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WEG-Jahresabrechnung erfolgreich angefochten: Auch kleine Fehler zählen

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Wohnungseigentümer können die Jahresabrechnung ihrer Eigentümergemeinschaft auch bei kleineren Fehlern erfolgreich anfechten. Dies zeigt ein aktuelles Urteil, das wichtige Klarstellungen zum Anfechtungsrecht bringt.
ein Mann mit Mikrofon steht vor einer Versammlung und spricht
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Streit um fehlerhafte Kostenverteilung

In einer Wohnungseigentumsgemeinschaft fochten zwei Eigentümer den Beschluss zur Jahresabrechnung an. Sie besaßen eine Wohnung sowie einen Tiefgaragenstellplatz und beanstandeten mehrere Punkte bei der Kostenverteilung.

Die Eigentümer kritisierten hauptsächlich, dass die Verwalterkosten nicht korrekt umgelegt wurden. Laut der Teilungserklärung ihrer Anlage sollten diese Kosten entsprechend den Miteigentumsanteilen verteilt werden. Tatsächlich hatte der Verwalter sie jedoch nach der Anzahl der Wohnungen aufgeteilt.

Zusätzlich rügten die Kläger weitere Abrechnungsfehler: Die Heiz- und Warmwasserkosten seien mit falschen Umrechnungsfaktoren berechnet worden. Auch die Stromkosten für die Satellitenanlage und die Wartungs- sowie Stromkosten für die Tiefgaragenplätze seien fehlerhaft verteilt worden.

Rechtliche Ausgangslage: Was gilt bei Jahresabrechnungen?

Bei Wohnungseigentümergemeinschaften müssen Jahresabrechnungen bestimmte Anforderungen erfüllen. Die Eigentümerversammlung beschließt über die Abrechnung und legt dabei Nachschüsse oder Rückerstattungen fest.

Seit der WEG-Reform müssen Anfechtungsklagen bei Jahresabrechnungen darauf abzielen, die beschlossenen Beträge zu ändern. Es reicht nicht aus, nur die rechnerische Richtigkeit des Zahlenwerks zu beanstanden. Entscheidend ist, dass sich die gerügten Fehler auf die individuellen Nachschuss- oder Erstattungsbeträge auswirken.

Die Eigentümergemeinschaft argumentierte, die vorgebrachten Einwände seien nicht ausreichend begründet. Die Verteilung aller Kostenpositionen sei ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere bei den Verwaltergebühren verwies sie auf den Verwaltervertrag, der eine Abrechnung nach Einheiten vorsehe.

Gerichtsentscheidung: Kleine Fehler mit großer Wirkung

Das Amtsgericht München gab den klagenden Eigentümern recht und erklärte den Beschluss für ungültig. Die Entscheidung basierte hauptsächlich auf einem zentralen Punkt: der falschen Umlage der Verwalterkosten.

Die Richter stellten klar: Die Verwaltergebühren wurden entgegen der Teilungserklärung nicht nach Miteigentumsanteilen, sondern nach Einheiten verteilt. Dies verstieß gegen die in der Gemeinschaftsordnung festgelegte Regelung, wonach die Verwalterkosten als Teil des Hausgelds entsprechend den Miteigentumsanteilen umzulegen sind.

Das Gericht betonte einen wichtigen Grundsatz: "Auch geringfügige Fehler, die sich möglicherweise nur marginal auswirken, lassen grundsätzlich weder das Rechtsschutzbedürfnis noch das materielle Anfechtungsrecht entfallen."

Wichtige Klarstellungen zur Anfechtungspraxis

Die Entscheidung enthält mehrere bedeutsame Aussagen zum Anfechtungsrecht bei Jahresabrechnungen. Das Gericht stellte fest, dass der Gesetzgeber zwar nicht möchte, dass reine Formalfehler zur Anfechtbarkeit führen. Dennoch dürfe kein zu strenger Maßstab angelegt werden.

Ausreichend ist bereits, wenn aus der Klage deutlich wird, dass die Eigentümer davon ausgehen, dass die beanstandeten Fehler Auswirkungen auf ihren konkreten Anteil haben. Die Kläger müssen nicht im Detail nachweisen, wie sich jeder einzelne Fehler finanziell auswirkt.

Im vorliegenden Fall hatten die Eigentümer in ihrer Klage formuliert, dass der Beschluss "formelle und rechnerische Fehler aufweise, die ergebniskritisch sind und zu einem anderen Rechnungsergebnis führen". Diese Formulierung reichte dem Gericht aus, um die Anfechtung als zulässig zu bewerten.

Bedeutung der Teilungserklärung

Der Fall unterstreicht die zentrale Bedeutung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung. Diese Dokumente regeln verbindlich, wie Kosten in der Eigentümergemeinschaft zu verteilen sind. Verstöße gegen diese Regelungen können auch dann zur Ungültigkeit von Beschlüssen führen, wenn die finanziellen Auswirkungen gering sind.

Die Teilungserklärung der betroffenen Anlage sah vor, dass Verwalterkosten als Teil des Hausgelds nach Miteigentumsanteilen umzulegen sind. Der Verwaltervertrag hingegen regelte die Vergütung nach Anzahl der Wohnungen und Stellplätze. Dieser Widerspruch führte zu dem Problem: Der Verwalter orientierte sich am Vertrag, während die Teilungserklärung etwas anderes vorschrieb.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Wohnungseigentümer bedeutet diese Entscheidung:

Sie können Jahresabrechnungen auch bei kleineren Fehlern erfolgreich anfechten, sofern diese sich auf ihre individuellen Beträge auswirken können. Dabei müssen Sie nicht mathematisch exakt beweisen, um welche Summe Sie benachteiligt wurden. Es reicht aus, plausibel darzulegen, dass die beanstandeten Fehler Einfluss auf Ihre Abrechnung haben.

Prüfen Sie Ihre Jahresabrechnung daher sorgfältig: Werden alle Kosten entsprechend der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung verteilt? Stimmen die verwendeten Verteilungsschlüssel? Wurden alle Kostenpositionen korrekt zugeordnet?

Für Verwalter und Eigentümergemeinschaften gilt: Die Teilungserklärung hat Vorrang vor anderen Regelungen. Auch wenn Verwalterverträge andere Abrechnungsmodalitäten vorsehen, muss sich die tatsächliche Kostenverteilung an der Teilungserklärung orientieren. Bei Widersprüchen zwischen verschiedenen Dokumenten sollten diese rechtzeitig geklärt werden.

Anfechtungsfristen beachten

Wichtig bleibt die Beachtung der gesetzlichen Anfechtungsfristen. Wohnungseigentümer haben nach einem Beschluss nur begrenzt Zeit, um diesen anzufechten. Die konkreten Fristen ergeben sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz.

Das Gericht machte deutlich: Innerhalb der Anfechtungsfrist muss erkennbar werden, dass sich die gerügten Fehler auf die individuellen Nachschuss- oder Erstattungsbeträge auswirken. Eine nachträgliche Konkretisierung der Anfechtungsgründe ist nach Ablauf der Frist nicht mehr möglich.

Praktische Handlungsempfehlungen

Wenn Sie Fehler in Ihrer Jahresabrechnung vermuten, sollten Sie zunächst die Dokumente Ihrer Eigentümergemeinschaft prüfen. Vergleichen Sie: Entspricht die tatsächliche Kostenverteilung den Vorgaben in Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung?

Bei erkennbaren Abweichungen empfiehlt sich ein Gespräch mit dem Verwalter oder anderen Eigentümern. Oft lassen sich Unstimmigkeiten durch Nachfragen klären. Falls nicht, sollten Sie rechtskundigen Rat einholen, um Ihre Anfechtungsmöglichkeiten zu bewerten.

Das Urteil zeigt: Auch scheinbar kleine Fehler können große Wirkung haben. Wohnungseigentümer sollten ihre Rechte kennen und bei berechtigten Zweifeln nicht zögern, ihre Interessen zu vertreten.

Die Entscheidung stärkt die Position der Wohnungseigentümer und macht deutlich, dass Genauigkeit bei der Abrechnung unerlässlich ist. Gleichzeitig wird aber auch klar, dass nicht jeder noch so kleine Fehler zur Anfechtung berechtigt - die beanstandeten Punkte müssen sich zumindest potentiell auf die individuelle Abrechnung auswirken können.

Quelle: AG München, Urteil vom 18.12.2024, Az. 1295 C 13559/24 WEG

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