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Mieterhöhung kann auch ohne Unterschrift wirksam sein

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Wer eine Mieterhöhung erhält und diese einfach zahlt, stimmt ihr damit rechtlich zu – auch wenn keine schriftliche Zustimmung vorliegt. Das hat das Landgericht Hannover entschieden und damit die Rechte von Vermietern gestärkt. Mieter sollten bei unerwünschten Erhöhungen deshalb unbedingt aktiv werden.
Kleine Häuser stehen auf ansteigenden Münzstapeln
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Mieter zahlen jahrelang erhöhte Miete

Ein Mieterpaar erhielt von seinem Vermieter eine Mieterhöhung. Statt schriftlich zuzustimmen oder zu widersprechen, zahlten die Mieter über mehrere Jahre hinweg die erhöhte Miete ohne jeglichen Vorbehalt. Später wollten sie das bereits gezahlte Geld zurückfordern und argumentierten, sie hätten der Erhöhung nie zugestimmt. Ihrer Ansicht nach sei keine wirksame Zustimmung erfolgt, da sie niemals schriftlich eingewilligt hätten.

Der Vermieter sah das naturgemäß anders. Aus seiner Sicht hatten die Mieter durch die jahrelange vorbehaltlose Zahlung des höheren Betrags deutlich gemacht, dass sie mit der Mieterhöhung einverstanden waren. Er berief sich darauf, dass eine Zustimmung auch durch schlüssiges Verhalten – also konkludent – erteilt werden könne.

Streitpunkt: Kann Schweigen eine Zustimmung sein?

Der zentrale Konflikt drehte sich um die Frage, ob die bloße Zahlung einer erhöhten Miete als rechtsgültige Zustimmung gewertet werden kann. Die Mieter betonten, sie hätten innerlich niemals zustimmen wollen. Es fehle an einem sogenannten Rechtsbindungswillen. Sie fühlten sich durch die Situation unter Druck gesetzt, da sie eine Kündigung befürchteten, wenn sie die höhere Miete nicht zahlen würden.

Das Gericht musste klären, nach welchen Maßstäben eine solche Willenserklärung zu beurteilen ist. Entscheidend war die Frage, ob es auf den inneren Willen der Mieter oder auf das äußerlich erkennbare Verhalten ankommt. Dabei spielten die Paragrafen 133 und 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine zentrale Rolle. Diese regeln, wie Willenserklärungen auszulegen sind.

Die Entscheidung des Gerichts: Verhalten zählt mehr als innere Einstellung

Das Landgericht Hannover wies die Berufung der Mieter zurück und stellte klar: Eine Zustimmung zur Mieterhöhung muss nicht zwingend schriftlich erfolgen. Sie kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Entscheidend ist nicht, was der Erklärende innerlich denkt, sondern wie ein objektiver Dritter das Verhalten verstehen würde.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Willenserklärungen grundsätzlich aus der Sicht eines verständigen Empfängers auszulegen sind. Der Vermieter durfte die jahrelange vorbehaltlose Zahlung der erhöhten Miete nur als Zustimmung verstehen, da es keine gegenteiligen Anhaltspunkte gab. Die Mieter hatten zu keinem Zeitpunkt widersprochen oder einen Vorbehalt angemeldet.

Das Gericht betonte zudem, dass Mieter keineswegs schutzlos sind. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, einer Mieterhöhung ausdrücklich zu widersprechen und die erhöhte Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen. In diesem Fall entsteht kein Mietrückstand, der den Vermieter zur Kündigung berechtigen würde. Die Rechtmäßigkeit der Erhöhung kann dann im Nachhinein gerichtlich geklärt werden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Mieter und Vermieter gleichermaßen. Wenn Sie als Mieter eine Mieterhöhung erhalten und diese nicht akzeptieren möchten, reicht es nicht aus, einfach nichts zu tun und zu zahlen. Ihr Schweigen und die Zahlung werden rechtlich als Zustimmung gewertet.

Handeln Sie aktiv, wenn Sie mit einer Mieterhöhung nicht einverstanden sind. Widersprechen Sie der Erhöhung schriftlich beim Vermieter. Wenn Sie sich unsicher sind, ob die Mieterhöhung rechtmäßig ist, können Sie die erhöhte Miete trotzdem zahlen, aber ausdrücklich unter Vorbehalt. Formulieren Sie dabei klar, dass Sie sich vorbehalten, das zu viel gezahlte Geld zurückzufordern. Ein solcher Vorbehalt verhindert, dass Ihre Zahlung als Zustimmung gewertet wird.

Für Vermieter bedeutet das Urteil eine Stärkung ihrer Position. Sie können sich darauf verlassen, dass eine über längere Zeit hinweg vorbehaltlos gezahlte erhöhte Miete als rechtswirksame Zustimmung gilt. Dennoch sollten Vermieter auf eine saubere Durchführung des Mieterhöhungsverfahrens achten und alle formellen Anforderungen erfüllen.

Das Gericht machte außerdem deutlich, dass Mieter die Möglichkeit haben, sich rechtlich beraten zu lassen. Wer unsicher ist, ob eine Mieterhöhung berechtigt ist, sollte zeitnah fachkundigen Rat einholen. Eine nachträgliche Rückforderung bereits gezahlter Beträge ist nach dieser Rechtsprechung deutlich schwieriger geworden.

Praktisch bedeutet das Urteil: Schweigen und Zahlen wird als Ja gewertet. Wer Nein sagen will, muss das auch deutlich zum Ausdruck bringen.

Grundsätze des Urteils

  • Eine Zustimmung zur Mieterhöhung kann durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen, sie ist nicht zwingend schriftlich.

  • Maßgeblich ist die objektive Auslegung des Mieterverhaltens aus Sicht eines verständigen Empfängers (Vermieter), nicht der innere Wille des Mieters (gemäß §§ 133, 157 BGB).

  • Die jahrelange vorbehaltlose Zahlung der erhöhten Miete gilt als rechtswirksame Zustimmung.

  • Mieter müssen aktiv widersprechen oder unter Vorbehalt zahlen, um eine Zustimmung rechtlich auszuschließen.


Quelle: Landgericht Hannover, Beschluss vom 04.04.2025, Az. 7 S 73/24

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