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Rückgabeprotokoll bei Mietende: Warum es rechtlich bindend ist

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Streitigkeiten über den Zustand einer Mietwohnung bei der Rückgabe sind keine Seltenheit. Doch welche rechtliche Bindungswirkung hat eigentlich ein Übergabeprotokoll, das beide Parteien unterschrieben haben? Das Landgericht Essen hat dazu eine klare Position bezogen und damit Vermietern wichtige Grenzen aufgezeigt.
Unterschrift unter ein Schriftstück

Der Sachverhalt: Wohnung zurückgegeben – Ansprüche trotz Protokoll?

In dem vorliegenden Fall hatten Mieter ihre Wohnung zurückgegeben. Bei der Übergabe wurde ein Protokoll erstellt, in dem bestimmte Mängel festgehalten und mit einem Betrag von 500 Euro bewertet wurden. Trotz dieses Protokolls versuchten die Vermieter später, weitere Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Sie argumentierten, dass die Mieter Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt hätten und dass es weitere Schäden an der Wohnung gebe, die über die im Protokoll festgehaltenen hinausgingen.

Die Vermieter klagten daraufhin vor dem Amtsgericht Bottrop, wurden jedoch abgewiesen. In der Berufung vor dem Landgericht Essen hofften sie auf ein anderes Urteil – vergeblich.

Die zentralen Streitpunkte: Renovierungspflicht und Rückgabeprotokoll

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits standen zwei wesentliche Fragen:

  1. Waren die Mieter überhaupt zur Renovierung verpflichtet? Die Vermieter argumentierten, dass die Mieter verpflichtet gewesen seien, Schönheitsreparaturen durchzuführen. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Wohnung bei Einzug der Mieter nicht renoviert übergeben worden war. Dies wurde durch Zeugenaussagen bestätigt.
  2. Welche rechtliche Bindungswirkung hat das Übergabeprotokoll? Die entscheidende Frage war, ob das gemeinsam erstellte und unterschriebene Rückgabeprotokoll eine abschließende Regelung darstellt oder ob der Vermieter später noch weitere Ansprüche geltend machen kann.

Die Entscheidung des Gerichts: Protokoll ist bindend

Das Landgericht Essen bestätigte das Urteil des Amtsgerichts und wies die Berufung der Vermieter zurück. Die Begründung stützte sich auf zwei zentrale Punkte:

Keine Renovierungspflicht bei unrenoviert übernommener Wohnung

Wenn eine Wohnung unrenoviert übernommen wurde, sind Klauseln zur Endrenovierung in Mietverträgen regelmäßig unwirksam. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit 2015.

Noch wichtiger war jedoch die Feststellung zur Bindungswirkung des Übergabeprotokolls:

Rückgabeprotokolle haben rechtsverbindlichen Charakter

Wenn beide Parteien ein Rückgabeprotokoll unterschreiben, dient dies nach allgemeiner Lebenserfahrung dazu, späteren Streit über den Zustand der Wohnung zu vermeiden. Es stellt eine rechtsverbindliche Einigung dar, auf die sich beide Seiten verlassen können.

Das Gericht sah das Protokoll als eine Art Vergleichsvertrag an, der beide Seiten bindet. Praktisch heißt das: Was im Protokoll steht, gilt als verbindlich festgestellt. Was nicht im Protokoll steht, kann später nicht mehr geltend gemacht werden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat erhebliche praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter:

Für Mieter:

  • Ein unterschriebenes Übergabeprotokoll bietet Rechtssicherheit. Was dort nicht als Mangel vermerkt ist, kann später nicht mehr beanstandet werden.
  • Bei der Wohnungsübergabe sollten Sie auf ein sorgfältiges Protokoll bestehen und dieses genau prüfen, bevor Sie unterschreiben.
  • Wurden im Protokoll bestimmte Mängel festgehalten und finanzielle Vereinbarungen getroffen, so sind diese bindend – aber auch abschließend.

Für Vermieter:

  • Sie müssen bei der Wohnungsübergabe besonders sorgfältig sein und alle erkennbaren Mängel im Protokoll festhalten.
  • Nachträgliche Forderungen für Schäden, die bei der Übergabe erkennbar waren, aber nicht protokolliert wurden, können nicht mehr geltend gemacht werden.
  • Die Bewertung der Mängel im Protokoll (hier mit 500 Euro) wird als verbindliche Vereinbarung angesehen.

Besonders bemerkenswert ist, dass das Gericht auch die subjektive Wahrnehmung der Beteiligten berücksichtigte. Selbst wenn die Parteien behaupten, die Einigung sei nicht abschließend gemeint gewesen, kann der objektive Erklärungsgehalt des Protokolls dagegen sprechen. Im vorliegenden Fall war es für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum eine betragsmäßige Bewertung der Mängel erfolgt sein sollte, wenn keine abschließende Regelung beabsichtigt war.

Fazit: Sorgfalt bei der Wohnungsübergabe zahlt sich aus

Das Urteil zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Dokumentation bei der Wohnungsübergabe ist. Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten sich der bindenden Wirkung eines Übergabeprotokolls bewusst sein und entsprechend gewissenhaft vorgehen. Was einmal im Protokoll festgehalten und von beiden Seiten unterschrieben wurde, lässt sich später nur schwer anfechten.

Quelle: Landgericht Essen, Urteil vom 12.12.2024, Az. 10 S 147/23

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