Katzenlärm in der Wohnung: Wann ist ein Mieter zur Minderung berechtigt?


Der Sachverhalt
In einem Berliner Mehrfamilienhaus bewohnte die Klägerin eine knapp 50 Quadratmeter große Wohnung. Direkt über ihr wohnte ein Single-Mieter mit zwei Katzen in einer baugleichen Wohnung. Die Klägerin fühlte sich durch Geräusche aus der Wohnung des Obermieters erheblich gestört. Sie führte über mehrere Monate Lärmprotokolle und dokumentierte darin zahlreiche Vorfälle von "Katzenjagd", Poltern und anderen Geräuschen, die angeblich Tag und Nacht zu hören waren.
Nach ihrer Darstellung jagten die Katzen zu jeder Tages- und Nachtzeit durch die Wohnung, sprangen über Gegenstände, die dann zu Boden fielen, und verursachten ein Geräusch, das sie als "Galoppieren" beschrieb. Außerdem behauptete sie, dass Besucher in der Oberwohnung zusätzlich für unerträglich laute Geräusche sorgten.
Im Laufe des Verfahrens erklärte die Klägerin allerdings, dass sich die Situation verbessert habe. Sie führe kein Lärmprotokoll mehr und höre tagsüber "so gut wie nichts mehr". Geräusche gebe es hauptsächlich nach 22 Uhr, aber auch nicht täglich.
Die zentralen Streitpunkte
Die Klägerin verfolgte mit ihrer Klage zwei Hauptziele:
- Sie wollte die Vermieterin dazu verpflichten, durch "geeignete sach- und fachgerechte Maßnahmen" den Lärm aus der Oberwohnung abzustellen, soweit dieser über die normale Zimmerlautstärke hinausgeht. Als Grenzwerte nannte sie 30 dB(A) nachts (22-6 Uhr) und 40 dB(A) tagsüber.
- Sie wollte gerichtlich feststellen lassen, dass sie berechtigt sei, die Miete um 10% zu mindern, und zwar für jeden Tag, an dem die genannten Lärmwerte überschritten werden.
Die zentrale rechtliche Frage war, ob die beschriebenen Geräusche einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB darstellen, der zu einem Mängelbeseitigungsanspruch und zu einer Mietminderung berechtigt.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht Spandau wies die Klage ab. Die Richter sahen weder einen Anspruch auf Mängelbeseitigung noch eine Berechtigung zur Mietminderung als gegeben an.
Zur Begründung führte das Gericht aus:
Ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen vom vertraglich vorausgesetzten Zustand der Mietsache.
Um zu beurteilen, ob ein solcher Mangel vorliegt, prüfte das Gericht zwei wesentliche Aspekte:
- Den vertraglich vorausgesetzten Zustand der Mietsache: Hier stellte das Gericht auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens fest, dass die vorgesehenen Grenzwerte bezüglich des Tritt- und Luftschallschutzes grundsätzlich gewahrt waren. Ein festgestellter Mangel im Bad des Obermieters war bereits beseitigt worden und hatte nach Aussage der Klägerin ohnehin keine Störungen verursacht.
- Die Sozialverträglichkeit der Geräusche: Das Gericht betonte, dass in einem Mehrfamilienhaus gewisse Lärmbelästigungen als sozial adäquat hinzunehmen sind. Dazu gehören auch Geräusche in Form von Schreien, Poltern oder Trampeln, die sich beim üblichen Gebrauch einer Wohnung ergeben.
Das Gericht stellte während eines Ortstermins fest, dass bereits normale Wohnnutzung wie das Herunterfallen von Gegenständen oder das Herabspringen der Katzen vom Kratzbaum in der Wohnung der Klägerin deutlich wahrnehmbar waren. Dies erklärte sich auch daraus, dass es sich um ein hellhöriges Haus handelte, dessen Trittschallschutz nicht mehr den aktuellen Normen entsprach.
Besonders bedeutsam für die Entscheidung waren folgende Punkte:
- Das Halten von zwei Katzen in einem Single-Haushalt in einer knapp 50 qm großen Wohnung in einer Großstadt ist sozialadäquat.
- Dass Katzen einen Bewegungsdrang haben und diesen auch zur Nachtzeit ausleben, ist unvermeidbar und von der Klägerin hinzunehmen.
- Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass von den Katzen ein über das Übliche hinausgehender Lärm verursacht wurde.
- Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass die Geräuschbelästigungen die Zimmerlautstärke überschritten. Aus Kostengründen hatte sie auf ein entsprechendes Sachverständigengutachten verzichtet.
Bezüglich der geforderten Mietminderung betonte das Gericht, dass nicht jedes aus der Oberwohnung wahrnehmbare Geräusch ohne weiteres eine Herabsetzung des Mietzinses rechtfertigt. Es komme auch auf die Umstände der Lärmstörung, etwa deren Dauer und Qualität, an.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Das Urteil des Amtsgerichts Spandau enthält wichtige Hinweise für Mieter, die unter Lärmbelästigungen leiden:
- Nicht jede Lärmbelästigung ist ein Mietmangel. In einem Mehrfamilienhaus müssen Mieter ein gewisses Maß an Geräuschen hinnehmen, die durch normale Wohnnutzung entstehen – auch wenn diese subjektiv als störend empfunden werden.
- Die Tierhaltung in angemessenem Umfang ist grundsätzlich zulässig. Das damit verbundene Maß an unvermeidbaren Geräuschen müssen Nachbarn tolerieren, solange es sich im Rahmen des Üblichen hält.
- Bei Lärmbelästigungen ist die Beweisführung entscheidend. Wer eine Mietminderung durchsetzen will, muss konkret darlegen, welche Beeinträchtigungen wann, wie lange und in welcher Intensität aufgetreten sind. Subjektive Beschreibungen wie "unerträglich" reichen nicht aus.
- Die baulichen Gegebenheiten spielen eine Rolle. In älteren Gebäuden mit geringerem Schallschutz müssen Mieter mit einer höheren Geräuschkulisse rechnen als in modernen Bauten.
- Eine pauschale tägliche Mietminderung ist nicht möglich. Vielmehr muss für jeden einzelnen Tag konkret dargelegt werden, welche über das normale, vertraglich vorausgesetzte Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen aufgetreten sind.
Für Mieter, die unter Lärmbelästigungen leiden, empfiehlt es sich daher, ein detailliertes Lärmprotokoll zu führen, das nicht nur subjektive Empfindungen, sondern möglichst objektive Angaben zu Art, Dauer und Intensität der Störungen enthält. In schwerwiegenden Fällen kann es sinnvoll sein, Lärmmessungen durchführen zu lassen, um die Überschreitung der Zimmerlautstärke nachzuweisen.
Quelle: Amtsgericht Spandau, Urteil vom 18.10.2023, Az.: 4 C 1/22
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