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Miete nach Trennung: Wer zahlt bei ungleichen Einkommen?

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Wenn sich unverheiratete Paare trennen, entstehen oft Streitigkeiten über Mietkosten. Ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt: Entscheidend sind die tatsächlich gelebten Verhältnisse, nicht mündliche Absprachen.
junges Paar sitzt auf dem Sofa in ihrer Wohnung, im Hintergrund sind Umzugskartons
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Große Einkommensunterschiede führen zum Streit

Ein berufstätiger Mann und seine studierende Partnerin mieteten gemeinsam eine Wohnung für über 2.200 Euro monatlich an. Nach vier Jahren Beziehung trennte sich das Paar, und der Mann forderte von seiner Ex-Partnerin nachträglich die Hälfte der Mietkosten zurück. Seiner Ansicht nach hätten sie vereinbart, die Miete gleichmäßig zu teilen.

Die Studentin verdiente während der Beziehung lediglich 300 Euro monatlich durch einen Nebenjob als Reinigungskraft. Später erhielt sie zusätzlich BAföG, das jedoch fast vollständig für ihr Studium verwendet wurde. Sie beteiligte sich zunächst unregelmäßig mit 400 bis 500 Euro monatlich an den Mietkosten, stellte die Zahlungen aber nach zwei Jahren komplett ein.

Der Mann hingegen finanzierte nicht nur den Großteil der Miete, sondern auch gemeinsame Reisen, stellte seiner Partnerin eine Kreditkarte zur Verfügung und übernahm sogar die Kosten für eine kostspielige Haarentfernung von monatlich fast 500 Euro. Nach der Trennung forderte er über 47.000 Euro Ausgleichszahlung.

Rechtliche Grundlagen bei gemeinsamen Mietverträgen

Grundsätzlich haften unverheiratete Partner, die gemeinsam einen Mietvertrag unterschreiben, als Gesamtschuldner gegenüber dem Vermieter. Das bedeutet: Jeder Partner kann für die vollständige Miete in Anspruch genommen werden. Im Innenverhältnis zwischen den Partnern gilt normalerweise, dass jeder die Hälfte der Kosten trägt.

Diese Grundregel kann jedoch durch konkrete Vereinbarungen oder das gelebte Verhalten der Partner verändert werden. Entscheidend ist dann nicht mehr, was theoretisch vereinbart wurde, sondern wie die Partner tatsächlich ihre finanziellen Angelegenheiten geregelt haben.

Das Gericht bewertet die gelebte Realität

Das Landgericht Bochum wies die Klage vollständig ab und begründete dies mit dem konkreten Verhalten der Partner während der Beziehung. Die Richter erkannten eine konkludente Vereinbarung - also eine stillschweigende Abmachung, die sich aus dem Verhalten der Beteiligten ergibt.

Ausschlaggebend waren folgende Faktoren:

Erhebliche Einkommensunterschiede: Der Mann war berufstätig und finanziell in der Lage, eine Miete von über 2.200 Euro zu tragen. Die Studentin verfügte zu Beginn der Beziehung nicht einmal über BAföG und lebte von einem Minijob.

Luxuriöse Lebensführung: Der Mann finanzierte einen Lebensstandard, der weit über den finanziellen Möglichkeiten seiner Partnerin lag. Er zahlte teure Reisen, kostspielige Behandlungen und stellte ihr eine Kreditkarte zur Verfügung.

Akzeptanz der ausbleibenden Zahlungen: Als die Studentin ab 2019 keine Mietanteile mehr zahlte, mahnte er sie nicht zur Zahlung an. Stattdessen gewährte er ihr sogar weitere finanzielle Vorteile wie die Kreditkarte und die Kostenübernahme für die Haarentfernung.

Konkludentes Verhalten spricht gegen Gleichberechtigung

Die Richter stellten klar: "Die zwischen den Parteien über Jahre hinweg gelebte Beziehung sah vielmehr so aus, dass der Kläger den gemeinsamen Lebensstandard durch sein Einkommen prägen wollte und nicht durch das Einkommen der Beklagten."

Das Gericht bewertete das Verhalten des Mannes als eindeutiges Signal: Er wollte seiner Partnerin ein Leben nach seinem Lebensstandard ermöglichen, obwohl er wusste, dass sie finanziell dazu nicht in der Lage war. Dieses Verhalten kann nur so verstanden werden, dass er die Hauptlast der gemeinsamen Kosten übernehmen wollte.

Besonders überzeugend für das Gericht war der Zeitpunkt, ab dem die Zahlungen ausblieben. Als die Studentin 2019 keine Mietanteile mehr überwies, reagierte der Mann nicht mit Mahnungen, sondern gewährte ihr zusätzliche finanzielle Vorteile. Dies zeigt, dass er die Situation akzeptiert hatte.

Grenzen des Ausgleichsanspruchs bei Lebensgemeinschaften

Das Urteil macht deutlich, dass nicht alle Kosten einer Lebensgemeinschaft nach der Trennung ausgeglichen werden können. Ausgleichsansprüche bestehen grundsätzlich nicht für Leistungen, die das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht haben - wie die Miete für die gemeinsame Wohnung oder die Erfüllung laufender Unterhaltsbedürfnisse.

Anders ist dies nur bei besonderen Aufwendungen, die deutlich über den täglichen Bedarf hinausgehen und mit denen konkrete Vermögenswerte geschaffen wurden. Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch um typische Lebenshaltungskosten, die keine Ausgleichsansprüche begründen.

Die Rechtsprechung folgt dem Grundsatz: In nichtehelichen Lebensgemeinschaften werden Beiträge geleistet, sofern Bedürfnisse auftreten - und zwar von demjenigen, der dazu in der Lage ist. Persönliche und wirtschaftliche Leistungen werden dabei nicht automatisch gegeneinander aufgerechnet.

Bedeutung der Vermögensverhältnisse

Ein zentraler Punkt des Urteils ist die Bewertung der unterschiedlichen Vermögensverhältnisse. Das Gericht stellte fest, dass die Anmietung einer Wohnung in dieser Preiskategorie ausschließlich im Interesse des besserverdienenden Partners lag.

Die Studentin wäre finanziell niemals in der Lage gewesen, eine solche Wohnung anzumieten oder zu finanzieren. Der Mann hingegen konnte die Miete problemlos allein tragen - was er auch nach der Trennung bewies, da er weiterhin in der Wohnung lebt.

Bei erheblichen Einkommensunterschieden ist besonders zu prüfen, ob tatsächlich eine gleichberechtigte Kostentragung vereinbart war oder ob der finanziell stärkere Partner den Lebensstandard bestimmen wollte.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat weitreichende Bedeutung für unverheiratete Paare mit unterschiedlichen Einkommen:

Dokumentation ist wichtig: Wer nach einer Trennung Ausgleichsansprüche geltend machen möchte, sollte entsprechende Vereinbarungen schriftlich festhalten. Mündliche Absprachen sind schwer zu beweisen und können durch das tatsächliche Verhalten widerlegt werden.

Verhalten während der Beziehung ist entscheidend: Gerichte schauen genau hin, wie die Partner ihre finanziellen Angelegenheiten tatsächlich geregelt haben. Wer über Jahre hinweg höhere Kosten übernimmt, ohne Ausgleich zu fordern, kann später schwer argumentieren, dass eigentlich eine andere Vereinbarung bestanden habe.

Einkommensunterschiede werden berücksichtigt: Bei erheblichen Unterschieden in der finanziellen Leistungsfähigkeit prüfen Gerichte kritisch, ob eine gleichmäßige Kostenteilung realistisch war. Wer den Lebensstandard bestimmt, trägt oft auch die Hauptkosten.

Keine nachträglichen Ausgleichsansprüche für Alltagskosten: Miete, Nebenkosten und andere laufende Lebenshaltungskosten begründen nach einer Trennung normalerweise keine Ausgleichsansprüche. Dies gilt besonders, wenn ein Partner freiwillig höhere Kosten übernommen hat.

Rechtzeitig reagieren: Wer Ansprüche auf Kostenteilung durchsetzen möchte, sollte bei ausbleibenden Zahlungen des Partners rechtzeitig reagieren und nicht stillschweigend akzeptieren.

Das Urteil zeigt: Bei unverheirateten Paaren kommt es nicht auf theoretische Vereinbarungen an, sondern auf die gelebte Realität. Wer freiwillig einen höheren Lebensstandard finanziert, kann nach der Trennung nur in Ausnahmefällen nachträglich Ausgleich verlangen.

Landgericht Bochum, Urteil vom 13.06.2024, Az. 8 O 269/23

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