Maklerprovision trotz falscher Angaben


Der Fall aus der Praxis
Eine Immobilienmaklerin vermittelte erfolgreich ein Mehrfamilienhaus. Im Exposé hatte sie das Baujahr mit circa 1950 angegeben, obwohl das Gebäude tatsächlich 1953 errichtet worden war. Nach dem erfolgreichen Verkauf weigerte sich der Käufer, die vereinbarte Maklerprovision zu zahlen. Er argumentierte, die falsche Angabe zum Baujahr stelle eine so schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass die Maklerin ihren Anspruch auf Provision verwirkt habe.
Die Maklerin klagte vor dem Landgericht Augsburg auf Zahlung ihrer Provision. Nachdem sie dort zunächst unterlag, wandte sie sich an das Oberlandesgericht München. Die zweite Instanz gab ihr vollumfänglich recht und verurteilte den Käufer zur Zahlung der Maklerprovision samt Zinsen.
Wann verwirkt ein Makler seinen Lohnanspruch?
Das Oberlandesgericht München stellte in seinem Urteil wichtige Grundsätze für die Verwirkung von Maklerprovisionen auf. Die Verwirkung des Maklerlohnanspruchs hat Strafcharakter und darf daher nicht leichtfertig angenommen werden.
Ein Makler verliert seinen Anspruch auf Provision nur dann, wenn er sich durch sein Verhalten des Lohns "unwürdig" erwiesen hat. Dies ist ein sehr hoher Maßstab, der nur in besonderen Ausnahmefällen erfüllt ist.
Hohe Hürden für die Verwirkung
Das Gericht machte deutlich, dass nicht jede Pflichtverletzung des Maklers zur Verwirkung führt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Makler seine Treuepflicht in besonders schwerwiegender Weise verletzt haben muss. Dies setzt vorsätzliches, arglistiges oder zumindest grob leichtfertiges Verhalten voraus.
Einfache Fahrlässigkeit oder gewöhnliche Informationsfehler reichen hingegen nicht aus. In solchen Fällen kann der Auftraggeber allenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen, die er gegen die Maklerprovision aufrechnen kann.
Die rechtliche Bewertung der falschen Baujahrangabe
Im konkreten Fall bewertete das Oberlandesgericht München die falsche Angabe des Baujahrs als nicht ausreichend für eine Verwirkung der Provision. Mehrere Faktoren sprachen gegen eine schwerwiegende Pflichtverletzung:
Ungeprüfte Weitergabe von Verkäuferinformationen
Makler dürfen grundsätzlich Informationen, die sie vom Verkäufer erhalten haben, ungeprüft an Interessenten weitergeben. Sie müssen lediglich darauf achten, dass keine Angaben offensichtlich unrichtig, unplausibel oder bedenklich sind.
In diesem Fall hatten die Verkäufer selbst nur Vermutungen über das Baujahr angestellt. Für die Maklerin gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angabe ersichtlich falsch war. Sogar der vom Verkäufer vorgelegte Energieausweis bestätigte das Jahr 1953, was nahe bei der angegebenen Zeitspanne "circa 1950" lag.
Geringe praktische Bedeutung des Fehlers
Das Gericht berücksichtigte auch die praktischen Umstände des Verkaufs. Der Verkäufer hatte von Anfang an einen Bauträgerverkauf bevorzugt, bei dem das Gebäude ohnehin abgerissen worden wäre. Das Baujahr hatte daher für die Preisgestaltung keine entscheidende Bedeutung.
Ein Zeuge bestätigte vor Gericht, dass sich bei Nennung des korrekten Baujahrs am Kaufpreis nichts geändert hätte. Das Grundstück war das eigentlich Werthaltige, nicht das darauf befindliche Gebäude. Bei der Besichtigung wurde das Baujahr nicht einmal thematisiert.
Ausreichende Hinweise im Exposé
Das Exposé der Maklerin enthielt wichtige Hinweise, die eine falsche Baujahrangabe relativierten. Es war explizit vermerkt, dass das Gebäude "ideal auch als Bauträgerobjekt geeignet" sei. Außerdem fand sich der Hinweis: "Angaben sowie Eckdaten in diesem Exposé wurden uns vom Auftraggeber übermittelt. Wir übernehmen für die Richtigkeit dieser Angaben keine Gewähr."
Diese Formulierungen machten deutlich, dass die Maklerin die Informationen vom Verkäufer übernommen hatte und keine Gewähr für deren Richtigkeit übernahm.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Immobilienmakler
Das Urteil bietet Maklern wichtigen Schutz vor ungerechtfertigten Forderungen nach Provisionsverzicht. Es zeigt, dass nicht jeder Fehler oder jede Ungenauigkeit im Exposé automatisch zum Verlust der Provision führt. Makler müssen sich nur bei schwerwiegenden, vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen Sorgen um ihren Lohnanspruch machen.
Dennoch sollten Makler sorgfältig arbeiten und sich bei unsicheren Informationen durch entsprechende Hinweise absichern. Die Formulierung von Gewährleistungsausschlüssen im Exposé kann helfen, das Haftungsrisiko zu begrenzen.
Für Immobilienkäufer
Käufer können nicht bei jeder kleinen Ungenauigkeit im Exposé die Zahlung der Maklerprovision verweigern. Die Hürden für eine Verwirkung sind bewusst hoch gesetzt, um Makler vor willkürlichen Zahlungsverweigerungen zu schützen.
Bei schwerwiegenden Informationsfehlern haben Käufer aber andere Rechtsmittel. Sie können Schadensersatzansprüche geltend machen und diese gegen die Maklerprovision aufrechnen. Auch eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung kommt in Betracht, wenn der Makler bewusst falsche Angaben gemacht hat.
Für Immobilienverkäufer
Verkäufer sollten dem Makler möglichst genaue und vollständige Informationen zur Verfügung stellen. Wenn sie sich bei bestimmten Angaben unsicher sind, sollten sie dies offen kommunizieren. Schätzungen und Vermutungen sollten als solche gekennzeichnet werden.
Bei wichtigen Eckdaten wie dem Baujahr empfiehlt es sich, entsprechende Unterlagen zu beschaffen und dem Makler zu übergeben. Dies schützt alle Beteiligten vor späteren Streitigkeiten.
Abgrenzung zu schwerwiegenden Pflichtverletzungen
Das Urteil macht deutlich, wo die Grenzen für akzeptable Maklerfehler verlaufen. Eine Verwirkung der Provision kommt nur bei außergewöhnlich schwerwiegenden Verstößen in Betracht. Beispiele hierfür könnten sein:
Vorsätzliche Falschangaben zu wesentlichen Objekteigenschaften, bewusste Verschweigung erheblicher Mängel, Interessenkonflikte durch Doppeltätigkeit ohne Offenlegung oder arglistige Täuschung über Marktpreise.
Einfache Ungenauigkeiten, Übertragungsfehler oder fahrlässige Informationslücken führen hingegen nicht zur Verwirkung. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die hohe Anforderungen an eine Verwirkung stellt.
Praktische Empfehlungen
Makler sollten ihre Exposés sorgfältig formulieren und bei unsicheren Informationen entsprechende Vorbehalte aufnehmen. Standardformulierungen wie "alle Angaben ohne Gewähr" bieten zwar keinen vollständigen Schutz, können aber das Haftungsrisiko reduzieren.
Käufer sollten sich nicht allein auf Maklerangaben verlassen, sondern eigene Recherchen anstellen und bei wichtigen Punkten nachfragen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit von Angaben sollten sie professionelle Gutachter hinzuziehen.
Alle Beteiligten profitieren von einer offenen und ehrlichen Kommunikation. Wenn Unsicherheiten bestehen, sollten diese angesprochen werden, statt falsche Gewissheiten zu vermitteln.
Fazit
Das Urteil des Oberlandesgerichts München stärkt die Position von Immobilienmaklern und schützt sie vor ungerechtfertigten Provisionsverweigerungen. Die Verwirkung des Maklerlohns bleibt eine seltene Ausnahme für besonders schwerwiegende Fälle. Gleichzeitig wird deutlich, dass sorgfältiges Arbeiten und transparente Kommunikation der beste Schutz vor rechtlichen Problemen sind.
Für den Immobilienmarkt bedeutet dies mehr Rechtssicherheit. Makler können ihrer Tätigkeit nachgehen, ohne bei jedem kleinen Fehler um ihre Provision fürchten zu müssen. Käufer haben weiterhin ausreichende Rechtsmittel bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen.
Quelle: OLG München, Urteil vom 14.04.2021, Az. 27 U 6526/20
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