Private Vermieter dürfen Anwalt für Kündigung beauftragen


Der Fall: Versehentlich falscher Dauerauftrag führt zu Anwaltskosten
Ein alltäglicher Mietkonflikt landete vor dem Amtsgericht, nachdem ein Mieter wegen eines technischen Fehlers bei seinem Dauerauftrag in Zahlungsrückstand geraten war. Der Mieter hatte nach eigenen Angaben im Dezember 2022 versehentlich den Beginn seines Dauerauftrags für die Mietzahlungen um ein ganzes Jahr nach hinten datiert. Dadurch blieben die Mietzahlungen für Januar und Februar 2023 aus.
Als der private Vermieter, der mehrere Wohnungen besitzt, jedoch keine professionelle Hausverwaltung beschäftigt, die ausgebliebenen Mietzahlungen bemerkte, reagierte er umgehend. Ohne vorherige Mahnung ließ er über seinen Rechtsanwalt am 7. Februar 2023 die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs aussprechen. Hilfsweise wurde auch die ordentliche Kündigung erklärt.
Nachdem der Mieter die rückständigen Mieten bezahlt hatte, blieb die Frage der Anwaltskosten ungeklärt. Der Vermieter verlangte die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, während der Mieter diese Forderung als unberechtigt ansah.
Mietervortrag: Rechtsmissbräuchliche Anwaltsbeauftragung
Der Mieter wehrte sich gegen die Kostenforderung mit mehreren Argumenten. Er betonte, dass der Zahlungsausfall auf einem technischen Versehen beruhte und keineswegs vorsätzlich erfolgt war. Bei einem angeblichen Gespräch am 13. Januar 2023 habe der Vermieter ihn nicht auf die ausstehenden Mietzahlungen hingewiesen, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits ein Monat überfällig gewesen wäre.
Der Mieter argumentierte: "Hätte mich der Vermieter rechtzeitig auf die Rückstände aufmerksam gemacht, wären diese umgehend beglichen worden." Da der Vermieter mehrere Wohnungen besitze und daher regelmäßig die Mieteingänge kontrollieren müsse, hätte er den ausgebliebenen Zahlungen früher bemerken können.
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei unter diesen Umständen weder notwendig noch angemessen gewesen. Vielmehr handle es sich um einen rechtsmissbräuchlichen und mutwilligen Schritt, der gegen die Schadensminderungspflicht verstoße. Eine einfache Mahnung hätte ausgereicht, um das Problem zu lösen.
Vermieterposition: Schutz vor wirtschaftlichem Schaden
Der Vermieter sah die Situation völlig anders. Aus seiner Sicht handelte es sich bei dem zweimonatigen Mietrückstand um einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden, der schnelles und rechtssicheres Handeln erforderte. Als privater Vermieter ohne eigene Rechtsabteilung oder Hausverwaltung sei er auf professionelle Unterstützung angewiesen, um seine Rechte ordnungsgemäß geltend zu machen.
Die fehlenden Mietzahlungen über zwei Monate stellten einen nachvollziehbaren Grund dar, rechtlichen Beistand einzuholen. Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs unterliegt strengen Formvorschriften, deren Nichteinhaltung die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge haben könnte. Daher sei die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht nur berechtigt, sondern auch wirtschaftlich vernünftig gewesen.
Gerichtsentscheidung: Private Vermieter haben besonderen Schutz
Das Amtsgericht gab dem Vermieter vollumfänglich Recht und verurteilte den Mieter zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten. Die Richter betonten dabei einen wichtigen Unterschied zwischen privaten Vermietern und gewerblichen Großvermietern.
Die zentrale Aussage des Gerichts: "Aus Sicht eines privaten Vermieters, selbst wenn er mehrere Mietwohnungen vermietet, sind ausbleibende Zahlungen über zwei Monate ein nachvollziehbarer Grund, rechtlichen Beistand einzuholen."
Das Gericht würdigte dabei die besondere Situation privater Vermieter. Anders als Großvermieter verfügen sie in der Regel nicht über eigene Hausverwaltungen oder Rechtsabteilungen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, die bei gewerblichen Vermietern teilweise eine vorherige selbstständige Geltendmachung von Ansprüchen verlangt, sei auf private Vermieter nicht übertragbar.
Keine Schadensminderungspflicht verletzt
Einen wichtigen Aspekt der Entscheidung bildete die Frage, ob der Vermieter gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hatte. Das Gericht verneinte dies eindeutig. Ein Vermieter sei nicht verpflichtet, eingehende Mietzahlungen monatlich auf Vollständigkeit zu überprüfen. Diese Verantwortung liegt beim Mieter, der dafür Sorge zu tragen hat, dass seine vertraglich vereinbarte Zahlungspflicht erfüllt wird.
Auch das behauptete Gespräch am 13. Januar 2023, bei dem der Vermieter angeblich bereits Kenntnis von den Rückständen gehabt hätte, konnte nicht bewiesen werden. Selbst wenn ein solches Gespräch stattgefunden hätte, wäre der Vermieter nicht verpflichtet gewesen, den Mieter auf dessen Zahlungsversäumnis hinzuweisen.
Das Gericht stellte außerdem fest, dass auch dem Mieter bei der nicht unerheblichen Monatsmiete hätte auffallen können und müssen, dass keine Abbuchung vom Konto erfolgt war. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Zahlung liegt klar beim Mieter.
Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Anwaltsbeauftragung
Bei der Bewertung, ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war, wendete das Gericht den sogenannten Ex-ante-Maßstab an. Entscheidend ist dabei die Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person zum Zeitpunkt der Schadensentstehung.
Unter diesem Gesichtspunkt war die Entscheidung des privaten Vermieters, einen Anwalt zu beauftragen, vollkommen berechtigt. Die formkorrekte Aussprache einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs erfordert juristische Kenntnisse, über die ein privater Vermieter nicht zwangsläufig verfügt. Fehler bei der Kündigungserklärung können kostspielige rechtliche Konsequenzen haben.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil stärkt die Position privater Vermieter erheblich und schafft wichtige Rechtssicherheit. Private Vermieter müssen nicht wie Großvermieter zunächst selbst tätig werden, sondern können bei Zahlungsrückständen sofort professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Für Vermieter bedeutet das Urteil: Sie dürfen bereits bei Zahlungsrückständen von zwei Monaten einen Rechtsanwalt beauftragen, ohne befürchten zu müssen, auf den Kosten sitzenzubleiben. Eine vorherige Mahnung ist nicht erforderlich, kann aber dennoch sinnvoll sein. Wichtig ist, dass Sie als privater Vermieter nicht über die gleichen professionellen Strukturen verfügen wie gewerbliche Großvermieter.
Für Mieter ergibt sich: Die Verantwortung für pünktliche Mietzahlungen liegt vollständig bei Ihnen. Technische Probleme wie falsch eingerichtete Daueraufträge entlasten Sie nicht von dieser Verpflichtung. Kontrollieren Sie regelmäßig, ob Ihre Mietzahlungen korrekt abgebucht werden. Bei Zahlungsrückständen können erhebliche Anwaltskosten entstehen, auch wenn der Vermieter nicht vorab mahnt.
Die Entscheidung verdeutlicht auch, dass Vermieter nicht verpflichtet sind, Mieter auf Zahlungsversäumnisse hinzuweisen. Dies entspricht der allgemeinen Rechtslage, nach der jeder Vertragspartner für die Erfüllung seiner eigenen Verpflichtungen verantwortlich ist.
Praktische Empfehlungen für den Alltag
Vermieter sollten sich durch dieses Urteil bestärkt fühlen, ihre Rechte konsequent durchzusetzen. Führen Sie dennoch genaue Aufzeichnungen über Mietausfälle und dokumentieren Sie alle Schritte. Eine kurze schriftliche Mitteilung über ausgebliebene Mietzahlungen kann trotz fehlender rechtlicher Verpflichtung das Verhältnis zum Mieter verbessern und zeigt Ihren guten Willen.
Mieter sollten ihre Daueraufträge und Überweisungen besonders sorgfältig einrichten und regelmäßig kontrollieren. Bei Problemen wenden Sie sich umgehend an Ihren Vermieter. Offene Kommunikation kann teure rechtliche Auseinandersetzungen vermeiden.
Das Urteil macht deutlich, dass private Vermieter nicht die gleichen Pflichten haben wie professionelle Wohnungsunternehmen. Sie können ihre Rechte unmittelbar und mit anwaltlicher Unterstützung durchsetzen, ohne zunächst selbst tätig werden zu müssen. Dies stärkt ihre Position erheblich und sorgt für mehr Rechtssicherheit im Mietverhältnis.
Quelle: AG Friedberg, Urteil vom 25.03.2024 - 2 C 1008/23
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