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Betriebskosten ohne Abrechnung: Wann gibt es Geld zurück?

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Mieter zahlen monatlich Vorauszahlungen für Betriebskosten, doch der Vermieter rechnet nicht ab. Bekommen sie ihr Geld automatisch zurück? Ein aktuelles Urteil zeigt: So einfach ist es nicht.
Holzschreibtisch in einer modernen Etagenwohnung, auf dem Tisch liegen Unterlagen und ein Taschenrechner
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Drei Jahre ohne ordnungsgemäße Abrechnung

Ein Ehepaar mietete von Mai 2020 bis November 2022 eine Wohnung und zahlte monatlich 170 Euro Betriebskostenvorauszahlungen. Nach der Kündigung warteten sie vergeblich auf die Abrechnungen. Für das Jahr 2020 kam überhaupt keine Abrechnung. Die Abrechnungen für 2021 und 2022 erhielten sie erst nach Mietende - und diese enthielten einen gravierenden Fehler: Die geleisteten Vorauszahlungen waren nicht aufgeführt.

Die ehemaligen Mieter forderten daraufhin die komplette Rückzahlung ihrer Vorauszahlungen für alle drei Jahre sowie die Kaution. Insgesamt ging es um über 6.000 Euro. Der Vermieter weigerte sich zu zahlen und bot nur einen Teilbetrag an.

Rechtliche Grundlage: Die Abrechnungspflicht des Vermieters

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch muss der Vermieter jährlich über die Betriebskostenvorauszahlungen abrechnen. Diese Abrechnung muss spätestens bis zum Ende des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums erfolgen. Für das Jahr 2020 bedeutete dies: Abrechnung bis spätestens 31. Dezember 2021.

Bei beendeten Mietverhältnissen haben Mieter normalerweise das Recht, ihre Vorauszahlungen sofort zurückzufordern, wenn der Vermieter seiner Abrechnungspflicht nicht nachkommt. Dies verhindert, dass Vermieter die Abrechnungen endlos hinauszögern und so unrechtmäßig Geld einbehalten.

Das entscheidende Unterscheidungsmerkmal: Während oder nach Mietende?

Das Amtsgericht Bottrop machte jedoch eine wichtige Unterscheidung, die vielen Mietern nicht bewusst ist. Entscheidend ist, ob die Abrechnungsfrist noch während des laufenden Mietverhältnisses oder erst nach dessen Beendigung abgelaufen ist.

Für das Jahr 2020 galt: Die Abrechnungsfrist lief am 31. Dezember 2021 ab - das Mietverhältnis bestand aber noch bis November 2022. Die Mieter hätten daher ab Januar 2022 die Möglichkeit gehabt, ihre monatlichen Vorauszahlungen einzubehalten, bis der Vermieter die Abrechnung nachliefert. Dieses Zurückbehaltungsrecht nutzten sie jedoch nicht.

Für die Jahre 2021 und 2022 wäre es anders gewesen: Hier wären die Abrechnungsfristen erst nach Mietende abgelaufen. Die Mieter hätten also theoretisch Anspruch auf sofortige Rückzahlung gehabt - doch der Vermieter lieferte die Abrechnungen rechtzeitig nach.

Formfehler in der Abrechnung: Nicht automatisch unwirksam

Die vorgelegten Abrechnungen für 2021 und 2022 wiesen einen augenscheinlichen Fehler auf: Die geleisteten Vorauszahlungen waren nicht aufgeführt. Die Mieter argumentierten, dadurch seien die Abrechnungen unwirksam.

Das Gericht sah dies anders. Eine Betriebskostenabrechnung muss bestimmte Mindestangaben enthalten - dazu gehören auch die geleisteten Vorauszahlungen. Fehlen diese Angaben, liegt jedoch kein formeller Fehler vor, sondern ein materieller. Das Weglassen der Vorauszahlungen entspricht der Angabe, dass keine Vorauszahlungen geleistet wurden.

Diese Betrachtungsweise mag zunächst merkwürdig erscheinen, hat aber praktische Bedeutung. Ein formeller Fehler würde die gesamte Abrechnung unwirksam machen. Ein materieller Fehler bedeutet lediglich, dass die Abrechnung inhaltlich falsch ist - sie bleibt aber grundsätzlich wirksam.

Die Verrechnung mit der Kaution

Der Vermieter hatte einen Teil der Kaution zurückgezahlt und dabei stillschweigend mit den Betriebskosten verrechnet. Diese Verrechnung erkannte das Gericht als rechtmäßig an. Dabei berücksichtigte der Vermieter die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen ordnungsgemäß, obwohl sie in der schriftlichen Abrechnung nicht aufgeführt waren.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für laufende Mietverhältnisse: Erhalten Sie keine fristgerechte Betriebskostenabrechnung, können Sie ab dem Fristablauf Ihre monatlichen Vorauszahlungen einbehalten. Dies ist oft der wirksamste Weg, um Druck auf den Vermieter auszuüben. Wichtig: Informieren Sie den Vermieter schriftlich über Ihr Zurückbehaltungsrecht und die Gründe dafür.

Nach Mietende: Sind die Abrechnungsfristen bereits während des Mietverhältnisses abgelaufen, können Sie die Vorauszahlungen für diese Zeiträume nicht mehr pauschal zurückfordern. Sie hätten das Zurückbehaltungsrecht während der Mietzeit nutzen müssen.

Bei fehlerhaften Abrechnungen: Auch wenn Ihre Vorauszahlungen nicht in der Abrechnung aufgeführt sind, wird diese dadurch nicht automatisch unwirksam. Sie können aber die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung bestreiten und eine Korrektur verlangen.

Dokumentation ist entscheidend: Bewahren Sie alle Belege über geleistete Vorauszahlungen sorgfältig auf. Im Streitfall müssen Sie beweisen können, welche Beträge Sie tatsächlich gezahlt haben.

Reaktionszeit beachten: Nutzen Sie Ihr Zurückbehaltungsrecht frühzeitig. Warten Sie nicht bis zum Mietende, sondern reagieren Sie sofort nach Ablauf der Abrechnungsfrist.

Das Urteil zeigt: Mieterrechte sind an bestimmte Fristen und Handlungsweisen gebunden. Wer seine Rechte kennt und rechtzeitig nutzt, steht deutlich besser da als derjenige, der erst nach Mietende aktiv wird.


Quelle: AG Bottrop, Urteil vom 15.08.2024 - 10 C 25/24

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