Zum Hauptinhalt springen

Beschluss zur Abmahnung durch Verwalter ist anfechtbar

Der beste Anwalt für Mietrecht
Wohnungseigentümer können Beschlüsse angreifen, mit denen die Hausverwaltung zur Abmahnung beauftragt wird. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil und stärkt damit die Rechte einzelner Eigentümer. Der Bundesgerichtshof hat eine wichtige Entscheidung für Wohnungseigentümergemeinschaften getroffen. Das höchste deutsche Zivilgericht stellte klar, dass Beschlüsse, durch die ein Verwalter mit der Abmahnung eines Wohnungseigentümers beauftragt wird, genauso anfechtbar sind wie direkte Abmahnungsbeschlüsse. Dies stärkt die Rechte einzelner Eigentümer erheblich.
Eigentümerversammlung, mehrere Personen sitzen an Schreibtischen
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Streit um angeblich schädigendes Verhalten

In dem verhandelten Fall ging es um eine Wohnungseigentümerin, die von ihrer Eigentümergemeinschaft als störend empfunden wurde. Die Mehrheit der Eigentümer fasste im Januar 2023 den Beschluss, die Frau durch die Hausverwaltung für ihr "WEG-schädigendes Verhalten" abzumahnen.

Konkret wurde der Eigentümerin vorgeworfen, sich in zwei Punkten falsch verhalten zu haben. Zum einen habe sie einer Dienstleisterin der Wohnungseigentümergemeinschaft dabei geholfen, Argumente gegen deren Kündigung zu finden. Sie soll behauptet haben, der Verwalter habe die Kündigung zurückgenommen und sei der Argumentation des gegnerischen Anwalts gefolgt.

Der zweite Vorwurf bezog sich auf wiederholte Einsichtnahmen in die Verwaltungskonten. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Beirat habe die Frau siebenmal zwischen Juli und September 2022 ihr Einsichtsrecht ausgeübt. Beide Verhaltensweisen bewertete die Gemeinschaft als Verstoß gegen das Wohnungseigentumsgesetz.

Verwalter führt Beschluss aus: Abmahnung erfolgt

Entsprechend dem Beschluss mahnte der Verwalter die Eigentümerin im Februar 2023 ab. Die betroffene Frau wehrte sich jedoch und reichte eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss ein. Sie wollte erreichen, dass dieser für ungültig erklärt wird.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Köln wiesen ihre Klage ab. Die Richter sahen die Klage als unzulässig an, da kein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Ihre Begründung: Die Abmahnung sei nicht direkt im Beschluss enthalten gewesen, sondern der Verwalter sei nur angewiesen worden, eine Abmahnung zu erteilen. Diese vom Verwalter erteilte Abmahnung sei als rechtsgeschäftsähnliche Handlung nicht überprüfbar.

BGH korrigiert Instanzgerichte: Klage ist zulässig

Der Bundesgerichtshof sah das anders und korrigierte die Vorinstanzen. Die Richter stellten klar, dass die Klage durchaus zulässig war, auch wenn sie letztendlich keinen Erfolg hatte.

Der entscheidende Punkt: Ein Beschluss, durch den der Verwalter mit der Abmahnung beauftragt wird, ist rechtlich nicht anders zu behandeln als ein direkter Abmahnungsbeschluss. Beide Varianten sind selbständig anfechtbar. Dass der Verwalter die Abmahnung bereits ausgesprochen hatte, ließ das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage nicht entfallen.

Die Karlsruher Richter betonten, dass der sachliche Gehalt beider Beschlussfassungen identisch sei. Unterschiedlich sei nur die Art der Ausführung der Abmahnung. Das Interesse eines Wohnungseigentümers daran zu überprüfen, ob die Entscheidung der Gemeinschaft den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, bestehe in gleichem Maße.

Wichtige Unterscheidung: Abmahnung oder Aufforderung?

Obwohl die Klage zulässig war, blieb sie erfolglos. Der BGH stellte fest, dass der Beschluss zwar nicht den Anforderungen an eine wirksame Abmahnung nach Paragraf 17 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes genügte, aber dennoch rechtmäßig war.

Das Problem: Aus dem Beschluss ging nicht hervor, dass der Eigentümerin bei Fortsetzung ihres Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums drohte. Eine wirksame Abmahnung muss diese Warnfunktion erfüllen und deutlich machen, dass bei erneutem Fehlverhalten die Entziehung des Eigentums droht.

Dennoch bewertete der BGH den Beschluss als rechtmäßig. Bei objektiver Auslegung enthalte er jedenfalls eine zulässige Aufforderung an die Wohnungseigentümerin, das monierte Verhalten künftig zu unterlassen. Solche "Aufforderungsbeschlüsse" sind grundsätzlich zulässig, auch wenn sie nicht die strengen Anforderungen einer Entziehungsabmahnung erfüllen.

Prüfungsumfang bei Anfechtungsklagen begrenzt

Der Bundesgerichtshof machte auch deutlich, welche Grenzen bei der gerichtlichen Überprüfung solcher Beschlüsse bestehen. Bei Anfechtungsklagen gegen Aufforderungsbeschlüsse sind nur formelle Beschlussmängel zu prüfen. Die Gerichte prüfen nicht, ob tatsächlich ein Unterlassungsanspruch besteht.

Diese materielle Prüfung bleibt einem eventuellen späteren Unterlassungsverfahren vorbehalten, falls der betroffene Wohnungseigentümer der Aufforderung nicht folgt. Dort kann dann umfassend geprüft werden, ob das beanstandete Verhalten tatsächlich rechtswidrig war.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat mehrere wichtige praktische Auswirkungen für Wohnungseigentümer. Erstens wird klargestellt, dass Eigentümer sich auch gegen indirekte Abmahnungen wehren können. Es spielt keine Rolle, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft direkt eine Abmahnung beschließt oder den Verwalter damit beauftragt.

Zweitens schafft das Urteil Rechtssicherheit über den Prüfungsumfang bei solchen Klagen. Wohnungseigentümer sollten wissen, dass Gerichte bei der Anfechtung von Aufforderungsbeschlüssen nur formelle Mängel prüfen. Wer sich gegen das vorgeworfene Verhalten zur Wehr setzen will, muss ein separates Unterlassungsverfahren führen.

Drittens zeigt der Fall, wie wichtig die genaue Formulierung von Beschlüssen ist. Soll eine Abmahnung als Vorstufe zur Eigentumsanziehung dienen, muss dies eindeutig zum Ausdruck kommen. Andernfalls kann sie zwar als Aufforderungsbeschluss wirksam sein, erfüllt aber nicht die strengen Anforderungen des Wohnungseigentumsgesetzes.

Für Hausverwaltungen und Wohnungseigentümergemeinschaften bedeutet das Urteil, dass sie bei der Beschlussfassung sorgfältig zwischen verschiedenen Arten von Abmahnungen unterscheiden müssen. Je nach gewünschtem Zweck sind unterschiedliche Formulierungen und Inhalte erforderlich.

Das Urteil stärkt letztendlich die Position einzelner Wohnungseigentümer, da es ihre Möglichkeiten zur gerichtlichen Überprüfung von Gemeinschaftsbeschlüssen erweitert. Gleichzeitig gibt es Wohnungseigentümergemeinschaften wichtige Hinweise für rechtssichere Beschlussfassungen.


Quelle: BGH, Urteil vom 04.07.2025 - V ZR 77/24

Kontaktieren Sie uns!

Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.


Ihr Recht ist unsere Leidenschaft!

Portrait der besten Anwälte von Essen

Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.


Unsere digitale Kanzlei

Kind sitzt im Chefsessel und bedient ein Mobiltelefon

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

Erfahrungen & Bewertungen zu JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

kostenlose Ersteinschätzung

Wartebereich der JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.


Das könnte Sie auch interessieren:

19. Mai 2024
Vermieter stehen manchmal vor der Herausforderung, dass sie berechtigte Gründe haben, ein Mietverhältnis zu beenden, und dennoch auf Hindernisse st...
01. April 2024
Die Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter kann viele Gründe haben, doch einer der häufigsten und zugleich komplexesten ist die Eige...
18. Juli 2023
Fragen kostet nichts, außer beim Anwalt. Ein Anwalt ist teuer, ein guter Anwalt ist unbezahlbar. So jedenfalls die landläufige Meinung. Falsch! Anw...