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WEG-Reform: Einfachere Umlaufbeschlüsse für Eigentümergemeinschaften

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Das reformierte Wohnungseigentumsgesetz erleichtert seit Dezember 2020 die Beschlussfassung in Eigentümergemeinschaften – was Sie darüber wissen sollten.
Bild von Firmbee auf Pixabay

Modernisierung des Umlaufverfahrens bei Wohnungseigentümergemeinschaften

Wer in einer Eigentumswohnung lebt, kennt das Problem: Für Entscheidungen in der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) müssen oft alle Eigentümer zusammenkommen. Manchmal reicht die Zeit in einer Eigentümerversammlung nicht aus, oder es fehlen wichtige Informationen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Früher bedeutete das häufig: Eine neue Versammlung musste einberufen werden – mit entsprechendem Aufwand und Kosten.

Mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes vom 1. Dezember 2020 wurde das Umlaufverfahren, also die Beschlussfassung außerhalb einer Versammlung, deutlich modernisiert. Diese Änderungen bieten neue Möglichkeiten für einen effizienteren Umgang mit Entscheidungsprozessen in Eigentümergemeinschaften.

Was hat sich beim Umlaufverfahren geändert?

1. Digitale Kommunikation ist jetzt erlaubt

Die erste wesentliche Änderung betrifft die Form der Zustimmung. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG können Eigentümer seit Dezember 2020 ihre Zustimmung zu einem Umlaufbeschluss in Textform erklären. Das bedeutet:

  • E-Mails sind zulässig
  • Internetplattformen können genutzt werden
  • Spezielle Apps sind möglich
  • Schriftliche Dokumente sind weiterhin gültig

Diese Neuerung passt das Wohnungseigentumsrecht an die digitale Realität an. Allerdings bleibt eine wichtige Hürde bestehen: Grundsätzlich müssen weiterhin alle Eigentümer einem Umlaufbeschluss zustimmen, damit er wirksam ist – ein Quorum, das in der Praxis oft schwer zu erreichen ist.

2. Erleichterung durch Mehrheitsentscheidungen

Die zweite und vermutlich praktisch bedeutsamere Änderung findet sich in § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG. Die Eigentümergemeinschaft kann nun in einer Versammlung beschließen, dass für einen bestimmten einzelnen Gegenstand im nachfolgenden Umlaufverfahren die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht.

Dies klingt zunächst kompliziert, hilft aber in vielen Alltagssituationen:

Beispiel: Bei der Prüfung der Jahresabrechnung in der Eigentümerversammlung wird ein Fehler entdeckt. Statt eine neue Versammlung einzuberufen, kann jetzt beschlossen werden, dass über die korrigierte Abrechnung im Umlaufverfahren mit einfacher Mehrheit entschieden werden darf.

Früher wurden solche Fälle oft mit rechtlich fragwürdigen "Beschlüssen unter Vorbehalt" gelöst. Das Landgericht München I hatte bereits 2016 geurteilt, dass solche Beschlüsse rechtswidrig oder sogar nichtig sein können.

In welchen Fällen hilft die neue Regelung?

Das vereinfachte Umlaufverfahren eignet sich besonders für:

  • Korrekturen fehlerhafter Jahresabrechnungen
  • Anpassungen von Vorschüssen
  • Nachforderungen aus Abrechnungen
  • Folgebeschlüsse zu Baumaßnahmen
  • Auftragserweiterungen bei laufenden Projekten

Was bedeutet die Gesetzesänderung für Sie?

Für Wohnungseigentümer:

  • Mehr Flexibilität: Entscheidungen können schneller getroffen werden, ohne dass eine neue Versammlung einberufen werden muss.
  • Vereinfachte Teilnahme: Die Möglichkeit, per E-Mail oder andere digitale Wege abzustimmen, erleichtert die Beteiligung.
  • Bessere Informationsgrundlage: Durch die Vertagung einzelner Beschlüsse ins Umlaufverfahren haben Sie mehr Zeit, sich mit komplexen Themen zu befassen.

Für Verwaltungen:

  • Effizientere Arbeit: Korrekturen oder Anpassungen können schneller umgesetzt werden.
  • Rechtssicherheit: Die neue Regelung schafft eine klare Rechtsgrundlage für Beschlüsse, die früher in rechtlicher Grauzone getroffen wurden.
  • Planbarkeit: Die Möglichkeit, bestimmte Entscheidungen ins Umlaufverfahren zu verlagern, erlaubt eine bessere Planung von Eigentümerversammlungen.

Grenzen und Risiken des neuen Verfahrens

Die Reform bringt zwar deutliche Erleichterungen, aber es gibt auch Grenzen und offene Fragen:

  1. Das vereinfachte Verfahren gilt nur für einzelne, konkrete Gegenstände, die zuvor in einer Eigentümerversammlung besprochen wurden.
  2. Eine vollständige Verlagerung neuer oder komplexer Themen ins Umlaufverfahren ohne vorherige Beratungsmöglichkeit ist nach Expertenmeinung wahrscheinlich nicht zulässig.
  3. Ein Beschluss, dass bestimmte Themen grundsätzlich und dauerhaft im vereinfachten Umlaufverfahren entschieden werden sollen, wäre vermutlich nichtig.
  4. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob die Absicht, ein vereinfachtes Umlaufverfahren durchzuführen, bereits in der Einladung zur Eigentümerversammlung angekündigt werden muss.

Praktische Umsetzung

Um ein vereinfachtes Umlaufverfahren durchzuführen, sind folgende Schritte notwendig:

  1. In der Eigentümerversammlung wird mit einfacher Mehrheit beschlossen, dass ein bestimmter Gegenstand im Umlaufverfahren mit Mehrheitsentscheidung entschieden werden soll.
  2. Der Verwalter sendet einen Beschlussvorschlag in Textform an alle Eigentümer.
  3. Die Eigentümer haben eine angemessene Frist zur Stimmabgabe.
  4. Der Verwalter zählt die eingegangenen Stimmen aus. Es genügt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
  5. Das Ergebnis wird verkündet und in die Beschlusssammlung eingetragen.

Fazit

Die Reform des Umlaufverfahrens im Wohnungseigentumsgesetz bringt spürbare Erleichterungen für den Alltag in Eigentümergemeinschaften. Besonders die Möglichkeit der digitalen Kommunikation und des vereinfachten Mehrheitsverfahrens für einzelne Beschlussgegenstände können den Verwaltungsaufwand reduzieren und Entscheidungsprozesse beschleunigen.

Dennoch bleiben einige rechtliche Fragen offen, die erst durch künftige Rechtsprechung geklärt werden müssen. Eigentümer und Verwaltungen sollten daher die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten und im Zweifelsfall rechtliche Beratung einholen.

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