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Mieter muss Zutritt auch nach Diebstahl dulden

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Vermieter dürfen externe Dienstleister für Wasserzähler-Austausch beauftragen - auch wenn Mieter einzelnen Mitarbeitern Diebstahl vorwerfen.
Kemptner arbeitet an einer Spüle in der Küche
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Streitfall: Wenn Handwerker unter Verdacht stehen

In einer Frankfurter Mietwohnung sollten die Wasserzähler ausgetauscht werden - eigentlich ein Routinevorgang. Doch der Mieter sperrte sich gegen die geplanten Arbeiten. Seine Begründung: Ein Mitarbeiter der beauftragten Firma soll bei einem früheren Termin versucht haben, seine Sonnenbrille zu stehlen. Deshalb verweigerte er allen Mitarbeitern des Unternehmens den Zutritt zu seiner Wohnung.

Die Vermieterin ließ sich davon nicht beirren und reichte Klage ein. Sie forderte, dass der Mieter den Austausch der Kalt- und Warmwasserzähler in der Küche dulden müsse. Das Amtsgericht Frankfurt/Main gab ihr vollumfänglich recht und verurteilte den Mieter zur Duldung der Arbeiten.

Rechtliche Grundlagen: Warum Mieter Zähler-Austausch dulden müssen

Die Duldungspflicht für Verbrauchserfassungsgeräte ist gesetzlich festgeschrieben. Nach der Heizkostenverordnung müssen Mieter nicht nur den erstmaligen Einbau von Wasserzählern hinnehmen, sondern auch deren späteren Austausch. Diese Regelung dient der ordnungsgemäßen Erfassung des Verbrauchs und damit einer fairen Kostenverteilung zwischen den Mietern.

Darüber hinaus haben Vermieter grundsätzlich das Recht, Mietwohnungen zu betreten, wenn dafür ein konkreter sachlicher Grund vorliegt. Ein solcher Grund ergibt sich regelmäßig aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Objekts. Der notwendige Austausch veralteter oder defekter Wasserzähler fällt eindeutig in diese Kategorie.

Externe Dienstleister: Vermieter müssen nicht alles selbst machen

Ein wichtiger Aspekt der Entscheidung betrifft die Beauftragung externer Unternehmen. Vermieter sind nicht verpflichtet, für alle Arbeiten an der Mietsache eigene Mitarbeiter vorzuhalten. Sie dürfen sich durchaus spezialisierter Dienstleister bedienen - und deren Zutritt zur Wohnung ist dann grundsätzlich vom Mieter zu dulden.

Diese Regelung macht praktisch Sinn: Moderne Immobilienverwaltung erfordert oft Fachkenntnisse, die nicht jeder Vermieter selbst besitzt. Ob Heizungswartung, Elektroarbeiten oder eben der Austausch von Messgeräten - externe Spezialisten sind häufig die bessere Wahl. Mieter können daher nicht verlangen, dass bestimmte Arbeiten nur von bestimmten Personen oder Firmen durchgeführt werden.

Die Grenzen der Duldungspflicht: Wann Mieter Nein sagen dürfen

Dennoch ist die Duldungspflicht nicht grenzenlos. Das Gericht räumte durchaus ein, dass es Situationen geben könnte, in denen Mieter den Zutritt bestimmter Personen verweigern dürfen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn diese Personen in der Vergangenheit nachweislich Straftaten in der konkreten Wohnung begangen haben.

Entscheidend ist jedoch: Einzelne Verdachtsfälle berechtigen nicht zur pauschalen Verweigerung aller Mitarbeiter eines Unternehmens. Selbst wenn ein einzelner Handwerker tatsächlich einen Diebstahl versucht haben sollte, kann der Mieter deshalb nicht allen Kollegen dieses Mitarbeiters den Zutritt verweigern. Eine solche Sippenhaft wäre unverhältnismäßig und würde die Rechte des Vermieters übermäßig beschränken.

Beweislast: Wer muss was beweisen?

Im konkreten Fall kam erschwerend hinzu, dass der vorgeworfene Diebstahlsversuch überhaupt nicht bewiesen war. Die Vermieterin bestritt den Vorfall rundweg. Der Mieter, der von dem angeblichen Diebstahl profitiert hätte, war beweispflichtig - konnte aber weder Beweis anbieten noch den Namen des beschuldigten Mitarbeiters nennen.

Bloße Behauptungen reichen vor Gericht nicht aus. Wer sich auf bestimmte Tatsachen beruft, muss diese auch belegen können. Dass weder Vermieterin noch Dienstleister dem Mieter Auskunft über die Identität ihrer Mitarbeiter gaben, änderte nichts an seiner Beweispflicht. Auch der Hinweis auf weitere Diebstähle in der Nachbarschaft half nicht weiter, da diese keinen direkten Bezug zum beauftragten Unternehmen hatten.

Praktische Durchführung: Wie läuft so ein Austausch ab?

Das Gericht regelte auch die praktischen Modalitäten sehr konkret. Der Mieter muss den Zutritt zu angemessener Tageszeit an Werktagen zwischen acht und zwanzig Uhr gewähren. Voraussetzung ist eine angemessene Ankündigung von mindestens vierzehn Tagen. Diese Regelungen schützen die Privatsphäre des Mieters und stellen sicher, dass die Arbeiten zu zumutbaren Zeiten stattfinden.

Die Entscheidung wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, was bedeutet: Die Vermieterin kann die Durchführung der Arbeiten notfalls auch gegen den Willen des Mieters durchsetzen, ohne auf ein rechtskräftiges Urteil warten zu müssen. Eine Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts erfordert.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter: Sie müssen den Austausch von Wasserzählern grundsätzlich dulden, auch wenn externe Dienstleister beauftragt werden. Bloße Verdächtigungen gegen einzelne Mitarbeiter berechtigen nicht zur Totalverweigerung. Berechtigt ist eine Verweigerung nur bei konkreten, bewiesenen Straftaten bestimmter Personen in der eigenen Wohnung.

Für Vermieter: Sie dürfen externe Unternehmen beauftragen und haben weitgehende Durchsetzungsmöglichkeiten. Wichtig ist eine ordnungsgemäße Ankündigung und die Einhaltung angemessener Zeiten. Bei unbegründeter Verweigerung durch den Mieter können Sie gerichtlich vorgehen - mit guten Erfolgsaussichten.

Für beide Seiten gilt: Im Streitfall sollten konkrete Beweise gesammelt werden. Pauschale Vorwürfe oder Verdächtigungen helfen vor Gericht nicht weiter. Eine sachliche Kommunikation und das Bemühen um einvernehmliche Lösungen ersparen oft den Gang zum Gericht.

Die Entscheidung zeigt, dass die Rechte der Vermieter bei notwendigen Modernisierungsmaßnahmen stark geschützt sind. Gleichzeitig werden aber auch die Grenzen aufgezeigt: Wo berechtigte Sicherheitsbedenken bestehen, können Mieter durchaus Schutz erwarten. Die Balance zwischen beiden Interessen muss immer im Einzelfall gefunden werden.


Quelle: AG Frankfurt/Main, Urteil vom 29.11.2024, Az. 33055 C 113/24

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