Wann rechtfertigt eine Straftat die Kündigung eines Mietverhältnisses?


Ein Streit um Brennholz und verspätete Mietzahlungen
Im vorliegenden Fall vermietete der Kläger (Vermieter) seit 2021 eine Wohnung an den Beklagten (Mieter). Während des Mietverhältnisses kam es zu mehreren Konflikten. Der Vermieter warf dem Mieter vor, Brennholz aus einem nicht mitvermieteten Schuppen gestohlen zu haben. Außerdem zahlte der Mieter die Miete regelmäßig zur Monatsmitte statt – wie vom Vermieter erwartet – zu Beginn des Monats.
Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mehrfach und forderte den Mieter zur Räumung der Wohnung auf. Als der Mieter sich weigerte auszuziehen, zog der Vermieter vor Gericht. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Paderborn (Urteil vom 03.07.2024, Az. 1 S 77/23) gaben dem Mieter Recht.
Straftaten als Kündigungsgrund – was gilt?
Das Gericht stellte wichtige Grundsätze zur Kündigung wegen Straftaten auf:
"Begeht der Mieter eine Straftat, kann dies grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen."
Allerdings ist nicht jede Straftat automatisch ein Kündigungsgrund. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Straftat muss einen Bezug zum Mietverhältnis haben
- Sie muss so schwer wiegen, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist
- Die Straftat muss tatsächlich bewiesen sein
Der letzte Punkt ist besonders wichtig: Der Vermieter trägt die Beweislast für die Straftat. Er muss nachweisen, dass der Mieter tatsächlich eine Straftat begangen hat.
Der angebliche Holzdiebstahl
Im konkreten Fall konnte der Vermieter nicht beweisen, dass der Mieter einen Diebstahl begangen hatte. Im Gegenteil: Die Beweisaufnahme ergab, dass dem Mieter beim Abschluss des Mietvertrags durch einen Übersetzer mitgeteilt worden war, dass er das Brennholz benutzen dürfe.
Das Gericht stellte fest:
"Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme sieht die Kammer es als erwiesen an, dass dem Beklagten gegenüber zumindest ein Einverständnis zur Nutzung des im Schuppen gelagerten Holzes bei Abschluss des Mietvertrages [...] erklärt worden ist, was einen Vorsatz des Beklagten in Bezug auf eine etwaige Wegnahme ausschließt."
Ohne Vorsatz liegt kein Diebstahl vor. Die Kündigung wegen des angeblichen Holzdiebstahls war daher unwirksam.
Unpünktliche Mietzahlungen als Kündigungsgrund
Der Vermieter stützte seine Kündigung auch auf die Tatsache, dass der Mieter die Miete regelmäßig zur Monatsmitte zahlte, statt zu Monatsbeginn. Zu diesem Punkt stellte das Gericht fest:
"Zahlt der Mieter die vereinbarte Miete trotz einer Abmahnung des Vermieters weiterhin unpünktlich, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen."
Allerdings muss zwischen der Abmahnung und der Kündigung ein ausreichender Zeitraum liegen, damit der Mieter sein Zahlungsverhalten umstellen kann. Im vorliegenden Fall hatte der Mieter die Abmahnung am 24.12. erhalten, und der Vermieter erwartete bereits für Januar eine Änderung des Zahlungsverhaltens. Das Gericht hielt dies für zu kurzfristig:
"Ein Zeitraum von wenigen Tagen zwischen dem Zugang der Abmahnung und dem nächsten Fälligkeitstermin ist zu knapp."
Zudem hatte der Mieter über ein Jahr lang die Miete zur Monatsmitte gezahlt, ohne dass der Vermieter dies beanstandet hatte. Auch daher lag keine erhebliche Pflichtverletzung vor, die eine Kündigung rechtfertigen würde.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil enthält wichtige Hinweise für Vermieter und Mieter:
Für Vermieter:
- Wenn Sie eine Kündigung auf eine Straftat stützen wollen, müssen Sie die Straftat beweisen können
- Bei unpünktlichen Mietzahlungen müssen Sie zunächst abmahnen und dem Mieter eine angemessene Frist zur Umstellung seines Zahlungsverhaltens einräumen
- Haben Sie ein bestimmtes Zahlungsverhalten längere Zeit akzeptiert, können Sie nicht ohne weiteres eine sofortige Änderung verlangen
Für Mieter:
- Auch wenn Ihnen eine Straftat vorgeworfen wird, ist das nicht automatisch ein wirksamer Kündigungsgrund
- Der Vermieter muss die Vorwürfe beweisen können
- Bei Unklarheiten über die Nutzung von Räumen oder Gegenständen sollten Sie schriftliche Vereinbarungen treffen
- Nach einer Abmahnung wegen unpünktlicher Mietzahlungen sollten Sie Ihr Zahlungsverhalten anpassen
Das Urteil verdeutlicht einmal mehr, dass Kündigungen im Mietrecht strengen Voraussetzungen unterliegen. Vermieter können nicht ohne weiteres kündigen, auch wenn sie subjektiv der Meinung sind, der Mieter habe sich falsch verhalten.
Fazit
Eine Straftat kann grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellen, allerdings nur, wenn sie bewiesen ist und einen Bezug zum Mietverhältnis hat. Unpünktliche Mietzahlungen können ebenfalls zur Kündigung berechtigen, jedoch muss dem Mieter nach einer Abmahnung ausreichend Zeit zur Verhaltensänderung gegeben werden.
Quelle: LG Paderborn, Urteil vom 03.07.2024, Az. 1 S 77/23
Kontaktieren Sie uns!
Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.
Ihr Recht ist unsere Leidenschaft!

Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.
Unsere digitale Kanzlei

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.
kostenlose Ersteinschätzung

Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.
Das könnte Sie auch interessieren:
-ed79a4cd.webp)
Erleichterte Kündigung – Alles, was Mieter und Vermieter wissen müssen

Alles, was Sie über Eigenbedarfskündigungen wissen müssen
