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Wohnraumfotos im Makler-Exposé als Datenschutz-Falle

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Wenn Makler Immobilien verkaufen, gehören ansprechende Fotos zum Standard. Doch was passiert, wenn in der bewohnten Wohnung Bilder entstehen? Das Landgericht Frankenthal musste klären, ob Mieter ihre Zustimmung zu Wohnungsfotos geben müssen und wann eine Datenschutzverletzung vorliegt.
ein junger Mann fotografiert mit einer DSLR Kamera in einer Mietwohnung
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Mieter fühlen sich durch Immobilienfotos bloßgestellt

Eine Familie mietete eine Doppelhaushälfte, die verkauft werden sollte. Der beauftragte Makler vereinbarte einen Termin, um Fotos der Innenräume zu machen. Die Mieter ließen ihn herein und waren beim Fotografieren anwesend. Die Bilder erschienen anschließend online und in gedruckten Exposés für Kaufinteressenten.

Das Problem entstand erst später: Bekannte und fremde Personen sprachen die Mieter auf die veröffentlichten Fotos ihrer Wohnräume an. Die Familie fühlte sich dadurch bloßgestellt und entwickelte ein unangenehmes Gefühl, beobachtet zu werden. Sie forderten vom Makler Auskunft über die Verwendung der Bilder und verlangten Schmerzensgeld.

Zentrale Rechtsfrage: Brauchen Makler eine Einwilligung?

Die Mieter argumentierten, der Makler habe ohne ihre ausdrückliche Einwilligung Fotos gemacht und veröffentlicht. Dies verstoße gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Ihre Forderungen waren umfangreich: Sie wollten vollständige Auskunft über alle gespeicherten Daten, Kopien aller Fotos und ein Schmerzensgeld von mindestens tausend Euro.

Der Makler widersprach. Er behauptete, die Mieter hätten durch ihr Verhalten zugestimmt. Nach dem ersten Anwaltsschreiben der Mieter habe er alle Fotos umgehend gelöscht.

Das Gericht entscheidet: Stillschweigende Zustimmung liegt vor

Das Landgericht Frankenthal wies die Klage vollständig ab. Die entscheidende Begründung: Wer einen Makler zu einem vereinbarten Termin in die Wohnung lässt, damit dieser Fotos für den Verkauf macht, willigt stillschweigend in die Aufnahme und Verwendung der Bilder ein.

Die Richter führten aus: Die Mieter wussten, wofür die Fotos bestimmt waren. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass solche Bilder Kaufinteressenten gezeigt werden. Durch ihr Verhalten haben sie unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie mit der Anfertigung und Nutzung der Fotos einverstanden sind.

Datenschutzverstoß ohne Folgen

Dennoch stellte das Gericht einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung fest. Der Makler hatte versäumt, die Mieter über ihr Widerrufsrecht zu belehren. Nach der DSGVO müssen Betroffene darüber informiert werden, dass sie ihre Einwilligung jederzeit zurückziehen können.

Dieser Mangel blieb jedoch ohne Konsequenzen. Die Richter betonten, dass die fehlende Belehrung die bereits erteilte Einwilligung nicht rückwirkend unwirksam macht. Außerdem hätten die Mieter nicht glaubhaft darlegen können, dass sie bei ordnungsgemäßer Belehrung früher von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hätten.

Kein Schmerzensgeld ohne konkreten Schaden

Den Anspruch auf Schmerzensgeld lehnten die Richter entschieden ab. Ein bloßer Datenschutzverstoß reicht nach aktueller Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht aus. Vielmehr müssen Betroffene einen konkreten materiellen oder immateriellen Schaden nachweisen können.

Die pauschale Behauptung, sich "demaskiert" zu fühlen und ein "diffuses Gefühl des Beobachtetseins" zu haben, genügte dem Gericht nicht. Es fehlen objektive Anhaltspunkte, die auf eine tatsächliche persönliche oder psychische Beeinträchtigung hindeuten. Die Mieter konnten keine konkreten Umstände schildern, wie sich der behauptete Schaden in ihrem Leben auswirkte.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter: Sie müssen damit rechnen, dass bei Immobilienbesichtigungen und Fototerminen eine stillschweigende Einwilligung angenommen wird, wenn sie den Makler freiwillig hereinlassen. Wer nicht möchte, dass Fotos seiner Wohnräume veröffentlicht werden, sollte dies ausdrücklich erklären.

Für Makler: Das Urteil bestätigt, dass eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung nicht zwingend erforderlich ist. Dennoch sollten Sie zur Rechtssicherheit über das Widerrufsrecht belehren und idealerweise eine schriftliche Zustimmung einholen. Bei bewohnten Objekten ist besondere Sensibilität gefragt.

Die Praxis zeigt: Bloße Datenschutzverstöße ohne nachweisbaren Schaden führen nicht automatisch zu Schadensersatzansprüchen. Betroffene müssen konkrete negative Auswirkungen in ihrem Leben darlegen können.

Das Urteil schafft Klarheit in einem wichtigen Bereich des Immobiliengeschäfts und zeigt die Grenzen von DSGVO-Ansprüchen auf. Es verdeutlicht, dass der Datenschutz zwar ernst genommen werden muss, aber nicht jeder formale Verstoß zu Geldansprüchen führt.


Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 04.06.2024, Az. 3 O 300/23

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