Starkes Rauchen in der Mietwohnung: Wann Mieter für Schäden zahlen müssen

Der Sachverhalt: Was war passiert?
Im vorliegenden Fall hatte ein Mieter seine Wohnung nach langjähriger Mietdauer (seit 2006) zum Ende Januar 2023 gekündigt. Bei der Wohnungsübergabe stellte die Vermieterin erhebliche Schäden fest, die auf intensives Rauchen zurückzuführen waren. Diese Schäden gingen weit über normale Gebrauchsspuren hinaus: Der Putz an den Wänden war so stark beeinträchtigt, dass er teilweise erneuert werden musste.
Die Vermieterin forderte den Mieter zur Beseitigung der Schäden auf. Als dieser nicht reagierte, ließ sie die Schäden durch Handwerker beheben und stellte dem Mieter anschließend die Kosten in Rechnung - insgesamt über 11.000 Euro. Zusätzlich verlangte sie Mietausfallschäden, da die Wohnung wegen der umfangreichen Renovierungsarbeiten mehrere Monate nicht neu vermietet werden konnte.
Die rechtlichen Streitpunkte
Im Zentrum des Rechtsstreits standen mehrere wichtige Fragen:
- Schönheitsreparaturen vs. echte Substanzschäden: Handelte es sich um normale Abnutzungen, die durch Schönheitsreparaturen behoben werden können, oder um tiefergehende Schäden?
- Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln: War die Klausel im Mietvertrag, die dem Mieter Schönheitsreparaturen auferlegte, überhaupt wirksam?
- Vertragsgemäßer Gebrauch: Gehört Rauchen zum normalen Mietgebrauch oder überschreitet starkes Rauchen diese Grenzen?
Die Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Neuruppin verurteilte den Mieter zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 7.685,64 Euro sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Begründung des Gerichts enthält wichtige Feststellungen für alle Mieter und Vermieter:
1. Zur Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel
Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Klausel zu Schönheitsreparaturen im Mietvertrag unwirksam war. Der Grund: Die Formulierung "Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht auszuführen und umfassen das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen" war nicht eindeutig. Es blieb unklar, ob sich die Einschränkung "von innen" nur auf die Außentüren oder auch auf die Fenster bezog.
Wichtig für Sie: Unklare Formulierungen in Mietvertragsklauseln gehen immer zu Lasten des Vermieters, der den Vertrag gestellt hat.
2. Zur Haftung trotz unwirksamer Klausel
Das Gericht stellte jedoch klar:
"Zur Beseitigung der von ihm zu vertretenden Schäden an der Mietsache ist der Mieter auch ohne vertragliche Übertragung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen heranzuziehen."
Mit anderen Worten: Auch wenn der Mieter nicht für normale Schönheitsreparaturen verantwortlich ist, muss er für Schäden aufkommen, die über die normale Abnutzung hinausgehen.
3. Rauchen und Vertragsgemäßer Gebrauch
Besonders interessant sind die Aussagen des Gerichts zum Rauchen:
Grundsatz: "Selbst übermäßiges Rauchen kann als vertragsgemäß angesehen werden, jedoch nur solange sich die Spuren durch (einfache) Schönheitsreparaturen beseitigen lassen."
Grenze: "Das Rauchen in einer Mietwohnung geht jedoch über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus und begründet eine Schadensersatzpflicht des Mieters, wenn dadurch Verschlechterungen der Wohnung verursacht werden, die sich nicht mehr durch Schönheitsreparaturen beseitigen lassen, sondern darüberhinausgehende Instandsetzungsarbeiten erfordern."
Im vorliegenden Fall musste der Putz an den Wänden teilweise erneuert werden. Dies ging deutlich über normale Schönheitsreparaturen hinaus.
4. Mietausfall als Folgeschaden
Das Gericht sprach der Vermieterin auch Ersatz für den Mietausfall zu, da die Wohnung aufgrund der notwendigen Renovierungsarbeiten bis Juni 2023 nicht neu vermietet werden konnte.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Das Urteil hat wichtige Konsequenzen für Mieter und Vermieter:
Für Mieter:
- Rauchen in der Wohnung ist grundsätzlich erlaubt, aber nicht grenzenlos.
- Wenn durch starkes Rauchen Schäden entstehen, die über normale Abnutzung hinausgehen (z.B. Putzschäden), können erhebliche Kosten entstehen.
- Auch bei unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln haften Mieter für Substanzschäden an der Wohnung.
- Diese Haftung kann auch Folgekosten wie Mietausfall umfassen.
Praxistipp: Wenn Sie in Ihrer Wohnung rauchen, sorgen Sie für ausreichende Belüftung und regelmäßige Zwischenreinigungen, um Ablagerungen zu minimieren.
Für Vermieter:
- Schönheitsreparaturklauseln müssen präzise formuliert sein, sonst sind sie unwirksam.
- Bei Substanzschäden durch übermäßiges Rauchen kann trotz unwirksamer Schönheitsreparaturklausel Schadensersatz verlangt werden.
- Die Beweislast für den Umfang der Schäden liegt beim Vermieter.
Fazit
Das Urteil des LG Neuruppin stellt klar: Normales Rauchen in der Mietwohnung ist grundsätzlich erlaubt. Wenn jedoch durch exzessives Rauchen Schäden entstehen, die über normale Abnutzung hinausgehen und sich nicht mehr durch gewöhnliche Schönheitsreparaturen beseitigen lassen, muss der Mieter dafür haften – und das kann teuer werden.
Für Mieter ist es daher ratsam, auch bei starkem Rauchen in der Wohnung auf ausreichende Lüftung zu achten und gegebenenfalls Zwischenreinigungen durchzuführen, um Ablagerungen und Substanzschäden zu vermeiden.
Quelle: LG Neuruppin, Urteil vom 30.10.2024, Az. 4 S 30/24
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