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Wohnung an Neffen überlassen: Fristlose Kündigung rechtens

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Ein Mieter überließ seine Wohnung seinem Neffen zur alleinigen Nutzung, ohne die Vermieterin zu informieren. Das Amtsgericht Frankfurt bestätigte die fristlose Kündigung und stellte klar: Auch nahe Verwandte dürfen nicht eigenmächtig einziehen.
Wohnung mit Umzugskartons, im Hintergrund ein Mann der einen Karton trägt
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Stille Wohnungsüberlassung führt zur Kündigung

In Frankfurt am Main entwickelte sich ein typischer Fall unbefugter Wohnungsüberlassung, der vor Gericht endete. Der ursprüngliche Mieter hatte im August 2016 eine Wohnung angemietet und dort zunächst selbst gewohnt. Doch im Februar 2019 änderte sich die Situation grundlegend. Sein Neffe meldete sich in der Wohnung an und begann, die Mietzahlungen zu übernehmen. Der eigentliche Vertragspartner der Vermieterin zog aus und überließ die Räumlichkeiten seinem Verwandten zur selbstständigen Nutzung.

Fast sechs Jahre lang blieb diese Situation der Vermieterin verborgen. Erst im September 2024 erhielt sie Hinweise darauf, dass nicht mehr der ursprüngliche Mieter in der Wohnung lebte. Eine Überprüfung beim Einwohnermeldeamt bestätigte den Verdacht: Der Neffe war dort seit Jahren gemeldet, während der eigentliche Mieter an einer anderen Adresse wohnte.

Vergebliche Kontaktversuche und Abmahnung

Die Vermieterin reagierte zunächst mit einem Aufforderungsschreiben. Sie bat den ursprünglichen Mieter um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Doch ihre Nachricht blieb unbeantwortet. Auch ein zweites Schreiben, diesmal eine förmliche Abmahnung Mitte September 2024, führte zu keiner Reaktion. Die Situation eskalierte, als eine erneute Einwohnermeldeamtsanfrage im Oktober 2024 das bereits bekannte Ergebnis bestätigte.

Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung. Hilfsweise sprach sie auch eine ordentliche Kündigung aus, falls die fristlose unwirksam sein sollte. Gegen den ursprünglichen Mieter erging zunächst ein Versäumnisurteil, da dieser nicht auf die Klage reagierte. Später legte er Einspruch ein, konnte aber auch dann nicht überzeugen.

Die rechtliche Bewertung: Was ist erlaubt, was nicht?

Das Gericht musste eine zentrale Frage klären: Durfte der Mieter seinem Neffen die Wohnung zur alleinigen Nutzung überlassen? Die Beklagten argumentierten, die Vermieterin habe die Aufnahme des Neffen in die Wohnung gestattet. Tatsächlich hatte die Vermieterin dem Neffen eine Wohnungsgeberbescheinigung ausgestellt, als dieser sich 2019 anmeldete.

Das Amtsgericht Frankfurt stellte jedoch eine wichtige Unterscheidung heraus: Die Erlaubnis zur Aufnahme einer Person in die Wohnung ist etwas grundlegend anderes als die Gestattung, die Wohnung dieser Person zur alleinigen Nutzung zu überlassen. Im ersten Fall bleibt der Mieter Herr der Wohnung und kontrolliert das Geschehen. Im zweiten Fall wird ihm faktisch ein neuer Vertragspartner aufgedrängt, ohne dass er dem zugestimmt hat.

Die Richter betonten das schützenswerte Interesse der Vermieterin daran, dass ihr bisheriger Vertragspartner die Kontrolle über die Wohnung behält. Sie muss nicht akzeptieren, dass plötzlich eine andere Person – auch wenn es sich um einen Familienangehörigen handelt – die Wohnung eigenständig nutzt und mit ihr als Vermieterin in Kontakt tritt.

Familienband schützt nicht vor Kündigung

Besonders interessant ist die Klarstellung des Gerichts zum Thema Familienangehörige. Die Beklagten hofften möglicherweise, dass die enge verwandtschaftliche Beziehung zwischen Onkel und Neffe mildere Maßstäbe rechtfertigen würde. Doch das Gericht wies diese Überlegung zurück.

Die Richter stellten unmissverständlich fest: Auch nahen Familienangehörigen darf die Wohnung nicht zum alleinigen Gebrauch überlassen werden. Es spielt keine Rolle, ob es sich um ein Kind, einen Geschwisterteil oder wie hier um einen Neffen handelt. Ohne Zustimmung der Vermieterin ist eine solche Überlassung nicht zulässig und rechtfertigt nach vorheriger Abmahnung die fristlose Kündigung.

Diese Rechtsprechung entspricht der ständigen Auffassung der deutschen Gerichte. Der Grund liegt darin, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran hat zu wissen, wer in seiner Wohnung lebt und diese nutzt. Er hat sein Vertrauen in eine bestimmte Person gesetzt, mit der er den Vertrag geschlossen hat. Diese Person muss die Wohnung grundsätzlich selbst nutzen oder zumindest die Kontrolle darüber behalten.

Die gerichtliche Entscheidung im Detail

Das Amtsgericht Frankfurt gab der Klage in vollem Umfang statt. Beide Beklagten wurden als Gesamtschuldner zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Der Begriff Gesamtschuldner bedeutet, dass die Vermieterin sich aussuchen kann, an wen sie sich wendet. Sie kann von jedem der beiden die vollständige Räumung verlangen.

Der ursprüngliche Mieter haftet aufgrund des Mietvertrags und seiner Verletzung der vertraglichen Pflichten. Der Neffe haftet, weil er die Wohnung ohne Berechtigung nutzt und als Besitzer zur Herausgabe verpflichtet ist. Das Gericht gewährte dem Neffen jedoch eine Räumungsfrist bis Ende April 2025, um ihm die Suche nach einer neuen Bleibe zu ermöglichen.

Die Beklagten müssen außerdem die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, was bedeutet, dass die Vermieterin die Räumung notfalls bereits durchsetzen kann, bevor das Urteil rechtskräftig wird.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil verdeutlicht mehrere wichtige Grundsätze des Mietrechts, die sowohl für Mieter als auch für Vermieter relevant sind. Wenn Sie eine Wohnung gemietet haben, müssen Sie sich bewusst sein, dass Sie diese grundsätzlich selbst nutzen müssen. Sie dürfen nicht einfach ausziehen und die Wohnung jemand anderem überlassen, selbst wenn Sie weiterhin die Miete zahlen.

Falls Sie die Wohnung aus privaten oder beruflichen Gründen nicht mehr selbst nutzen können oder möchten, sollten Sie unbedingt das Gespräch mit Ihrem Vermieter suchen. In vielen Fällen lässt sich eine einvernehmliche Lösung finden. Möglicherweise können Sie einen Nachmieter vorschlagen oder aus dem Vertrag entlassen werden. Eigenständiges Handeln ohne Absprache birgt jedoch das Risiko einer fristlosen Kündigung.

Wichtig zu wissen ist auch: Die bloße Aufnahme einer weiteren Person in Ihre Wohnung ist in der Regel unproblematisch. Sie dürfen Familienangehörige oder auch Ihren Partner bei sich aufnehmen, sofern die Wohnung nicht überbelegt wird. Kritisch wird es erst dann, wenn Sie selbst ausziehen und die Wohnung dem Dritten zur alleinigen Nutzung überlassen. Genau diese Grenze hat das Frankfurter Gericht noch einmal klar gezogen.

Für Vermieter zeigt das Urteil, wie wichtig es ist, regelmäßig zu prüfen, wer tatsächlich in der Wohnung lebt. Bei Anzeichen für eine unbefugte Überlassung sollten Sie zeitnah reagieren: Zunächst mit einer Aufforderung zur Stellungnahme, dann mit einer Abmahnung und schließlich, falls keine Abhilfe erfolgt, mit der Kündigung. Das Frankfurter Gericht bestätigte dieses Vorgehen als rechtmäßig.

Ein letzter wichtiger Hinweis: Die Wohnungsgeberbescheinigung, die der Neffe bei der Anmeldung vorgelegt hat, bedeutet nicht automatisch, dass die Vermieterin mit der alleinigen Nutzung einverstanden war. Sie bestätigt lediglich, dass eine Person berechtigt ist, sich an der Adresse anzumelden. Die Frage, wer die Wohnung nutzen darf, regelt weiterhin allein der Mietvertrag.


Quelle: Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 20.02.2025, Az. 33093 C 422/24

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