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Gemeinschaftsheizung im eigenen Keller: Muss ich das dulden?

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Wohnungseigentümer müssen gemeinschaftliche Heizungsanlagen in ihrem Sondereigentum aus Rücksichtnahme dulden, bis Alternativen geschaffen werden. Das entschied jüngst ein Gericht und entwickelte dabei neue rechtliche Ansätze.
Heizungskeller in einem Mehrfamilienhaus
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Eigentümer will seinen Keller zurück

Ein Wohnungseigentümer stand vor einem Problem, das in vielen Wohnanlagen auftreten kann. Laut seiner Teilungserklärung gehörte ihm ein Kellerraum als Sondereigentum. Doch in diesem nur knapp fünf Quadratmeter großen Raum befand sich eine Heizungsanlage, die fünf von sieben Wohneinheiten der Anlage mit Wärme versorgte. Seine eigene Wohnung und eine Dachgeschosswohnung waren nicht an diese zentrale Heizung angeschlossen.

Als der Eigentümer erklärte, er wolle den Kellerraum selbst nutzen, suchte die Eigentümergemeinschaft zunächst nach Lösungen. In mehreren Versammlungen wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, doch eine Einigung gelang nicht. Schließlich beantragte der Eigentümer offiziell, die Heizungsanlage aus seinem Keller zu entfernen. Die Eigentümerversammlung lehnte diesen Antrag ab.

Rechtlicher Streit um Eigentum und Nutzungsrechte

Daraufhin klagte der Wohnungseigentümer vor Gericht. Er verlangte von der Eigentümergemeinschaft, den Kellerraum herauszugeben oder hilfsweise die Heizungsanlage zu entfernen. Zusätzlich wollte er den ablehnenden Beschluss der Eigentümerversammlung für ungültig erklären lassen.

Die Eigentümergemeinschaft argumentierte dagegen, dass sich die Heizungsanlage bereits vor der Begründung des Wohnungseigentums im Keller befunden habe. Sie vertrat die Ansicht, dass kein Anspruch auf Räumung bestehe und der Eigentümer sich wegen etwaiger Ansprüche an den Verkäufer seiner Wohnung wenden müsse. Außerdem könne der Keller auch mit der Heizungsanlage genutzt werden.

Die zentrale Rechtsfrage lautete: Wem gehört die Heizungsanlage und muss ein Sondereigentümer eine fremde Anlage in seinem Raum dulden?

Erste Instanz gibt dem Kläger recht

Das Amtsgericht entschied zunächst zugunsten des Wohnungseigentümers. Die Richter sahen einen Anspruch auf geräumte Herausgabe des Kellerraums als gegeben an. Ihrer Ansicht nach hatte der Eigentümer das Sondereigentum am Keller unbelastet erworben und musste daher die Einwirkungen durch die Heizungsanlage nicht dulden.

Diese Entscheidung wurde jedoch in der Berufung vollständig aufgehoben. Das Landgericht kam zu einem anderen Ergebnis und entwickelte dabei bemerkenswerte rechtliche Überlegungen.

Landgericht: Heizungsanlage ist Gemeinschaftseigentum

Das Berufungsgericht stellte zunächst klar, dass die Heizungsanlage selbst zweifelsfrei Gemeinschaftseigentum ist. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz sind Anlagen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, auch dann nicht Gegenstand des Sondereigentums, wenn sie sich in einem Sondereigentumsraum befinden.

Für diese Einstufung als Gemeinschaftseigentum ist es nicht erforderlich, dass alle Wohnungseigentümer von der Anlage profitieren. Es genügt, wenn mindestens zwei Eigentümer auf die Nutzung angewiesen sind. Da die Heizungsanlage sogar die Mehrheit der Wohneinheiten versorgte, war ihre Einordnung als Gemeinschaftseigentum eindeutig.

Revolutionärer Ansatz: Trennung von Raum und Anlage

Bei der Frage nach dem Eigentum am Kellerraum selbst entwickelte das Gericht einen innovativen rechtlichen Ansatz. Traditionell wird oft argumentiert, dass ein Raum, der ausschließlich der Unterbringung einer gemeinschaftlichen Anlage dient, automatisch ebenfalls Gemeinschaftseigentum wird.

Das Landgericht Frankfurt schlug einen anderen Weg vor: Die Trennung der Eigentumsfrage am Raum von der Eigentumsfrage an der darin befindlichen Anlage.

Diese Lösung bietet mehrere Vorteile. Der Gesetzestext des Wohnungseigentumsgesetzes stellt ausdrücklich auf die Situation ab, dass sich eine gemeinschaftliche Anlage im Bereich eines Sondereigentumsraums befindet. Das Gesetz sieht also bereits eine solche Trennung vor.

Praktische Probleme der bisherigen Rechtsprechung

Die Richter führten weitere überzeugende Argumente für ihren Ansatz an. Die bisherige Rechtsprechung führe zu vermeidbaren Unsicherheiten, da die Frage der anderweitigen Nutzbarkeit eines Raums stark vom Einzelfall abhänge und unterschiedlich beurteilt werden könne.

Während manche Eigentümer auch einen kleinen Platz im Heizungskeller als ausreichende Nutzung empfinden, etwa zum Abstellen wertvoller Gegenstände, stören sich andere bereits an den regelmäßigen Wartungszugängen. Auch die Häufigkeit des Zugriffs auf die Heizungsanlage variiert je nach Alter und Zustand der Technik.

Von solchen zufälligen Umständen kann aber das Eigentum am Raum nicht abhängen.

Duldungspflicht aus Treu und Glauben

Entscheidend für das Urteil war jedoch eine andere Überlegung. Selbst wenn der Kellerraum im Sondereigentum des Klägers verblieb, stand ihm dennoch kein Räumungsanspruch zu. Das Gericht begründete dies mit den Grundsätzen von Treu und Glauben.

Die Mitgliedschaft in einer Wohnungseigentümergemeinschaft schafft umfassende Treue- und Rücksichtnahmepflichten zwischen den Eigentümern. Eine sofortige Entfernung der Heizungsanlage ohne alternative Heizmöglichkeit würde für die betroffenen Wohnungseigentümer zu unzumutbaren Zuständen führen.

In Deutschland gehört die Ausstattung mit einer Heizung zu den Erforderlichkeiten zeitgemäßen Wohnens. Daher muss der Sondereigentümer den Betrieb der Heizung in seinem Keller dulden, zumindest bis die Gemeinschaft eine alternative Heizmöglichkeit geschaffen hat.

Entschädigung für Beeinträchtigung möglich

Das Gericht ließ ausdrücklich offen, ob und in welchem Umfang der betroffene Eigentümer eine Entschädigung für die Beeinträchtigung seines Sondereigentums verlangen kann. Diese Frage war nicht Gegenstand des Verfahrens, dürfte aber in der Praxis relevant werden.

Denkbar wären etwa Entschädigungen für den entgangenen Nutzen des Raums oder für die Belastungen durch Wartungsarbeiten und Geräuschentwicklung.

Negativbeschluss der Eigentümerversammlung rechtmäßig

Da der Kläger keinen durchsetzbaren Anspruch auf Räumung oder Entfernung der Heizungsanlage hatte, war auch der ablehnende Beschluss der Eigentümerversammlung rechtmäßig. Er verstieß nicht gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung.

Die Eigentümergemeinschaft konnte daher zu Recht entscheiden, die Heizungsanlage im bisherigen Zustand zu belassen, solange keine praktikable Alternative zur Verfügung steht.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Wohnungseigentümer in ähnlichen Situationen. Wenn sich in Ihrem Sondereigentumsraum eine gemeinschaftlich genutzte Heizungsanlage befindet, können Sie deren sofortige Entfernung in der Regel nicht durchsetzen.

Ihre Rechte sind aber nicht völlig ausgeschlossen. Sie können von der Eigentümergemeinschaft verlangen, eine langfristige Lösung zu entwickeln. Dies könnte die Verlegung der Heizungsanlage in einen anderen Raum oder die Umstellung auf eine dezentrale Heizlösung umfassen.

Wichtig ist dabei, dass Sie aktiv auf eine Beschlussfassung hinwirken. Notfalls können Sie eine Beschlussersetzungsklage anstrengen, wenn die Eigentümergemeinschaft notwendige Entscheidungen nicht trifft.

Falls eine sofortige Lösung nicht möglich ist, sollten Sie prüfen, ob Ihnen eine Entschädigung für die Beeinträchtigung Ihres Sondereigentums zusteht. Hierbei kann eine fachkundige Beratung hilfreich sein.

Bei Neukäufen sollten Sie besonders aufmerksam sein. Prüfen Sie bereits vor dem Erwerb, ob sich in den zum Sondereigentum gehörenden Räumen gemeinschaftlich genutzte Anlagen befinden. Dies kann den Wert und die Nutzbarkeit Ihres Eigentums erheblich beeinträchtigen.

Das Urteil zeigt auch, wie wichtig eine durchdachte Teilungserklärung ist. Gemeinschaftliche Anlagen sollten von vornherein in entsprechend geeigneten Räumen untergebracht werden, die als Gemeinschaftseigentum ausgewiesen sind.


Quelle: LG Frankfurt a. M., Urteil vom 13.3.2025 – 2-13 S 8/24

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