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Zweitwohnungssteuer trotz Leerstand

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Auch leerstehende Wohnungen können zur Zweitwohnungssteuer führen, wenn sich Eigentümer die Nutzung offenhalten. Das entschied der VGH Bayern und stärkt damit die Position der Gemeinden bei der Steuererhebung.
leere Wohnung
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Jahrelanger Leerstand führt dennoch zur Steuerpflicht

Ein Ehepaar aus Augsburg geriet in einen mehrjährigen Rechtsstreit mit einer bayerischen Gemeinde. Die beiden besaßen dort seit vielen Jahren eine Wohnung, die sie ursprünglich zeitweise selbst genutzt hatten. Nach dem Auszug des letzten Mieters Ende 2016 stand die Wohnung jedoch über Jahre leer. Trotzdem forderte die Gemeinde ab 2018 Zweitwohnungssteuer von ihnen.

Die Eigentümer sahen sich zu Unrecht zur Kasse gebeten. Sie argumentierten, die Wohnung diene ausschließlich als Kapitalanlage. Sie hätten erfolglos nach neuen Mietern gesucht und sogar einen Verkauf erwogen. Von einer Nutzung als Zweitwohnung könne keine Rede sein.

Was ist eine Zweitwohnung im Steuerrecht?

Das Steuerrecht definiert Zweitwohnungen anders als das Melderecht. Entscheidend ist nicht die tatsächliche Nutzung, sondern ob sich der Eigentümer die Möglichkeit der Nutzung offenhält. Bereits das bloße Innehaben einer Wohnung kann ausreichen, um steuerpflichtig zu werden.

Die Gemeinde muss zunächst nicht beweisen, dass eine Zweitwohnung vorliegt. Besitzt jemand eine Wohnung außerhalb seines Hauptwohnsitzes, entsteht automatisch die Vermutung einer Zweitwohnung. Diese Vermutung kann nur durch besondere Umstände widerlegt werden.

Die Argumentation der Wohnungseigentümer

Das Ehepaar führte verschiedene Argumente ins Feld, um zu belegen, dass es sich um eine reine Kapitalanlage handelte. Sie legten Verbrauchsabrechnungen vor, die einen minimalen Strom- und Wasserverbrauch zeigten. Außerdem berichteten sie von Versuchen, neue Mieter zu finden oder die Wohnung zu verkaufen.

Die Eigentümer betonten, sie hätten die Wohnung nie für eigene Zwecke genutzt. Der geringe Energieverbrauch resultierre nur aus notwendigen Maßnahmen wie Legionellenspülungen oder Einbruchschutz durch Zeitschaltuhren.

Ein weiterer Streitpunkt war die Berechnungsgrundlage der Steuer. Die Gemeinde schätzte die fiktive Miete, anstatt ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dies kritisierten die Kläger als unzulässig.

Die Sicht der Gemeinde: Vermutung für Zweitwohnung

Die beklagte Gemeinde sah die Sachlage völlig anders. Sie argumentierte, dass die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung ausreichte, um eine Zweitwohnung anzunehmen. Solange die Eigentümer nicht eindeutig bewiesen hätten, dass sie die Nutzungsmöglichkeit aufgegeben haben, bestehe die Steuerpflicht.

Die Gemeinde zweifelte auch an den vorgelegten Verbrauchsdaten. In manchen Jahren sei der Wasserverbrauch sogar höher gewesen als zu Zeiten mit Mietern. Dies spreche gegen einen vollständigen Leerstand.

Außerdem argumentierte sie, dass gerade ein Leerstand auf die Leistungsfähigkeit des Eigentümers hinweise - schließlich könne er es sich leisten, eine Wohnung ungenutzt zu lassen.

Das Urteil: Gerichte bestätigen Steuerpflicht

Sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Verwaltungsgerichtshof Bayern gaben der Gemeinde recht. Die Richter sahen in dem Verhalten der Eigentümer keine ausreichenden Belege für eine reine Kapitalanlage.

Das Gericht stellte klar: Bereits die Möglichkeit der Eigennutzung reicht für die Steuerpflicht aus. Es kommt nicht darauf an, ob die Wohnung tatsächlich genutzt wird. Entscheidend ist, ob sich der Eigentümer diese Option offenhält.

Die vorgelegten Verbrauchsdaten überzeugten die Richter nicht. Ein Leerstand von wenigen Jahren reiche nicht aus, um die Vermutung einer Zweitwohnung zu widerlegen. Erst ein "sehr langer Leerstand" in Verbindung mit weiteren objektiven Umständen könnte anders zu bewerten sein.

Wann liegt eine reine Kapitalanlage vor?

Das Gericht machte deutlich, unter welchen Voraussetzungen eine Wohnung tatsächlich als reine Kapitalanlage gilt. Die innere Absicht des Eigentümers allein genügt nicht - es müssen objektive, nach außen erkennbare Umstände hinzukommen.

Beispiele für solche Umstände wären die Übertragung der Vermietung an eine professionelle Agentur unter Ausschluss der Eigennutzung oder der Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen. Auch die besondere Lage der Immobilie könne eine Rolle spielen.

Im vorliegenden Fall fehlten solche eindeutigen Belege. Die Wohnung war weiterhin möbliert geblieben, und die Vermietungsbemühungen waren nur sporadisch erfolgt.

Rechtliche Grundlagen der Zweitwohnungssteuer

Gemeinden haben das Recht, örtliche Aufwandsteuern zu erheben. Die Zweitwohnungssteuer gehört dazu und soll den besonderen Aufwand ausgleichen, den Zweitwohnungsbesitzer für die Gemeinde bedeuten.

Bei der Festsetzung der Steuer dürfen Gemeinden pauschale Regelungen treffen. Sie müssen nicht jeden Einzelfall individuell prüfen. Auch Schätzungen der Bemessungsgrundlage sind zulässig, solange sie nicht völlig unrealistisch sind.

Das Gericht wies auch den Einwand zurück, andere Eigentümer würden möglicherweise anders behandelt. Der Grundsatz "keine Gleichheit im Unrecht" verhindert, dass sich Steuerpflichtige auf fehlerhafte Behandlung anderer berufen können.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für Immobilieneigentümer. Wer eine Wohnung außerhalb seines Hauptwohnsitzes besitzt, muss grundsätzlich mit Zweitwohnungssteuer rechnen - auch wenn er sie nicht nutzt.

Besonders betroffen sind Eigentümer, die ihre Wohnung zwischen Mietverhältnissen leerstehen lassen oder auf bessere Verkaufschancen warten. Ein kurz- bis mittelfristiger Leerstand schützt nicht vor der Steuerpflicht.

Wer eine Wohnung tatsächlich nur als Kapitalanlage hält, sollte dies durch objektive Maßnahmen dokumentieren. Dazu gehören eine professionelle Vermietungsbetreuung, der Verzicht auf eigene Möblierung und nachweisbare, kontinuierliche Vermarktungsanstrengungen.

Immobilieneigentümer sollten sich frühzeitig über die örtlichen Regelungen informieren. Jede Gemeinde kann eigene Zweitwohnungssteuersatzungen erlassen, die sich in Details unterscheiden können.

Das Urteil macht auch deutlich, dass Gemeinden bei der Steuererhebung einen weiten Spielraum haben. Widersprüche gegen Steuerbescheide haben nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn eindeutige Beweise für eine reine Kapitalanlage vorliegen.

Für die Zukunft bedeutet dies: Wer Zweitwohnungssteuer vermeiden möchte, muss seine Absicht durch konkretes Handeln belegen. Bloße Behauptungen oder kurze Leerstände reichen nicht aus.


Quelle: VGH Bayern, Beschluss vom 02.05.2025 - 4 ZB 24.704

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