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Feuchte Souterrainwohnungen sind oft ein Kaufmangel

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Wer eine Wohnung im Souterrain mit erheblicher Wandfeuchtigkeit verkauft, muss für den Mangel einstehen - auch bei Altbauten ohne moderne Abdichtung.
Altes Mehrfamilienhaus mit Souterrain-Wohnung
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Wenn das Traumhaus zum Albtraum wird

Familie M. dachte, sie hätte ein Schnäppchen gemacht. Zwei Eigentumswohnungen im Souterrain eines historischen Gebäudes aus dem Jahr 1904 für deutlich unter dem ursprünglichen Angebotspreis. Doch statt wie geplant im September 2018 einzuziehen, mussten sie wegen anhaltender Feuchtigkeitsprobleme weiter ihre alte Wohnung mieten. Die Sanierungsarbeiten zogen sich über Monate hin.

Der Fall zeigt beispielhaft, welche rechtlichen Fallstricke beim Kauf von Souterrainwohnungen in Altbauten lauern. Der Bundesgerichtshof musste klären, ob erhebliche Wandfeuchtigkeit in einer als Wohnung verkauften Immobilie immer einen Mangel darstellt - auch wenn das Gebäude bereits über hundert Jahre alt ist.

Der lange Weg zur gerichtlichen Klärung

Die Verkäufer hatten die Wohnungen bereits 1999 erworben und umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt. Sie ließen eine horizontale Sperre durch chemische Injektion einbringen und führten in den Folgejahren immer wieder zusätzliche Maßnahmen gegen die Feuchtigkeit durch. Ein Gutachten aus dem Jahr 2017 offenbarte jedoch das wahre Ausmaß der Probleme: Im Sockelbereich zeigten sich Feuchtigkeitsschäden, es gab keine Verbindung zwischen Bodenabdichtung und Wänden, und eine Horizontalabdichtung war nicht erkennbar.

Trotz dieser Erkenntnisse boten die Eigentümer die Wohnungen zum Verkauf an. Im Maklerexposé wurde zwar auf Feuchtemängel an einer Außenwand hingewiesen, gleichzeitig aber die Immobilie als kernsaniert beworben. Die Käufer besichtigten die Wohnungen mehrfach mit einem Architekten und konnten dabei teilweise geöffnete Böden und Probebohrungen sehen.

Der Kaufvertrag schloss die Haftung für Sachmängel ausdrücklich aus. Darin wurde konkret auf den bekannten Feuchtigkeitsschaden an einer Außenwand hingewiesen und darauf, dass künftig weitere Feuchtigkeitsprobleme nicht ausgeschlossen werden könnten.

Wann liegt ein Mangel vor?

Die Vorinstanzen sahen keinen Mangel. Das Oberlandesgericht Köln argumentierte, bei einem Altbau aus dem Jahr 1904 könne man nicht erwarten, dass die Wohnungen völlig trocken seien. Die Käufer hätten aufgrund des Baujahrs, der sichtbaren Baustellenöffnungen und der Hinweise im Vertrag mit Feuchtigkeitsproblemen rechnen müssen.

Der Bundesgerichtshof sah dies völlig anders. Das Gericht stellte einen entscheidenden Unterschied zwischen Kellerräumen und Wohnungen fest. Während bei Kellern in Altbauten eine gewisse Feuchtigkeit hingenommen werden muss, gelten für Wohnräume andere Maßstäbe - unabhängig davon, ob sie im Souterrain liegen.

Das höchste deutsche Zivilgericht betonte: "Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet."

Die entscheidende Frage der Arglist

Ein Haftungsausschluss im Kaufvertrag schützt Verkäufer normalerweise vor Mängelansprüchen. Diese Schutzwirkung entfällt jedoch, wenn der Verkäufer arglistig handelt - also bewusst Mängel verschweigt oder falsche Angaben macht.

Die Käufer behaupteten, die Verkäufer hätten ihrem Architekten mitgeteilt, die sichtbaren Feuchtigkeitsmängel seien bereits von der Eigentümergemeinschaft behoben worden. Das Oberlandesgericht nahm diese Behauptung einfach als widerlegt an, ohne Beweise zu erheben.

Der Bundesgerichtshof rügte dieses Vorgehen scharf. Wenn Parteien bestimmte Tatsachen behaupten, müssen Gerichte diese Beweise auch würdigen. Sie dürfen nicht einfach das Gegenteil annehmen, ohne eine ordnungsgemäße Beweisaufnahme durchzuführen.

Aufklärungspflichten auch bei sichtbaren Mängeln

Besonders interessant ist die Frage, ob Verkäufer auch dann aufklären müssen, wenn Mängel für Käufer erkennbar sind. Grundsätzlich gilt: Wer bei der Besichtigung sichtbare Probleme erkennen kann, dem muss der Verkäufer diese nicht extra mitteilen.

Der Bundesgerichtshof betonte jedoch eine wichtige Ausnahme: Auch bei erkennbaren Mängeln besteht eine Aufklärungspflicht, wenn der Verkäufer das wahre Ausmaß der Probleme bagatellisiert oder falsche Informationen über die Ursachen gibt.

Im vorliegenden Fall könnten die selektiven Hinweise in Exposé und Kaufvertrag den Eindruck erweckt haben, dass nur eine konkrete Wand betroffen sei und die Wohnungen ansonsten trocken seien. Der zusätzliche Hinweis auf mögliche künftige Feuchtigkeitsprobleme könnte diese Fehleinschätzung sogar verstärkt haben.

Besonderheiten bei Wohnungseigentum

Ein weiterer rechtlicher Aspekt betrifft die Zuständigkeit für Sanierungsmaßnahmen. Der Beschluss der Wohnungseigentümer von 1999, künftige Feuchtigkeitsschäden auf die jeweiligen Eigentümer abzuwälzen, ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nichtig.

Feuchtigkeitsschäden, die ihre Ursache in fehlenden Abdichtungen haben, betreffen das Gemeinschaftseigentum. Deren Instandhaltung ist grundsätzlich Aufgabe der Eigentümergemeinschaft, nicht der einzelnen Wohnungseigentümer. Dies hat praktische Bedeutung für die Schadensminderungspflicht der Käufer: Sie müssen entsprechende Anträge stellen und notfalls gerichtlich gegen die Gemeinschaft vorgehen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Käufer von Souterrainwohnungen:

Das Urteil stärkt deutlich die Rechte von Wohnungskäufern. Auch bei Altbauten können Sie grundsätzlich erwarten, dass als Wohnung beworbene Räume trocken sind. Ein Haftungsausschluss im Kaufvertrag schützt Sie nicht vollständig, wenn der Verkäufer bewusst falsche Angaben macht oder das Ausmaß von Problemen herunterspielt.

Lassen Sie Souterrainwohnungen in Altbauten vor dem Kauf unbedingt von Experten begutachten. Achten Sie besonders auf Anzeichen von Feuchtigkeit und lassen Sie sich die Sanierungshistorie genau erklären. Seien Sie skeptisch bei sehr günstigen Preisen oder wenn Verkäufer nur vage Auskünfte geben.

Für Verkäufer von Altbauimmobilien:

Das Urteil zeigt, dass auch bei Altbauten hohe Anforderungen an die Aufklärung gestellt werden. Ein pauschaler Haftungsausschluss reicht nicht aus, wenn Sie als Verkäufer mehr über Mängel wissen, als Sie preisgeben. Dokumentieren Sie alle bekannten Probleme vollständig und geben Sie ehrlich Auskunft über den tatsächlichen Zustand.

Bei Feuchtigkeitsproblemen sollten Sie nicht nur einzelne betroffene Stellen nennen, sondern das Gesamtbild darlegen. Lassen Sie im Zweifel ein aktuelles Gutachten erstellen und übergeben Sie dieses an potentielle Käufer.

Für Wohnungseigentümergemeinschaften:

Beschlüsse, mit denen Sanierungskosten auf einzelne Eigentümer abgewälzt werden, sind kritisch zu prüfen. Betreffen die Schäden das Gemeinschaftseigentum, ist die Gemeinschaft für die Instandhaltung zuständig. Dies gilt insbesondere bei grundlegenden Problemen wie fehlenden Gebäudeabdichtungen.

Ausblick auf weitere Verfahren

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Das Berufungsgericht muss nun eine ordnungsgemäße Beweisaufnahme zur Frage der Arglist durchführen.

Sollte festgestellt werden, dass die Verkäufer tatsächlich arglistig gehandelt haben, können die Käufer Schadensersatz verlangen. Dabei geht es um die Kosten für die Fortsetzung der alten Mietverhältnisse während der Zeit, in der sie wegen der Sanierungsarbeiten nicht in die neuen Wohnungen einziehen konnten.

Das Urteil macht deutlich: Auch bei Immobilien mit bewegter Sanierungsgeschichte gibt es klare rechtliche Grenzen. Wer als Wohnung beworbene Räume verkauft, muss dafür sorgen, dass diese auch tatsächlich bewohnbar sind - oder ehrlich über vorhandene Probleme aufklären.


Quelle: BGH, Urteil vom 21.06.2024 - V ZR 79/23

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