Lagerraum ist kein Grund für Eigenbedarfskündigung


Darum geht es
Eine Hauseigentümerin wollte ihrem Mieter kündigen, damit ihr Ehemann in die Wohnung einziehen kann. Als Grund gab sie an, dass ihre Ehe wegen Platzmangels in Gefahr sei. Ihr Mann, ein Künstler, benötige die 6,5-Zimmer-Wohnung im 1. OG für seine umfangreichen Sammlungen und seine künstlerische Tätigkeit. Das Amtsgericht Köln wies die Räumungsklage ab und erklärte die Eigenbedarfskündigung für unwirksam.
Der Sachverhalt: Streit um eine große Wohnung
Die Vermieterin bewohnte mit ihrem Ehemann eine Wohnung im 2. OG eines Hauses, das bereits ihr Familienhaus war. Der Beklagte mietete seit 2014 die Wohnung im 1. OG, die etwa 200 m² groß ist und 6,5 Zimmer umfasst. Teile dieser Wohnung hatte er an drei weitere Personen untervermietet.
Das Verhältnis zwischen der Vermieterin und dem Mieter war zunächst freundschaftlich, verschlechterte sich jedoch und führte zu mehreren rechtlichen Auseinandersetzungen. Im November 2023 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31. Juli 2024.
Als Begründung führte sie an, dass nach dem Einzug ihres Ehemanns in ihre gemeinsame Wohnung erhebliche Spannungen entstanden seien. Ihr Platz für eigene Maltätigkeiten sei erheblich geschrumpft. Zudem wolle sie ihrem Ehemann ermöglichen, seine umfangreichen Sammlungen, die bisher im Keller aufbewahrt wurden, besser zugänglich in der größeren Wohnung unterzubringen.
Die zentralen Streitpunkte
Der Hauptstreitpunkt im Verfahren war die Frage, ob die angegebenen Gründe einen wirksamen Eigenbedarf darstellen. Die Vermieterin argumentierte, dass die Ehe gefährdet sei, da sie mit ihrem Ehemann derartige Differenzen durch das gemeinsame Wohnen habe, dass ohne seinen Auszug die Ehe zu scheitern drohe.
Der Mieter hingegen behauptete, der wahre Grund für die Kündigung seien nicht die behaupteten Wohnprobleme, sondern die persönlichen und rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen ihm und der Vermieterin. Er war der Ansicht, dass der Eigenbedarf angesichts der Größe der Wohnung unverhältnismäßig sei.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht Köln wies die Klage ab und erklärte die Eigenbedarfskündigung für unwirksam. In seiner Begründung stellte das Gericht drei wichtige Grundsätze auf:
- Eigenbedarf muss sich auf Wohnzwecke beziehen: Der Eigenbedarf muss sich auf die Nutzung zu privaten Wohnzwecken beziehen. Will der Vermieter oder eine Person aus dem privilegierten Personenkreis die Wohnung nur teilweise für eigene Wohnzwecke, überwiegend oder sogar vollständig für gewerbliche Zwecke nutzen, kann eine Kündigung nicht auf Eigenbedarf gestützt werden.
- Wohnzwecke müssen überwiegen: Bei der Befragung des Ehemanns stellte sich heraus, dass er vier der 6,5 Zimmer primär für berufliche Zwecke nutzen wollte: ein Atelier bzw. Arbeitsraum, ein Zimmer für Dokumentationen und Grafikschränke, ein weiteres Zimmer für sein Archiv sowie Ess- und Wohnzimmer als Salon zum Empfang von Gästen. Das Gericht sah daher erhebliche Zweifel, dass der Wohnungszweck überwiegt.
- Sammlungen können ausgelagert werden: In angespannten Wohnlagen, wie sie in Köln bestehen, ist es Personen mit Sammlerleidenschaft zuzumuten, nicht ihren gesamten Lagerbestand unmittelbar in der Wohnung zur Verfügung zu haben. Wenn zeitlich zumutbar entfernte Stauraumkapazitäten (wie Keller) zur Verfügung stehen, ist "Sammlern" ein Ausweichen mit Teilen ihrer Sammelgegenstände in diese Räume zuzumuten.
"Eine andere Betrachtungsweise, die die Größe des Sammelbestandes bei der Interessenabwägung zwischen Wohn- und Berufsnutzung unberücksichtigt ließe, würde einen uferlosen Sammelbestand ermöglichen, der vor Wohnzwecken Vorrang erhielte."
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass eine solche Nutzung nach der Wohnraumschutzsatzung der Stadt Köln in Verbindung mit dem Wohnraumstärkungsgesetz NRW nicht zulässig wäre. Dort gilt eine Nutzung von mehr als 50 Prozent der Wohnfläche für gewerbliche Zwecke als verbotene Zweckentfremdung von Wohnraum.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen für Vermieter und Mieter:
- Für Vermieter: Eine Eigenbedarfskündigung ist nur wirksam, wenn die Wohnung überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden soll. Planen Sie oder Ihre Familienangehörigen eine starke gewerbliche Nutzung, kann dies die Kündigung unwirksam machen.
- Für Mieter: Wenn Ihnen wegen Eigenbedarfs gekündigt wird, prüfen Sie genau, ob die beabsichtigte Nutzung tatsächlich überwiegend Wohnzwecken dient. Bei starker gewerblicher Nutzung können Sie Widerspruch einlegen.
- Für Künstler und Sammler: Die Unterbringung umfangreicher Sammlungen oder die Einrichtung von Arbeitsräumen für künstlerische Tätigkeiten rechtfertigt allein keine Eigenbedarfskündigung. Es ist zumutbar, Teile der Sammlung in anderen Räumen wie dem Keller zu lagern.
- Für alle Beteiligten: In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten strengere Maßstäbe bei der Beurteilung von Eigenbedarf. Der Schutz von Wohnraum genießt hier besonderen Stellenwert.
Das Urteil zeigt deutlich: Wohnraum ist primär zum Wohnen da. Das Interesse eines Vermieters, Räume für Lagerung oder überwiegend berufliche Zwecke zu nutzen, muss hinter dem Bestandsschutzinteresse des Mieters zurücktreten.
Quelle: AG Köln, Urteil vom 28.08.2024 - 213 C 61/24
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