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Vereinbarung einer Indexmiete: Warum die Platzierung im Mietvertrag entscheidend ist

Der beste Anwalt für Mietrecht
Stellen Sie sich vor: Sie erhalten plötzlich ein Schreiben Ihres Vermieters, dass Ihre Miete aufgrund einer im Mietvertrag vereinbarten Indexklausel erhöht wird – obwohl Sie sich an eine solche Vereinbarung gar nicht erinnern können. Genau um einen solchen Fall ging es kürzlich vor dem Landgericht Berlin.
Familie grübelt über ein Dokument. Im Vordergrund liegt ein Dokument auf einem Tisch mit einer Lupe.
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Sachverhalt: Versteckte Klausel im Mietvertrag

Im vorliegenden Fall hatte ein Vermieter mit Schreiben vom 16. Mai 2023 eine Mieterhöhung gefordert. Er berief sich dabei auf eine Indexmietvereinbarung, die im Mietvertrag unter § 16 Ziffer 4.4 zu finden war. Das Besondere daran: Diese Klausel befand sich nicht etwa im Paragraphen zur Miete und Nebenkosten (§ 3), sondern versteckt unter der Überschrift "Sonstige Vereinbarungen".

Der betroffene Mieter hatte die Erhöhung nicht akzeptiert und war vor das Amtsgericht Schöneberg gezogen. Dieses gab dem Mieter Recht und erklärte die Mieterhöhung für unwirksam. Der Vermieter legte Berufung ein – ohne Erfolg, wie nun das Landgericht Berlin in seinem Beschluss vom 13. Januar 2025 bestätigte.

Die Streitpunkte: Überraschend und intransparent

Das Gericht musste zwei zentrale Fragen klären:

  1. Kann eine Indexmietvereinbarung wirksam sein, wenn sie unter "Sonstige Vereinbarungen" versteckt ist?
  2. Reicht ein bloßer Verweis auf einen Gesetzesparagraphen (§ 557b BGB), ohne den Inhalt der Vereinbarung zu erläutern?

Die Antwort des Landgerichts auf beide Fragen war ein klares Nein. Es bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung des Vermieters zurück.

Die Entscheidung: Versteckte Klauseln sind unwirksam

Das Landgericht Berlin kam zu dem Schluss, dass die Indexmietvereinbarung gleich aus mehreren Gründen unwirksam war:

1. Die Klausel war überraschend (§ 305c BGB)

"Eine Klausel zur Regelung der Miethöhe ist an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang als überraschend anzusehen, weil sie nach keinem Verständnis zu der Überschrift 'sonstige Vereinbarungen' passt."

Das Gericht stellte klar: Die Platzierung einer so wichtigen Regelung wie der Miethöhe unter "Sonstige Vereinbarungen" ist überraschend. Unter dieser Überschrift würde kein Mieter eine solche Vereinbarung erwarten, besonders wenn die anderen Punkte in diesem Abschnitt sich mit völlig anderen Themen befassen, wie der formellen Wirksamkeit des Mietvertrags oder der Kommunikation zwischen den Parteien.

Wenn eine Indexmietvereinbarung nicht bei den Regelungen zur Miethöhe platziert wird, hätte sie zumindest deutlich gekennzeichnet werden müssen, etwa durch eine eigene Überschrift wie "§ 17 - Indexmietvereinbarung".

2. Die Klausel war intransparent (§ 307 BGB)

"Bloße Paragraphenangaben sind gegenüber Verbrauchern intransparent."

Ein weiteres Problem: Die Klausel verwies lediglich auf § 557b BGB, ohne zu erklären, was eine Indexmiete überhaupt ist und wie sie funktioniert. Der Verweis auf einen Gesetzesparagraphen allein reicht nicht aus, da Mieter ohne Rechtskenntnis nicht verstehen können, wozu sie eigentlich zustimmen.

Das Gericht betonte, dass ein Vertragspartner die Klauseln ohne juristische Beratung verstehen können muss. Bei der Indexmietvereinbarung fehlten wichtige Informationen, etwa der Hinweis auf den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland als Grundlage für Mietanpassungen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter:

Für Mieter:

  • Überprüfen Sie Ihren Mietvertrag genau, wenn der Vermieter eine Mieterhöhung auf Basis einer Indexklausel fordert
  • Achten Sie darauf, wo diese Klausel im Vertrag steht – ist sie versteckt oder an einer unerwarteten Stelle?
  • Prüfen Sie, ob die Klausel verständlich formuliert ist oder nur auf Gesetzesparagraphen verweist
  • Bei Zweifeln können Sie sich auf dieses Urteil berufen und die Mieterhöhung ablehnen

Für Vermieter:

  • Indexmietvereinbarungen sollten im Abschnitt zur Miethöhe oder unter einer eigenen, deutlichen Überschrift platziert werden
  • Der Inhalt der Vereinbarung sollte klar und verständlich erklärt werden, nicht nur durch Verweis auf Gesetzesparagraphen
  • Die Grundlage für Mietanpassungen (Preisindex) sollte explizit genannt werden
  • Bei bestehenden Mietverträgen mit ähnlichen Klauseln könnte eine Mieterhöhung unwirksam sein

Das Landgericht Berlin macht mit dieser Entscheidung deutlich: Wichtige Vertragsklauseln dürfen nicht versteckt oder unverständlich formuliert sein. Gerade bei einer so bedeutsamen Regelung wie der Miethöhe müssen Vermieter für Transparenz und Klarheit sorgen.

Fazit

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin stärkt die Rechte von Mietern und verdeutlicht die Anforderungen an wirksame Vertragsklauseln. Sie zeigt auch, wie wichtig es ist, den eigenen Mietvertrag genau zu lesen und zu verstehen – auch die Teile, die auf den ersten Blick unwichtig erscheinen mögen.

Wer als Mieter mit einer überraschenden Mieterhöhung konfrontiert wird, sollte prüfen, ob die zugrundeliegende Vereinbarung den vom Gericht aufgestellten Anforderungen entspricht. Im Zweifel kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen.


Quelle: LG Berlin, Beschluss vom 13.01.2025 - 63 S 138/24

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