Flüchtlingsunterkunft statt Hotel: Wann ist eine Nutzungsänderung ein Kündigungsgrund?


Der Sachverhalt: Vom Hotelbetrieb zur Flüchtlingsunterkunft
Im vorliegenden Fall hatte eine Immobilieneigentümerin Räume in einem Gebäude an einen Betreiber zur "ausschließlichen Nutzung als Hotel der gehobenen Mittelklasse (Garni)" vermietet. Das Mietverhältnis sollte fest bis zum 31.12.2025 laufen.
Der Hotelbetreiber schloss jedoch am 24. März 2022 mit der Landeshauptstadt Hannover eine "Firmenvertrags-Vereinbarung 2022/2023 Beherbergung", in der er sämtliche 79 Zimmer des Hotels verbindlich für die Unterbringung von zunächst ukrainischen Flüchtlingen zur Verfügung stellte. Bei sinkenden Flüchtlingszahlen aus der Ukraine sollten auch Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern untergebracht werden.
Die Vereinbarung sah deutliche Änderungen im Betrieb vor:
- Ein Wechsel der Bettwäsche und Handtücher erfolgte nur noch alle 14 Tage
- Es gab keine Frühstücksverpflegung mehr
- Küchenräume wurden von den Bewohnern selbst genutzt
- Statt einer Rezeption wurde ein Sicherheitsdienst eingesetzt
- Die Stadt durfte zusätzliche Kochstellen installieren
Rechtliche Bewertung: Unbefugte Gebrauchsüberlassung
Das OLG Celle stellte klar, dass die Nutzung eines Hotels sich grundlegend von der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft unterscheidet:
"Die Nutzung von Räumlichkeiten eines Hotels der gehobenen Mittelklasse (Garni) mit Stellplätzen im Parkhaus durch Abschluss von Beherbergungsverträgen mit Hotelgästen stellt der Sache nach etwas völlig Anderes dar, als die Unterbringung von bis zu 150 Flüchtlingen bei gleichzeitiger Einstellung des sonstigen Hotelbetriebs."
Das Gericht betonte mehrere entscheidende Unterschiede:
- Unterschiedliche Nutzungsart: Ein Hotelgast nutzt im Gegensatz zu Flüchtlingen ein Zimmer in der Regel nicht als Wohnraum, sondern vorübergehend.
- Fehlende Hoteldienstleistungen: Typische Merkmale eines Hotelbetriebs wie tägliche Zimmerreinigung, Frühstücksangebot und eine ständige Rezeption wurden eingestellt.
- Größere Abnutzung: Die dauerhafte Wohnnutzung führt zu einer stärkeren Beanspruchung der Räumlichkeiten als bei normaler Hotelnutzung.
- Vertragsbruch: Der Mietvertrag legte ausdrücklich die "ausschließliche" Nutzung als Hotel fest, was eine andere Nutzung ausschließt.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil hat wichtige Konsequenzen für Vermieter und Mieter von Gewerbeimmobilien:
Für Vermieter:
- Sie können bei einer nicht genehmigten Änderung der Nutzungsart außerordentlich kündigen
- Nach wirksamer Kündigung haben Sie Anspruch auf Auskunft über die vom Mieter gezogenen Nutzungen
- Ein Rechtsirrtum des Mieters über die Berechtigung zur Nutzungsänderung schützt diesen nicht
Für Mieter von Gewerbeimmobilien:
- Halten Sie sich strikt an den vereinbarten Nutzungszweck
- Holen Sie bei geplanten Nutzungsänderungen unbedingt die Zustimmung des Vermieters ein
- Auch wenn Sie für einen guten Zweck handeln (wie die Unterbringung von Geflüchteten), müssen Sie vertragliche Verpflichtungen einhalten
- Anders als bei Wohnraummietverhältnissen gibt es bei Gewerberaummiete keinen automatischen Anspruch auf Untervermietung oder Nutzungsänderung
- Es kann keine Räumungsfrist nach § 721 ZPO gewährt werden, da diese Vorschrift nur für Wohnraum gilt
Besonders interessant ist, dass selbst während laufender Kaufverhandlungen über die Immobilie der Betrieb als Flüchtlingsunterkunft eine Verletzung des Mietvertrags darstellte. Erst mit dem Scheitern der Verhandlungen und der Ankündigung der Durchsetzung des Räumungsanspruchs durch die Eigentümerin entstand jedoch der Anspruch auf Nutzungsersatz.
Das Urteil zeigt deutlich: Bei gewerblichen Mietverhältnissen ist der vereinbarte Nutzungszweck strikt einzuhalten. Eine eigenmächtige Änderung kann zur sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses führen – selbst wenn das ursprüngliche Ende des Mietvertrags nicht mehr weit entfernt ist.
Quelle: OLG Celle, Urteil vom 17.04.2025, Az. 2 U 148/24
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