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Bedrohung mit Waffe rechtfertigt fristlose Kündigung

Der beste Anwalt für Mietrecht
Wenn ein Mieter die Tochter seines Vermieters mit einer Schusswaffe bedroht, kann das Mietverhältnis fristlos gekündigt werden. Eine vorherige Abmahnung ist in solchen Fällen nicht erforderlich.
Eine Frau und ein Mann streiten sich an einem Gartenzaun
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Streit eskaliert am Gartenzaun

Ein Mietverhältnis, das mehr als vier Jahrzehnte Bestand hatte, endete abrupt durch eine schwerwiegende Drohung. Der langjährige Mieter geriet mit der Tochter seiner Vermieter in einen heftigen Streit über die Nutzung von Grundstücksflächen. Was als Auseinandersetzung um einen Stellplatz begann und sich auf Gartenflächen ausweitete, gipfelte in einer dramatischen Eskalation.

Die Tochter der Vermieter hatte eine Wohnung im selben Haus bezogen, was zu mehreren Konflikten über die Nutzung gemeinschaftlicher Flächen führte. Als es erneut zu einer Auseinandersetzung kam, äußerte der Mieter gegenüber der jungen Frau, er werde seine Knarre holen und sie abknallen. Diese Drohung nahmen die Vermieter zum Anlass, das Mietverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen.

Die rechtliche Ausgangslage bei Bedrohungen

Das deutsche Mietrecht sieht grundsätzlich vor, dass Mietverhältnisse nur aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden können. Ein solcher wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die Interessen beider Seiten abgewogen werden.

Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens kann einen wichtigen Grund darstellen. Dies gilt besonders, wenn ein Mieter seine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber anderen Hausbewohnern in schwerwiegender Weise verletzt. Normalerweise muss der Vermieter vor einer Kündigung eine Abmahnung aussprechen, um dem Mieter die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern.

In besonders schwerwiegenden Fällen kann jedoch ausnahmsweise auf eine Abmahnung verzichtet werden. Dies ist dann der Fall, wenn das für die Vertragserfüllung notwendige Vertrauen so nachhaltig zerstört wurde, dass eine Abmahnung nicht mehr zur Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses führen könnte.

Was genau ist passiert?

Bei der gerichtlichen Aufklärung des Sachverhalts ergab sich folgendes Bild: Der Mieter räumte ein, dem Vermieter gesagt zu haben, wenn dieser noch einmal auf sein Grundstück komme und ihn schlage, müsse er von seiner Waffe Gebrauch machen. Das Gericht kam jedoch nach Anhörung aller Beteiligten zu der Überzeugung, dass sich die Drohung tatsächlich gegen die Tochter des Vermieters richtete.

Sowohl der Vermieter als auch seine Tochter schilderten übereinstimmend, dass der Mieter gedroht habe, seine Knarre zu holen und die junge Frau abzuknallen. Eine weitere Zeugin, die bei dem Vorfall anwesend war, bestätigte, dass der Mieter mit einer Knarre gedroht hatte. Das Gericht hielt diese Aussagen für glaubwürdig, da sie plastisch und lebensnah waren.

Der Mieter besitzt tatsächlich eine Gaspistole, für die er einen kleinen Waffenschein hat. Dies verlieh der Drohung zusätzliches Gewicht. Die betroffene Tochter schilderte überzeugend ihre Angst vor dem Mieter.

Die Abwägung des Gerichts

Das Gericht musste bei seiner Entscheidung verschiedene Aspekte berücksichtigen. Für den Mieter sprachen zunächst die lange Dauer des Mietverhältnisses von über vierzig Jahren und seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Zudem war das Verhältnis zwischen den Parteien bereits seit dem Einzug der Vermieterstochter belastet, was mehrere Konflikte um Grundstücksflächen ausgelöst hatte.

Die Richter stellten jedoch klar, dass selbst in einem belasteten Mietverhältnis die Androhung eines tödlichen Waffeneinsatzes nicht hinzunehmen sei. Mit seiner Äußerung habe der Mieter eine Grenze überschritten, die nicht nur strafrechtlich relevant sei, sondern auch im Umgang mit einer anderen Mieterin nicht akzeptabel sei.

Besonders bedeutsam war für das Gericht, dass die Bedrohte die Tochter der Vermieter war. Die Vermieter hätten gegenüber ihrer Tochter, die ebenfalls im Haus wohnte, besondere Schutzpflichten, die sie nicht mehr hätten wahrnehmen können, wenn der Mieter im Haus verblieben wäre.

Warum war keine Abmahnung erforderlich?

Normalerweise muss ein Vermieter einen Mieter zunächst abmahnen, bevor er eine außerordentliche Kündigung aussprechen kann. Das gibt dem Mieter die Chance, sein Fehlverhalten zu korrigieren und das Mietverhältnis fortzusetzen.

In diesem Fall kam das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich war. Die Drohung mit einem Schusswaffeneinsatz habe das für die Vertragserfüllung notwendige Vertrauen so nachhaltig zerstört, dass nicht zu erwarten gewesen sei, dieses durch eine Abmahnung wiederherstellen zu können.

Die Schwere der Pflichtverletzung war so gravierend, dass den Vermietern ein Festhalten am Mietvertrag nicht mehr zuzumuten war. Selbst unter Berücksichtigung der langen Mietdauer und der gesundheitlichen Probleme des Mieters überwog das Interesse der Vermieter an einer sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses.

Die Entscheidung im Detail

Das Landgericht Essen bestätigte die fristlose Kündigung durch die Vermieter vollumfänglich. Die Richter waren davon überzeugt, dass der Mieter die Drohung tatsächlich ausgesprochen hatte und dass diese so schwerwiegend war, dass sie eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigte.

Das Gericht gewährte dem Mieter jedoch eine Räumungsfrist bis Ende Juni. Diese Entscheidung berücksichtigte das Alter und die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Mieters sowie die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt im nördlichen Ruhrgebiet. Trotz der Schwere des Kündigungsgrundes sollte dem Mieter ausreichend Zeit gegeben werden, eine neue Wohnung zu finden.

Die Kostenentscheidung fiel zulasten des Mieters aus, da er mit seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil keinen Erfolg hatte. Sowohl das Urteil der ersten Instanz als auch das Berufungsurteil wurden für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil zeigt deutlich, wo die Grenzen im Umgang zwischen Mietern und Vermietern liegen. Auch in langjährigen Mietverhältnissen und selbst bei angespannten Beziehungen gibt es rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen.

Bedrohungen, insbesondere solche mit Waffen, werden von Gerichten als so schwerwiegend eingestuft, dass sie eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen können. Das gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis seit Jahrzehnten besteht und der Mieter aus anderen Gründen kaum kündbar wäre.

Für Vermieter bedeutet dies, dass sie bei schwerwiegenden Bedrohungen durch Mieter nicht tatenlos zusehen müssen. Sie können das Mietverhältnis fristlos kündigen, ohne zuvor eine Abmahnung aussprechen zu müssen. Allerdings sollten sie sicherstellen, dass die Vorwürfe beweisbar sind, etwa durch Zeugen.

Für Mieter bedeutet das Urteil eine klare Warnung: Konflikte müssen auf sachliche und angemessene Weise ausgetragen werden. Wer zu verbalen Entgleisungen oder gar Bedrohungen greift, riskiert selbst bei langjährigen Mietverhältnissen den Verlust der Wohnung. Auch gesundheitliche Probleme oder eine schwierige Situation auf dem Wohnungsmarkt können dann nicht mehr helfen.

Das Gericht machte deutlich, dass die Schutzpflichten des Vermieters gegenüber anderen Hausbewohnern einen hohen Stellenwert haben. Vermieter müssen dafür sorgen, dass alle Mieter sicher in ihrem Zuhause leben können. Wenn ein Mieter andere Hausbewohner bedroht, steht dies dem entgegen.

Praktische Empfehlungen für Konfliktsituationen

Nachbarschaftskonflikte in Mehrfamilienhäusern sind keine Seltenheit. Streitigkeiten um Parkplätze, Gartenflächen oder Hausordnungen gehören zum Alltag vieler Mietshäuser. Entscheidend ist jedoch, wie mit solchen Konflikten umgegangen wird.

Wenn Sie als Mieter das Gefühl haben, ungerecht behandelt zu werden, sollten Sie zunächst das sachliche Gespräch suchen. Dokumentieren Sie Vorfälle schriftlich und schalten Sie im Zweifel den Mieterbund oder einen Rechtsanwalt ein. Drohen Sie niemals mit Gewalt oder Waffen, auch nicht im Affekt.

Wenn Sie als Vermieter mit schwerwiegenden Vorfällen konfrontiert werden, sollten Sie diese ebenfalls dokumentieren und zeitnah reagieren. Bei Bedrohungen oder Gewalt können Sie eine fristlose Kündigung in Erwägung ziehen. Lassen Sie sich jedoch rechtlich beraten, um sicherzustellen, dass alle formalen Voraussetzungen erfüllt sind.

In jedem Fall gilt: Kommunikation und gegenseitiger Respekt sind der Schlüssel zu einem funktionierenden Mietverhältnis. Selbst langjährige Mietverhältnisse können bei schwerwiegenden Verfehlungen schnell enden.

Grundsätze des Urteils

  • Die Androhung eines tödlichen Waffeneinsatzes gegenüber Hausbewohnern stellt eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt
  • Bei gravierenden Bedrohungen ist eine vorherige Abmahnung entbehrlich, wenn das für die Vertragserfüllung notwendige Vertrauen nachhaltig zerstört wurde
  • Vermieter haben besondere Schutzpflichten gegenüber anderen Hausbewohnern, insbesondere gegenüber eigenen Familienangehörigen, die im Haus wohnen
  • Selbst eine langjährige Mietdauer von über vierzig Jahren und gesundheitliche Beeinträchtigungen des Mieters können eine Kündigung nicht verhindern, wenn die Pflichtverletzung gravierend ist

Quelle: Landgericht Essen, Urteil vom 06.03.2025, Aktenzeichen 10 S 211/24

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