Zum Hauptinhalt springen

Vermieterhaftung bei Bauarbeiten: Wenn AGB-Klauseln unwirksam sind

Der beste Anwalt für Mietrecht
Vermieter haften für Schäden durch beauftragte Handwerker - Beweislastumkehr bei Schäden aus dem Verantwortungsbereich.
Einkaufzentrum von innen, Arbeiter beseitigen einen Wasserschaden
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Wasserschaden durch Bauarbeiten im Einkaufszentrum

Ein typischer Fall aus der Praxis zeigt, wie schnell es bei Bauarbeiten zu teuren Wasserschäden kommen kann. In einem Einkaufszentrum beauftragten die Vermieter Umbauarbeiten in den Gemeinschaftsbereichen. Während dieser Arbeiten wurde versehentlich ein Schlauch der Sprinkleranlage durchtrennt, wodurch Wasser in die Geschäftsräume eines Mieters eindrang und dessen Betriebseinrichtung beschädigte.

Die Versicherung des geschädigten Mieters regulierte zunächst den Schaden und forderte anschließend das Geld von den Vermietern zurück. Diese beriefen sich jedoch auf Klauseln in ihrem Mietvertrag, die ihre Haftung stark einschränken sollten. Der Fall landete vor Gericht und führte zu einer wichtigen Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe.

Vermieter wollten Haftung ausschließen

Die Vermieter argumentierten mit verschiedenen Verteidigungsstrategien. Zunächst behaupteten sie, dass die bauausführenden Unternehmen hochqualifizierte Fachfirmen seien und sie selbst keinen Einfluss auf die Auswahl der Subunternehmer gehabt hätten. Außerdem verwiesen sie auf ihre ergänzenden Vertragsbedingungen, die eine Haftung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vorsahen.

Besonders brisant: Die doppelte Versicherungspflicht

Eine weitere Klausel in den Vertragsbedingungen war besonders problematisch. Der Mieter sollte sich gleichzeitig selbst gegen Feuer- und Leitungswasserschäden versichern und zusätzlich die Prämien für eine vom Vermieter abgeschlossene entsprechende Versicherung mittragen. Diese Regelung führte dazu, dass der Mieter faktisch doppelt zahlen musste.

Das Gericht sieht klare Vermieterpflichten

Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und gab der Versicherung recht. Die Richter argumentierten mit mehreren wichtigen Rechtsgrundsätzen, die für alle Vermieter von Bedeutung sind.

Beweislastumkehr bei Schäden aus dem Verantwortungsbereich

Zentral war die Anwendung der sogenannten Beweislastumkehr. Wenn feststeht, dass ein Schaden nur aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Vermieters entstanden sein kann, muss dieser beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Im konkreten Fall lagen die beauftragten Bauarbeiten eindeutig im Verantwortungsbereich der Vermieter.

Die Richter stellten klar: Der geschädigte Mieter hatte weder Einblick in die Bauarbeiten noch konnte er diese beeinflussen. Deshalb war es fair und rechtlich geboten, dass die Vermieter beweisen mussten, ordnungsgemäß gehandelt zu haben.

Unwirksame AGB-Klauseln kosten Vermieter teuer

Das Gericht erklärte mehrere Klauseln in den ergänzenden Vertragsbedingungen für unwirksam. Dies hatte schwerwiegende Folgen für die Vermieter, da sie sich nicht mehr auf ihre Haftungsbeschränkungen berufen konnten.

Intransparenz führt zur Unwirksamkeit

Die Haftungsausschlussklausel wurde als intransparent eingestuft. Sie war für einen durchschnittlichen Vertragspartner nicht klar und verständlich formuliert. Solche undurchsichtigen Klauseln verstoßen gegen das Transparenzgebot und sind daher unwirksam.

Widersprüchliche Versicherungsregelungen

Besonders problematisch bewertete das Gericht die doppelte Versicherungspflicht. Der Mieter sollte sich selbst versichern und gleichzeitig die Prämien für die Vermieterversicherung zahlen. Diese Regelung war nicht nur widersprüchlich, sondern führte auch zu einer finanziellen Überforderung des Mieters.

Die Richter stellten fest, dass solche Klauseln den Mieter unangemessen benachteiligen und daher unwirksam sind. Ein Vertragspartner kann nicht erwarten, dass er für denselben Versicherungsschutz doppelt zahlen muss.

Verrichtungsgehilfenhaftung greift bei allen Handwerkern

Ein weiterer wichtiger Punkt der Entscheidung betraf die Haftung für beauftragte Unternehmen. Das Gericht stellte klar: Jede Person, die vom Vermieter zu Arbeiten in oder an der Mietsache bestellt wird, ist dessen Verrichtungsgehilfe. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um direkt beauftragte Firmen oder deren Subunternehmer handelt.

Die Vermieter konnten sich nicht darauf berufen, dass sie eine angeblich hochqualifizierte Firma beauftragt hätten und keinen Einfluss auf die Subunternehmer gehabt hätten. Für das Verschulden aller am Bau beteiligten Personen müssen sie einstehen.

Schriftform bei ausgelagerten Vertragsbedingungen

Das Urteil behandelte auch eine formale Frage: Sind ergänzende Vertragsbedingungen, die in separaten Anlagen zum Mietvertrag stehen, wirksam einbezogen? Das Gericht bejahte dies, stellte aber klare Anforderungen auf.

Werden wesentliche Vertragsinhalte in Anlagen ausgelagert, müssen diese im Hauptvertrag so genau bezeichnet werden, dass eine zweifelsfreie Zuordnung möglich ist. Im vorliegenden Fall war dies erfüllt, da die entsprechende Anlage im Mietvertrag ausdrücklich genannt und zeitgleich unterzeichnet wurde.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat weitreichende praktische Auswirkungen sowohl für Vermieter als auch für Mieter.

Für Vermieter: Vorsicht bei AGB-Klauseln

Vermieter sollten ihre Vertragsbedingungen dringend überprüfen lassen. Unwirksame Haftungsausschlüsse bieten keinen Schutz und können zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Besonders problematisch sind:

  • Intransparente Haftungsausschlüsse
  • Widersprüchliche Versicherungsregelungen
  • Klauseln, die Mieter finanziell überfordern

Bei Bauarbeiten tragen Vermieter grundsätzlich die Verantwortung für alle beauftragten Unternehmen. Eine sorgfältige Auswahl und Überwachung der Handwerker ist daher unerlässlich.

Für Mieter: Besserer Schutz vor Bauschäden

Mieter können sich besser gegen Schäden aus Vermieterbauarbeiten wehren. Die Beweislastumkehr bedeutet, dass nicht der Mieter das Verschulden des Vermieters beweisen muss, sondern umgekehrt der Vermieter seine Unschuld darlegen muss.

Mieter sollten auch kritisch prüfen, ob sie nicht doppelt für Versicherungen zahlen. Klauseln, die eine eigene Versicherungspflicht vorsehen und gleichzeitig die Kostenbeteiligung an Vermieterversicherungen verlangen, sind häufig unwirksam.

Präventive Maßnahmen für beide Seiten

Beide Vertragsparteien profitieren von klaren, transparenten Vereinbarungen. Vermieter sollten bei Bauarbeiten besondere Sorgfalt walten lassen und ihre AGB-Klauseln rechtlich prüfen lassen. Mieter sollten verdächtige Klauseln hinterfragen und gegebenenfalls anwaltlichen Rat einholen.

Das Urteil zeigt deutlich: Fairness und Transparenz im Mietrecht zahlen sich aus. Wer versucht, mit undurchsichtigen Klauseln einseitige Vorteile zu erlangen, riskiert deren komplette Unwirksamkeit.


Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.11.2024, Az. 13 U 76/24

Kontaktieren Sie uns!

Für detaillierte Fragen oder eine individuelle Beratung stehen Ihnen die Experten unserer Kanzlei für Mietrecht in Essen zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, die beste Strategie für Ihr spezifisches Anliegen zu entwickeln.


Ihr Recht ist unsere Leidenschaft!

Portrait der besten Anwälte von Essen

Sie sind ratlos im Streit mit Ihrem Mieter oder Vermieter? Sie stehen vor komplexen Vertragsverhandlungen oder es geht um den Erwerb, Veräußerung oder Vererbung von Immobilieneigentum. Wir haben uns auf das private und gewerbliche Mietrecht, Immobilienrecht und Maklerrecht spezialisiert. Vertrauen Sie uns. Zögern Sie also nicht länger und holen Sie sich die Unterstützung, die ein professionelles Vorgehen ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung Ihres Vorhabens besprechen.


Unsere digitale Kanzlei

Kind sitzt im Chefsessel und bedient ein Mobiltelefon

Bei uns geht Recht vollkommen digital. Für Sie entscheidend: Sie können alles bequem von überall aus organisieren. Besuchen Sie unsere Webseite und buchen Sie ein Video-Meeting mit einem Anwalt. Ihre Unterlagen können Sie einfach uploaden. Selbst erforderliche Unterschriften können Sie bei uns digital leisten.

Erfahrungen & Bewertungen zu JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

kostenlose Ersteinschätzung

Wartebereich der JURiAL® Rechtsanwaltskanzlei

Lassen Sie uns bei einem unverbindlichen Kennenlerngespräch über Ihre spezifischen rechtlichen Anliegen sprechen.


Das könnte Sie auch interessieren:

19. Mai 2024
Vermieter stehen manchmal vor der Herausforderung, dass sie berechtigte Gründe haben, ein Mietverhältnis zu beenden, und dennoch auf Hindernisse st...
01. April 2024
Die Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter kann viele Gründe haben, doch einer der häufigsten und zugleich komplexesten ist die Eige...
18. Juli 2023
Fragen kostet nichts, außer beim Anwalt. Ein Anwalt ist teuer, ein guter Anwalt ist unbezahlbar. So jedenfalls die landläufige Meinung. Falsch! Anw...
03. Mai 2024
Die Kündigung eines Wohnungsmietvertrages ist ein Thema, das sowohl für Mieter als auch für Vermieter von großer Bedeutung ist. In diesem Artikel e...