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Ratenzahlungsvereinbarung verhindert Mieterkündigung

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Ein Telefonat kann vor der Kündigung schützen: Das Amtsgericht Hamburg entschied zugunsten eines Langzeitmieters, der trotz Mietrückständen seine Wohnung behalten durfte, weil eine mündliche Ratenzahlungsvereinbarung bestand.
junger Mann sitzt in seiner Küche und telefoniert mit dem Handy
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Jahrzehntelanger Mieter gerät in Zahlungsschwierigkeiten

Ein Hamburger Mieter bewohnte seit über vierzig Jahren dieselbe Wohnung. Die neuen Eigentümerinnen traten in das bestehende Mietverhältnis ein. Der Mieter zahlte von März bis Juli 2023 versehentlich zu wenig Miete - insgesamt fehlten über mehrere Monate hinweg rund 1.400 Euro.

Als er den Fehler bei seinem Dauerauftrag bemerkte, handelte er sofort. Am 1. August 2023 rief er die Hausverwaltung an und schlug eine Ratenzahlung vor. Er wollte die Schulden in monatlichen Raten von 100 Euro begleichen.

Telefonische Vereinbarung wird zum Streitpunkt

"Ja, dann machen Sie das mal" - diese Worte der Verwaltungsmitarbeiterin wurden zum Kern des Rechtsstreits. Der Mieter verstand dies als Zustimmung zu seiner vorgeschlagenen Ratenzahlung und begann ab dem 15. August 2023 pünktlich mit den monatlichen Überweisungen.

Die Vermieterinnen sahen das anders. Sie behaupteten später, es habe keine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung gegeben. Trotz der bereits eingegangenen Raten kündigten sie den Mietvertrag am 30. August 2023 fristlos und hilfsweise ordentlich wegen Zahlungsverzugs.

Gericht prüft Kündigungsvoraussetzungen genau

Das Amtsgericht Hamburg untersuchte beide Kündigungsgründe sorgfältig. Für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs müssen strenge Voraussetzungen erfüllt sein: Der rückständige Betrag muss die Miete für einen Monat übersteigen oder sich über mindestens zwei Monate auf die Höhe von zwei Monatsmieten summieren.

Der Mieter war zum Kündigungszeitpunkt nur mit 1.300 Euro im Verzug - das lag unter seiner monatlichen Miete von etwa 1.340 Euro. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung waren damit nicht erfüllt.

Zeugenaussagen bestätigen Ratenzahlungsvereinbarung

Für die ordentliche Kündigung führte das Gericht eine ausführliche Beweisaufnahme durch. Sowohl der Mieter als auch sein Untermieter sagten als Zeugen aus. Beide schilderten detailliert das Telefonat mit der Verwaltung und bestätigten die Vereinbarung über monatliche Raten.

Der Mieter konnte das Gespräch präzise wiedergeben. Er erinnerte sich an konkrete Details wie die Dauer des Telefonats und seine Position in der Küche während des Anrufs. Besonders überzeugend war seine Aussage: "Ja, dann machen Sie das mal" sei noch sehr präsent in seiner Erinnerung.

Auch der Untermieter bestätigte die Vereinbarung. Er hatte das Gespräch mitgehört und konnte sich an Schlüsselbegriffe wie "Ratenzahlung" und "Bringschuld" erinnern. Nach dem Telefonat seien beide erleichtert gewesen, weil die Sache vom Tisch war.

Verwaltung konnte Gericht nicht überzeugen

Die Verwaltungsmitarbeiterin behauptete vor Gericht, sie habe dem Mieter deutlich gesagt, dass eine Ratenzahlungsvereinbarung erst schriftlich mit der Eigentümerin abgestimmt werden müsse. Das Gericht konnte sich jedoch nicht davon überzeugen, dass sie so deutlichen Widerstand geäußert hatte.

Entscheidend war das Verhalten nach dem Telefonat: Die Verwaltung nahm die erste Rate kommentarlos entgegen und wartete zwei Wochen, bevor sie die Kündigung aussprach. Hätte es keine Vereinbarung gegeben, hätte sie sofort reagieren müssen.

Widersprüchliches Verhalten schließt Kündigung aus

Das Gericht sah in dem Verhalten der Vermieterinnen einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Sie hatten durch ihr Schweigen einen Vertrauenstatbestand geschaffen und konnten sich später nicht mehr darauf berufen, dass keine Vereinbarung bestanden habe.

Die Richter kritisierten auch, dass die Vermieterinnen den Mieter nicht frühzeitig auf die zu geringen Zahlungen hingewiesen hatten. Die wechselseitige Fürsorgepflicht hätte es geboten, den Mieter sofort zu informieren und nicht erst einen kündigungsrelevanten Rückstand abzuwarten.

Langjähriges Mietverhältnis schützt zusätzlich

Bei der Interessenabwägung berücksichtigte das Gericht die besondere Situation des Mieters. Die über vierzigjährige Mietdauer und sein bisher pünktliches Zahlungsverhalten sprachen deutlich für ihn. Nach Kenntniserlangung von den zu geringen Mietzahlungen hatte er sofort eigeninitiativ eine Lösung gesucht.

Zweifel an der Zahlungsmoral des Mieters, die eine Weiterführung des Mietverhältnisses unzumutbar machen würden, gab es nicht. Er hatte inzwischen alle ausstehenden Beträge ordnungsgemäß in den vereinbarten Raten beglichen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung zeigt wichtige Punkte für beide Mietvertragsparteien auf. Mündliche Vereinbarungen zwischen Mietern und Verwaltungen sind grundsätzlich wirksam, auch wenn sie später bestritten werden. Wichtig ist dabei eine saubere Dokumentation und die Benennung von Zeugen.

Vermieter müssen ihre Mieter zeitnah über Zahlungsrückstände informieren. Sie können nicht monatelang zusehen und dann überraschend eine Kündigung aussprechen. Wenn sie Ratenzahlungen stillschweigend hinnehmen, können sie sich später nicht mehr darauf berufen, dass keine Vereinbarung bestand.

Mieter sollten bei Zahlungsschwierigkeiten proaktiv das Gespräch mit ihrem Vermieter suchen. Eine einvernehmliche Ratenzahlungsvereinbarung ist oft der beste Weg, eine Kündigung zu vermeiden. Dabei sollten alle Absprachen möglichst schriftlich festgehalten werden.

Das Urteil macht deutlich, dass Gerichte bei langjährigen Mietverhältnissen besonders sorgfältig prüfen. Wer über Jahrzehnte pünktlich gezahlt hat und bei Problemen sofort Lösungen sucht, kann mit Verständnis rechnen.

Entscheidend ist letztlich die Verhältnismäßigkeit: Ein versehentlicher Zahlungsfehler, der sofort korrigiert wird, rechtfertigt nicht die Beendigung eines jahrzehntelangen Mietverhältnisses.

Quelle: AG Hamburg, Urteil vom 22.01.2025 – 9 C 6/24

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