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Tod des Mieters verschwiegen: Fristlose Kündigung zulässig

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Wer den Tod des Mieters jahrelang verheimlicht und im Namen des Verstorbenen kommuniziert, riskiert die sofortige Kündigung. Ein aktuelles Urteil zeigt die rechtlichen Folgen.
Ältere Frau sitzt am Küchentisch und blättert im Familienstammbuch
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Jahrelange Täuschung nach Tod des Mieters

Eine Frau lebte gemeinsam mit ihrem Partner in einer Mietwohnung in Berlin. Der Mann war im Mietvertrag aus dem Jahr 2009 als alleiniger Mieter eingetragen. Als dieser im Jahr 2019 verstarb, informierte seine Partnerin die Vermieter nicht über den Todesfall. Stattdessen lebte sie weiterhin in der Wohnung und zahlte die Miete unter dem Namen des Verstorbenen.

Die Situation spitzte sich zu, als die Wohnung verkauft werden sollte. Die neuen Eigentümer versuchten Kontakt zum Mieter aufzunehmen. Die Frau täuschte dabei vor, der ursprüngliche Mieter lebe noch. Sie kommunizierte per WhatsApp und telefonisch mit den neuen Vermietern und übersandte sogar ein Schreiben mit der Unterschrift des verstorbenen Mieters. Darin bat sie vorgeblich in dessen Namen um die Erlaubnis zur Untervermietung an sie als Partnerin.

Erst durch eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt im April 2023 erfuhren die neuen Vermieter von dem bereits vier Jahre zurückliegenden Todesfall. Sie kündigten daraufhin das Mietverhältnis fristlos.

Die rechtliche Auseinandersetzung

Die Frau wehrte sich gegen die Kündigung und argumentierte, diese stelle für sie eine unzumutbare Härte dar. Sie verwies auf ihre schwere Krebserkrankung, die sie daran hindere, sich um eine neue Wohnung zu bemühen. Das Landgericht Berlin verurteilte sie dennoch zur Räumung der Wohnung. Dagegen legte sie Berufung ein.

Das Kammergericht Berlin wies die Berufung zurück und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf die Regelung zum Eintritt in das Mietverhältnis bei Tod des Mieters. Nach dem Gesetz tritt die Person, die mit dem verstorbenen Mieter einen gemeinsamen Haushalt geführt hat, automatisch in das Mietverhältnis ein. Der Vermieter hat jedoch ein besonderes Kündigungsrecht: Er kann innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Eintritt außerordentlich kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.

Das Gericht stellte klar, dass ein solcher wichtiger Grund gegeben ist, wenn dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Eingetretenen nicht zugemutet werden kann. Dabei kommt es nicht auf ein Verschulden an. Entscheidend ist vielmehr, ob objektive und nachgewiesene Anhaltspunkte die Erwartung rechtfertigen, das Mietverhältnis werde sich für den Vermieter als nicht tragbar erweisen.

Das unredliche Verhalten als Kündigungsgrund

Das Gericht bewertete das Verhalten der Frau als schwerwiegenden Vertrauensbruch. Sie hatte nicht nur einmalig getäuscht, sondern über Jahre hinweg ein dauerhaftes unredliches Verhalten gezeigt. Sie kommunizierte wiederholt im Namen des Verstorbenen und erweckte bewusst den Eindruck, dieser lebe noch und sie leite ihr Nutzungsrecht von ihm ab.

Das Kammergericht betonte: Ein solches Verhalten begründet einen wichtigen Kündigungsgrund, weil den Vermietern die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist.

Besonders schwer wog, dass die Frau seit dem Tod im Jahr 2019 ausreichend Zeit gehabt hätte, die Vermieter zu informieren. Spätestens als die Verkaufsabsichten bekannt wurden und eine Maklerin Kontakt aufnahm, hätte sie die tatsächlichen Verhältnisse offenbaren müssen.

Die Krankheit als Entschuldigung?

Die Frau berief sich auf ihre Krebserkrankung und eingeschränkte Erkenntnisfähigkeit. Das Gericht ließ diese Argumentation nicht gelten. Zum einen kommt es für den wichtigen Kündigungsgrund ohnehin nicht auf ein Verschulden an. Zum anderen hatte die Frau über einen Zeitraum von mehreren Jahren ausreichend Gelegenheit gehabt, die Situation zu klären.

Das Gericht wies darauf hin, dass gerade die Erkrankung Anlass zu korrektem Verhalten hätte geben müssen. Schließlich hätte ein rechtmäßiger Eintritt in das Mietverhältnis ihre Wohnsituation dauerhaft absichern können.

Kein Härtefall trotz schwerer Erkrankung

Die Frau machte geltend, die Kündigung stelle eine unzumutbare Härte für sie dar. Auch dieses Argument wies das Gericht zurück. Zwar könne zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass sie an einer schweren Erkrankung leide. Dies allein genüge jedoch nicht für die Annahme einer unzumutbaren Härte.

Entscheidend war für das Gericht, dass die Frau seit der Kündigung im Mai 2023 von einer möglichen Beendigung des Mietverhältnisses wusste. Trotz des über zwei Jahre dauernden Prozesses hatte sie keinerlei Bemühungen unternommen, anderen Wohnraum zu suchen. Weder persönlich noch mit Hilfe Dritter hatte sie sich um eine Alternative gekümmert.

Ein weiterer Punkt sprach gegen die Frau: Sie war zu keiner Zeit unter der Adresse der streitgegenständlichen Wohnung gemeldet. Vielmehr war sie unter einer anderen Berliner Adresse registriert, ohne nachvollziehbar zu erklären, warum sie dort nicht wohnen könne.

Die Räumungsfrist als Kompromiss

Obwohl das Gericht die Kündigung bestätigte, gewährte es der Frau eine weitere Räumungsfrist bis Ende Juni 2026. Dies geschah unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung. Die zusätzliche Frist von gut acht Monaten erschien dem Gericht angemessen und für die Vermieter noch zumutbar.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung von Ehrlichkeit im Mietverhältnis. Wer mit einem Mieter zusammenlebt und nach dessen Tod in das Mietverhältnis eintritt, sollte die Vermieter unverzüglich informieren. Das Verschweigen des Todesfalls kann als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gewertet werden.

Für Vermieter zeigt das Urteil, dass sie bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten handeln können. Eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt kann Klarheit über die tatsächlichen Verhältnisse schaffen. Nach Kenntnis vom Tod des Mieters haben Vermieter einen Monat Zeit, um eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.

Auch der Hinweis auf gesundheitliche Probleme schützt nicht vor einer Kündigung, wenn das eigene Verhalten den Kündigungsgrund geschaffen hat. Wer trotz jahrelanger Kenntnis einer möglichen Beendigung keine Bemühungen zur Wohnungssuche unternimmt, kann sich nicht auf Härtefallregelungen berufen.

Grundsätze des Urteils

  • Das jahrelange Verschweigen des Todes eines Mieters durch die im Haushalt lebende Person begründet einen wichtigen Kündigungsgrund nach § 563 Abs. 4 BGB.
  • Ein Verschulden des Eingetretenen ist für den wichtigen Kündigungsgrund nicht erforderlich.
  • Das Vortäuschen der Lebendigkeit des verstorbenen Mieters und die Kommunikation in dessen Namen stellen ein schwerwiegendes unredliches Verhalten dar.
  • Krankheit allein begründet keine unzumutbare Härte, wenn über Jahre keine Bemühungen zur Wohnungssuche unternommen wurden.
  • Der Vermieter muss innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Eintritt kündigen.

Quelle: Kammergericht Berlin, Beschluss vom 20.10.2025, Az. 12 U 52/25

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