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Wohnungsverkauf: Zustimmung braucht finanzielle Nachweise

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Wer seine Eigentumswohnung verkaufen möchte, braucht oft die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft. Doch reicht es aus, einfach zu versichern, dass der Käufer zahlungsfähig ist? Ein aktuelles Urteil zeigt deutlich: Bloße Behauptungen genügen nicht – konkrete Belege sind erforderlich.
Eine Person hält einen Wohnungsschlüssel und Unterlagen in der Hand, im Hintergrund ein Wohngebäude
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Streit um fehlende Unterlagen

Ein Wohnungseigentümer wollte seine Wohnung verkaufen. Die kleine Eigentümergemeinschaft bestand aus nur zwei Personen. Der verbleibende Eigentümer sollte dem Verkauf zustimmen, verweigerte dies jedoch zunächst. Seine Begründung: Er wollte mehr über die finanzielle Situation des Käufers wissen, mindestens einen Nachweis über dessen Einkommen.

Diese Forderung hatte aus seiner Sicht gute Gründe. Aus dem Kaufvertrag ging hervor, dass ein Teil des Kaufpreises gestundet worden war. Zudem standen in der Gemeinschaft erhebliche Sanierungsmaßnahmen bevor. Die Sorge war nachvollziehbar: Würde der neue Eigentümer seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen können?

Der Verkäufer sah das anders. Er vertrat die Ansicht, keine weiteren Auskünfte geben zu müssen. Die bloße Zusicherung der Zahlungsfähigkeit sollte seiner Meinung nach ausreichen. Da keine Einigung zustande kam, zog er vor Gericht und verlangte die Zustimmung zum Verkauf.

Der rechtliche Hintergrund: Warum Zustimmung nötig ist

Beim Verkauf einer Eigentumswohnung kann die Gemeinschaftsordnung vorsehen, dass die anderen Eigentümer zustimmen müssen. Dieser Mechanismus soll die Eigentümergemeinschaft schützen. Schließlich wird man durch einen Wohnungsverkauf unfreiwillig zum Nachbarn und muss mit dem neuen Eigentümer zusammenarbeiten.

Das Wohnungseigentumsgesetz regelt in Paragraph zwölf, unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung verweigert werden darf. Ein wichtiger Punkt ist die Zahlungsfähigkeit des künftigen Eigentümers. Denn wer dauerhaft seine Beiträge nicht zahlt, schadet der gesamten Gemeinschaft.

Die entscheidende Frage lautete nun: Muss der Verkäufer die finanzielle Leistungsfähigkeit des Käufers nur behaupten oder auch nachweisen?

Die Gerichtsverhandlung: Zeuge bringt Wende

Zunächst blieb der Verkäufer bei seiner Position. Erst als in der mündlichen Verhandlung vor dem zuständigen Amtsgericht der Käufer selbst als Zeuge zu seinen finanziellen Verhältnissen aussagte, lenkte die Eigentümergemeinschaft ein. Sie erkannte den Anspruch auf Zustimmung an, wehrte sich aber gegen die Kostenauferlegung.

Das Amtsgericht hatte der Eigentümergemeinschaft zunächst die Prozesskosten auferlegt. Die Begründung: Das Anerkenntnis sei nicht sofort erfolgt. Zudem schulde der Verkäufer keine Nachweise.

Gegen diese Kostenentscheidung legte die Eigentümergemeinschaft sofortige Beschwerde ein. Sie wollte erreichen, dass der Verkäufer die Kosten tragen muss, da er ohne ausreichende Nachweise geklagt hatte.

Die Entscheidung: Unterlagen sind erforderlich

Das Landgericht gab der Beschwerde statt und änderte die Kostenentscheidung. Der Verkäufer musste nun die Kosten des gesamten Verfahrens tragen. Die Begründung des Gerichts war eindeutig und für die Praxis bedeutsam.

Das Gericht stellte klar: Für die Prüfung der Zahlungsfähigkeit genügt es nicht, wenn der Verkäufer lediglich Tatsachen behauptet. Soweit eine Prüfung erforderlich ist, müssen diese Tatsachen durch Unterlagen belegt werden.

Die Richter verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach kann die Zustimmung davon abhängig gemacht werden, dass Informationen über den künftigen Erwerber zugänglich gemacht werden. Dies umfasst nicht nur Informationen, sondern ausdrücklich auch Unterlagen, soweit diese zur Prüfung erforderlich sind.

Zur Begründung führte das Gericht mehrere Argumente an. Die Einkommens- und Vermögenssituation des Käufers gehöre zweifellos zu den wichtigen Informationen, da hiervon die spätere Zahlungsfähigkeit maßgeblich abhänge. Der Vertreter der Eigentümergemeinschaft müsse sich nicht mit unbelegten Aussagen des Verkäufers begnügen, sondern könne Nachweise verlangen.

Nur durch Unterlagen sei eine sachgerechte Prüfung möglich. Unbelegte Aussagen genügten nicht, auch weil im Fall späterer Fehlerhaftigkeit die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verkäufer von erheblichen praktischen Schwierigkeiten geprägt sein dürfte. Schließlich gebe der Verkäufer meist nur die Informationen weiter, die er vom Käufer erhalten habe.

Das Gericht betonte, dass nach überwiegender Auffassung ohne Vorlage der erforderlichen Unterlagen bereits die Fälligkeit des Zustimmungsanspruchs fehle. Die Eigentümergemeinschaft musste also die Zustimmungserklärung nicht abgeben, solange ihr die entsprechenden Informationen nicht vorlagen.

Eine besondere Wendung: Die Zeugenaussage

Interessant ist eine Randbemerkung des Gerichts. Es ließ offen, ob sich die Situation geändert habe, nachdem der Käufer in der Verhandlung unter Strafandrohung als Zeuge ausgesagt hatte. Das Gericht deutete an, dass eine solche eidliche Aussage möglicherweise eine vergleichbare Bedeutung wie eine schriftliche Unterlage haben könnte.

Diese Frage musste aber nicht abschließend geklärt werden. Denn bei der Kostenentscheidung kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch später besteht. Entscheidend war, dass der Verkäufer die Klage verfrüht eingereicht hatte, als noch keine ausreichenden Nachweise vorlagen. Deshalb musste er die Kosten tragen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige praktische Konsequenzen für alle, die eine Eigentumswohnung verkaufen möchten, wenn die Gemeinschaftsordnung eine Zustimmungspflicht vorsieht.

Als Verkäufer sollten Sie von Anfang an bereit sein, Nachweise über die finanzielle Leistungsfähigkeit des Käufers vorzulegen. Dazu können gehören: Einkommensnachweise wie Gehaltsabrechnungen oder Rentenbescheide, Kontoauszüge, Vermögensnachweisen oder Finanzierungszusagen der Bank. Warten Sie nicht erst auf ausdrückliche Nachfragen, sondern legen Sie diese Unterlagen proaktiv vor. Dies beschleunigt den Verkaufsprozess und vermeidet unnötige Rechtsstreitigkeiten.

Wichtig ist auch die Kommunikation mit dem Käufer. Informieren Sie ihn frühzeitig darüber, dass solche Nachweise erforderlich sein können. Klären Sie mit ihm, welche Unterlagen er bereitstellen kann und will. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten erleichtert den Prozess erheblich.

Als verbleibender Eigentümer oder Verwalter haben Sie das Recht, konkrete Nachweise zu verlangen. Sie müssen sich nicht mit bloßen Beteuerungen zufriedengeben. Dies ist kein Schikane, sondern dient dem Schutz der Eigentümergemeinschaft. Gerade wenn finanzielle Belastungen wie Sanierungen anstehen, ist die Prüfung der Zahlungsfähigkeit besonders wichtig.

Formulieren Sie Ihre Nachfragen konkret und angemessen. Verlangen Sie nur Unterlagen, die für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit tatsächlich erforderlich sind. Setzen Sie eine angemessene Frist zur Vorlage. Dokumentieren Sie Ihre Anfragen und deren Begründung sorgfältig für den Fall späterer Auseinandersetzungen.

Das Urteil zeigt auch: Wer vorschnell klagt, ohne die erforderlichen Nachweise erbracht zu haben, riskiert, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Dies gilt selbst dann, wenn später doch noch eine Einigung erzielt wird. Die Kosten eines solchen Verfahrens können erheblich sein und den Verkaufsgewinn schmälern.

Grenzen der Auskunftspflicht

Trotz dieser Nachweispflicht gibt es auch Grenzen. Der Käufer muss nicht sein gesamtes Vermögen offenlegen. Die Unterlagen müssen geeignet sein, die Zahlungsfähigkeit zu belegen, dürfen aber nicht unverhältnismäßig tief in die Privatsphäre eingreifen.

Ein Kompromiss kann darin bestehen, dass sensible Informationen geschwärzt oder zusammengefasst werden. Beispielsweise könnten bei Kontoauszügen einzelne Buchungen unkenntlich gemacht werden, solange der Gesamtsaldo und regelmäßige Eingänge erkennbar bleiben.

Fazit: Transparenz zahlt sich aus

Das Urteil stärkt die Position der Eigentümergemeinschaften bei der Prüfung künftiger Miteigentümer. Verkäufer müssen künftig von Anfang an mit konkreten Nachweisen arbeiten, wenn sie eine reibungslose Abwicklung wünschen.

Für die Praxis bedeutet dies: Offene Kommunikation und die frühzeitige Bereitstellung relevanter Unterlagen sind der Schlüssel zum erfolgreichen Wohnungsverkauf. Wer dies beherzigt, vermeidet kostspielige Rechtsstreitigkeiten und kommt schneller zum Ziel.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, im Wohnungseigentumsrecht auf eine sorgfältige Dokumentation und Kommunikation zu achten. Rechtzeitige Beratung durch einen Fachanwalt kann helfen, Fallstricke zu vermeiden und den Verkaufsprozess erfolgreich zu gestalten.


Quelle:
Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 06.06.2025, Aktenzeichen 2-13 T 34/25

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