wohnungsmarkt stärker steigen als die vereinbarte Staffel vorsieht.

Unterschied zu bestehender Rechtsprechung

Der BGH verwies auf seine bereits 2003 entwickelte Rechtsprechung zu diesem Thema. Damals hatte das Gericht bereits entschieden, dass entsprechende Vereinbarungen zulässig sind. Die aktuelle Entscheidung bestätigt diese Linie auch unter der heutigen Rechtslage.

Keine Kappungsgrenze bei Staffelmieten

Bedeutsam ist, dass für Staffelmieten - anders als bei anderen Mieterhöhungen - die übliche Kappungsgrenze nicht gilt. Das bedeutet, die Miete kann theoretisch auch um mehr als die sonst zulässigen Prozentsätze innerhalb bestimmter Zeiträume steigen.

Schutz vor Mietwucher bleibt bestehen

Allerdings sind auch Staffelmieten nicht grenzenlos möglich. Sie können nach wie vor wegen Mietwuchers oder ordnungswidriger Mietpreisüberhöhung unwirksam sein. Zudem können in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten besondere Begrenzungsvorschriften greifen.

Bedeutung für die Praxis

Für Mieter öffentlich geförderter Wohnungen:

  • Vertragskonditionen genau prüfen: Achten Sie bei Vertragsabschluss darauf, welche Staffelungen vereinbart werden
  • Entwicklung der Miete verstehen: Kalkulieren Sie bereits bei Einzug die langfristige finanzielle Belastung
  • Rechtliche Beratung einholen: Bei unklaren Vereinbarungen sollten Sie sich frühzeitig beraten lassen

Für Vermieter:

  • Klare Vertragsgestaltung: Formulieren Sie Staffelvereinbarungen eindeutig und unter Beachtung der Preisbindung
  • Rechtssichere Vereinbarungen: Stellen Sie sicher, dass die Staffeln die jeweiligen Höchstgrenzen einhalten
  • Marktüblichkeit beachten: Vermeiden Sie überhöhte Staffeln, die als Mietwucher eingestuft werden könnten

Praktische Hinweise:

Die Entscheidung stärkt die Position der Vermieter, bedeutet aber auch für Mieter Rechtssicherheit. Sie wissen nun, dass ordnungsgemäß vereinbarte Staffelmieten auch bei ursprünglich preisgebundenen Wohnungen durchsetzbar sind.

Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen dem Zeitraum der Preisbindung und der Zeit danach. Während der Bindung gelten die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, danach greifen die allgemeinen mietrechtlichen Bestimmungen.

Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt

Die Entscheidung könnte dazu beitragen, dass mehr Investoren in den öffentlich geförderten Wohnungsbau investieren, da sie bereits bei Vertragsabschluss Planungssicherheit für die Zeit nach Ablauf der Bindung haben.

Gleichzeitig bietet sie auch Mietern eine gewisse Vorhersehbarkeit der Mietentwicklung, da sie bereits bei Einzug wissen, wie sich ihre Wohnkosten langfristig entwickeln werden.

Berücksichtigung sozialer Aspekte

Kritisch zu sehen ist, dass die Entscheidung möglicherweise zu drastischen Mietsprüngen nach Ablauf von Preisbindungen führen kann. Mieter, die sich über Jahre an eine niedrige Miete gewöhnt haben, könnten von plötzlichen Erhöhungen überrascht werden.

Hier ist eine sorgfältige Vertragsgestaltung besonders wichtig, die sowohl die berechtigten Interessen der Vermieter als auch die Schutzinteressen der Mieter berücksichtigt.

Abgrenzung zu anderen Mieterhöhungen

Der BGH stellte klar, dass die Grundsätze für Staffelmieten nicht auf andere Arten von Mieterhöhungen übertragbar sind. Für normale Mieterhöhungen nach den Vorschriften über die ortsübliche Vergleichsmiete gelten weiterhin die üblichen Beschränkungen und Kappungsgrenzen.

Auch Modernisierungsumlagen und andere Mietanpassungen unterliegen ihren jeweiligen speziellen Vorschriften und werden durch diese Entscheidung nicht berührt.

Europarechtliche Einordnung

Die Entscheidung steht im Einklang mit den europäischen Vorgaben zur Wohnraumförderung. Der BGH berücksichtigte, dass das deutsche System der zeitlich befristeten Preisbindung durchaus mit einer späteren freien Preisgestaltung kombiniert werden kann.

Dies entspricht auch dem Gedanken, dass öffentliche Förderung zeitlich begrenzt sein soll und nach Erfüllung des Förderzwecks die normale Marktlogik wieder greifen darf.

Fazit: Der BGH stärkt mit seiner Entscheidung die Vertragsfreiheit im Mietrecht und schafft Rechtssicherheit für beide Seiten. Staffelmieten sind auch bei ursprünglich preisgebundenen Wohnungen für die Zeit nach Ablauf der Bindung zulässig, wenn sie ordnungsgemäß vereinbart wurden.


Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Januar 2024, Az. VIII ZR 12/23

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Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.

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Garagen und Carports gehören nicht zur privilegierten Ladeinfrastruktur

  • Teaser: Das Landgericht Dortmund hat entschieden: Photovoltaikanlagen gehören nicht zur privilegierten Ladeinfrastruktur für E-Autos. Auch Garagen und Carports sind für das Laden nicht notwendig – eine wichtige Entscheidung für Wohnungseigentümergemeinschaften.
  • Bildquelle: Symbolbild: KI-generiertes Bild
  • Beitragstext: Wenn Wohnungseigentümer Anlagen für E-Autos errichten wollen Eine Wohnungseigentümerin wollte auf ihrem Stellplatz, der ihr zur Sondernutzung zugewiesen war, eine Fertiggarage oder einen Carport mit Photovoltaikanlage errichten. Ihr Argument: Dies sei notwendig, um dort eine Lademöglichkeit für ihr Elektrofahrzeug zu schaffen. Die anderen Eigentümer lehnten dieses Vorhaben jedoch ab. Es kam zum Rechtsstreit, der schlussendlich vor dem Landgericht Dortmund landete. Der Fall war besonders komplex, weil auf dem Grundstück bereits Garagen standen, die ohne Genehmigung der Eigentümergemeinschaft errichtet worden waren. Diese wurden von einem anderen Eigentümer und einer Eigentümerin genutzt. Die Klägerin argumentierte, dass sie aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ebenfalls eine Garage oder einen Carport mit Photovoltaikanlage errichten dürfe. Was ist privilegierte Ladeinfrastruktur? Der zentrale Streitpunkt drehte sich um die Auslegung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Diese Vorschrift gewährt Wohnungseigentümern einen gesetzlichen Anspruch auf Errichtung einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge. Solche Maßnahmen sind "privilegiert", das heißt, andere Eigentümer können sie grundsätzlich nicht verhindern. Die Klägerin argumentierte, dass ihr Vorhaben – Fertiggarage oder Carport mit Photovoltaikanlage – unter diese privilegierte Ladeinfrastruktur falle und daher genehmigt werden müsse. Die Eigentümergemeinschaft hingegen vertrat die Position, dass weder eine Garage noch ein Carport für das Laden von E-Autos notwendig sei. Auch eine Photovoltaikanlage gehöre nicht zur notwendigen Ladeinfrastruktur, sondern diene der Energieerzeugung, die nicht privilegiert sei. Die Entscheidung des Landgerichts Das Landgericht Dortmund gab der Eigentümergemeinschaft Recht und stellte vier wichtige Grundsätze auf: "Weder eine Garage noch ein Carport dienen dem Laden von elektrischen Fahrzeugen. Sie sind nicht notwendig, um eine Lademöglichkeit sinnvoll zu nutzen." Das Gericht machte deutlich, dass Garagen und Carports nicht zur privilegierten Ladeinfrastruktur gehören, da sie für das eigentliche Laden nicht erforderlich sind. "Entsprechendes gilt für eine Photovoltaikanlage. Auch diese gehört nicht zur notwendigen Ladeinfrastruktur im weiteren Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG. Die Anlage dient vielmehr in Abgrenzung hiervon der Energieerzeugung, die nicht privilegiert ist." Das Gericht zog also eine klare Grenze: Die Erzeugung von Strom fällt nicht unter den gesetzlichen Anspruch auf Ladeinfrastruktur. Außerdem stellte das Gericht fest: Die Eigentümer können bei der Schaffung privilegierter Lademöglichkeiten im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung über die Durchführung entscheiden. Die Errichtung einer Garage oder eines Carports stellt regelmäßig eine erhebliche optische Veränderung der Gesamtanlage dar. In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die Klägerin auch über den Hausanschluss Energie für eine Ladestation beziehen könne. Es sei nicht notwendig, dass sie selbst Strom erzeugt. Zudem hätten die Eigentümer ein Ermessen bei der Umsetzung von Ladeinfrastruktur – sie müssten nicht die für den antragstellenden Eigentümer günstigste und einfachste Lösung wählen. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Errichtung einer Garage oder eines Carports verändert das Erscheinungsbild der Wohnanlage erheblich. Dies ist ein legitimer Grund, solche baulichen Maßnahmen abzulehnen, auch wenn sie mit einer Lademöglichkeit verbunden werden sollen. Die ungeklärte Garagensituation Besondere Bedeutung hatte in diesem Fall die bereits bestehende, ungeklärte Garagensituation. Das Gericht sah es als vorrangig an, dass die Eigentümergemeinschaft zunächst eine Gesamtlösung für die ohne Genehmigung errichteten Garagen finden müsse. Die Eigentümer standen vor der Entscheidung, entweder die bestehenden Garagen nachträglich zu genehmigen oder ihren Rückbau zu beschließen. Das Gericht betonte, dass es nicht sinnvoll sei, einzelne neue Bauprojekte zu genehmigen, bevor diese grundsätzliche Frage geklärt ist. Eine ermessensgerechte Gesamtlösung müsse gefunden werden, die alle bestehenden und gewünschten baulichen Maßnahmen berücksichtigt. Was bedeutet das Urteil für Sie? Für Wohnungseigentümer mit E-Auto: Anspruch auf Ladeinfrastruktur – aber begrenzt: Sie haben einen Anspruch auf die Installation einer Ladestation, aber nicht auf Begleitmaßnahmen wie Garagen, Carports oder eigene Stromerzeugungsanlagen. Alternativen prüfen: Bevor Sie aufwendige bauliche Maßnahmen planen, prüfen Sie einfachere Lösungen wie die Verlegung von Leitungen vom Hausanschluss zu Ihrem Stellplatz. Gesamtkonzept vorschlagen: Wenn in Ihrer WEG mehrere Eigentümer Ladestationen wünschen, kann ein gemeinsames Konzept sinnvoller sein als Einzellösungen. Für Eigentümergemeinschaften: Ermessensspielraum nutzen: Bei Anträgen auf Ladeinfrastruktur haben Sie einen Ermessensspielraum bezüglich der Umsetzung. Sie müssen nicht die vom Antragsteller gewünschte Lösung wählen, sondern können über Alternativen entscheiden. Gesamtlösungen bevorzugen: Es empfiehlt sich, ein Gesamtkonzept für Ladestationen zu entwickeln, statt über jeden Antrag einzeln zu entscheiden. Bestehende Probleme zuerst lösen: Wenn es in Ihrer WEG bereits ungeklärte bauliche Veränderungen gibt, klären Sie diese Fragen, bevor Sie neue Maßnahmen genehmigen. Für Verwalter: Klare Abgrenzung beachten: Unterscheiden Sie bei Anträgen klar zwischen privilegierter Ladeinfrastruktur (Ladestationen und notwendige Leitungen) und nicht privilegierten Begleitmaßnahmen (Garagen, Carports, Stromerzeugung). Beschlussvorschläge formulieren: Bereiten Sie für die Eigentümerversammlung sachgerechte Beschlussvorschläge vor, die den rechtlichen Anforderungen entsprechen und das Ermessen der Gemeinschaft betonen. Praktische Tipps: Ladeinfrastruktur umfasst die Ladestation selbst und die notwendigen Leitungen – nicht mehr. Eine Photovoltaikanlage kann separat beantragt werden, fällt aber nicht unter die privilegierte Ladeinfrastruktur. Bei der Bewertung von Anträgen sollten optische Veränderungen der Gesamtanlage berücksichtigt werden. Die Gemeinschaft kann auch beschließen, Ladestationen in eigener Regie zu errichten und zu betreiben. Fazit: Das Urteil schafft Klarheit über die Grenzen des Anspruchs auf Ladeinfrastruktur. Wohnungseigentümer haben keinen Anspruch auf eigene Stromerzeugungsanlagen oder zusätzliche bauliche Maßnahmen wie Garagen. Eigentümergemeinschaften sollten ein Gesamtkonzept für E-Mobilität entwickeln und dabei bestehende bauliche Probleme vorrangig lösen. Quelle: Landgericht Dortmund, Urteil vom 21.03.2025, Az. 17 S 135/24
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Wenn Wohnungseigentümer Anlagen für E-Autos errichten wollen

Eine Wohnungseigentümerin wollte auf ihrem Stellplatz, der ihr zur Sondernutzung zugewiesen war, eine Fertiggarage oder einen Carport mit Photovoltaikanlage errichten. Ihr Argument: Dies sei notwendig, um dort eine Lademöglichkeit für ihr Elektrofahrzeug zu schaffen. Die anderen Eigentümer lehnten dieses Vorhaben jedoch ab. Es kam zum Rechtsstreit, der schlussendlich vor dem Landgericht Dortmund landete.

Der Fall war besonders komplex, weil auf dem Grundstück bereits Garagen standen, die ohne Genehmigung der Eigentümergemeinschaft errichtet worden waren. Diese wurden von einem anderen Eigentümer und einer Eigentümerin genutzt. Die Klägerin argumentierte, dass sie aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ebenfalls eine Garage oder einen Carport mit Photovoltaikanlage errichten dürfe.

Was ist privilegierte Ladeinfrastruktur?

Der zentrale Streitpunkt drehte sich um die Auslegung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Diese Vorschrift gewährt Wohnungseigentümern einen gesetzlichen Anspruch auf Errichtung einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge. Solche Maßnahmen sind "privilegiert", das heißt, andere Eigentümer können sie grundsätzlich nicht verhindern.

Die Klägerin argumentierte, dass ihr Vorhaben – Fertiggarage oder Carport mit Photovoltaikanlage – unter diese privilegierte Ladeinfrastruktur falle und daher genehmigt werden müsse.

Die Eigentümergemeinschaft hingegen vertrat die Position, dass weder eine Garage noch ein Carport für das Laden von E-Autos notwendig sei. Auch eine Photovoltaikanlage gehöre nicht zur notwendigen Ladeinfrastruktur, sondern diene der Energieerzeugung, die nicht privilegiert sei.

Die Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht Dortmund gab der Eigentümergemeinschaft Recht und stellte vier wichtige Grundsätze auf:

"Weder eine Garage noch ein Carport dienen dem Laden von elektrischen Fahrzeugen. Sie sind nicht notwendig, um eine Lademöglichkeit sinnvoll zu nutzen."

Das Gericht machte deutlich, dass Garagen und Carports nicht zur privilegierten Ladeinfrastruktur gehören, da sie für das eigentliche Laden nicht erforderlich sind.

"Entsprechendes gilt für eine Photovoltaikanlage. Auch diese gehört nicht zur notwendigen Ladeinfrastruktur im weiteren Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG. Die Anlage dient vielmehr in Abgrenzung hiervon der Energieerzeugung, die nicht privilegiert ist."

Das Gericht zog also eine klare Grenze: Die Erzeugung von Strom fällt nicht unter den gesetzlichen Anspruch auf Ladeinfrastruktur.

Außerdem stellte das Gericht fest:

  1. Die Eigentümer können bei der Schaffung privilegierter Lademöglichkeiten im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung über die Durchführung entscheiden.
  2. Die Errichtung einer Garage oder eines Carports stellt regelmäßig eine erhebliche optische Veränderung der Gesamtanlage dar.

In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die Klägerin auch über den Hausanschluss Energie für eine Ladestation beziehen könne. Es sei nicht notwendig, dass sie selbst Strom erzeugt. Zudem hätten die Eigentümer ein Ermessen bei der Umsetzung von Ladeinfrastruktur – sie müssten nicht die für den antragstellenden Eigentümer günstigste und einfachste Lösung wählen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Errichtung einer Garage oder eines Carports verändert das Erscheinungsbild der Wohnanlage erheblich. Dies ist ein legitimer Grund, solche baulichen Maßnahmen abzulehnen, auch wenn sie mit einer Lademöglichkeit verbunden werden sollen.

Die ungeklärte Garagensituation

Besondere Bedeutung hatte in diesem Fall die bereits bestehende, ungeklärte Garagensituation. Das Gericht sah es als vorrangig an, dass die Eigentümergemeinschaft zunächst eine Gesamtlösung für die ohne Genehmigung errichteten Garagen finden müsse. Die Eigentümer standen vor der Entscheidung, entweder die bestehenden Garagen nachträglich zu genehmigen oder ihren Rückbau zu beschließen.

Das Gericht betonte, dass es nicht sinnvoll sei, einzelne neue Bauprojekte zu genehmigen, bevor diese grundsätzliche Frage geklärt ist. Eine ermessensgerechte Gesamtlösung müsse gefunden werden, die alle bestehenden und gewünschten baulichen Maßnahmen berücksichtigt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Wohnungseigentümer mit E-Auto:

  • Anspruch auf Ladeinfrastruktur – aber begrenzt: Sie haben einen Anspruch auf die Installation einer Ladestation, aber nicht auf Begleitmaßnahmen wie Garagen, Carports oder eigene Stromerzeugungsanlagen.
  • Alternativen prüfen: Bevor Sie aufwendige bauliche Maßnahmen planen, prüfen Sie einfachere Lösungen wie die Verlegung von Leitungen vom Hausanschluss zu Ihrem Stellplatz.
  • Gesamtkonzept vorschlagen: Wenn in Ihrer WEG mehrere Eigentümer Ladestationen wünschen, kann ein gemeinsames Konzept sinnvoller sein als Einzellösungen.

Für Eigentümergemeinschaften:

  • Ermessensspielraum nutzen: Bei Anträgen auf Ladeinfrastruktur haben Sie einen Ermessensspielraum bezüglich der Umsetzung. Sie müssen nicht die vom Antragsteller gewünschte Lösung wählen, sondern können über Alternativen entscheiden.
  • Gesamtlösungen bevorzugen: Es empfiehlt sich, ein Gesamtkonzept für Ladestationen zu entwickeln, statt über jeden Antrag einzeln zu entscheiden.
  • Bestehende Probleme zuerst lösen: Wenn es in Ihrer WEG bereits ungeklärte bauliche Veränderungen gibt, klären Sie diese Fragen, bevor Sie neue Maßnahmen genehmigen.

Für Verwalter:

  • Klare Abgrenzung beachten: Unterscheiden Sie bei Anträgen klar zwischen privilegierter Ladeinfrastruktur (Ladestationen und notwendige Leitungen) und nicht privilegierten Begleitmaßnahmen (Garagen, Carports, Stromerzeugung).
  • Beschlussvorschläge formulieren: Bereiten Sie für die Eigentümerversammlung sachgerechte Beschlussvorschläge vor, die den rechtlichen Anforderungen entsprechen und das Ermessen der Gemeinschaft betonen.

Praktische Tipps:

  • Ladeinfrastruktur umfasst die Ladestation selbst und die notwendigen Leitungen – nicht mehr.
  • Eine Photovoltaikanlage kann separat beantragt werden, fällt aber nicht unter die privilegierte Ladeinfrastruktur.
  • Bei der Bewertung von Anträgen sollten optische Veränderungen der Gesamtanlage berücksichtigt werden.
  • Die Gemeinschaft kann auch beschließen, Ladestationen in eigener Regie zu errichten und zu betreiben.

Fazit: Das Urteil schafft Klarheit über die Grenzen des Anspruchs auf Ladeinfrastruktur. Wohnungseigentümer haben keinen Anspruch auf eigene Stromerzeugungsanlagen oder zusätzliche bauliche Maßnahmen wie Garagen. Eigentümergemeinschaften sollten ein Gesamtkonzept für E-Mobilität entwickeln und dabei bestehende bauliche Probleme vorrangig lösen.


Quelle: Landgericht Dortmund, Urteil vom 21.03.2025, Az. 17 S 135/24

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Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.

Jetzt Termin sichern


Unsere digitale Kanzlei

Kind sitzt im Chefsessel und bedient ein Mobiltelefon

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

Erfahrungen & Bewertungen zu JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

kostenlose Ersteinschätzung

Wartebereich der JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.

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Weiterlesen … Garagen und Carports gehören nicht zur privilegierten Ladeinfrastruktur

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