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Muss eine fremde Abwasserleitung auf eigenem GrundstĂŒck geduldet werden?

  • Teaser: Kaum etwas ist fĂŒr GrundstĂŒckseigentĂŒmer Ă€rgerlicher als die Entdeckung, dass fremde Leitungen ĂŒber ihr Eigentum verlaufen. Besonders problematisch wird es, wenn diese Leitungen SchĂ€den verursachen. Ein aktuelles Urteil des OLG Karlsruhe klĂ€rt die Frage, wann ein EigentĂŒmer fremde Abwasserleitungen auf seinem GrundstĂŒck dulden muss – und wann nicht.
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  • Der beste Anwalt fĂŒr Mietrecht
    Rechtsanwalt Alexander Liese
  • 04/25

Der Fall: Nachbarstreit um eine Abwasserleitung

In einem Nachbarschaftsstreit in Baden-WĂŒrttemberg ging es um ein Doppelhaus, das 1981 auf einem geteilten GrundstĂŒck errichtet wurde. Die Eltern des KlĂ€gers und die Großeltern des Beklagten waren ursprĂŒnglich gemeinsame EigentĂŒmer des GesamtgrundstĂŒcks. Nach der Teilung wurde das östliche GrundstĂŒck dem KlĂ€ger ĂŒbertragen, das westliche dem Bruder des KlĂ€gers. Dieser ĂŒbertrug es 2022 seinem Sohn, dem Beklagten.

Seit der Errichtung des Doppelhauses wurde das GrundstĂŒck des Beklagten ĂŒber das tiefer gelegene GrundstĂŒck des KlĂ€gers entwĂ€ssert. Die Abwasserleitung fĂŒhrte vom höher gelegenen GrundstĂŒck des Beklagten zum GrundstĂŒck des KlĂ€gers und mĂŒndete dort in dessen Abwasserleitung.

Der Auslöser fĂŒr den Rechtsstreit war ein RĂŒckstau am 7. Mai 2023, durch den der Keller des KlĂ€gers unter Wasser gesetzt wurde. Ein Fachunternehmen stellte eine Einwurzelung in der Abwasserleitung fest. Daraufhin forderte der KlĂ€ger den Beklagten auf, die Einleitung von Abwasser in seine Leitung zu unterlassen und die zufĂŒhrende Leitung zurĂŒckzubauen.

Die zentrale Rechtsfrage

Die zentrale Frage des Falles lautete: Muss ein GrundstĂŒckseigentĂŒmer eine fremde Abwasserleitung auf seinem GrundstĂŒck dulden, wenn diese ohne dingliche Berechtigung (etwa in Form einer Grunddienstbarkeit) verlegt wurde?

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 06.03.2025, Az. 12 U 130/24) entschied zugunsten des KlÀgers und gab seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Karlsruhe statt.

GrundsĂ€tzlich kann ein GrundstĂŒckseigentĂŒmer nach § 1004 Abs. 1 BGB die Beseitigung einer ohne dingliche Berechtigung in seinem GrundstĂŒck verlaufenden fremden Abwasserleitung verlangen.

Das Gericht stellte fest, dass unstreitig eine EigentumsbeeintrĂ€chtigung nach § 1004 Abs. 1 BGB vorlag, da die Abwasserleitung des Beklagten auf das GrundstĂŒck des KlĂ€gers fĂŒhrte und an dessen Abwasserleitung angeschlossen war. Die Abwasserleitung stand nicht im Eigentum des KlĂ€gers, sondern gehörte als Zubehör nach § 97 BGB zum GrundstĂŒck des Beklagten.

Keine Duldungspflicht fĂŒr den GrundstĂŒckseigentĂŒmer

Das OLG prĂŒfte verschiedene mögliche GrĂŒnde fĂŒr eine Duldungspflicht des KlĂ€gers, verneinte diese jedoch allesamt:

  1. Keine dingliche Berechtigung: Eine Dienstbarkeit nach § 1018 BGB oder § 1090 BGB bestand mangels Eintragung im Grundbuch nicht.
  2. Keine Duldungspflicht nach dem Nachbarrechtsgesetz: Das GrundstĂŒck des Beklagten grenzte direkt an die öffentliche Straße. Ein eigener Anschluss an die öffentliche Abwasserleitung wĂ€re daher ohne Inanspruchnahme des NachbargrundstĂŒcks möglich.
  3. Keine Duldungspflicht aus der Abwassersatzung: Die Satzung der Gemeinde verbot eine separate EntwĂ€sserung fĂŒr das GrundstĂŒck des Beklagten nicht.
  4. Keine schuldrechtliche Gestattung: Zwar hatte es bei der gemeinsamen Planung und AusfĂŒhrung der AbwasserfĂŒhrung eine zumindest konkludent erklĂ€rte Gestattung gegeben. Diese wirkte jedoch nicht gegenĂŒber dem Beklagten als Sonderrechtsnachfolger seines Vaters.

Nachbarliches RĂŒcksichtnahmegebot greift nicht

Das Gericht prĂŒfte auch, ob der Beseitigungsanspruch nach § 242 BGB aufgrund des nachbarschaftlichen RĂŒcksichtnahmegebots ausgeschlossen sein könnte. Dies verneinte das OLG jedoch:

  • Der Beklagte könnte die Inanspruchnahme des NachbargrundstĂŒcks vermeiden, indem er eine eigene Abwasserleitung ĂŒber sein GrundstĂŒck zur Straße fĂŒhrt.
  • Eine alternative LeitungsfĂŒhrung war weder rechtlich unzulĂ€ssig noch tatsĂ€chlich unmöglich.
  • Die vom Beklagten behaupteten hohen Kosten fĂŒr eine eigene Abwasserleitung wurden nicht konkret dargelegt oder begrĂŒndet.

Das Gericht berĂŒcksichtigte auch, dass der KlĂ€ger ein sachliches Interesse an der Beseitigung der Abwasserzuleitung hatte. Aufgrund des Niveauunterschieds der GrundstĂŒcke trug er das Risiko von WasserschĂ€den im Fall eines RĂŒckstaus allein, und die ZufĂŒhrung des Abwassers vom GrundstĂŒck des Beklagten erhöhte die Gefahr eines KapazitĂ€tsengpasses.

Was bedeutet das Urteil fĂŒr Sie?

  1. Fehlende Absicherung von Leitungsrechten: Wenn bei einer GrundstĂŒcksteilung Leitungen ĂŒber fremde GrundstĂŒcke verlaufen, sollten diese durch eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch abgesichert werden. Anderenfalls kann der EigentĂŒmer des belasteten GrundstĂŒcks grundsĂ€tzlich die Beseitigung verlangen.
  2. Kein automatischer Bestandsschutz: Bei GrundstĂŒckskĂ€ufen sollte immer geprĂŒft werden, ob alle Leitungen und AnschlĂŒsse rechtlich abgesichert sind. Eine jahrelang geduldete Situation gibt keine Sicherheit fĂŒr die Zukunft.
  3. Regelung bei Rechtsnachfolge beachten: Rein schuldrechtliche Vereinbarungen (wie die Gestattung einer LeitungsfĂŒhrung) wirken nicht automatisch gegenĂŒber Rechtsnachfolgern. Bei GrundstĂŒcksĂŒbertragungen in der Familie sollten bestehende Nutzungsrechte daher ausdrĂŒcklich mit ĂŒbertragen werden.
  4. Frist zur Umsetzung: Das OLG gestand dem Beklagten eine Umsetzungsfrist bis zum 01.01.2026 zu. Bei der Durchsetzung von Beseitigungs- und UnterlassungsansprĂŒchen ist eine angemessene Übergangsfrist aus GrĂŒnden der nachbarlichen RĂŒcksichtnahme zu gewĂ€hren.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass das Eigentumsrecht grundsĂ€tzlich Vorrang vor praktischen ErwĂ€gungen hat. Nur in AusnahmefĂ€llen, wenn ein ĂŒber die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint, kann eine Duldungspflicht bestehen.


Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.03.2025, Az. 12 U 130/24

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Ein Objekt - zwei Makler: Wer bekommt die Provision?

  • Teaser: Beim Immobilienkauf gibt es viele Fallstricke – einer davon ist die Frage, wem eigentlich die Maklerprovision zusteht, wenn mehrere Personen an der Vermittlung beteiligt waren. Das Landgericht Gießen hat in einem aktuellen Urteil vom 14.06.2024 (2 O 135/23) wichtige Klarstellungen zu diesem Thema getroffen.
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  • 04/25

Worum ging es im Fall?

Ein Paar war auf der Suche nach einer Immobilie und stieß auf einer Online-Plattform auf ein inseriertes Reiheneckhaus fĂŒr 539.000 Euro. Als offizieller Anbieter war ein etablierter Immobilienmakler mit seiner Firma angegeben. Das Inserat enthielt den Hinweis, dass bei erfolgreicher Vermittlung eine KĂ€uferprovision in Höhe von 3,57% (inkl. MwSt.) aus dem tatsĂ€chlich vereinbarten Kaufpreis anfallen wĂŒrde.

Die Interessenten nahmen ĂŒber die Online-Plattform Kontakt mit dem Anbieter auf. Im weiteren Verlauf wurde die Anfrage jedoch intern an einen anderen Makler weitergeleitet, der fortan die Kommunikation, Besichtigungen und den gesamten Vermittlungsprozess ĂŒbernahm. Dieser zweite Makler nutzte in der ersten Kommunikation jedoch die E-Mail-Signatur mit Logo und Firmendaten des ursprĂŒnglich inserierenden Maklers.

Nach erfolgreicher Vermittlung und Kaufvertragsabschluss kam es zum Streit: Beide Makler beanspruchten die Provision fĂŒr sich.

Die zentralen Streitpunkte

Der Fall wirft mehrere rechtlich relevante Fragen auf:

  1. Wann kommt ein Maklervertrag zustande? GenĂŒgt eine Online-Anzeige mit Provisionshinweis?
  2. Wer ist tatsÀchlich Vertragspartner der KÀufer? Der inserierende Makler oder der spÀter tÀtig gewordene Vermittler?
  3. Welche Bedeutung hat die Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag?

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Gießen entschied zu Gunsten des ursprĂŒnglich inserierenden Maklers und wies die Klage des spĂ€ter tĂ€tig gewordenen Maklers auf Zahlung der Provision ab. Die zentralen BegrĂŒndungen:

Ein Vertragsschluss kommt regelmĂ€ĂŸig noch nicht dadurch zu Stande, dass ein Makler mit Internetanzeigen werbend im geschĂ€ftlichen Verkehr auftritt und sich der Interessent daraufhin von sich aus an ihn wendet.

Das Gericht stellt jedoch klar, dass eine Kontaktaufnahme sehr wohl zum Abschluss eines Maklervertrags fĂŒhren kann, wenn der Makler sein Provisionsverlangen im Inserat bereits ausdrĂŒcklich und unmissverstĂ€ndlich dargelegt hat – was hier der Fall war.

Entscheidend fĂŒr die Urteilsfindung war folgende Konstellation:

Meldet sich ein Kunde auf das Inserat eines Maklers bei diesem und antwortet dann ein anderer Makler, benutzt hierbei aber die Daten des inserierenden Maklers, darf der Kunde davon ausgehen, dass der inserierende Makler sein Vertragspartner wird und der andere nur ein (freier) Mitarbeiter oder Subunternehmer des inserierenden Maklers ist.

Aus Sicht des Gerichts war fĂŒr die KĂ€ufer nicht erkennbar, dass der spĂ€ter tĂ€tig gewordene Makler als eigenstĂ€ndiger Unternehmer handelte. Vielmehr mussten die KĂ€ufer aufgrund des gesamten Erscheinungsbilds – von der Internetanzeige bis zur anfĂ€nglichen E-Mail-Kommunikation mit der Firmen-Signatur des ursprĂŒnglichen Maklers – davon ausgehen, dass sie mit dem inserierenden Makler einen Vertrag abgeschlossen hatten.

ZusÀtzlich betonte das Gericht:

Das Textformerfordernis i.S.d. § 656a BGB hat nichts an der Möglichkeit geĂ€ndert, konkludente MaklervertrĂ€ge zu schließen.

Was bedeutet das Urteil fĂŒr Sie?

FĂŒr Immobiliensuchende ergeben sich wichtige Erkenntnisse:

  1. Vorsicht bei der Kontaktaufnahme: Schon die Reaktion auf ein Inserat mit Provisionshinweis kann einen Maklervertrag begrĂŒnden.
  2. Klare Identifikation des Vertragspartners: Achten Sie darauf, wer Ihr tatsÀchlicher Vertragspartner ist. Bei Unklarheiten sollten Sie nachfragen, wer genau als Makler auftritt und wem die Provision zusteht.
  3. Dokumentation der Kommunikation: Bewahren Sie die gesamte Kommunikation mit dem Makler auf, insbesondere die ersten Kontakte, da diese fĂŒr die Bestimmung des Vertragspartners entscheidend sein können.
  4. Textform beachten: MaklervertrĂ€ge fĂŒr Wohnimmobilien mĂŒssen der Textform entsprechen (z.B. E-Mail), was bedeutet, dass die Person des ErklĂ€renden erkennbar sein muss – achten Sie auf diese Details.
  5. Maklerklausel im Kaufvertrag prĂŒfen: Die Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag sollte genau geprĂŒft werden. Sie begrĂŒndet nicht automatisch ein Forderungsrecht des dort genannten Maklers, hat aber Beweiswirkung.

FĂŒr Makler bedeutet das Urteil: Wenn Sie als eigenstĂ€ndiger Makler tĂ€tig werden, mĂŒssen Sie dies von Anfang an klar kommunizieren und dĂŒrfen nicht unter fremder Flagge segeln. Andernfalls riskieren Sie, dass Ihre ProvisionsansprĂŒche verloren gehen.

Das Urteil unterstreicht einmal mehr, wie wichtig Transparenz und klare VerhÀltnisse bei der Immobilienvermittlung sind. Als Immobiliensuchender sollten Sie daher bei der ersten Kontaktaufnahme mit Maklern besonders aufmerksam sein.

Quelle: LG Gießen, Urteil vom 14.06.2024 - 2 O 135/23, ZMR 2024, 988

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Verwalterwechsel: Wer muss fehlerhafte Jahresabrechnungen korrigieren?

  • Teaser: Wer ist fĂŒr die Korrektur einer fehlerhaften Jahresabrechnung zustĂ€ndig, wenn ein Verwalterwechsel stattgefunden hat? Mit dieser praxisrelevanten Frage musste sich jetzt das Landgericht Berlin in einem aktuellen Urteil auseinandersetzen. Die Antwort ist klar: Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) ist immer der aktuelle Verwalter verantwortlich – auch wenn die fehlerhafte Abrechnung aus der Zeit seines VorgĂ€ngers stammt.
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Der Sachverhalt: Streit um fehlerhafte Jahresabrechnung

Im vorliegenden Fall hatte eine WohnungseigentĂŒmergemeinschaft (WEG) ihre frĂŒhere Hausverwaltung verklagt. Die WEG verlangte von der ehemaligen Verwalterin die Korrektur einer Jahresabrechnung fĂŒr das Jahr 2021, die nach Ansicht der Gemeinschaft erhebliche Fehler enthielt.

Konkret ging es um mehrere behauptete MĂ€ngel:

  • Die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten basierte auf Gasverbrauch, obwohl die Anlage mit einer WĂ€rmepumpe betrieben wurde
  • Die Verbrauchskosten fĂŒr WĂ€rme, Warm- und Kaltwasser wurden nach falschen ZĂ€hlerwerten verteilt
  • Bestimmte Kosten wurden in der Gesamtabrechnung fehlerhaft berĂŒcksichtigt
  • Die Soll-Zahlungen waren nicht korrekt eingesetzt

Die frĂŒhere Verwalterin hatte zwar eine Jahresabrechnung erstellt, wollte diese aber nicht entsprechend korrigieren. Sie vertrat die Auffassung, dass nach einem Verwalterwechsel nur der aktuelle Verwalter fĂŒr die Korrektur zustĂ€ndig sei.

Die zentralen Streitpunkte

Rechtlich ging es um die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel fĂŒr die Korrektur einer fehlerhaften Jahresabrechnung verantwortlich ist:

  1. Die Position der WEG: Nach Ă€lterer Rechtsprechung des BGH sei der ausgeschiedene Verwalter weiterhin fĂŒr die Erstellung und Korrektur von Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zustĂ€ndig. Diese Pflicht stelle eine nachwirkende Vertragspflicht dar.
  2. Die Position der Beklagten: Mit dem Ausscheiden als Verwalter enden auch die organschaftlichen Pflichten. FĂŒr die Korrektur sei daher stets der aktuelle Verwalter zustĂ€ndig.

Die WEG argumentierte zudem, dass die neue Verwalterin die Abrechnung technisch gar nicht korrigieren könne, da sie ein anderes Abrechnungsprogramm verwende.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Berlin wies die Klage der WEG ab und gab der ehemaligen Verwalterin Recht.

Die zentralen Argumente des Gerichts:

"Soweit § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG dem Verwalter auferlegt, die Jahresabrechnung zu erstellen, regelt das Gesetz keine originÀre Verpflichtung des Verwalters, sondern nur dessen OrganzustÀndigkeit."

Anders als im alten Recht folgt die Pflicht zur Aufstellung der Jahresabrechnung jetzt aus der Organstellung des Verwalters und nicht aus dem Verwaltervertrag. Der Verwalter ist lediglich AusfĂŒhrungs- bzw. Vertretungsorgan und setzt die Pflichten der Gemeinschaft der WohnungseigentĂŒmer um.

"Endet diese Organstellung durch Abberufung, können vom abberufenen Verwalter keine organschaftlichen PrimÀrpflichten mehr verlangt werden."

Mit anderen Worten: Wenn ein Verwalter abberufen wird, kann er nicht mehr verpflichtet werden, organschaftliche Aufgaben zu erledigen – dazu gehört auch die Korrektur einer Jahresabrechnung.

Das Gericht stellte fest, dass die frĂŒhere Rechtsprechung des BGH, wonach der ausgeschiedene Verwalter fĂŒr Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zustĂ€ndig bleibt, seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) nicht mehr anwendbar ist.

Was bedeutet das Urteil fĂŒr Sie?

Die Entscheidung hat wichtige praktische Auswirkungen fĂŒr WohnungseigentĂŒmer und Verwaltungen:

  1. FĂŒr WohnungseigentĂŒmergemeinschaften:
    • Die Korrektur fehlerhafter Jahresabrechnungen muss immer beim aktuellen Verwalter beantragt werden, auch wenn die Fehler vom VorgĂ€nger verursacht wurden.
    • Praktische Probleme (wie unterschiedliche Abrechnungsprogramme) Ă€ndern nichts an dieser rechtlichen ZustĂ€ndigkeit.
    • Die WEG sollte bei einem Verwalterwechsel dafĂŒr sorgen, dass alle notwendigen Unterlagen und Daten ĂŒbertragen werden.
  2. FĂŒr ausgeschiedene Verwalter:
    • Sie sind nur zur Rechenschaftslegung verpflichtet, nicht aber zur nachtrĂ€glichen Korrektur ihrer Abrechnungen.
    • Diese Rechenschaftspflicht umfasst die Übermittlung aller relevanten Unterlagen und Informationen an den neuen Verwalter.
  3. FĂŒr neue Verwalter:
    • Sie ĂŒbernehmen die volle Verantwortung fĂŒr die Korrektur aller Jahresabrechnungen – auch fĂŒr ZeitrĂ€ume vor ihrer Amtszeit.
    • Bei der Übernahme einer WEG sollten sie darauf achten, alle notwendigen Unterlagen und Daten vom VorgĂ€nger zu erhalten.

Es ist zu beachten, dass das Landgericht die Revision zugelassen hat. Die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel fĂŒr die Korrektur von Jahresabrechnungen zustĂ€ndig ist, wird daher möglicherweise noch vom Bundesgerichtshof abschließend geklĂ€rt werden.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten: WohnungseigentĂŒmer mĂŒssen sich bei fehlerhaften Jahresabrechnungen nach einem Verwalterwechsel an den aktuellen Verwalter wenden – nicht an den frĂŒheren. Der ausgeschiedene Verwalter ist nur zur Herausgabe von Informationen verpflichtet, nicht aber zur Korrektur seiner Abrechnung.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 10.12.2024 - 56 S 24/24 WEG

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BaumĂ€ngel blockieren RĂŒcktrittsrecht des BautrĂ€gers

  • Teaser: Wenn KĂ€ufer eine Rate nicht zahlen, kann der BautrĂ€ger dann einfach vom Vertrag zurĂŒcktreten? Nein – sagt das OLG MĂŒnchen in einer wichtigen Entscheidung, die fĂŒr ImmobilienkĂ€ufer große Bedeutung hat.
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Der Fall: Streit um ein Einfamilienhaus

Im Februar 2018 schlossen die Parteien einen BautrĂ€gerkaufvertrag ĂŒber ein schlĂŒsselfertiges Einfamilienhaus zum Preis von 497.000 Euro. Der BautrĂ€ger verpflichtete sich vertraglich, das Haus zu errichten und nach vollstĂ€ndiger Fertigstellung den Besitz zu ĂŒbergeben. Die BesitzĂŒbergabe war dabei an die Zahlung der vorletzten Kaufpreisrate in Höhe von rund 73.132 Euro gekoppelt.

Als es zur Übergabe kommen sollte, weigerten sich die KĂ€ufer, diese Rate zu zahlen. Der Grund: Sie bemĂ€ngelten verschiedene Bauleistungen und stellten stattdessen eine BankbĂŒrgschaft in gleicher Höhe. Diese akzeptierte der BautrĂ€ger jedoch nicht und trat im Juli 2019 vom Vertrag zurĂŒck. Er machte geltend, die KĂ€ufer seien mit der Zahlung in Verzug geraten und hĂ€tten zudem eigenmĂ€chtig verschiedene Gewerke an andere Handwerker vergeben.

Die KĂ€ufer hingegen behaupteten, der BautrĂ€ger habe ihnen die Übergabe des Hauses gar nicht ordnungsgemĂ€ĂŸ angeboten. Außerdem bestĂŒnden erhebliche MĂ€ngel am Objekt.

Die zentralen Streitpunkte

Der Rechtsstreit drehte sich um folgende Kernfragen:

  1. War der RĂŒcktritt des BautrĂ€gers wirksam?
  2. Durften die KÀufer die Zahlung verweigern wegen der BaumÀngel?
  3. Konnte die BankbĂŒrgschaft die Zahlung ersetzen?

WĂ€hrend der BautrĂ€ger mit seiner Klage die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Vertrag fĂŒr zulĂ€ssig erklĂ€ren lassen wollte, verteidigten sich die KĂ€ufer mit dem Hinweis auf bestehende MĂ€ngel und fehlende Übergabebereitschaft.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG MĂŒnchen wies die Berufung des BautrĂ€gers zurĂŒck und gab den KĂ€ufern Recht. Die Richter stellten klar:

Ein RĂŒcktritt des Unternehmers vom Vertrag wegen Verzugs des Bestellers mit der Zahlung einer Kaufpreisrate scheidet aus, wenn sich der Unternehmer seinerseits in GlĂ€ubigerverzug befindet, weil er die von ihm geschuldete und verlangte Gegenleistung (hier: BesitzĂŒbergabe) nicht anbietet.

In seiner BegrĂŒndung hob das Gericht drei wesentliche Punkte hervor:

  1. Die AusĂŒbung eines RĂŒcktrittsrechts kann treuwidrig und damit unwirksam sein, wenn sich der ErklĂ€rende widersprĂŒchlich verhĂ€lt. Genau das war hier der Fall, da der BautrĂ€ger einerseits vom Vertrag zurĂŒcktreten, andererseits aber auch die Zahlung verlangen wollte.
  2. Der BautrĂ€ger befand sich in GlĂ€ubigerverzug, weil er die Übergabe des Hauses nicht ordnungsgemĂ€ĂŸ angeboten hatte. Das OLG stellte klar, dass er kein Recht hatte, die Übergabe von der "Anwesenheit der tĂ€tigen Handwerker" abhĂ€ngig zu machen.
  3. Ein mangelbedingtes Leistungsverweigerungsrecht der KĂ€ufer besteht auch dann, wenn Abschlagszahlungen laut Vertrag nach Baufortschritt fĂ€llig werden. Dabei liegt die Beweislast fĂŒr die VertragsgemĂ€ĂŸheit der Leistung beim BautrĂ€ger.

Was bedeutet das Urteil fĂŒr Sie?

Die Entscheidung stĂ€rkt die Rechte von ImmobilienkĂ€ufern erheblich und zeigt klare Grenzen fĂŒr das RĂŒcktrittsrecht von BautrĂ€gern auf:

  1. MĂ€ngel berechtigen zur Zahlungsverweigerung: Als KĂ€ufer dĂŒrfen Sie bei erheblichen MĂ€ngeln die Zahlung von Kaufpreisraten verweigern. Der BautrĂ€ger kann in diesem Fall nicht wirksam vom Vertrag zurĂŒcktreten.
  2. Beweislast liegt beim BautrĂ€ger: Nicht Sie als KĂ€ufer mĂŒssen beweisen, dass MĂ€ngel vorliegen, sondern der BautrĂ€ger muss nachweisen, dass seine Leistung vertragsgemĂ€ĂŸ ist.
  3. OrdnungsgemĂ€ĂŸes Übergabeangebot erforderlich: Der BautrĂ€ger muss die Immobilie ordnungsgemĂ€ĂŸ zur Übergabe anbieten, bevor er Zahlungen verlangen kann. Fehlt dieses Angebot, befindet er sich im GlĂ€ubigerverzug.
  4. BankbĂŒrgschaft kann je nach Vertrag ausreichend sein: Obwohl in diesem Fall die BĂŒrgschaft vom BautrĂ€ger nicht akzeptiert wurde, kann eine BankbĂŒrgschaft unter bestimmten UmstĂ€nden eine Alternative zur direkten Zahlung darstellen.

Diese Entscheidung verdeutlicht: Bei Streitigkeiten um BautrĂ€gerkaufvertrĂ€ge kommt es auf das Zusammenspiel von Zahlungspflichten und LeistungserfĂŒllung an. BautrĂ€ger können sich nicht einseitig durch einen RĂŒcktritt vom Vertrag lösen, wenn sie selbst ihre Pflichten nicht ordnungsgemĂ€ĂŸ erfĂŒllen.

FĂŒr ImmobilienkĂ€ufer bedeutet das mehr Sicherheit und eine stĂ€rkere Position bei Auseinandersetzungen ĂŒber BaumĂ€ngel. Es lohnt sich, bei Problemen mit der BauqualitĂ€t rechtlichen Rat einzuholen und die eigenen Rechte zu kennen.

Quelle: OLG MĂŒnchen, Beschluss vom 09.08.2022, Az.: 20 U 3568/21 Bau

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Wer riecht's, der glaubt's! - GeruchsbelÀstigung beim Hauskauf und VerkÀuferhaftung

  • Teaser: Beim Kauf eines Hauses kann eine nach dem Einzug bemerkte Geruchs- oder Schadstoffbelastung fĂŒr KĂ€ufer zum bösen Erwachen fĂŒhren. Doch wann haftet der VerkĂ€ufer fĂŒr solche MĂ€ngel? Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem aktuellen Urteil wichtige GrundsĂ€tze zur VerkĂ€uferhaftung bei GeruchsbelĂ€stigung und Schadstoffbelastung in Immobilien festgelegt.
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Der Fall: Was ist passiert?

Ein Ehepaar erwarb im Februar 2021 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes GrundstĂŒck. Bei dem Haus handelte es sich um ein Fertighaus aus dem Jahr 1977. Dem Vertragsabschluss ging eine Besichtigung voraus, an der der KĂ€ufer, eine Begleitperson und der vom VerkĂ€ufer beauftragte Makler teilnahmen.

Nach dem Einzug im Mai 2021 bemerkte der KĂ€ufer nach eigenen Angaben eine erhebliche GeruchsbelĂ€stigung in den WohnrĂ€umen. Der Geruch haftete sogar an KleidungsstĂŒcken und konnte nur durch Waschen entfernt werden. Zudem stellte der KĂ€ufer fest, dass das Haus mit gesundheitsschĂ€dlichen Substanzen belastet war. Eine Raumluftanalyse ergab eine Belastung mit Formaldehyd in einer den zulĂ€ssigen Höchstwert fĂŒr Innenraumluft ĂŒbersteigenden Konzentration sowie das Vorhandensein des Holzschutzmittels Lindan.

Im November 2022 zog der KĂ€ufer mit seiner Familie aufgrund der Schadstoffbelastung aus dem Haus aus und forderte von der VerkĂ€uferin Schadensersatz. Die VerkĂ€uferin wies diese Forderung zurĂŒck.

Die zentralen Streitpunkte

Der Fall drehte sich um folgende zentrale Fragen:

  1. Lag ein Sachmangel vor? War das Haus zum Zeitpunkt des GefahrĂŒbergangs tatsĂ€chlich mit GeruchsbelĂ€stigung und Schadstoffen belastet?
  2. Griff der Haftungsausschluss? Im Kaufvertrag war ein Ausschluss der Haftung fĂŒr SachmĂ€ngel vereinbart worden. Konnte sich die VerkĂ€uferin darauf berufen?
  3. Kannte die VerkÀuferin die MÀngel? Ein Haftungsausschluss greift nicht, wenn der VerkÀufer einen Mangel kennt, aber verschweigt. Hatte die VerkÀuferin oder ihr Makler als "Verhandlungsgehilfe" Kenntnis von den MÀngeln?
  4. Bestand eine AufklĂ€rungspflicht? HĂ€tte die VerkĂ€uferin den KĂ€ufer ĂŒber mögliche Schadstoffbelastungen informieren mĂŒssen?

Der KĂ€ufer argumentierte, die VerkĂ€uferin und der Makler hĂ€tten von der Schadstoffbelastung und GeruchsbelĂ€stigung gewusst und ihn darĂŒber nicht aufgeklĂ€rt. Die VerkĂ€uferin hingegen bestritt, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Geruchs- oder Schadstoffbelastung bestanden habe. Der Makler behauptete, er habe im Rahmen der Besichtigung ausdrĂŒcklich darauf hingewiesen, dass es sich um ein Haus der Firma J. handele und dass bei solchen HĂ€usern eine Schadstoffbelastung möglich sei.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Paderborn wies die Klage ab, und das OLG Hamm bestÀtigte diese Entscheidung in der Berufung. Das Gericht stellte folgende wichtige GrundsÀtze fest:

"Der KĂ€ufer trĂ€gt die Darlegungs- und Beweislast dafĂŒr, dass sich der VerkĂ€ufer nicht auf einen vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann. Die Kenntnis der mangelbegrĂŒndenden UmstĂ€nde muss im Einzelfall festgestellt und darf nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden."

Das Gericht ließ offen, ob tatsĂ€chlich eine GeruchsbelĂ€stigung oder Schadstoffbelastung mit Formaldehyd und Lindan zum Zeitpunkt des GefahrĂŒbergangs vorlag. Entscheidend war vielmehr, dass der KĂ€ufer nicht beweisen konnte, dass die VerkĂ€uferin von diesen MĂ€ngeln wusste.

Zu den Kernpunkten im Detail:

1. Zur subjektiven Wahrnehmung von GerĂŒchen

Das Gericht berĂŒcksichtigte die Aussage einer SachverstĂ€ndigen, dass Menschen GerĂŒche unterschiedlich wahrnehmen. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die VerkĂ€uferin und ihr verstorbener Ehemann sowie Zeugen, die keine besondere GeruchsbelĂ€stigung festgestellt hatten, den Geruch trotz dessen Vorhandenseins nicht wahrgenommen haben.

2. Zur Haftung fĂŒr Äußerungen des Maklers

Das Gericht stellte klar:

"Beim GrundstĂŒckskauf ist dem VerkĂ€ufer das Wissen desjenigen zuzurechnen, der VerhandlungsfĂŒhrer oder Verhandlungsgehilfe ist."

Der Makler hatte nach Aussage eines Zeugen darauf hingewiesen, dass bei dem Haus eine Schadstoffbelastung vorliegen und eine Sanierung erforderlich sein könnte. Dies erfolgte, weil seine Internetrecherche kein eindeutiges Ergebnis bezĂŒglich der Schadstoffbelastung ergeben hatte. Mit diesem Hinweis erfĂŒllte er seine AufklĂ€rungspflicht.

3. Zur AufklÀrungspflicht bei Vertragsverhandlungen

Das Gericht betonte einen wichtigen Grundsatz:

"Bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht fĂŒr jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil ĂŒber UmstĂ€nde aufzuklĂ€ren, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher fĂŒr seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach Treu und Glauben unter BerĂŒcksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise erwarten darf."

Zudem:

"Macht der VerkĂ€ufer tatsĂ€chliche Angaben, die fĂŒr den Kaufentschluss des anderen Teils von Bedeutung sein können, mĂŒssen diese unabhĂ€ngig vom Bestehen einer Offenbarungspflicht richtig sein."

Was bedeutet das Urteil fĂŒr Sie?

Dieses Urteil hat wichtige praktische Auswirkungen fĂŒr KĂ€ufer und VerkĂ€ufer von Immobilien:

FĂŒr KĂ€ufer:

  • Beweislast beachten: Als KĂ€ufer tragen Sie die Beweislast dafĂŒr, dass der VerkĂ€ufer einen Mangel kannte oder hĂ€tte kennen mĂŒssen.
  • Vertragsgestaltung: Achten Sie auf HaftungsausschlĂŒsse im Kaufvertrag und versuchen Sie, konkrete Beschaffenheitsvereinbarungen zu treffen.
  • SachverstĂ€ndige hinzuziehen: Bei Verdacht auf Schadstoffbelastung sollten Sie vor dem Kauf eine Fachperson hinzuziehen.
  • Dokumentation: Halten Sie alle Aussagen des VerkĂ€ufers oder Maklers zu möglichen MĂ€ngeln schriftlich fest.

FĂŒr VerkĂ€ufer:

  • AufklĂ€rungspflicht ernst nehmen: Sie mĂŒssen ĂŒber bekannte MĂ€ngel aufklĂ€ren, auch wenn ein Haftungsausschluss vereinbart ist.
  • Vorsicht bei Aussagen: Alle Angaben zum Kaufobjekt mĂŒssen korrekt sein, selbst wenn keine AufklĂ€rungspflicht besteht.
  • Makleraussagen beachten: Was der Makler sagt, wird Ihnen als VerkĂ€ufer zugerechnet.
  • Dokumentation: Halten Sie fest, worĂŒber Sie den KĂ€ufer informiert haben, um spĂ€tere Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.

Das Urteil zeigt, dass GeruchsbelĂ€stigungen und Schadstoffbelastungen aufgrund der subjektiven Wahrnehmung besonders schwierige MĂ€ngel sind. FĂŒr KĂ€ufer ist die BeweisfĂŒhrung in solchen FĂ€llen oft kompliziert, wĂ€hrend VerkĂ€ufer gut beraten sind, auf jeden Verdacht einer möglichen Belastung hinzuweisen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 17.02.2025 - 22 U 117/23

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