Leerstandskosten bei Müllabfuhr: Vermieter zahlt
Der Fall: Streit um Nebenkostenabrechnung nach Mietende
Ein Vermieter vermietete eine Wohnung von März 2021 bis Februar 2023. Nach Ende des Mietverhältnisses erstellte er für das Jahr 2022 eine Nebenkostenabrechnung, die eine Nachzahlung von mehreren tausend Euro auswies. Die ehemaligen Mieter weigerten sich zu zahlen und wandten ein, dass die Heizkosten unplausibel hoch seien und der Vermieter außerdem nicht berücksichtigt habe, dass im Haus eine Gewerbeeinheit leer stand.
Der Vermieter klagte daraufhin vor dem Amtsgericht auf Zahlung der Nebenkostennachforderung. Die Mieter hielten dagegen, dass insbesondere die Heizkosten nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden seien. Der Verbrauch sei im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen, was sie für verdächtig hielten. Zudem bemängelten sie, dass die leerstehende Gewerbeeinheit im Erdgeschoss nicht angemessen in der Abrechnung berücksichtigt worden sei.
Die zentrale Rechtsfrage: Wer trägt die Kosten für Leerstand?
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Frage, wie bei der Nebenkostenabrechnung mit leerstehenden Einheiten im selben Haus umzugehen ist. Konkret ging es um die Müllabfuhrkosten, die der Vermieter nach Personenzahl abgerechnet hatte. Die Mieter argumentierten, dass sie nicht für den Müll einer leerstehenden Gewerbeeinheit zahlen müssten, die sie gar nicht genutzt hätten.
Der Vermieter hingegen vertrat die Auffassung, dass die Abrechnung korrekt sei und auch alle Leerstände angemessen berücksichtigt habe. Bei den Heizkosten ließ der Vermieter ein Sachverständigengutachten erstellen, um die Richtigkeit seiner Abrechnung zu beweisen. Der beauftragte Experte sollte klären, ob der tatsächliche Verbrauch korrekt erfasst und die Heizungsanlage ordnungsgemäß funktioniert hatte.
Darüber hinaus spielte auch ein früherer Vergleich zwischen den Parteien eine Rolle. In einem anderen Verfahren hatten sie vereinbart, dass alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis erledigt seien, mit Ausnahme der hier streitigen Nebenkostenabrechnung für 2022. Die Mieter versuchten dennoch, mit Forderungen wegen zurückgelassener Einrichtungsgegenstände aufzurechnen.
Entscheidung des Gerichts: Teilweise Recht für beide Seiten
Das Amtsgericht Brakel gab dem Vermieter weitgehend Recht, reduzierte jedoch die Forderung um die Müllabfuhrkosten. Das Gericht stellte klar, dass die Nebenkostenabrechnung formell ordnungsgemäß erstellt worden war und die meisten Positionen zu Recht geltend gemacht wurden.
Bei den Heizkosten folgte das Gericht dem Sachverständigengutachten. Der Experte hatte überzeugend dargelegt, dass die Heizungsanlage ordnungsgemäß funktionierte und der Verbrauch korrekt erfasst worden war. Auch der Anstieg gegenüber dem Vorjahr war plausibel erklärbar, denn im Jahr 2021 fehlten in der Abrechnung die heizintensiven Monate Januar bis März, da das Mietverhältnis erst im März begonnen hatte. Zudem waren die Energiekosten aufgrund des Ukraine-Krieges bekanntermaßen massiv gestiegen.
Die übrigen Betriebskosten wie Versicherungen und andere Positionen wurden nach Quadratmetern umgelegt. Hier hatte der Vermieter nur die von den Mietern tatsächlich genutzte Fläche berücksichtigt, was das Gericht als korrekt bewertete.
Die entscheidende Passage: Vermietungsrisiko beim Vermieter
Bei den Müllabfuhrkosten kam das Gericht jedoch zu einem anderen Ergebnis. Diese Position war ausdrücklich nach Personenzahl abgerechnet worden. Das Gericht stellte fest, dass bei der Umlage verbrauchsunabhängiger Betriebskosten der Vermieter im Verhältnis zur Gesamtheit der Mieter im Regelfall den Kostenanteil zu tragen hat, der auf leerstehende Wohnungen entfällt, da er das Vermietungsrisiko trägt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Daher reduzierte das Gericht die Forderung des Vermieters um die anteiligen Müllabfuhrkosten. Die Mieter mussten letztlich nur die Nebenkosten zahlen, die auf ihre tatsächlich bewohnte Wohnung entfielen, nicht aber Kosten für leerstehende Einheiten im Haus. Die Klage war somit überwiegend, aber nicht vollständig begründet.
Die von den Mietern erklärte Aufrechnung wegen zurückgelassener Gegenstände wie Sichtschutzfolien oder einer Einbauküche lehnte das Gericht ab. Diese Ansprüche seien durch den früheren Vergleich untergegangen, in dem die Parteien alle wechselseitigen Ansprüche für erledigt erklärt hatten. Auch ein Zurückbehaltungsrecht stand den Mietern nicht zu, da die Abrechnung nach den Feststellungen des Gerichts im Wesentlichen korrekt war.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil verdeutlicht wichtige Grundsätze der Nebenkostenabrechnung bei Mehrparteienhäusern. Für Mieter ist entscheidend, dass sie nicht für leerstehende Einheiten zahlen müssen, wenn es um verbrauchsunabhängige Kosten geht, die nach Personenzahl oder ähnlichen Kriterien verteilt werden. Das Vermietungsrisiko liegt grundsätzlich beim Vermieter.
Vermieter sollten bei der Nebenkostenabrechnung genau darauf achten, welchen Umlageschlüssel sie für welche Kostenart verwenden. Während bei flächenbezogener Verteilung nur die bewohnten Einheiten einbezogen werden dürfen, können verbrauchsabhängige Kosten wie Heizung nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet werden. Bei verbrauchsunabhängigen Kosten, die nach Personen verteilt werden, müssen Leerstände jedoch herausgerechnet werden.
Mieter haben das Recht, Nebenkostenabrechnungen zu hinterfragen und Belege anzufordern. Allerdings zeigt der Fall auch, dass pauschale Zweifel an der Plausibilität nicht ausreichen. Wenn ein Vermieter durch ein Sachverständigengutachten nachweist, dass der Verbrauch korrekt erfasst wurde, müssen Mieter dies akzeptieren. Erhöhungen gegenüber Vorjahren können durchaus ihre Berechtigung haben, etwa durch veränderte Abrechnungszeiträume oder allgemeine Preissteigerungen.
Besonders wichtig ist auch die Lehre zur Aufrechnung und zu Vergleichen. Wer in einem Vergleich alle wechselseitigen Ansprüche für erledigt erklärt, kann später nicht mehr mit diesen Forderungen aufrechnen. Vergleiche sollten daher präzise formuliert werden, wenn bestimmte Ansprüche ausgenommen bleiben sollen.
Quelle: Amtsgericht Brakel, Urteil vom 09.01.2025, Az. 7 C 223/23
Kontaktieren Sie uns!
Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.
Ihr Recht ist unsere Leidenschaft!
Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.
Unsere digitale Kanzlei
Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.
kostenlose Ersteinschätzung
Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Bohrlöcher in Fliesen: Wann Mieter haften
