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Fristlose Kündigung trotz 50-jährigem Mietverhältnis rechtens

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Wiederholte Zutrittsverweigerung für Reparaturen kann selbst bei langjährigen Mietverträgen zur fristlosen Kündigung führen. Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck bestätigte diese drastische Konsequenz.
ein alter Mann steht in seiner halb geöffneten Wohnungstür, neben ihm ein defektes Fenster
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Jahrzehntelanges Mietverhältnis endet abrupt

Ein 82-jähriger Mann verlor sein Zuhause, das er seit 1974 bewohnte. Nach über 50 Jahren musste er seine Wohnung in Puchheim räumen, weil er seinem Vermieter wiederholt den Zugang zur Wohnung verweigerte. Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck entschied am 14. März 2025, dass die fristlose Kündigung rechtmäßig war.

Der Fall zeigt deutlich, wie wichtig es für Mieter ist, berechtigten Anliegen des Vermieters zu entsprechen. Auch ein langjähriges Mietverhältnis schützt nicht vor den Konsequenzen einer hartnäckigen Verweigerungshaltung.

Der Ausgangspunkt: Notwendige Reparaturen stoßen auf Widerstand

Der Konflikt begann mit zwei dringenden Instandhaltungsmaßnahmen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte bereits im Juni 2022 den Austausch der Fenster beschlossen. Als einzelner Eigentümer war der Vermieter zur Umsetzung dieser Maßnahme verpflichtet.

Zusätzlich entstand ein akuter Handlungsbedarf durch einen Wasserschaden. Im April 2024 stellte ein Sachverständiger der Firma APT Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung unterhalb der des Mieters fest. Das Gutachten dokumentierte mit Lichtbildern Verfärbungen und Farbablösungen an der Badezimmerdecke. Durch Thermografie und Feuchtigkeitsmessungen konnte das Schadenszentrum eindeutig im Badezimmer des Mieters lokalisiert werden.

Die Experten empfahlen dringend den Austausch von Armaturen und eine professionelle Austrocknung der durchfeuchteten Bereiche.

Erfolglose Versuche der Konfliktlösung

Seit Februar 2023 bemühte sich der Vermieter vergeblich um Zugang zur Wohnung. Trotz mehrfacher Aufforderungen blieb der Mieter bei seiner Verweigerungshaltung. Der Vermieter sah sich daraufhin zu drastischen Maßnahmen gezwungen.

Im Februar und März 2023 sprach er zunächst Abmahnungen aus. Diese sollten den Mieter auf die Schwere seiner Pflichtverletzung hinweisen und ihm eine letzte Chance zur Kooperation geben. Als auch eine weitere Zutrittsaufforderung unter Androhung einer Kündigung im Juli 2024 erfolglos blieb, kündigte der Vermieter im August 2024 fristlos.

Die Verteidigung des Mieters: Gesundheit und bestrittener Schaden

Der Mieter verteidigte sich auf zwei Ebenen. Zum einen behauptete er, Fachhandwerkern und einem Vertreter der Hausverwaltung bereits Zutritt gewährt zu haben. Dabei habe sich angeblich herausgestellt, dass keine Trocknungsarbeiten erforderlich seien und auch kein Wasserschaden vorliege.

Als zentrales Argument führte der 82-Jährige seinen Gesundheitszustand an. Seit einem Schlaganfall im Februar 2015 sei seine Beweglichkeit stark eingeschränkt. Zusätzlich leide er an einer Herzinsuffizienz. Ein Umzug sei ihm unter diesen Umständen nicht zuzumuten und stelle eine unzumutbare Härte dar.

Überraschende Eingeständnisse vor Gericht

Die persönliche Anhörung vor Gericht brachte überraschende Wendungen. Der Mieter räumte ein, dass der Fensteraustausch in seiner Wohnung derzeit nicht möglich sei. Der Grund: Die Wohnung sei so zugestellt, dass kein Zugang zu den Fenstern bestehe. Deshalb habe er auch keine Termine für den Austausch vereinbart.

Noch bedeutsamer waren seine Eingeständnisse bezüglich der Wasserschäden. Er gab zu, dass eine Erneuerung der Badezimmerarmatur notwendig sei und es dort tropfe. Einen möglichen Schimmelbefall konnte er nicht ausschließen und bestätigte Feuchtigkeit sowie länger zurückliegenden Schimmel in Küche und Arbeitszimmer.

Diese Aussagen standen im direkten Widerspruch zu seiner ursprünglichen Behauptung, es lägen keine Schäden vor.

Das Urteil: Klare Rechtslage überzeugt das Gericht

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck gab der Klage des Vermieters vollumfänglich statt. Die Richter sahen mehrere Gründe als entscheidend an.

Berechtigtes Zutrittsrecht des Vermieters

Das Gericht stellte fest, dass dem Vermieter ein berechtigtes Zutrittsrecht zustand. Dieses ergab sich sowohl aus der Verpflichtung zum Fensteraustausch als auch aus der Notwendigkeit, Wasserschäden zu überprüfen und zu beseitigen. Das Sachverständigengutachten belegte eindeutig die Existenz von Feuchtigkeitsschäden und lokalisierte das Schadenszentrum im Badezimmer des Mieters.

Verletzung der Duldungspflicht

Der Mieter konnte nicht nachweisen, dass er seiner Duldungspflicht nachgekommen war. Er blieb den Beweis schuldig, wem, wann und zu welchem Zweck er Zutritt gewährt haben wollte. Seine pauschale Behauptung, es lägen keine Schäden vor, stand im Widerspruch zu den Gutachterbefunden und seinen eigenen Eingeständnissen vor Gericht.

Das Gericht betonte, dass die Überprüfung und Bewertung von Instandsetzungsmaßnahmen dem Eigentümer und Fachpersonen obliegt, nicht der subjektiven Einschätzung des Mieters.

Härtefalleinwand erfolglos: Gesundheitsprobleme unzureichend belegt

Der Mieter konnte keinen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses durchsetzen. Das Gericht wertete seine Angaben zu Gesundheitsproblemen als unsubstantiiert. Bis zuletzt legte er keine ärztlichen Atteste oder aussagekräftige Belege vor.

Die pauschalen Angaben zu seinem Alter und seinen Gesundheitsproblemen reichten nicht aus, um eine Räumungsunfähigkeit oder unzumutbare Härte zu begründen. Es wurde nicht konkret dargelegt, welche spezifischen Auswirkungen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf seine Fähigkeit haben, einen Umzug zu bewältigen.

Das Gericht stellte klar: Allein das hohe Alter rechtfertigt für sich genommen keinen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses.

Dreimonatige Räumungsfrist als Kompromiss

Bei der Festsetzung der Räumungsfrist wog das Gericht die widerstreitenden Interessen sorgfältig ab. Einerseits das Interesse des Mieters am Erhalt der Wohnung und an Zeit für die Suche nach Ersatzwohnraum, andererseits das Interesse des Vermieters an der baldigen Wiedererlangung zur Schadensbeseitigung.

Das Gericht hielt eine Frist von drei Monaten für angemessen. Eine längere Frist wurde nicht gewährt, da der Mieter seit der ersten Kündigung Mitte 2023 ausreichend Zeit hatte, sich um Ersatzwohnraum zu bemühen. Entsprechende Bemühungen oder Anträge beim Wohnungsamt wurden nicht vorgetragen.

Die gewährte Frist berücksichtigte das langjährige Mietverhältnis seit 1974 und das Ziel, eine Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil sendet eine klare Botschaft an alle Mieter: Die Verweigerung berechtigter Zutrittsansprüche kann schwerwiegende Konsequenzen haben, selbst bei jahrzehntelangen Mietverhältnissen.

Ihre Rechte und Pflichten als Mieter

Als Mieter haben Sie grundsätzlich das Recht auf ungestörte Nutzung Ihrer Wohnung. Der Vermieter darf nicht willkürlich in Ihre Privatsphäre eindringen. Allerdings müssen Sie dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen Zutritt gewähren, insbesondere für notwendige Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen.

Der Vermieter muss solche Termine rechtzeitig und mit konkreter Begründung ankündigen. Sie haben das Recht, bei der Terminabstimmung mitzuwirken und alternative Vorschläge zu machen, solange diese zumutbar sind.

Vermeiden Sie eine Eskalation

Wenn Sie Bedenken bezüglich einer angekündigten Besichtigung haben, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Vermieter. Oft lassen sich Missverständnisse durch offene Kommunikation klären. Eine kategorische Verweigerung ohne triftigen Grund kann, wie dieser Fall zeigt, dramatische Folgen haben.

Bei Härtefällen: Professionelle Beratung und Dokumentation

Falls Sie gesundheitliche oder andere schwerwiegende Gründe haben, die gegen eine Räumung sprechen, sollten Sie diese frühzeitig und umfassend dokumentieren. Ärztliche Atteste und konkrete Angaben zu den Auswirkungen auf Ihre Lebenssituation sind unerlässlich.

Lassen Sie sich in solchen Fällen unbedingt von einem spezialisierten Anwalt beraten, um Ihre Rechte optimal zu wahren.

Das Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck macht deutlich: Auch langjährige Mietverhältnisse bieten keinen Schutz vor den Konsequenzen anhaltender Pflichtverletzungen. Eine kooperative Haltung und rechtzeitige rechtliche Beratung können helfen, solche dramatischen Entwicklungen zu vermeiden.


Quelle: AG Fürstenfeldbruck, Urteil vom 14.03.2025, Az.: 2 C 842/24

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