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Schönheitsreparaturen im Mietvertrag - Was Mieter wissen müssen

Der beste Anwalt für Mietrecht
Wer muss eigentlich streichen, wenn die Wohnung nach einigen Jahren nicht mehr frisch aussieht? Diese Frage beschäftigt regelmäßig Gerichte und führt zu Unsicherheit bei Mietern. Ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. Januar 2024 bringt Klarheit zu wichtigen Aspekten bei Schönheitsreparaturen und zur Beweislast im Mietrecht.
Wohnung, die gerade renoviert wird. Teilweise sind die Wände gestrichen. Malerbedarf im Vordergrund
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall aus der Praxis

Eine Mieterin wohnte seit 2008 in einer Wohnung, für die sie einen sogenannten "Dauernutzungsvertrag" abgeschlossen hatte. Der Mietvertrag enthielt detaillierte Regelungen zu Schönheitsreparaturen: Die Mieterin sollte nach bestimmten flexiblen Fristen renovieren, wobei sich diese Fristen je nach Zustand der Wohnung verlängern oder verkürzen konnten.

Als Renovierungsarbeiten fällig wurden, wehrte sich die Mieterin. Sie verlangte von der Vermieterin einen Kostenvorschuss und wollte die Miete um 10 Prozent mindern. Ihre Begründung: Die Schönheitsreparaturklauseln im Mietvertrag seien unwirksam.

Nach einem längeren Rechtsstreit schlossen beide Parteien einen Vergleich und einigten sich darauf, dass das Gericht über die Kosten des Verfahrens entscheiden sollte.

Die zentrale Rechtsfrage

Wer muss beweisen, ob eine Wohnung bei Mietbeginn renovierungsbedürftig war?

Diese Frage ist entscheidend für die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln. Denn: Wird eine Wohnung unrenoviert übergeben, sind Klauseln unwirksam, die den Mieter ohne angemessenen Ausgleich zur Renovierung verpflichten.

Die Mieterin argumentierte, sie müsse nicht beweisen, dass die Wohnung unrenoviert übergeben wurde. Vielmehr müsse die Vermieterin beweisen, dass die Wohnung bei Übergabe in ordnungsgemäßem Zustand war.

Die Vermieterin berief sich darauf, dass die Klauseln wirksam seien und die Mieterin zur Renovierung verpflichtet sei. Sie müsse nicht beweisen, dass die Wohnung renoviert übergeben wurde.

BGH-Entscheidung: Klare Beweislastverteilung

Der Bundesgerichtshof gab der Vermieterin Recht und stellte wichtige Grundsätze auf:

Mieter trägt die Beweislast

"Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen unter dem Gesichtspunkt, dass ihm die Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, trägt er für diesen Umstand die Darlegungs- und Beweislast."

Das Gericht machte deutlich: Wer sich auf die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel beruft, weil die Wohnung unrenoviert übergeben wurde, muss dies auch beweisen können.

Flexible Fristen sind zulässig

Die Richter bestätigten, dass flexible Renovierungsfristen grundsätzlich wirksam sind. Entscheidend ist, dass sich die Fristen am tatsächlichen Renovierungsbedarf orientieren können. Starre, unveränderbare Fristen wären hingegen unwirksam.

Getrennte Prüfung verschiedener Klauseln

Ein wichtiger Aspekt: Die Unwirksamkeit einer Quotenabgeltungsklausel (die regelt, was der Mieter bei Auszug zahlen muss, wenn noch nicht renoviert werden muss) führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der grundsätzlichen Renovierungspflicht.

Rechtliche Hintergründe verstehen

Was sind Schönheitsreparaturen?

Schönheitsreparaturen umfassen typischerweise:

  • Tapezieren oder Streichen von Wänden und Decken
  • Streichen von Heizkörpern und Heizungsrohren
  • Streichen oder Lackieren von Türen und Fenstern von innen
  • Streichen oder Lackieren von Fußböden

Grundsätzlich ist der Vermieter für diese Arbeiten verantwortlich. Durch wirksame Vertragsklauseln kann diese Pflicht jedoch auf den Mieter übertragen werden.

Wann sind Klauseln unwirksam?

Schönheitsreparaturklauseln sind unwirksam, wenn:

  • Sie starre, unveränderliche Fristen vorsehen
  • Der Mieter ohne angemessenen Ausgleich renovieren muss, obwohl er die Wohnung unrenoviert übernommen hat
  • Sie intransparent oder unverständlich formuliert sind
  • Sie den Mieter unangemessen benachteiligen

Die Beweislastfrage in der Praxis

Die BGH-Entscheidung stellt klar: Mieter müssen konkret darlegen und beweisen, dass ihre Wohnung bei Übergabe renovierungsbedürftig war. Pauschale Behauptungen reichen nicht aus.

Dies bedeutet für Mieter: Dokumentation bei Wohnungsübergabe ist essentiell. Fotos, Übergabeprotokolle und Zeugen können später entscheidend sein.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter

Beweislast bei unrenovierter Wohnung

Wenn Sie als Mieter eine Wohnung in unrenoviertem Zustand übernommen haben und sich darauf berufen, dass die Schönheitsreparaturklausel in Ihrem Mietvertrag unwirksam ist, müssen Sie beweisen können, dass die Wohnung bei Einzug nicht renoviert war. Es empfiehlt sich daher:

  • Bei der Wohnungsübergabe den Zustand genau dokumentieren
  • Fotos vom Zustand der Wohnung beim Einzug machen
  • Das Übergabeprotokoll sorgfältig ausfüllen und Mängel festhalten
  • Im Zweifel den Zustand der Wohnung durch Zeugen bestätigen lassen

Flexible Fristen sind zulässig

Wenn Ihr Mietvertrag Fristen für Renovierungsarbeiten enthält, die sich am tatsächlichen Bedarf orientieren, ist dies grundsätzlich zulässig. Entscheidend ist, dass die Renovierung nicht nach starren Zeitvorgaben erfolgen muss, sondern vom tatsächlichen Zustand der Wohnung abhängt.

Für Vermieter

Klauseln richtig formulieren

Wenn Sie als Vermieter Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen möchten, sollten Sie darauf achten, dass:

  • Die Klauseln flexibel formuliert sind und sich am tatsächlichen Renovierungsbedarf orientieren
  • Der Mieter nur zu den auf seine Mietzeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet wird
  • Bei unrenoviert übergebenen Wohnungen ein angemessener Ausgleich für den Mieter vorgesehen ist

Quotenabgeltungsklauseln sorgfältig prüfen

Quotenabgeltungsklauseln sind oft unwirksam. Deren Unwirksamkeit führt jedoch nicht automatisch dazu, dass auch die allgemeine Schönheitsreparaturklausel unwirksam wird.

Praktische Tipps

  • Dokumentieren Sie den Zustand der Wohnung sowohl beim Ein- als auch beim Auszug mit Fotos und einem detaillierten Protokoll.
  • Lesen Sie Ihren Mietvertrag genau und achten Sie besonders auf die Regelungen zu Schönheitsreparaturen.
  • Führen Sie ein Renovierungstagebuch, in dem Sie alle durchgeführten Schönheitsreparaturen mit Datum, Art der Arbeiten und möglichst mit Belegen dokumentieren.
  • Bei Unklarheiten: Lassen Sie sich von einem Fachanwalt für Mietrecht oder einem Mieterverein beraten.

Fazit

Der BGH-Beschluss stärkt die Position von Vermietern bei der Übertragung von Schönheitsreparaturen auf Mieter. Für Mieter wird die Bedeutung einer guten Dokumentation des Wohnungszustands bei Einzug noch wichtiger. Die Entscheidung zeigt erneut, wie komplex das Thema Schönheitsreparaturen im Mietrecht ist und wie wichtig ein sorgfältig formulierter Mietvertrag ist.

Quelle: BGH, Beschluss vom 30. Januar 2024 - VIII ZB 43/23

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