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Versteckte Kamera im Bad: Vermieter muss Schmerzensgeld zahlen

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Eine Mieterin entdeckt eine versteckte Videokamera im Badezimmer ihrer Wohngemeinschaft. Der Vermieter filmte sie heimlich beim Duschen. Das Gericht verurteilte ihn zu Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen schwerer Persönlichkeitsverletzung.
Junge Frau sucht im Bad nach einer versteckten Kamera
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der schockierende Fund im Badezimmer

Im September 2021 machten drei junge Frauen in ihrer Berliner WG-Wohnung eine erschreckende Entdeckung. In einer als Abstellraum genutzten Sauna im Badezimmer war eine Kamera versteckt, die auf den Badezimmerspiegel gerichtet war. Die Kamera war eingeschaltet, und auf dem Speicher befanden sich bereits Aufnahmen, die die Mieterinnen beim Duschen zeigten. Besonders perfide war die Konstruktion durch die Spiegelreflexionen, die intime Aufnahmen der unbekleideten Frauen ermöglichten.

Der Vermieter wohnte in derselben Wohnung wie die drei Mieterinnen. Das Mietverhältnis bestand seit Juni 2021. Die betroffene Mieterin kündigte unmittelbar nach der Entdeckung fristlos und verließ die Wohnung. Sie forderte nicht nur die Rückzahlung der Kaution und Schadensersatz für die höheren Kosten ihrer neuen Wohnung, sondern auch ein angemessenes Schmerzensgeld für die erlittene Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

Schwerwiegender Eingriff in die Intimsphäre

Das Amtsgericht Berlin-Pankow bewertete das Verhalten des Vermieters als schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das Badezimmer ist ein besonders geschützter Raum, in dem Menschen unbeobachtet und ungestört sein können. Hier entfaltet sich die Privat- und Intimsphäre in besonderem Maße. Das Gericht betonte, dass jeder Mensch Rückzugsbereiche benötigt, in denen er sich entspannen und ohne öffentliche Beobachtung verhalten kann. Ohne solche Rückzugsmöglichkeiten könnte der Einzelne psychisch überfordert sein, weil er unausgesetzt darauf achten müsste, wie er auf andere wirkt.

Die heimlichen Videoaufnahmen beim Duschen stellten einen massiven Vertrauensbruch dar. Der Vermieter hatte seine besondere Stellung ausgenutzt, denn als Eigentümer hatte er leichten Zugang zur Wohnung und konnte die Kamera unbemerkt installieren. Die drei deutlich jüngeren Mieterinnen befanden sich in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu ihm. Das Gericht wertete dies als erschwerenden Umstand bei der Bewertung des Fehlverhaltens.

Vertragliche Pflichten des Vermieters verletzt

Neben der deliktischen Haftung sah das Gericht auch eine Verletzung vertraglicher Pflichten aus dem Mietverhältnis. Gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben muss ein Vermieter Rücksicht auf die Rechte und Rechtsgüter seiner Mieter nehmen. Dazu gehört selbstverständlich, dass er seine Mieter nicht ohne deren Wissen filmt, schon gar nicht in intimen Situationen wie beim Duschen im Badezimmer.

Diese Rücksichtnahmepflicht ist eine vertragliche Nebenpflicht aus dem Mietverhältnis. Ihre Verletzung berechtigt den Mieter zum Schadensersatz. Im vorliegenden Fall führte die Pflichtverletzung dazu, dass die Mieterin die Wohnung verlassen musste und eine neue, teurere Wohnung anmietete. Die daraus entstehenden monatlichen Mehrkosten muss der Vermieter dauerhaft ersetzen, solange die Mieterin in der neuen Wohnung wohnt.

Keine Mietminderung für die Zeit vor der Entdeckung

Ein interessanter rechtlicher Aspekt betraf die Frage, ob die Miete bereits für die Monate vor der Entdeckung der Kamera gemindert war. Die Mieterin argumentierte, die Wohnung sei bereits ab Mietbeginn mangelhaft gewesen, weil die Kamera möglicherweise schon früher installiert worden war. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Ein Mietmangel liegt nur vor, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht und die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist.

Da die Mieterin nicht konkret vortragen konnte, seit wann die Kamera im Badezimmer installiert war, konnte das Gericht für die Zeit vor der Entdeckung keinen Mangel feststellen. Erst ab dem Zeitpunkt der Entdeckung im September 2021 war eindeutig bewiesen, dass die Wohnung mangelhaft war. Für diesen Monat erkannte das Gericht eine vollständige Mietminderung an, da die Wohnung nicht mehr für den vertragsgemäßen Gebrauch geeignet war.

Schmerzensgeld als angemessene Entschädigung

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte das Gericht verschiedene Faktoren. Zulasten des Vermieters wertete es die Heimlichkeit der Aufnahmen, die besondere Verletzlichkeit der Mieterin in unbekleideter Situation und den Missbrauch des Vertrauensverhältnisses. Der Vermieter hatte seine Position ausgenutzt, um in die Intimsphäre der deutlich jüngeren Mieterinnen einzudringen. Zudem muss die Mieterin künftig damit rechnen, in anderen Badezimmern erneut gefilmt zu werden, was zu dauerhafter Verunsicherung führen kann.

Zu Gunsten des Vermieters berücksichtigte das Gericht, dass er das Kerngeschehen von Beginn an eingeräumt und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte. Zudem waren die Aufnahmen bislang nicht veröffentlicht oder bekannt geworden. Das Gericht setzte das Schmerzensgeld auf einen vierstelligen Betrag fest. Dieser liegt unter der von der Mieterin geforderten Summe, wurde aber als angemessen und ausreichend angesehen, um sowohl die Genugtuungsfunktion als auch die Präventionsfunktion zu erfüllen.

Das Gericht betonte dabei, dass die deutsche Rechtsordnung keine Strafschadensersätze kennt. Es geht nicht um eine Bestrafung des Vermieters, sondern um eine Wiedergutmachung des erlittenen Schadens der Mieterin.

Haftung für künftige Schäden festgestellt

Besonders wichtig war der Klägerin die Feststellung, dass der Vermieter auch für künftige Schäden haftet. Das Gericht gab diesem Antrag statt, weil nicht auszuschließen ist, dass der Mieterin später Schäden entstehen. Denkbar sind psychische Beeinträchtigungen wie Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen oder Depressionen, die erst mit zeitlicher Verzögerung auftreten können und therapeutischer Behandlung bedürfen.

Auch negative soziale oder berufliche Konsequenzen sind möglich, falls die Aufnahmen doch noch verbreitet werden sollten. Ebenso könnten künftige Kosten für Sicherheitsmaßnahmen oder weitere Rechtsverfolgungskosten entstehen. Mit der Feststellung der Haftung ist geklärt, dass der Vermieter für all diese möglichen künftigen Schäden einzustehen hat. Die Mieterin muss diese Schäden dann nicht mehr beweisen, sondern nur noch deren Höhe darlegen.

Dauerhafte finanzielle Folgen für den Vermieter

Neben dem Schmerzensgeld muss der Vermieter auch die wirtschaftlichen Folgen seines Handelns tragen. Dazu gehört die Rückzahlung der Mietkaution, die er zunächst einbehalten wollte. Seine Behauptung, er habe die Kaution bereits zurückgezahlt und könne mit einer Betriebskostennachzahlung aufrechnen, konnte er nicht beweisen.

Besonders schwerwiegend sind die dauerhaften monatlichen Zahlungen, zu denen der Vermieter verurteilt wurde. Die Mieterin musste nach ihrem Auszug eine neue Wohnung anmieten, die teurer ist als das frühere WG-Zimmer. Die monatliche Differenz muss der Vermieter solange zahlen, wie die Mieterin in der neuen Wohnung wohnt. Diese dauerhafte Verpflichtung kann über Jahre erhebliche Summen ausmachen und zeigt deutlich die wirtschaftlichen Konsequenzen eines solchen Fehlverhaltens.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil sendet ein klares Signal: Die heimliche Videoüberwachung von Mietern, insbesondere in Intimbereichen wie dem Badezimmer, ist eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen. Vermieter dürfen ihre besondere Position nicht missbrauchen, um in die Privatsphäre ihrer Mieter einzudringen.

Für Mieter bedeutet das Urteil, dass sie bei einer solchen Verletzung umfassende Ansprüche haben. Neben Schadensersatz und Schmerzensgeld können sie auch die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen. Die Mehrkosten für eine neue Wohnung muss der Vermieter dauerhaft tragen. Zudem kann die Haftung für künftige Schäden festgestellt werden, was eine wichtige Absicherung für mögliche Spätfolgen darstellt.

Das Urteil zeigt auch, dass Gerichte solche Verstöße ernst nehmen und angemessene Entschädigungen zusprechen. Die Installation versteckter Kameras in Mietwohnungen, besonders in Sanitärräumen, stellt nicht nur einen Verstoß gegen das Mietrecht dar, sondern kann auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Betroffene sollten daher nicht zögern, ihre Rechte geltend zu machen und sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich gegen den Vermieter vorzugehen.

Wichtig ist auch die Erkenntnis des Gerichts zur Mietminderung: Diese setzt voraus, dass der Mangel tatsächlich vorliegt. Eine Mietminderung rückwirkend für Zeiträume, in denen der Mangel noch nicht entdeckt war, ist nur möglich, wenn konkret dargelegt werden kann, seit wann der Mangel bestand. Mieter sollten daher nach der Entdeckung eines solchen Mangels umgehend handeln und die Miete mindern.


Quelle: Amtsgericht Berlin-Pankow, Urteil vom 11. Juni 2025, Aktenzeichen 2 C 2/25

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