Keine fristlose Kündigung bei fehlender Bankbürgschaft


Worum ging es in dem Fall?
Ein Mieter hatte seit Januar 2020 eine Wohnung samt Tiefgaragenstellplatz gemietet. Die monatliche Nettokaltmiete betrug knapp 2.000 Euro zuzüglich Betriebskosten. Im Mietvertrag war eine Mietsicherheit über 4.400 Euro vereinbart, die "spätestens zur Übergabe der Wohnung in Form einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zu erbringen" war.
Die Vermieterin übergab dem Mieter die Wohnung, obwohl dieser die vereinbarte Bankbürgschaft nicht stellte. Mit Schreiben vom 11. Mai 2020 kündigte sie das Mietverhältnis außerordentlich fristlos wegen unterbliebener Leistung der Mietsicherheit und berief sich dabei auf § 569 Abs. 2a BGB.
Der umstrittene Kündigungsgrund
§ 569 Abs. 2a BGB ermöglicht Vermietern eine fristlose Kündigung, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 BGB in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten im Verzug ist. Die Vorschrift sollte Vermieter vor unzuverlässigen Mietern schützen, die bereits zu Beginn des Mietverhältnisses ihre Pflichten nicht erfüllen.
Streitig war jedoch, ob diese Kündigungsmöglichkeit auch bei Bankbürgschaften als Mietsicherheit greift oder nur bei Bargeld-Kautionen.
Zwei Rechtsauffassungen standen sich gegenüber
Das Landgericht Frankfurt am Main hatte zunächst für die Vermieterin entschieden und argumentiert: Der Wortlaut des § 569 Abs. 2a BGB verweise eindeutig auf "Sicherheitsleistungen nach § 551 BGB" - und dazu gehörten alle Arten von Mietsicherheiten, auch Bankbürgschaften.
Die Gegenauffassung besagte: § 569 Abs. 2a BGB erfasse nur Geldkautionen, da die Vorschrift einen "Zahlungsverzug" voraussetze. Einen solchen könne es nur bei Geldleistungen geben, nicht bei der Stellung einer Bürgschaft.
BGH stellt klar: Nur Geldkautionen erfasst
Der Bundesgerichtshof folgte der zweiten Auffassung und entschied eindeutig: Eine Bankbürgschaft fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 569 Abs. 2a BGB.
Wortlaut spricht gegen weite Auslegung
Die Richter betonten, dass der Gesetzestext nicht nur auf § 551 BGB verweise, sondern auch verlange, dass der Mieter mit einem "Betrag" im Verzug sein müsse. Dies deute darauf hin, dass nur teilbare Geldleistungen gemeint seien. Eine Bankbürgschaft könne der Mieter nämlich nicht in Raten erbringen - sie muss vollständig gestellt werden.
Systematik bestätigt enge Auslegung
§ 569 Abs. 2a BGB ist an die Kündigung wegen Mietschulden angelehnt. Der Gesetzgeber wollte einen "Gleichlauf" zwischen beiden Kündigungstatbeständen herstellen. Wie bei Mietschulden soll die Kündigung bereits bei zwei Monatsmieten Rückstand möglich sein - aber nur, wenn die Mietsicherheit in Teilbeträgen geleistet werden kann.
Bei Geldkautionen hat der Mieter nach § 551 Abs. 2 BGB das Recht zur Ratenzahlung in drei gleichen Monatsbeträgen. Bei Bankbürgschaften gibt es dieses Recht nicht.
Entstehungsgeschichte bestätigt BGH-Sicht
Die Gesetzesmaterialien sprechen durchweg von "Nichtzahlung der Kaution" und "Zahlungsverpflichtungen" des Mieters. Der Gesetzgeber hatte offensichtlich nur Fallgestaltungen mit Bargeld-Kautionen im Blick.
Gleichzeitig mit der Einführung des § 569 Abs. 2a BGB wurde das Recht zur Teilzahlung bei Geldkautionen in § 551 Abs. 2 BGB präzisiert - ein weiterer Beleg für den systematischen Zusammenhang.
Schutzinteressen sprechen gegen weite Auslegung
Bei Bankbürgschaften hat der Vermieter einen stärkeren Schutz als bei Geldkautionen: Er kann die Wohnung so lange zurückbehalten, bis die Bürgschaft vollständig gestellt ist (§ 273 BGB).
Würde er dennoch die Wohnung übergeben und dann wegen der fehlenden Bürgschaft kündigen, würde er sich widersprüchlich verhalten. Ein solches Vorgehen könnte als Rechtsmissbrauch gewertet werden.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Vermieter
Vermieter sind bei Bankbürgschaften nicht schutzlos gestellt. Auch wenn § 569 Abs. 2a BGB nicht greift, bleiben andere Kündigungsmöglichkeiten:
- Fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB wegen wichtigem Grund
- Ordentliche Kündigung nach § 573 BGB wegen Vertragsverletzung
Diese Kündigungen erfordern jedoch eine Einzelfallprüfung und Interessenabwägung. Sie sind nicht automatisch wie bei § 569 Abs. 2a BGB möglich.
Praktischer Tipp: Vermieter sollten bei vereinbarten Bankbürgschaften ihr Zurückbehaltungsrecht konsequent ausüben und die Wohnung erst übergeben, wenn die Bürgschaft vollständig vorliegt.
Für Mieter
Mieter können sich nicht darauf verlassen, dass die Nichtstellung einer Bankbürgschaft folgenlos bleibt. Zwar ist eine automatische fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 2a BGB ausgeschlossen, aber andere Kündigungsgründe können greifen.
Wichtig: Die Pflicht zur Stellung der Mietsicherheit besteht weiterhin uneingeschränkt. Mieter sollten vereinbarte Bankbürgschaften zeitnah beibringen.
Für Mietvertragsgestaltung
Das Urteil zeigt die unterschiedlichen Rechtsfolgen verschiedener Sicherheitsformen auf. Vermieter, die maximalen Kündigungsschutz wünschen, sollten Geldkautionen vereinbaren. Bei Bankbürgschaften müssen sie auf andere Kündigungstatbestände zurückgreifen.
Ausblick und Empfehlungen
Die BGH-Entscheidung schafft Rechtssicherheit bei der Auslegung des § 569 Abs. 2a BGB. Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Sicherheitsformen wird nun klar gezogen.
Vermieter sollten prüfen, ob ihre Mietverträge und ihre Praxis der Wohnungsübergabe mit dieser Rechtsprechung vereinbar sind. Insbesondere bei Bankbürgschaften ist eine sorgfältige rechtliche Beratung vor Ausspruch einer Kündigung empfehlenswert.
Die Entscheidung zeigt auch, dass AGB-Kontrolle bei Mietsicherheitsklauseln relevant bleiben kann. Der BGH verwies darauf, dass Bürgschaftsklauseln auf ihre Wirksamkeit als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu prüfen sind.
Quelle: BGH, Urteil vom 14.05.2025 - VIII ZR 256/23
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