Schonfristzahlung schützt nicht vor ordentlicher Kündigung wegen Mietrückständen


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Der Fall: Langzeitmieter mit wiederholten Zahlungsausfällen
Ein Berliner Mieterpaar bewohnte seit November 1994 – also seit fast 30 Jahren – eine Wohnung im selben Mietverhältnis. In den Jahren 2019 bis 2021 kam es zu wiederholten Zahlungsausfällen. Konkret blieben die Mieten für Oktober 2019, Januar 2020 und Mai 2021 zunächst unbezahlt.
Nachdem die Vermieterin die Mieter mehrfach an ihre Zahlungspflicht erinnert hatte, sprach sie schließlich am 8. Juni 2021 eine fristlose Kündigung aus. Vorsorglich erklärte sie im selben Schreiben auch die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses – ebenfalls wegen der Zahlungsrückstände.
Die Mieter reagierten darauf und glichen am 30. Juni 2021 – also innerhalb der gesetzlichen Schonfrist – ihre Mietrückstände vollständig aus.
Streitpunkt: Welche Wirkung hat die Schonfristzahlung?
Der Rechtsstreit drehte sich um die zentrale Frage: Wirkt die rechtzeitige Zahlung innerhalb der Schonfrist nur gegen die fristlose Kündigung oder auch gegen die ordentliche Kündigung?
Was ist die Schonfristregelung?
Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs unwirksam, wenn der Vermieter spätestens zwei Monate nach Erhebung einer Räumungsklage die rückständige Miete erhält.
Das Landgericht Berlin vertrat – wie schon in früheren Entscheidungen – die Ansicht, dass eine rechtzeitige Schonfristzahlung nicht nur die außerordentliche fristlose Kündigung, sondern auch eine gleichzeitig erklärte ordentliche Kündigung unwirksam macht, sofern beide auf denselben Zahlungsrückstand gestützt werden.
Der BGH sah dies jedoch anders.
Die Entscheidung: Schonfristzahlung wirkt nur gegen die fristlose Kündigung
Der BGH stellte klar: Die Schonfristzahlung hat ausschließlich Folgen für die fristlose Kündigung – nicht aber für eine gleichzeitig ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs.
Die entscheidende Begründung des Gerichts:
- Die gesetzliche Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, die die Heilungswirkung der Schonfristzahlung regelt, ist ausdrücklich nur auf die fristlose Kündigung bezogen.
- Diese Vorschrift ist weder direkt noch entsprechend (analog) auf die ordentliche Kündigung anwendbar.
- Der Gesetzgeber hat mehrfach die Möglichkeit gehabt, eine Ausweitung der Schonfristregelung auch auf ordentliche Kündigungen zu beschließen, hat dies aber nicht getan.
Damit bestätigte der BGH seine bereits in früheren Urteilen vertretene Rechtsauffassung und widersprach ausdrücklich der Ansicht des Berliner Landgerichts.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil hat weitreichende praktische Konsequenzen für Mieter und Vermieter:
Für Mieter:
- Die nachträgliche Zahlung von Mietrückständen innerhalb der Schonfrist schützt Sie nur vor der fristlosen Kündigung.
- Auch wenn Sie Ihre Mietrückstände vollständig ausgleichen, kann eine ordentliche Kündigung wegen derselben Zahlungsrückstände weiterhin wirksam sein.
- Bei Zahlungsschwierigkeiten sollten Sie frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter suchen und möglichst Ratenzahlungsvereinbarungen treffen, um einer Kündigung vorzubeugen.
Für Vermieter:
- Bei Zahlungsverzug empfiehlt es sich, immer sowohl die fristlose als auch hilfsweise die ordentliche Kündigung auszusprechen.
- Die ordentliche Kündigung bleibt auch dann wirksam, wenn der Mieter innerhalb der Schonfrist zahlt.
- Allerdings muss eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs eine "nicht unerhebliche" Pflichtverletzung darstellen, was im Einzelfall zu prüfen ist.
Wichtig zu beachten: In Ausnahmefällen kann es als rechtsmissbräuchlich (treuwidrig) angesehen werden, wenn sich ein Vermieter trotz Ausgleichs der Zahlungsrückstände noch auf die ordentliche Kündigung beruft. Dies ist jedoch stets eine Einzelfallentscheidung, die von den konkreten Umständen abhängt.
Fazit: Pünktliche Mietzahlung bleibt oberstes Gebot
Das Urteil des BGH unterstreicht einmal mehr, wie wichtig die pünktliche Zahlung der Miete ist. Die Schonfristregelung bietet keinen umfassenden Schutz bei Zahlungsverzug, sondern verhindert lediglich die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses durch eine fristlose Kündigung.
Mieter sollten daher:
- Für ausreichende finanzielle Rücklagen sorgen
- Bei absehbaren Zahlungsschwierigkeiten frühzeitig mit dem Vermieter kommunizieren
- Im Notfall Beratungsangebote (z.B. Mietervereine oder Schuldnerberatung) in Anspruch nehmen
Für Vermieter bestätigt das Urteil, dass sie durch die Kombination von fristloser und ordentlicher Kündigung ihre Rechtsposition bei Zahlungsverzug effektiv absichern können.
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