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Unpünktliche Mietzahlung: Wann droht die Kündigung?

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Unpünktliche Mietzahlungen können selbst bei vollständiger Zahlung zur Kündigung führen. Entscheidend ist nicht der Geldeingang beim Vermieter, sondern die rechtzeitige Zahlungsanweisung bis zum dritten Werktag des Monats. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt eine zunehmend differenzierte Betrachtung: Während der Bundesgerichtshof (BGH) seine strenge Linie beibehält, entwickeln Instanzgerichte mieterfreundlichere Ansätze bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Rechtsprechung 2024-2025 verdeutlicht, dass bereits wiederholte unpünktliche Zahlungen nach erfolgter Abmahnung zur Kündigung berechtigen können. Besonders brisant: Die Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB heilt nur fristlose, nicht aber ordentliche Kündigungen - ein Punkt, der zwischen BGH und dem Landgericht Berlin II kontrovers diskutiert wird.
Laptop auf einem Schreibtisch, davor ein Kalender-Hologramm, zwei Hände eines Geschäftsmannes, die eine malt auf dem virtuellen Kalender
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Rechtliche Grundlagen der Mietzahlungspflicht

Nach § 556b Abs. 1 BGB ist die Miete spätestens bis zum dritten Werktag eines Monats fällig. Samstag gilt dabei nicht als Werktag. Diese scheinbar einfache Regelung birgt jedoch rechtliche Fallstricke, die sowohl Mieter als auch Vermieter kennen sollten.

Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit ist die Zahlungsanweisung, nicht der Kontoeingang beim Vermieter. Dies entschied der BGH bereits 2016 und bestätigte es in aktuellen Urteilen. Mietvertragsklauseln, die auf den Zahlungseingang beim Vermieter abstellen, sind unwirksam. Das Risiko von Überweisungsverzögerungen trägt damit der Vermieter.

Unpünktliche Mietzahlungen können zwei verschiedene Kündigungsarten rechtfertigen: Die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei wiederholten Pflichtverletzungen und die außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB bei erheblichen Vertragsverletzungen.

Aktuelle Rechtsprechung: BGH bleibt kompromisslos

Die Rechtsprechung 2024-2025 zeigt deutliche Entwicklungen. Der BGH bestätigte in seinem Urteil vom 23. Oktober 2024 (VIII ZR 106/23) erneut seine strikte Linie: Die Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB heilt nur fristlose Kündigungen, nicht aber ordentliche Kündigungen wegen unpünktlicher Mietzahlungen.

Das Landgericht Berlin II hingegen vertrat weiterhin die Auffassung, dass Schonfristzahlungen auch ordentliche Kündigungen heilen sollten - ein Standpunkt, der vom BGH konsequent zurückgewiesen wird. Die Berliner Richter argumentierten mit dem Gesetzeszweck, Obdachlosigkeit zu verhindern.

Besonders relevant ist das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 12. Februar 2025: Ein Mieter hatte im Juni 2022 seine Miete erst im Februar 2024 bezahlt und weitere Verspätungen verursacht. Das Gericht wies die Räumungsklage ab - nicht wegen der Unpünktlichkeit selbst, sondern wegen der unwirksamen Vertragsklausel und der fehlenden Abmahnung.

Wann ist eine Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlung möglich?

Für eine wirksame Kündigung müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich. Diese muss den Mieter eindeutig auf die Vertragsverletzung hinweisen und für den Wiederholungsfall die Kündigung androhen.

Die Rechtsprechung zeigt unterschiedliche Schwellenwerte: Während der BGH in seinem Grundsatzurteil von 2011 sieben verspätete Zahlungen als Kündigungsgrund akzeptierte, sehen manche Gerichte bereits vier unpünktliche Zahlungen als ausreichend an. Das Amtsgericht Nürtingen entschied im Februar 2024, dass drei aufeinanderfolgende Mieten, die jeweils wenige Tage zu spät bezahlt wurden, keine Kündigung rechtfertigen.

Entscheidend ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung: Gerichte wägen die Interessen beider Parteien ab. Faktoren wie die Dauer des Mietverhältnisses, die Höhe der Verspätung und die Auswirkungen auf den Vermieter fließen in die Bewertung ein.

Unterschied zwischen unpünktlicher Zahlung und Zahlungsverzug

Unpünktliche Mietzahlung bedeutet verspätete, aber vollständige Zahlung. Zahlungsverzug hingegen liegt vor, wenn die Miete ganz oder teilweise nicht bezahlt wird. Diese Unterscheidung ist rechtlich von enormer Bedeutung.

Bei Zahlungsverzug nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung möglich, wenn der Mieter mit der Miete für zwei aufeinanderfolgende Termine ganz oder teilweise im Rückstand ist oder wenn die Höhe des Rückstands zwei Monatsmieten erreicht.

Die Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB kann fristlose Kündigungen wegen Zahlungsverzugs heilen, wenn der Mieter innerhalb von zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage alle Rückstände begleicht. Diese Möglichkeit besteht nur einmal innerhalb von zwei Jahren.

Praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter

Für Mieter gilt: Pünktlichkeit ist essentiell. Ein Dauerauftrag sollte spätestens zum zweiten Werktag des Monats eingerichtet werden. Bei Zahlungsproblemen ist sofortige Kommunikation mit dem Vermieter entscheidend. Verspätete Zahlungen durch Sozialämter oder Jobcenter muss sich der Mieter zurechnen lassen - er ist verpflichtet, rechtzeitige Zahlungen sicherzustellen.

Vermieter sollten unpünktliche Zahlungen dokumentieren und nach der ersten Verspätung eine klare Abmahnung aussprechen. Bei weiteren Verspätungen ist zeitnahes Handeln erforderlich, da schweigendes Dulden über längere Zeit das Kündigungsrecht verwirken kann.

Die Rechtsprechung zeigt einen Trend zur Einzelfallprüfung: Gerichte berücksichtigen zunehmend die Gesamtumstände des Mietverhältnisses. Langjährige, ansonsten störungsfreie Mietverhältnisse werden stärker geschützt als kurzfristige Verträge.

Was bedeutet das für Sie?

Die aktuelle Rechtsprechung stärkt grundsätzlich die Vermieterrechte, verlangt aber ein verhältnismäßiges Vorgehen. Mieter können sich nicht darauf verlassen, dass unpünktliche Zahlungen folgenlos bleiben. Bereits nach wenigen Verspätungen mit entsprechender Abmahnung ist eine Kündigung möglich.

Für Vermieter bedeutet dies: Konsequentes Handeln bei unpünktlichen Zahlungen ist erforderlich. Eine "Doppelkündigung" - fristlos und hilfsweise ordentlich - bietet die beste rechtliche Absicherung.

Mieter sollten bei der ersten Abmahnung aktiv werden: Ratenzahlungsvereinbarungen, Bürgschaften oder die Hinzuziehung eines Mietervereins können eine Kündigung oft noch abwenden. Wichtig ist die rechtzeitige Reaktion - nach Ausspruch der Kündigung sind die Handlungsmöglichkeiten begrenzt.

Die Entwicklung zeigt auch: Reine Formfehler können Kündigungen unwirksam machen. Mietvertragsklauseln über den Zahlungseingang beim Vermieter sind unwirksam, fehlende Abmahnungen können zur Abweisung von Räumungsklagen führen.

Praxistipps für den Mietalltag

Für Mieter empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen: Dauerauftrag einrichten, Kontostand regelmäßig prüfen, bei Problemen sofort kommunizieren und alle Zahlungen dokumentieren. Bei Sozialleistungen sollte proaktiv auf pünktliche Überweisung hingewirkt werden.

Vermieter sollten ein Monitoring-System etablieren: Zahlungseingänge täglich prüfen, Verspätungen sofort dokumentieren und bei Wiederholung konsequent abmahnen. Die Dokumentation ist für spätere Gerichtsverfahren entscheidend.

Beide Parteien profitieren von offener Kommunikation. Viele Konflikte lassen sich durch frühzeitige Gespräche und flexible Lösungen wie Ratenzahlungsvereinbarungen vermeiden. Juristische Auseinandersetzungen sind zeit- und kostenintensiv - außergerichtliche Einigungen sind oft der bessere Weg.

Die Rechtsprechung zeigt: Verhältnismäßigkeit ist entscheidend. Wer als Vermieter jahrelang unpünktliche Zahlungen duldet, kann das Kündigungsrecht verwirken. Wer als Mieter nach der ersten Abmahnung nicht reagiert, riskiert den Verlust der Wohnung.

Fazit: Unpünktliche Mietzahlungen sind ein ernstzunehmender Kündigungsgrund. Die aktuelle Rechtsprechung verlangt von beiden Parteien verantwortungsvolles Handeln - Pünktlichkeit von Mietern und Verhältnismäßigkeit von Vermietern. Bei Problemen sollte frühzeitig professionelle Beratung eingeholt werden.


Quelle: Haufe Online Redaktion

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