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Teilungserklärung ändern: Wann Wohnungseigentümer scheitern

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Wer bauliche Veränderungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft durchführt, sollte rechtlich sauber vorgehen. Ein aktuelles Urteil zeigt, dass eine mündliche Zustimmung nicht ausreicht und eine nachträgliche Änderung der Teilungserklärung scheitern kann.
Paar in einer Dachgeschosswohnung mit einer Wendeltreppe
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Wenn der Dachboden zur Wohnung wird

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit drei Wohneinheiten kam es zu einem jahrelangen Rechtsstreit über einen Dachgeschossausbau. Die Geschichte begann im Jahr 2012, als die damaligen Eigentümer einer Obergeschosswohnung beschlossen, den darüberliegenden Speicherraum zu Wohnzwecken auszubauen. Die anderen Miteigentümer erklärten sich schriftlich einverstanden, dass die Dachgeschosswohnungen ausgebaut werden dürften. Daraufhin wurde die Decke zwischen Obergeschoss und Dachgeschoss durchgebrochen und eine Wendeltreppe als Verbindung eingebaut. Einer der Miteigentümer half sogar beim Kauf und Einbau der Wendeltreppe mit.

Im Jahr 2016 erwarben die späteren Kläger die Wohneinheit in ihrer bereits ausgebauten Form. Sie wussten beim Kauf, dass die Teilungserklärung aus dem Jahr 1991 nicht mehr mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmte. In den Dokumenten war der Dachgeschossbereich weiterhin als Speicherraum ausgewiesen, obwohl er längst als vollwertiger Wohnraum genutzt wurde. Die Hausgeldzahlungen wurden jedoch bereits entsprechend der tatsächlichen Wohnfläche angepasst.

Streit um die rechtliche Anpassung

Die neuen Eigentümer wollten klare Verhältnisse schaffen und forderten von den Miteigentümern die Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung. Diese sollte an die tatsächlichen baulichen Gegebenheiten angepasst werden. Die Änderung sollte unter anderem umfassen, dass das Dachgeschoss offiziell als zu Wohnzwecken ausgebaut gilt und die Miteigentumsanteile entsprechend der vergrößerten Wohnfläche neu berechnet werden. Außerdem sollte rückwirkend ab 2012 ein neuer Verteilungsschlüssel für die Kosten der Gemeinschaft gelten.

Die Beklagten verweigerten jedoch ihre Zustimmung. Die Kläger argumentierten, dass das Festhalten an der alten Teilungserklärung unbillig sei und gegen Treu und Glauben verstoße. Sie beriefen sich auf die damalige schriftliche Zustimmung aller Eigentümer sowie die aktive Mithilfe beim Umbau. Nach ihrer Ansicht erfolge die Verweigerung nur aufgrund eines Familienstreits. Zudem sei ihnen beim Immobilienkauf zugesichert worden, dass die Teilungserklärung geändert werde, sobald bestimmte Nachbesserungen erfolgt seien. Diese Bedingungen seien erfüllt worden.

Das Gericht sieht keinen Anspruch

Das Landgericht München wies die Klage jedoch ab und bestätigte damit die Entscheidung der ersten Instanz. Die zentrale Begründung lautet: Ein Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung besteht nicht, wenn das gewünschte Ziel auch durch einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft erreicht werden kann. Bei baulichen Veränderungen sei nach dem Wohnungseigentumsgesetz grundsätzlich eine Beschlussfassung vorgesehen, nicht eine Vereinbarung zur Änderung der Teilungserklärung.

Das Gericht differenzierte dabei zwischen zwei Ebenen. Zum einen könnte durchaus ein Bedürfnis für eine Änderung der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung bestehen. Die ursprüngliche Festlegung sah vor, dass die Speicherräume nicht zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Diese grundsätzliche Zweckbestimmung könnte theoretisch geändert werden, beispielsweise durch einen Zusatz, dass die als Speicherraum bezeichneten Räumlichkeiten zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Eine solche Änderung wurde jedoch nicht beantragt.

Zustimmung zum Ausbau reicht nicht aus

Die Kläger wollten hingegen die konkreten baulichen Maßnahmen in der Teilungserklärung festschreiben lassen. Genau hier setzte die Ablehnung des Gerichts an. Die damalige schriftliche Zustimmung von 2012 bezog sich lediglich auf das grundsätzliche Einverständnis, dass die Dachgeschosse ausgebaut werden dürfen. Sie enthielt jedoch keine Regelung zu den konkreten baulichen Maßnahmen wie dem Durchbruch der Decke oder dem Einbau der Wendeltreppe. Wenn die Vorgaben für einen Ausbau nicht ausreichend konkret in einer Vereinbarung festgelegt sind, muss trotz bereits gegebener Zustimmung zum grundsätzlichen Ausbau ein weiterer Beschluss gefasst werden. Dieser müsste die Umsetzung konkret regeln, etwa unter Beifügung von Plänen und technischen Beschreibungen.

Ein solcher Beschluss über die einzelnen baulichen Maßnahmen wurde jedoch nie gefasst. Selbst die Aussage eines der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, man habe beschlossen, dass das Dachgeschoss ausgebaut wird, bestätigte nur das grundsätzliche Einverständnis zum Umbau. Die konkrete Ausgestaltung der baulichen Veränderungen war damit nie Gegenstand einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung. Das Gericht stellte klar, dass das gewünschte Ziel der Genehmigung der baulichen Maßnahmen keine ausreichende Grundlage in der damaligen Vereinbarung zum beabsichtigten Ausbau hatte.

Kein Weg über die Teilungserklärung

Die Konsequenz dieser rechtlichen Bewertung ist eindeutig: Eine Änderung der Teilungserklärung kann für die bereits durchgeführten Umbauten nicht verlangt werden. Den Klägern bleibt damit nur der Weg über einen nachträglichen Beschluss der Eigentümergemeinschaft, um die baulichen Veränderungen rechtlich abzusichern. Allerdings dürfte dieser Weg angesichts der Weigerungshaltung der Beklagten ebenfalls schwierig sein.

Das Gericht betonte ausdrücklich, dass Voraussetzung für einen Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung sei, dass für die betreffende Änderung das Format der Vereinbarung tatsächlich erforderlich ist. Gerade wenn bauliche Maßnahmen Gegenstand der gemeinschaftlichen Willensbildung sind, ist hierfür eine Beschlussfassung vorgesehen. Es besteht dann kein Bedürfnis nach einer Vereinbarung beziehungsweise Änderung der Teilungserklärung. Eine Umgehung der vorrangigen Beschlussfassung durch den Weg über die Teilungserklärung ist nicht möglich.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig eine sorgfältige rechtliche Absicherung bei baulichen Veränderungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Eine mündliche oder auch schriftliche Zustimmung zum grundsätzlichen Umbau reicht nicht aus. Wer als Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen plant, sollte einen ordentlichen Beschluss der Eigentümergemeinschaft herbeiführen, der die konkreten Maßnahmen detailliert regelt. Dieser Beschluss sollte technische Pläne und Beschreibungen enthalten und alle relevanten Aspekte wie Kostentragung, Nutzung und Unterhaltung klären.

Für Käufer einer Immobilie gilt besondere Vorsicht. Wenn Umbauten bereits durchgeführt wurden, die Teilungserklärung aber nicht angepasst ist, sollte geprüft werden, ob ordnungsgemäße Beschlüsse vorliegen. Eine mündliche Zusicherung, dass die Teilungserklärung später geändert wird, bietet keine ausreichende Rechtssicherheit. Im vorliegenden Fall scheiterte der Versuch, diese nachträgliche Änderung zu erzwingen, auch wenn beim Kauf eine entsprechende Zusage gemacht wurde. Beim Immobilienkauf sollte daher darauf geachtet werden, dass alle baulichen Veränderungen rechtlich ordnungsgemäß dokumentiert und durch Beschlüsse abgesichert sind.

Die Entscheidung zeigt auch, dass persönliche Konflikte zwischen Eigentümern die rechtliche Situation verschärfen können. Selbst wenn ursprünglich alle einverstanden waren und sogar aktiv beim Umbau geholfen haben, können spätere Streitigkeiten dazu führen, dass die rechtliche Absicherung scheitert. Eine klare Dokumentation durch ordnungsgemäße Beschlüsse von Anfang an hätte diesen Rechtsstreit vermeiden können.

Grundsätze des Urteils

  • Änderung der Teilungserklärung kann nicht verlangt werden, wenn gewünschtes Ziel durch Beschluss der Eigentümergemeinschaft erreicht werden kann
  • Schriftliche Zustimmung zum grundsätzlichen Ausbau reicht nicht aus; konkrete bauliche Maßnahmen erfordern separaten Beschluss mit Plänen
  • Bereits durchgeführte Umbauten ohne ordnungsgemäßen Beschluss können nicht nachträglich durch Teilungserklärungsänderung legitimiert werden

Quelle: Landgericht München I, Beschluss vom 22.05.2025, Az. 1 S 9755/24 WEG

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