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Fristlose Kündigung nach Besichtigungsverweigerung berechtigt

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Wer als Mieter eine gerichtlich angeordnete Wohnungsbesichtigung eigenmächtig einschränkt, riskiert die fristlose Kündigung. Das AG Hamburg bestätigte die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung.
Handwerker überprüft eine Steckdose
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Streit um zehn Minuten mit schwerwiegenden Folgen

Der Fall aus Hamburg zeigt, wie schnell ein Mietverhältnis eskalieren kann. Eine Mieterin hatte Mängel in ihrer Wohnung gemeldet: Eine defekte Steckdose im Flur und Rauchentwicklung am Ceranfeldherd. Der Vermieter wollte die Schäden besichtigen, doch die Parteien konnten sich nicht auf einen Termin einigen.

Daraufhin klagte der Vermieter vor Gericht und bekam Recht. Das Gericht verpflichtete die Mieterin, dem Vermieter oder einer elektrotechnisch ausgebildeten Person Zutritt zu Küche und Flur zu gewähren. Die Besichtigung sollte maximal 30 Minuten dauern. Auch die Berufung der Mieterin blieb erfolglos.

Mieterin ignoriert gerichtliche Vorgaben

Als der Vermieter nach dem rechtskräftigen Urteil fünf Termine vorschlug, antwortete die Mieterin mit eigenen Bedingungen. Sie wollte statt der gerichtlich zugesprochenen 30 Minuten nur zehn Minuten gewähren. Außerdem sollte der Vermieter die Steckdose und das Ceranfeld nur ansehen, aber nicht anfassen dürfen.

Die Mieterin schrieb: "Sie dürfen die Wohnung für zehn Minuten betreten, Sie dürfen Flur und Küche betreten, keine anderen Räume, Sie dürfen die Steckdose und das Ceranfeld ansehen aber nicht anfassen."

Diese eigenmächtigen Einschränkungen stellten eine klare Missachtung der gerichtlichen Anordnung dar. Der Vermieter kündigte daraufhin fristlos, hilfsweise fristgemäß, wegen Verweigerung der gerichtlich titulierten Duldungspflicht.

Besichtigung unter erschwerten Bedingungen

Am vereinbarten Termin fand tatsächlich eine Besichtigung statt, allerdings nur unter den eingeschränkten Bedingungen der Mieterin. Diese gab später die Wohnung heraus und bestritt die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Sie argumentierte, die Kündigung sei nicht unverzüglich erklärt worden und es fehle an einer hinreichend erheblichen Pflichtverletzung.

Der Vermieter sah dies anders und klagte auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten für die Kündigungserklärung.

Gericht bestätigt schwerwiegende Vertragspflichtverletzung

Das Amtsgericht Hamburg gab dem Vermieter vollumfänglich recht. Die Richter stellten klar, dass die Nichtbeachtung einer gerichtlich titulierten Verpflichtung eine schwerwiegende, die Kündigung rechtfertigende Vertragspflichtverletzung darstellt.

Das Gericht betonte: Es stehe der Mieterin insbesondere nicht frei, die Vorgaben ihrer gerichtlich rechtskräftig titulierten Duldungspflicht weiter einzuschränken. Die Mieterin durfte nicht eigenmächtig aus 30 Minuten zehn machen und dem Vermieter untersagen, den Mangel durch Berühren zu prüfen.

Die Richter wiesen die Argumentation der Mieterin zurück, wonach die kurze Dauer der tatsächlichen Besichtigung beweise, dass keine längere Frist nötig gewesen wäre. Bei einer lediglich optischen Betrachtung könne naturgemäß kein großer Zeitaufwand betrieben werden. Vor allem sei auch keine unmittelbare Mängelbeseitigung vor Ort möglich.

Keine Abhilfefrist erforderlich

Interessant ist auch die Begründung des Gerichts zur fehlenden Abhilfefrist. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch müssen Vermieter ihren Mietern grundsätzlich eine Frist zur Abhilfe setzen, bevor sie kündigen können.

Das Gericht sah hiervon eine Ausnahme: Der Mieterin sei bereits im Gerichtsverfahren mehr als deutlich gemacht worden, was sie zu dulden habe. Eine nochmalige Fristsetzung wäre eine sinnlose Förmlichkeit gewesen und widerspräche der gerichtlichen Titulierung.

Rechtsprechung stützt fristlose Kündigung

Das Hamburger Amtsgericht verwies auf die etablierte Rechtsprechung, wonach die Nichtbefolgung rechtskräftig titulierter Verpflichtungen grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Dies gelte sowohl für Wohnungsbesichtigungen als auch für andere Duldungspflichten wie Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen.

Die Richter betonten, dass sich die Gebührenhöhe der Anwaltskostenrechnung nach der Jahres-Nettokaltmiete richtet und die übliche Regelgebühr angesetzt wurde, die aufgrund der rechtlichen Anforderungen gerechtfertigt sei.

Mieterin muss Kosten übernehmen

Das Gericht verurteilte die Mieterin zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten des Vermieters. Diese entstanden durch die berechtigte Kündigung aufgrund der Vertragspflichtverletzung. Zusätzlich fallen Zinsen und die Gerichtskosten zu Lasten der Mieterin.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter sollten Sie wissen: Gerichtliche Anordnungen sind bindend und dürfen nicht eigenmächtig abgeändert werden. Wer eine titulierte Duldungspflicht missachtet, riskiert die fristlose Kündigung. Dies gilt auch dann, wenn die ursprünglichen Forderungen des Vermieters überzogen erschienen.

Als Vermieter können Sie sich darauf verlassen: Rechtskräftige Gerichtsurteile schaffen klare Verhältnisse. Ignoriert der Mieter die gerichtlichen Vorgaben, steht Ihnen die außerordentliche Kündigung offen. Eine zusätzliche Abhilfefrist ist nicht erforderlich, wenn die Verpflichtungen bereits gerichtlich festgestellt wurden.

Besonders wichtig: Eine sachgerechte Mängelbehebung erfordert oft mehr als nur das Betrachten von Gegenständen. Vermieter müssen defekte Installationen berühren und prüfen können, um den Schaden zu beurteilen und geeignete Reparaturmaßnahmen einzuleiten.

Das Urteil zeigt auch, dass Mieter durch übertriebene Verweigerungshaltung mehr verlieren können als durch kooperatives Verhalten. Statt zehn Minuten Besichtigung zu dulden, verlor die Mieterin ihre Wohnung und muss zusätzlich die Anwaltskosten des Vermieters tragen.

Praktischer Tipp: Bei Meinungsverschiedenheiten über Besichtigungstermine sollten beide Seiten zunächst das Gespräch suchen. Kompromisse sind oft besser als kostspielige Gerichtsverfahren. Ist ein Urteil jedoch ergangen, müssen sich alle Beteiligten daran halten.


Quelle: AG Hamburg, Urteil vom 04.07.2025, Az. 49 C 237/24

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