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Makler können keine anteiligen Bürokosten abrechnen

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Ein Hausverkauf kann aus vielen Gründen scheitern oder verschoben werden. Doch was passiert, wenn Sie als Verkäufer Ihre Verkaufsabsicht aufgeben müssen? Müssen Sie dann alle Kosten des Maklers tragen - auch die laufenden Bürokosten? Das Oberlandesgericht Frankfurt hat diese wichtige Frage für Verbraucher entschieden.
Beratungsgespräch in einen Büro mit zwei Männern und einer Frau
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Wenn sich Lebensumstände ändern

Ein Ehepaar wollte sein Einfamilienhaus verkaufen und beauftragte dafür eine Immobilienmaklerin. Der Maklervertrag sah umfangreiche Leistungen vor: professionelle Fotos, ein Immobilienvideo, Objektdokumentation und eine detaillierte Marktwertermittlung. Das Haus sollte für eine beträchtliche Summe angeboten werden.

Doch dann änderten sich die Umstände dramatisch. Der Ukraine-Krieg führte zu stark steigenden Energiekosten. Die geplante Folgeimmobilie war energetisch nicht auf dem gewünschten Stand, und der Kauf wurde zu teuer. Das Ehepaar musste seine Verkaufsabsicht vorübergehend aufgeben.

Die Maklerin reagierte prompt: Sie stellte eine Rechnung über mehrere tausend Euro aus. Neben echten Fremdkosten forderte sie auch Geld für über 160 Arbeitsstunden à mehr als 60 Euro pro Stunde. Die Verkäufer zahlten zunächst einen Teil der Rechnung, zweifelten dann aber an der Rechtmäßigkeit der Forderung.

Was stand im Maklervertrag?

Der Streit drehte sich um eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Maklerin. Diese besagte vereinfacht: Wenn der Kunde seine Verkaufsabsicht aufgibt, muss er die konkreten Aufwendungen des Maklers ersetzen. Zu diesen Aufwendungen sollten ausdrücklich auch "anteilige Bürokosten" gehören.

Die entscheidende Frage war: Sind solche Bürokosten wirklich konkrete Aufwendungen für den einzelnen Auftrag? Oder handelt es sich um allgemeine Geschäftskosten, die der Makler sowieso hat?

Die Maklerin argumentierte: Sie habe viel Zeit und Geld in die Vermarktung investiert. Immerhin hatte sie bereits 29 Kaufinteressenten gefunden und 17 Besichtigungen eingeplant. Diese Arbeit müsse entlohnt werden, auch wenn der Verkauf nicht zustande komme.

Die Verkäufer hielten dagegen: Bürokosten sind keine konkreten Aufwendungen, sondern laufende Geschäftskosten. Ein Makler muss sein Büro auch ohne ihren Auftrag unterhalten. Diese Kosten auf Kunden abzuwälzen sei unfair.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab den Verkäufern recht. Die Klausel über Aufwendungsersatz ist unwirksam, soweit sie anteilige Bürokosten umfasst. Das Gericht begründete dies mit mehreren wichtigen Punkten:

Unterschied zwischen echten und unechten Aufwendungen

Echte Aufwendungen entstehen nur wegen des konkreten Auftrags. Dazu gehören zum Beispiel Fahrtkosten zu Besichtigungen, Kosten für professionelle Fotos des Objekts, Gebühren für Grundbuchauszüge sowie Porto und Telefonkosten für den spezifischen Auftrag.

Unechte Aufwendungen sind dagegen allgemeine Geschäftskosten wie Büromietkosten, allgemeine Büroausstattung, Grundausstattung mit Software und Verwaltungskosten, die unabhängig vom einzelnen Auftrag anfallen.

Verstoß gegen das Leitbild des Maklervertrags

Das Gericht stellte klar: Ein Maklervertrag ist erfolgsabhängig. Der Makler erhält nur dann eine Provision, wenn der Verkauf tatsächlich zustande kommt. Dieses Grundprinzip würde unterlaufen, wenn Makler ihre allgemeinen Geschäftskosten auf Kunden abwälzen könnten.

Die Entschließungsfreiheit des Kunden muss gewahrt bleiben. Jeder Verkäufer muss das Recht haben, seine Verkaufsabsicht aufzugeben, ohne mit hohen Kosten bestraft zu werden. Sonst würde ein unzulässiger Verkaufsdruck entstehen.

Keine Gesamtunwirksamkeit vermeidbar

Die Maklerin hatte gehofft, dass wenigstens ein Teil ihrer Klausel wirksam bleibt. Das Gericht lehnte dies ab. Die Regelung über Aufwendungsersatz war so formuliert, dass echte und unechte Aufwendungen nicht voneinander getrennt werden konnten. Deshalb war die gesamte Klausel unwirksam.

Keine Pflichtverletzung bei Aufgabe der Verkaufsabsicht

Ein wichtiger Nebenpunkt: Verkäufer verletzen keine Vertragspflicht, wenn sie ihre Verkaufsabsicht aufgeben. Das gilt auch bei Alleinaufträgen mit fester Laufzeit. Kunden sind nicht verpflichtet, während der gesamten Vertragslaufzeit verkaufsbereit zu bleiben.

Die einzige Pflicht: Der Makler muss unverzüglich informiert werden, wenn die Verkaufsabsicht aufgegeben wird. So können weitere unnötige Kosten vermieden werden.

Das Gericht betonte: Es ist unerheblich, aus welchen Gründen die Verkaufsabsicht aufgegeben wird. Auch persönliche oder wirtschaftliche Umstände rechtfertigen diese Entscheidung.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Verkäufer

Positive Nachricht: Sie müssen nicht befürchten, bei Aufgabe Ihres Verkaufsvorhabens hohe Kosten für Büroausstattung und Verwaltung des Maklers tragen zu müssen. Nur wirklich konkrete, durch Ihren Auftrag verursachte Kosten können Ihnen in Rechnung gestellt werden.

Prüfen Sie Maklerverträge genau: Achten Sie auf Klauseln zum Aufwendungsersatz. Besonders kritisch sind Formulierungen wie "anteilige Bürokosten", "Verwaltungskosten" oder "Gemeinkosten". Solche Klauseln sind häufig unwirksam.

Bei Problemen: Zahlen Sie umstrittene Rechnungen nicht vorschnell. Lassen Sie sich rechtlich beraten, wenn Makler neben echten Fremdkosten auch pauschale Beträge für Arbeitszeit oder Bürokosten fordern.

Für Makler

Aufwendungsersatz nur bei echten Kosten: Stellen Sie sicher, dass Ihre AGB-Klauseln nur konkrete, auftragsbezogene Aufwendungen umfassen. Allgemeine Geschäftskosten dürfen nicht auf Kunden abgewälzt werden.

Transparenz schaffen: Listen Sie in Abrechnungen genau auf, welche Kosten konkret durch den jeweiligen Auftrag entstanden sind. Pauschalierte Stundensätze, die Bürokosten enthalten, sind problematisch.

Vertragsgestaltung überdenken: Möglicherweise müssen bestehende AGB-Klauseln überarbeitet werden, um rechtssicher zu sein.

Praktische Tipps für Maklerverträge

Vor Vertragsschluss sollten Sie sich alle Kosten transparent erklären lassen und nachfragen, was bei Aufgabe der Verkaufsabsicht passiert. Bestehen Sie auf konkrete Kostenpositionen statt Pauschalen und prüfen Sie, ob kostenlose Zusatzleistungen bei Problemen trotzdem berechnet werden.

Während der Zusammenarbeit ist es wichtig, Ihren Makler sofort zu informieren, wenn sich Ihre Verkaufsabsicht ändert. Dokumentieren Sie wichtige Gespräche schriftlich und lassen Sie sich Kostenvoranschläge für zusätzliche Leistungen geben.

Bei Problemen sollten Sie umstrittene Rechnungen nicht sofort zahlen, sondern detaillierte Kostennachweise anfordern und bei größeren Summen rechtlichen Rat suchen.

Ausblick: Mehr Schutz für Verbraucher

Dieses Urteil stärkt die Position von Verbrauchern bei Maklerverträgen erheblich. Es zeigt, dass Gerichte genau prüfen, ob Makler versuchen, ihr wirtschaftliches Risiko unfair auf Kunden abzuwälzen.

Der Grundsatz bleibt: Maklerverträge sind erfolgsabhängig. Das wirtschaftliche Risiko erfolgloser Bemühungen trägt grundsätzlich der Makler. Im Gegenzug erhält er bei erfolgreichem Verkauf eine oft erhebliche Provision.

Für die Praxis bedeutet dies mehr Rechtssicherheit für Verkäufer. Sie können ihre Verkaufsabsicht aufgeben, ohne Angst vor überhöhten Kostenrechnungen haben zu müssen. Gleichzeitig werden Makler ermutigt, ihre Kostenstrukturen transparent und fair zu gestalten.


Quelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2024, Az. 19 U 134/23

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