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Schusswaffengebrauch in der Mietwohnung: Räumung zulässig?

  • Teaser: Gewalt in Mietwohnungen stellt Vermieter vor schwierige Entscheidungen. Was können sie tun, wenn ein Mieter mit einer Waffe auf eine andere Person schießt? Reicht ein solcher Vorfall aus, um eine sofortige Räumung zu erwirken? Das Amtsgericht Hamburg hat in einem aktuellen Fall wichtige Grundsätze zum Thema Räumungsverfügung bei Gewalttaten in Mietwohnungen aufgestellt.
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    Rechtsanwalt Alexander Liese
  • 04/25

Der Fall: Schuss in der Mietwohnung

Ein 87-jähriger Mieter lebte seit 25 Jahren in einer Genossenschaftswohnung in Hamburg. Im Januar 2025 schoss er in seiner Wohnung einer 38-jährigen Frau ins Bein und verletzte sie schwer. Die Frau wohnte nicht in der Wohnung, sondern kümmerte sich gelegentlich um den betagten Mieter.

Die Polizei nahm den Mieter vorläufig fest. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft kündigte die Wohnungsbaugenossenschaft das Mietverhältnis fristlos und forderte ihn auf, die Wohnung zu räumen. Zusätzlich sprach sie ein Hausverbot für ihren Geschäftssitz aus.

Als der Mieter nicht auszog, beantragte die Genossenschaft eine einstweilige Räumungsverfügung beim Amtsgericht Hamburg. Sie befürchtete eine Gefahr für andere Hausbewohner durch den Mieter.

Streitfrage: Rechtfertigt ein Schusswaffengebrauch die sofortige Räumung?

Die zentrale Frage des Rechtsstreits war: Begründet der einmalige Gebrauch einer Schusswaffe in der Mietwohnung eine "konkrete Gefahr für Leib oder Leben" der Vermieterin oder anderer Hausbewohner, die eine sofortige Räumung rechtfertigt?

Die Genossenschaft argumentierte:

  • Der Schusswaffengebrauch stelle eine konkrete Gefahr für andere Hausbewohner dar
  • Solange der Mieter in der Wohnung verbleibe, seien andere Bewohner, Besucher und Handwerker akut gefährdet
  • Als Vermieterin sei die Genossenschaft für die Sicherheit ihrer Mitglieder verantwortlich

Der Mieter hielt dagegen:

  • Das Mietverhältnis sei über 25 Jahre störungsfrei verlaufen
  • Die Vermieterin stütze sich auf unbegründete Mutmaßungen
  • Es bestehe keine konkrete Gefahr für andere Hausbewohner

Die Entscheidung: Abstrakte Gefahr reicht nicht für Räumungsverfügung

Das Amtsgericht Hamburg wies den Antrag der Genossenschaft zurück. In seiner Begründung stellte das Gericht wichtige Grundsätze für Räumungsverfügungen auf:

"Die abstrakte Gefährlichkeit des eingesetzten Mittels (Schusswaffengebrauch im Wohnraum) rechtfertigt für sich genommen noch keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Vermieters bzw. von ihm zu schützenden Personen."

Das Gericht betonte, dass für eine Räumungsverfügung nach § 940a ZPO eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben vorliegen muss. Bloße Mutmaßungen, Befürchtungen oder Angst reichen nicht aus. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund seien besonders hoch anzusetzen, weil die Räumung einen gravierenden Eingriff darstellt.

Entscheidend war für das Gericht:

  1. Der Vorfall richtete sich nicht gegen die Vermieterin oder andere Hausbewohner
  2. Es gab keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung dieser Personengruppen
  3. Die Vorwegnahme der Hauptsache durch eine sofortige Räumung wiege schwer bei einem 87-jährigen Mieter, der seit 25 Jahren in der Wohnung lebt

Wichtig war auch: Nach juristischer Lebenserfahrung wird bei einer Festnahme am Tatort die Tatwaffe sichergestellt und die Wohnung nach weiteren Waffen durchsucht. Eine weitere Bedrohung durch die ursprüngliche Waffe bestand daher nicht mehr.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Vermieter haben Sie eine wichtige Erkenntnis aus diesem Urteil mitzunehmen: Eine einstweilige Räumungsverfügung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Selbst bei schwerwiegenden Vorfällen wie einem Schusswaffengebrauch müssen Sie nachweisen können, dass eine konkrete Gefahr für Sie als Vermieter oder andere Hausbewohner besteht.

Das Gericht unterscheidet klar zwischen:

  • Einer abstrakten Gefahr (die Möglichkeit einer Gefährdung)
  • Einer konkreten Gefahr (tatsächliche Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung)

Für eine Räumungsverfügung benötigen Sie Letzteres. Dabei können konkrete Anhaltspunkte sein:

  • Frühere Vorfälle, die sich gegen Sie oder andere Hausbewohner gerichtet haben
  • Ausgesprochene Drohungen gegen diesen Personenkreis
  • Tatsächliche Anzeichen für weitere unmittelbar bevorstehende Gewalttaten

Auch ein "verdeckter" Räumungsantrag, etwa durch ein Betretungsverbot für die Wohnung in Verbindung mit einem Schlüsselaustausch, unterliegt denselben strengen Anforderungen. Das Gericht stellt klar:

"Faktisch steht das Betretungsverbot der Wohnung einer Räumung gleich, weshalb an den Antrag dieselben Voraussetzungen einer konkreten Gefahr aus § 940a ZPO zu stellen sind."

Wichtig zu wissen: Der normale Weg zur Räumung führt über eine Räumungsklage im Hauptsacheverfahren. Die einstweilige Verfügung ist ein Sonderweg für absolute Ausnahmefälle, bei denen eine konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht und ein Abwarten bis zum Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist.

Fazit

Der Fall zeigt die hohen Hürden für eine Räumungsverfügung. Selbst ein so schwerwiegender Vorfall wie ein Schusswaffengebrauch in der Mietwohnung rechtfertigt nicht automatisch eine sofortige Räumung. Entscheidend ist, ob eine konkrete Gefahr für den Vermieter oder andere Hausbewohner besteht. Bei der Beurteilung müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden – darunter auch das Alter des Mieters und die Dauer des Mietverhältnisses.

Quelle: AG Hamburg, Beschluss vom 21.01.2025 - 21 C 7/25

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Rauchmelder und Winterdienst: Was Mieter bei der Betriebskostenabrechnung zahlen müssen

  • Teaser: Immer wieder sorgen Betriebskostenabrechnungen für Streit zwischen Mietern und Vermietern. Besonders umstritten sind oft Posten, die nicht ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart wurden. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Schöneberg klärt nun, dass Mieter sowohl für die Wartung von Rauchmeldern als auch für Winterdienstkosten aufkommen müssen – auch wenn diese nicht explizit im Mietvertrag genannt sind.
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  • 04/25

Der Streitfall: Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung

In dem verhandelten Fall hatte ein Vermieter seinem Mieter eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2022 zugestellt, aus der sich eine Nachforderung von 547,15 Euro ergab. Der Mieter hatte bereits Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 450 Euro geleistet, bestritt aber, für bestimmte Kosten aufkommen zu müssen.

Konkret wendete sich der Mieter gegen zwei Kostenpositionen:

  1. Die Wartungskosten für Rauchmelder
  2. Die Kosten für den Winterdienst

Beide Positionen waren nicht ausdrücklich im Mietvertrag als umlagefähige Betriebskosten vereinbart worden. Zudem hatte der Vermieter den Umlagemaßstab für die Heizkosten von ursprünglich 50:50 (Verbrauch

 

äche) auf 70:30 geändert.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Schöneberg gab dem Vermieter Recht und verurteilte den Mieter zur Zahlung der noch ausstehenden 97,15 Euro. Die Begründung des Gerichts liefert wichtige Erkenntnisse für alle Mietverhältnisse:

Rauchmelder-Wartungskosten sind umlagefähig

Wichtig: Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Mietvertrag dürfen Vermieter die Kosten für die Wartung von Rauchmeldern auf ihre Mieter umlegen.

Das Gericht begründete dies damit, dass es sich bei den Wartungskosten für Rauchmelder um Betriebskosten handelt, die erst nach Abschluss des Mietvertrags aufgrund einer Modernisierung entstanden sind. In solchen Fällen ist der Vermieter ausnahmsweise berechtigt, diese Kosten auf den Mieter umzulegen. Das Gericht stützte sich hierbei auf ein Urteil des Landgerichts Magdeburg aus dem Jahr 2011 und auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004.

Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass bei neu eingeführten Betriebskosten von einer konkludenten (stillschweigenden) Einigung ab dem Zeitpunkt ihrer erstmaligen Entstehung auszugehen ist. Zudem ist der Mieter nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, diese nach einer Modernisierung entstandenen Kosten zu tragen.

Winterdienstkosten sind Teil der Straßenreinigung

Ebenfalls wichtig: Winterdienstkosten fallen unter die Straßenreinigungskosten und sind auch ohne separate Vereinbarung umlagefähig.

Das Gericht stellte klar, dass es unerheblich ist, ob der Winterdienst als solcher ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart wurde. Entscheidend sei vielmehr, dass die Parteien die Umlage der Straßenreinigungskosten vereinbart haben. Bei Winterdienst handele es sich um Kosten der Straßenreinigung, die lediglich saisonal, nämlich im Winter, anfallen.

Änderung des Umlagemaßstabs für Heizkosten

In dem Urteil ging es auch um die Frage, ob der Vermieter den Umlagemaßstab für Heizkosten ändern darf. Die ursprüngliche Vereinbarung im Mietvertrag sah eine Verteilung von 50% nach Verbrauch und 50% nach Fläche vor. Der Vermieter hatte diesen Maßstab jedoch auf 70% nach Verbrauch und 30% nach Fläche geändert.

Das Gericht entschied:

Nach Durchführung von baulichen Maßnahmen, die nachhaltig Einsparungen von Heizenergie bewirken, darf der Vermieter den vereinbarten Umlagemaßstab für Heizkosten ändern.

Im konkreten Fall hatte die Hausverwaltung mit Schreiben vom 22.12.2016 den Umlagemaßstab gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Heizkostenverordnung aufgrund von baulichen Maßnahmen geändert. Seit 2017 wurden die Heizkostenabrechnungen entsprechend dem neuen Schlüssel verteilt. Das Gericht ging hier von einer konkludenten Vereinbarung zwischen den Parteien aus, da der Mieter die Änderung über mehrere Jahre hinweg akzeptiert hatte.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg hat wichtige praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter:

  1. Für Mieter:
    • Auch wenn im Mietvertrag die Wartungskosten für Rauchmelder nicht ausdrücklich genannt sind, müssen Sie diese in der Regel bezahlen.
    • Gleiches gilt für die Kosten des Winterdienstes, sofern die Umlage der Straßenreinigungskosten vereinbart ist.
    • Prüfen Sie Ihre Betriebskostenabrechnungen genau, aber bedenken Sie, dass bestimmte Kosten auch ohne explizite Vereinbarung umlagefähig sein können.
  2. Für Vermieter:
    • Sie können Kosten für nachträglich eingebaute Rauchmelder auf Ihre Mieter umlegen, auch wenn dies nicht explizit im Mietvertrag vereinbart wurde.
    • Winterdienstkosten können als Teil der Straßenreinigungskosten abgerechnet werden.
    • Nach energetischen Sanierungen können Sie den Umlagemaßstab für Heizkosten anpassen, sollten dies aber schriftlich mitteilen.

Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass bei Betriebskosten nicht allein der Wortlaut des Mietvertrags entscheidend ist. Auch gesetzliche Regelungen, die Grundsätze von Treu und Glauben sowie die Rechtsprechung spielen eine wichtige Rolle.

Bei Unsicherheiten über die Umlagefähigkeit bestimmter Betriebskosten kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, um unnötige Streitigkeiten zu vermeiden.

Quelle

AG Schöneberg, Urteil vom 05.02.2025 - 4 C 5067/24

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Wohnung und Stellplatz - Ein Mietvertrag oder zwei?

  • Teaser: Wer eine Wohnung mit Parkplatz mietet, findet beides oft in einem einzigen Mietvertrag geregelt. Aber kann der Vermieter den Stellplatz separat kündigen? Diese Frage beschäftigte kürzlich das Amtsgericht Kiel und führte zu einer klaren Entscheidung, die für viele Mieter relevant sein dürfte.
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  • 04/25

Der Fall: Vermieter will nur den Stellplatz kündigen

In dem verhandelten Fall hatte ein Mieter im April 2003 einen Mietvertrag für eine Zweizimmerwohnung im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses abgeschlossen. Im selben Vertrag war auch ein PKW-Stellplatz auf dem Hinterhof des Grundstücks nebst Fernbedienung für die Einfahrt enthalten.

Im März 2024 - also über 20 Jahre später - kündigte die neue Eigentümerin und Vermieterin dem Mieter den Stellplatz zum 30. Juni 2024, ohne Gründe anzugeben. Sie berief sich dabei auf § 580a Abs. 1 BGB, der bei der Miete von "sonstigen Räumen" eine ordentliche Kündigung ermöglicht.

Der Mieter widersprach der Kündigung, woraufhin die Vermieterin Klage auf Räumung des Stellplatzes und Herausgabe des Transponders einreichte.

Die Standpunkte: Ein Vertrag oder zwei?

Die Kernfrage des Rechtsstreits war einfach: Handelt es sich um zwei separate Mietverträge (Wohnung und Stellplatz getrennt) oder um einen einheitlichen Mietvertrag?

Die Vermieterin argumentierte:

  • Es handele sich um zwei eigenständige Verträge
  • Der Stellplatz könne nach den Vorschriften über die Miete sonstiger Räume separat gekündigt werden

Der Mieter hingegen meinte:

  • Es liege ein einheitlicher Mietvertrag vor
  • Dieser könne nur nach den Vorschriften über Wohnraummiete gekündigt werden, die deutlich strengere Anforderungen stellen

Das Urteil: Einheitlicher Mietvertrag!

Das Amtsgericht Kiel (Urteil vom 14.10.2024, Az. 107 C 88/24) wies die Klage ab und gab dem Mieter recht. Die Kündigung des Stellplatzes war unwirksam.

"Entscheidend für die Abgrenzung, ob ein einheitliches Mietverhältnis besteht oder zwei unabhängige Mietverhältnisse, ist der Parteiwille."

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit mehreren überzeugenden Argumenten:

  1. Wirtschaftliche Zusammengehörigkeit: Wohnung und Stellplatz befanden sich auf demselben Grundstück, was für eine wirtschaftliche Einheit spricht.
  2. Einheitliche Vertragsurkunde: Alles war in einem Dokument mit der Überschrift "Mietvertrag für Wohnungen" geregelt.
  3. Vorgedruckte Regelungen: Die Kündigungsregelungen im Vertrag bezogen sich durchgängig auf Wohnraummiete.
  4. Spezielle Sonderregelung: Im Vertrag war lediglich eine besondere Klausel enthalten, die dem Mieter ein Sonderkündigungsrecht für den Stellplatz einräumte - und zwar nur für den Fall, dass "der neue PKW nicht durch die Hofeinfahrt passt".

Das Gericht fand es besonders überzeugend, dass die Parteien zwar eine spezielle Ausstiegsmöglichkeit für den Mieter geregelt, aber keine allgemeine Kündigungsmöglichkeit nur für den Stellplatz vorgesehen hatten.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Die Entscheidung des AG Kiel steht in einer Reihe ähnlicher Urteile und bekräftigt wichtige Grundsätze für Mieter:

  • Einheitlicher Vertrag = einheitlicher Schutz: Wenn Wohnung und Stellplatz in einem Vertrag geregelt sind und sich auf demselben Grundstück befinden, spricht viel für einen einheitlichen Mietvertrag mit dem vollen Kündigungsschutz des Wohnraummietrechts.
  • Auf die Details achten: Ein gesondert ausgewiesener Mietanteil für den Stellplatz macht aus einem einheitlichen Vertrag noch keine zwei separaten Verträge.
  • Sonderkündigungsklauseln genau lesen: Eine spezielle Regelung wie "Der Pkw-Stellplatz kann mit einer 4-wöchigen Kündigungsfrist zurückgegeben werden, falls der neue Pkw nicht durch die Hofeinfahrt passt" gilt nur für den genannten Sonderfall und nur zugunsten des Mieters.

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Mietvertrag für Wohnung und Stellplatz als einheitlich oder getrennt anzusehen ist, sollten Sie im Streitfall rechtlichen Rat einholen. Die Abgrenzung kann im Einzelfall komplex sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Die grundsätzliche Tendenz der Rechtsprechung ist jedoch klar: Bei räumlichem Zusammenhang und einheitlicher vertraglicher Regelung genießt auch der Stellplatz den besonderen Schutz des Wohnraummietrechts.


Quelle: AG Kiel, Urteil vom 14.10.2024 - 107 C 88/24

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Wassergruß aus dem Fenster: Vermieter darf fristlos kündigen

  • Teaser: Im Zusammenleben von Mietern und Vermietern kann es leider immer wieder zu Konflikten kommen. Doch wo liegt die Grenze zwischen einer harmlosen Meinungsverschiedenheit und einem Verhalten, das eine fristlose Kündigung rechtfertigt? Ein aktuelles Gerichtsurteil gibt hierzu eine klare Antwort: Wer seinen Vermieter mit Wasser überschüttet, muss mit einer sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses rechnen.
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  • 04/25

Der Fall: Eskalierter Streit im Hinterhof

Der vorliegende Fall dreht sich um einen Konflikt zwischen einer Mieterin und ihrer Vermieterin. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen – dem 18. und 19. Mai 2023 – kam es zu folgenden Vorfällen:

Die Mieterin goss jeweils einen mit Wasser gefüllten Eimer aus ihrem Fenster in den Hof, während sich die Vermieterin dort aufhielt. Nach Feststellung des Gerichts wurde die Vermieterin dabei beide Male getroffen und "gänzlich durchnässt". Ein Zeuge beschrieb den Zustand der Vermieterin bildhaft als "klitschnass" wie bei der "Ice-Bucket-Challenge".

Die Mieterin selbst gab an, dass die Wassergüsse erfolgt seien, um die Vermieterin davon abzuhalten, ihr Fahrrad umzustellen. Nach dem ersten Vorfall soll die Mieterin sogar geäußert haben, "sie würde es wieder tun" – was sie am Folgetag dann auch in die Tat umsetzte.

Die rechtliche Bewertung: Störung des Hausfriedens

Das Gericht bewertete dieses Verhalten als schwerwiegenden Verstoß gegen die mietvertraglichen Pflichten. Folgende rechtliche Aspekte waren dabei entscheidend:

  1. Störung des Hausfriedens: Bereits das grundsätzliche Schütten eines Wassereimers aus dem Fenster in den Hof eines vermieteten Gebäudes stellt ein vertragswidriges Verhalten dar.
  2. Verletzung der Rücksichtnahmepflicht: Die Mieterin hat das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme "in grober Weise wiederholt verletzt".
  3. Vorsätzliches Handeln: Der Mieterin war bewusst, dass sich die Vermieterin im Hof aufhielt. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass sie zumindest billigend in Kauf nahm, die Vermieterin zu treffen.
  4. Strafrechtliche Relevanz: Das Gericht stufte die Handlung sogar als vorsätzliche Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB ein.

"Bereits jeder einzelne der Wassergüsse ist dazu geeignet, aufgrund seiner Nachhaltigkeit und Schwere einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen."

Die Entscheidung: Fristlose Kündigung war rechtmäßig

Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis am 24. Mai 2023 fristlos und forderte die Räumung der Wohnung. Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit dieser Kündigung nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB.

Besonders bemerkenswert: Eine vorherige Abmahnung war in diesem Fall nicht erforderlich. Das Gericht begründete dies mit zwei wesentlichen Punkten:

  1. Die Schwere des Vorfalls rechtfertigte den sofortigen Ausspruch der Kündigung ohne vorherige Warnung.
  2. Eine Abmahnung hätte "offensichtlich keinen Erfolg" versprochen, da die Mieterin ausdrücklich angekündigt hatte, ihr Verhalten zu wiederholen.

Die von der Mieterin erhobene Widerklage auf Mängelbeseitigung wies das Gericht ebenfalls ab, da durch die wirksame fristlose Kündigung das Mietverhältnis bereits beendet war und somit keine Ansprüche mehr daraus abgeleitet werden konnten.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil verdeutlicht wichtige Grundsätze im Mietrecht, die sowohl für Mieter als auch für Vermieter relevant sind:

Für Mieter:

  • Respektvoller Umgang ist Pflicht: Das Mietverhältnis verpflichtet zu gegenseitiger Rücksichtnahme. Körperliche Übergriffe oder Belästigungen – und sei es "nur" durch Wasser – können schwerwiegende Konsequenzen haben.
  • Konflikte sachlich lösen: Bei Streitigkeiten mit dem Vermieter sollten immer sachliche Lösungswege gesucht werden. Der Rechtsweg steht offen, Selbstjustiz hingegen kann zum Verlust der Wohnung führen.
  • Keine Bagatelle: Was mancher vielleicht als harmlosen Streich ansehen könnte, kann rechtlich als Körperverletzung gewertet werden und sofortige Konsequenzen nach sich ziehen.

Für Vermieter:

  • Dokumentation ist wichtig: Bei Vorfällen, die den Hausfrieden stören, sollten Beweise gesichert und Zeugen benannt werden. Im vorliegenden Fall war die Aussage eines Zeugen entscheidend.
  • Abmahnung nicht immer erforderlich: Bei besonders schwerwiegenden Verstößen kann eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtmäßig sein.
  • Zeitnahes Handeln: Nach Kenntnis eines Kündigungsgrundes sollte die Kündigung zeitnah ausgesprochen werden, um den Zusammenhang zwischen Vorfall und Kündigung deutlich zu machen.

Das Urteil zeigt eindrücklich, dass der Gesetzgeber und die Rechtsprechung dem friedlichen Zusammenleben in Mietverhältnissen einen hohen Stellenwert beimessen. Die Störung des Hausfriedens durch körperliche Übergriffe – auch wenn diese auf den ersten Blick harmlos erscheinen mögen – kann zur sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses führen.


Quelle: AG Hanau, 19.02.2024 - 34 C 92/23

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Vorkaufsrecht bei Immobilienkauf: Verkäufer müssen Kaufinteressenten informieren

  • Teaser: Beim Kauf einer Immobilie kann ein bestehendes Vorkaufsrecht den Traum vom eigenen Zuhause platzen lassen. Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Verkäufer verpflichtet sind, Kaufinteressenten über ein möglicherweise ausgeübtes Vorkaufsrecht zu informieren – auch wenn dieses erst wahrscheinlich ist.
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Der Fall: Unerwartete Ausübung eines Vorkaufsrechts

Das Ehepaar K. hatte eine Immobilie in Hamburg gefunden und einen Kaufvertrag unterzeichnet. Was sie nicht wussten: Die Stadt Hamburg hatte ein gesetzliches Vorkaufsrecht an dem Grundstück und hatte bereits vor Vertragsabschluss Interesse am Erwerb des Grundstücks signalisiert. Die Verkäuferseite – bestehend aus der Eigentümerin und der von ihr beauftragten Immobilienmaklerfirma – verschwiegen diese wichtige Information.

Nach Unterzeichnung des Kaufvertrags übte die Stadt Hamburg ihr Vorkaufsrecht aus. Für das Ehepaar K. bedeutete dies nicht nur das Ende ihres Traums vom Eigenheim, sondern auch erhebliche finanzielle Verluste. Sie hatten bereits Finanzierungen für den Kauf abgeschlossen, die nun mit Kosten wieder aufgelöst werden mussten.

Die rechtlichen Streitpunkte

Die Kläger (das Ehepaar) forderten Schadensersatz von der Verkäuferin und der Immobilienmaklerfirma. Sie argumentierten, dass ihnen die drohende Ausübung des Vorkaufsrechts bewusst verschwiegen wurde. Sie hätten entweder gar nicht gekauft oder ihre Finanzierung anders gestaltet, wenn sie von diesem Risiko gewusst hätten.

Die Beklagten hielten dagegen:

  • Der Notar habe im Beurkundungstermin auf das Vorkaufsrecht hingewiesen
  • Es sei nicht klar gewesen, dass die Stadt das Vorkaufsrecht tatsächlich ausüben würde
  • Die Offenlegung eines Interesses des Vorkaufsberechtigten könne den Verkäufer benachteiligen

Zudem beriefen sich die Beklagten auf eine Klausel in der "Vollzugsurkunde nach Ausübung eines Vorkaufsrechts", wonach jede Partei ihre eigenen Aufwendungen tragen sollte – was nach ihrer Auffassung einen Verzicht auf Schadensersatzansprüche beinhaltete.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Hamburg gab den Klägern überwiegend Recht und verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von rund 18.940 Euro Schadensersatz. Das Gericht stellte wichtige Grundsätze auf:

Ein Grundstückseigentümer ist verpflichtet, im Rahmen von Verhandlungen über den Verkauf des Grundstücks den Kaufinteressenten darüber aufzuklären, dass er Kenntnis hat, dass der Inhaber eines Vorkaufsrechts mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Recht ausüben wird.

Das Gericht stellte fest, dass die Verkäuferin durch ihre Maklerfirma über die wahrscheinliche Ausübung des Vorkaufsrechts informiert war. Die zuständige Sachbearbeiterin der Stadt hatte dem Mitarbeiter der Maklerfirma telefonisch mitgeteilt, dass die Stadt das Vorkaufsrecht wahrscheinlich ausüben werde und sogar gebeten, Verhandlungen mit anderen Interessenten vorläufig zu stoppen.

Wichtige Feststellungen des Gerichts:

  1. Der allgemeine Hinweis des Notars auf ein mögliches Vorkaufsrecht reicht nicht aus – konkrete Informationen über ein wahrscheinlich ausgeübtes Vorkaufsrecht müssen mitgeteilt werden.
  2. Ein Verkäufer ist verpflichtet, über alle Umstände aufzuklären, die für einen vernünftigen Käufer von wesentlicher Bedeutung sind, sofern der Verkäufer diese kennt oder für möglich hält.
  3. Die Maklerfirma hatte sich in eine "Sachwalterstellung" begeben, da sie alle Verhandlungen führte und die einzige Kontaktperson für die Käufer war.
  4. Die Klausel in der Vollzugsurkunde, wonach jede Partei ihre Aufwendungen selbst trägt, stellt keinen Verzicht auf Schadensersatzansprüche dar.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Immobilienkäufern erheblich und bringt wichtige Erkenntnisse für alle Beteiligten am Immobilienmarkt:

Für Käufer:

  • Fragen Sie aktiv nach, ob Vorkaufsrechte bestehen und ob es Anzeichen gibt, dass diese ausgeübt werden könnten.
  • Bei einem bestehenden Vorkaufsrecht sollten Sie Ihre Finanzierung entsprechend gestalten, um Kosten bei einer möglichen Ausübung zu vermeiden.
  • Dokumentieren Sie alle Gespräche mit Verkäufern und Maklern schriftlich.

Für Verkäufer:

  • Sie sind zur umfassenden Aufklärung über alle wesentlichen Umstände verpflichtet, die den Kauf beeinflussen könnten.
  • Dazu gehört auch die Information über ein möglicherweise ausgeübtes Vorkaufsrecht.
  • Diese Aufklärungspflicht gilt auch dann, wenn Sie einen Makler einschalten – dessen Wissen wird Ihnen zugerechnet.

Für Makler:

  • Als "Sachwalter" haben Sie eine besondere Verantwortung gegenüber beiden Seiten.
  • Sie müssen über alle wesentlichen Umstände informieren, die Ihnen bekannt sind.
  • Ein Verschweigen wichtiger Informationen kann zu erheblichen Schadensersatzforderungen führen.

Das OLG Hamburg hat mit diesem Urteil klargestellt, dass die Transparenz beim Immobilienkauf höchste Priorität hat. Wer wesentliche Informationen verschweigt, muss für den daraus entstehenden Schaden aufkommen – ein wichtiges Signal für mehr Fairness auf dem Immobilienmarkt.


Quelle: OLG Hamburg, Urteil vom 29.05.2024 - 13 U 64/23

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