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Sondernutzungsrecht erlaubt kein Gartenhäuschen

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Wohnungseigentümer dürfen auf ihrer Gartenfläche nicht ohne Weiteres Gebäude errichten. Ein aktuelles Urteil zeigt: Sondernutzungsrechte haben klare Grenzen.
Gartenhäuschen in einem gepflegten Garten
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Streit um Fassadenumbau und Gartenhaus

In einer norddeutschen Wohnungseigentümergemeinschaft eskalierte ein Nachbarschaftsstreit um umfangreiche bauliche Veränderungen. Die Eigentümerin einer Doppelhaushälfte ließ ohne Zustimmung der Gemeinschaft ihre komplette Hausfassade umgestalten und errichtete ein neues Gartenhaus.

Das betroffene Doppelhaus bestand aus zwei eigenständigen Wohneinheiten mit separaten Gartenbereichen. Jeder Eigentümer besaß ein Sondernutzungsrecht an seinem Gartenanteil. Die Gemeinschaft funktionierte praktisch nicht - es gab weder gemeinsame Versammlungen noch eine ordnungsgemäße Verwaltung.

Anfang 2023 führte eine Eigentümerin ohne vorherige Absprache umfassende Arbeiten durch. An der Ostfassade entstanden mehrere neue Fenster und eine bodentiefe Fenstertür, wo zuvor nur kleine Fenster existierten. An der Nordseite wurde ein Fenster durch eine Terrassentür ersetzt. Die Südfassade erhielt neue Terrassentüren mit veränderter Scheibenaufteilung.

Grenzen des Sondernutzungsrechts werden überschritten

Das Gartenhaus wurde zum Knackpunkt. Die andere Eigentümerin klagte auf Rückbau aller Veränderungen. Sie argumentierte, dass die Baumaßnahmen einer Genehmigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bedurft hätten.

Die beklagte Eigentümerin berief sich darauf, dass ihr ein Sondernutzungsrecht an der Gartenfläche zustehe. Außerdem führten die Veränderungen zu einer optischen Verbesserung und Angleichung an den anderen Hausteil. Die Maßnahmen seien für die Nachbarin nicht sichtbar und brächten keine Nachteile mit sich.

Das Gericht stellte jedoch klar: Ein Sondernutzungsrecht an einem Gartenteil berechtigt lediglich zur gärtnerischen Gestaltung oder Nutzung zu Erholungszwecken. Die Errichtung von Gartenhäusern ist davon nicht umfasst. Für solche Bauwerke ist grundsätzlich ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich.

Optische Beeinträchtigung als Streitpunkt

Die Richter sahen in den Fassadenveränderungen eine erhebliche Beeinträchtigung. Das ursprüngliche klassische Friesenhaus wurde durch die modernen Fensterelemente optisch stark verändert. Eine Beeinträchtigung kann bereits die optische Veränderung von einem klassischen Friesenhaus hin zu einer modernen Hausfassade darstellen, so das Gericht.

Dabei spielte es keine Rolle, ob die Veränderungen durch zwischenzeitlich gepflanzte Sträucher teilweise verdeckt wurden. Das Gericht betonte, dass Anpflanzungen vergänglich sind und die optische Beeinträchtigung jederzeit wieder sichtbar werden kann.

Die beklagte Eigentümerin argumentierte vergeblich, dass die neuen Fenster farblich an die andere Haushälfte angepasst wurden und eine Vereinheitlichung bewirkten. Das Gericht bewertete dies als unerheblich für die grundsätzliche Frage der Beeinträchtigung.

Beschlusserfordernis bleibt bestehen

Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum benötigen grundsätzlich einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinschaft praktisch nicht funktioniert oder in der Vergangenheit keine ordnungsgemäßen Beschlüsse gefasst wurden.

Die Beklagte versuchte erfolglos, eine nachträgliche Genehmigung im Wege der Widerklage zu erreichen. Das Gericht prüfte zwar, ob eine Beschlussersetzung möglich wäre, verneinte aber einen entsprechenden Anspruch. Die andere Eigentümerin war nicht mit den baulichen Veränderungen einverstanden, was nach dem Wohnungseigentumsgesetz erforderlich gewesen wäre.

Interessant war die Frage der sogenannten Vorbefassung. Normalerweise muss vor einer Klage auf Beschlussersetzung zunächst versucht werden, einen entsprechenden Beschluss in der Eigentümerversammlung zu erreichen. Das Gericht sah dieses Erfordernis als erfüllt an, da bei den gegebenen Mehrheitsverhältnissen und dem bereits laufenden Rechtsstreit eine erfolgreiche Beschlussfassung von vornherein aussichtslos war.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Planen Sie Veränderungen an Ihrem Wohnungseigentum, sollten Sie vorab genau prüfen, was erlaubt ist. Sondernutzungsrechte haben klare Grenzen. Selbst wenn Sie einen Garten exklusiv nutzen dürfen, bedeutet das nicht automatisch, dass Sie dort Gebäude errichten können.

Für alle baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum - dazu gehören auch Außenfassaden - benötigen Sie grundsätzlich einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies gilt unabhängig davon, ob Ihre Gemeinschaft aktiv ist oder nicht.

Auch optische Veränderungen können rechtlich relevante Beeinträchtigungen darstellen. Es genügt nicht zu argumentieren, dass die Veränderungen eine Verbesserung darstellen oder den Wert der Immobilie steigern. Entscheidend ist, ob andere Eigentümer sich in ihren Rechten beeinträchtigt fühlen können.

Falls Sie bereits ohne Genehmigung gebaut haben, führt auch eine nachträgliche Zustimmung nicht automatisch zum Erfolg. Die anderen Eigentümer können ihre Zustimmung verweigern, wenn sie sich beeinträchtigt sehen. Im Zweifel droht ein kostspieliger Rückbau auf eigene Kosten.

Handeln Sie daher immer vorausschauend: Holen Sie sich vor Baubeginn die erforderlichen Genehmigungen ein und klären Sie Ihre Rechte aus Sondernutzungsvereinbarungen genau ab. Eine rechtliche Beratung im Vorfeld ist meist günstiger als ein späterer Rechtsstreit um den Rückbau.


Quelle: Landgericht Itzehoe, Urteil vom 28.03.2025, Aktenzeichen 11 S 44/23

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