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Grundstückskauf ohne Bebaubarkeit: Wann haftet der Verkäufer?

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Wer ein Grundstück zum Hausbau kauft, erwartet eine Baugenehmigung. Doch was gilt, wenn sich später herausstellt, dass das Bauen rechtlich nicht möglich ist? Ein im Kaufvertrag vereinbarter Gewährleistungsausschluss ist grundsätzlich wirksam. Er schützt den Verkäufer vor Haftungsansprüchen, auch wenn sich später herausstellt, dass das Grundstück nicht wie geplant genutzt werden kann.
Junges Paar steht mit Planunterlagen auf einer Baustelle
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Vom Traumgrundstück zum Bauhindernis

Ein Ehepaar erwarb eine unbebaute Grundstücksteilfläche von rund 710 Quadratmetern. Der Kaufpreis betrug 220.000 Euro. Die Käufer wollten auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus errichten und schlossen bereits am Tag des Kaufvertrags einen Bauvertrag mit einer Baufirma ab. Das ursprüngliche Grundstück der Verkäuferin wurde für diesen Zweck in drei neue Parzellen aufgeteilt. Der bebaute Teil mit dem bestehenden Einfamilienhaus und der Garage ging an eine andere Familie, die beiden unbebauten Teilflächen an das klagende Ehepaar und eine weitere Familie, die ebenfalls bauen wollten.

Im Kaufvertrag hatten die Parteien einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Die Verkäuferin übernahm also keine Haftung für eventuelle Mängel des Grundstücks. Dieser Ausschluss ist bei Grundstücksverkäufen durchaus üblich, wenn die Verkäuferseite keine genauen Kenntnisse über den Zustand hat.

Erst zwei Monate nach dem Kauf erfuhren die Käufer von einem entscheidenden Problem: Das Grundstück konnte nicht bebaut werden, solange die Miteigentümer des privaten Zufahrtswegs keine sogenannte Zuwegungsbaulast eintragen ließen. Diese Baulast war notwendig, damit die Baubehörde überhaupt eine Genehmigung erteilen konnte. Die betroffenen Nachbarn weigerten sich zunächst, diese Erklärungen abzugeben. In einem anderen Gerichtsverfahren wurden sie zwar erstinstanzlich dazu verurteilt, doch dieses Urteil war noch nicht rechtskräftig.

Vorwurf der arglistigen Täuschung

Die Käufer fühlten sich getäuscht und verlangten die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags. Sie forderten nicht nur die Rückzahlung des Kaufpreises von 220.000 Euro, sondern auch die Erstattung aller entstandenen Nebenkosten wie Notar-, Grundbuch- und Vermessungskosten sowie der gezahlten Grunderwerbsteuer und Grundsteuer. Insgesamt summierte sich ihre Forderung auf fast 240.000 Euro.

Die Käufer behaupteten zunächst, die Verkäuferin habe ihnen in persönlichen Gesprächen vor dem Notartermin versichert, das Grundstück sei Bauland und die Baugenehmigung sei reine Formsache. Als die Verkäuferin darauf hinwies, die Käufer erst beim Notar kennengelernt zu haben, änderten diese ihre Darstellung. Sie behaupteten nun, der Geschäftsführer der Baufirma habe diese Zusicherungen gemacht, und zwar mit Wissen und Wollen der Verkäuferin. Zudem soll die Verkäuferin kurz vor dem Notartermin im Wartezimmer erklärt haben, die Nachbarn seien einverstanden und die Baugenehmigung nur noch Formsache.

Nach Ansicht der Käufer handelte es sich um arglistige Täuschung. Sie waren überzeugt, dass sowohl die Verkäuferin als auch die Baufirma gewusst hätten, dass die Bebaubarkeit von der Zustimmung der Nachbarn abhängig war. Wäre ihnen dies bekannt gewesen, hätten sie das Grundstück niemals gekauft.

Die rechtlichen Kernfragen

Das Gericht musste mehrere zentrale Rechtsfragen klären. Zunächst ging es um die Frage, ob die fehlende Bebaubarkeit eines Grundstücks überhaupt einen Sachmangel darstellt. Grundsätzlich kann dies der Fall sein, wenn das Grundstück zu diesem Zweck erworben wurde. Das war hier unstreitig, denn der Bauplan war bereits als Anlage zum Notarvertrag genommen worden.

Die zweite Frage war, ob die Bebaubarkeit tatsächlich fehlt. Die Nachbarn waren mittlerweile erstinstanzlich zur Abgabe der erforderlichen Baulasterklärungen verurteilt worden. Weshalb dieses Urteil keinen Bestand haben sollte, hatten die Käufer nicht dargelegt. Das Gericht sah es daher nicht als erwiesen an, dass das Grundstück dauerhaft nicht bebaubar sein würde.

Entscheidend war jedoch eine dritte Frage: War die Bebaubarkeit vertraglich vereinbart worden? Das Gericht verneinte dies. Die Vorstellung der Käufer, ein bebaubares Grundstück zu erwerben, war lediglich der von der Verkäuferin erkannte Verwendungszweck gewesen, aber keine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung. Der im Vertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss zeigte deutlich, dass die Verkäuferin für die Realisierbarkeit des Bauvorhabens nicht in bindender Weise einstehen wollte. Dies musste auch den Käufern klar sein, denn die Verkäuferin war offensichtlich nicht in die Gespräche mit der Baubehörde eingebunden und konnte daher nicht wissen, welche Anforderungen für eine Baugenehmigung gestellt werden würden.

Gewährleistungsausschluss und Notarhinweise

Der Notar hatte die Käufer im Vertrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie sich vor der Beurkundung mit der zuständigen Baubehörde über die Realisierbarkeit des Bauvorhabens hätten ins Benehmen setzen sollen. Unter Ziffer II.3 des Vertrages war festgehalten, dass durch die Teilung des Grundstücks keine Verhältnisse entstehen dürfen, die geltendem Baurecht widersprechen. Der Notar hatte auch darauf aufmerksam gemacht, dass ein Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften zur Folge haben könne, dass die Bauaufsichtsbehörde einschreitet oder ein geplantes Vorhaben nicht realisiert werden kann.

Die Käufer hatten es jedoch versäumt, eine Bauvoranfrage zu stellen. Stattdessen verließen sie sich auf die angeblichen mündlichen Zusicherungen. Vor diesem Hintergrund konnte nicht angenommen werden, dass die Bebaubarkeit zu einem integralen Vertragsbestandteil geworden war. Der Gewährleistungsausschluss im notariellen Kaufvertrag war wirksam vereinbart und schützte die Verkäuferin.

Keine arglistige Täuschung nachgewiesen

Selbst wenn man einen Sachmangel bejahen würde, scheiterte der Anspruch der Käufer daran, dass sie keine arglistige Täuschung nachweisen konnten. Arglist würde voraussetzen, dass die Verkäuferin zumindest für möglich gehalten hätte, dass die Käufer ihr Bauvorhaben nicht umsetzen können. Dafür gab es jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Die Verkäuferin hatte das Grundstück ursprünglich an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verkauft, deren Gesellschafter Geschäftsführer eines langjährig ansässigen Bauunternehmens waren. Diese Firma war auf Projektentwicklung spezialisiert. Es wäre wirtschaftlich völlig unsinnig gewesen, wenn diese Fachleute ein Grundstück erworben und sofort Bauverträge abgeschlossen hätten, obwohl sie Zweifel an der Bebaubarkeit gehabt hätten. Weshalb die Verkäuferin bessere Kenntnisse als diese Experten hätte haben sollen, war nicht ersichtlich.

Auch die behauptete Aussage der Verkäuferin im Wartezimmer des Notars, die Nachbarn seien einverstanden, konnte eine Arglist nicht begründen. Der Inhalt dieser angeblichen Erklärung blieb unklar. Die Käufer legten nicht dar, womit die Nachbarn genau einverstanden gewesen sein sollten. Zum Zeitpunkt des Kaufvertrags hatte selbst die erfahrene Baufirma nicht erkannt, dass Baulasterklärungen erforderlich sein würden. Es war daher nicht anzunehmen, dass die Verkäuferin um dieses Erfordernis wusste.

Darüber hinaus hatte sich der Vortrag der Käufer im Laufe des Prozesses mehrfach geändert. Zunächst behaupteten sie persönliche Verkaufsgespräche mit der Verkäuferin, dann nur noch Gespräche mit dem Geschäftsführer der Baufirma im Wartezimmer des Notars. Solche Widersprüche schwächten die Glaubwürdigkeit ihrer Behauptungen erheblich.

Keine Vertreterhaftung der Baufirma

Die Käufer versuchten außerdem, der Verkäuferin die Erklärungen des Geschäftsführers der Baufirma zuzurechnen. Sie argumentierten, dieser habe die Kaufvertragsverhandlungen für die Verkäuferin geführt und sei daher als deren Vertreter anzusehen. Das Gericht wies dies zurück.

Die Baufirma hatte bei dem Vertragsabschluss nicht als Vertreter der Verkäuferin gehandelt. Der Kaufvertrag kam unmittelbar zwischen den Parteien zustande, ohne Beteiligung der Baufirma beim Notartermin. Die Firma war vielmehr als Vermittlerin oder Abschlussgehilfe tätig geworden, indem sie der Verkäuferin die Käufer als Interessenten vorstellte. Dies geschah, um sich selbst aus ihrer eigenen vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Verkäuferin zu befreien. Ein solcher Abschlussvermittler wird rechtlich nicht als Vertreter eines Geschäftsherrn angesehen und setzt auch nicht den Rechtsschein, zur Abgabe von Vertragserklärungen im Namen des Verkäufers bevollmächtigt zu sein.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil macht deutlich, wie wichtig eine sorgfältige Prüfung vor dem Grundstückskauf ist. Wer ein unbebautes Grundstück zum Hausbau erwirbt, sollte sich nicht auf mündliche Zusicherungen verlassen, sondern die Bebaubarkeit vorab klären. Eine Bauvoranfrage bei der zuständigen Baubehörde gibt Sicherheit und kostet nur einen Bruchteil des späteren Schadens.

Ein im Kaufvertrag vereinbarter Gewährleistungsausschluss ist grundsätzlich wirksam. Er schützt den Verkäufer vor Haftungsansprüchen, auch wenn sich später herausstellt, dass das Grundstück nicht wie geplant genutzt werden kann. Nur bei arglistiger Täuschung kann der Käufer trotz Gewährleistungsausschluss Schadensersatz verlangen. Die Beweislast dafür trägt jedoch der Käufer, und die Anforderungen sind hoch.

Wenn Sie ein Baugrundstück kaufen möchten, sollten Sie folgende Punkte beachten: Lassen Sie sich die Bebaubarkeit schriftlich im notariellen Kaufvertrag zusichern oder machen Sie den Kauf von der Erteilung einer positiven Bauvorbescheids abhängig. Prüfen Sie, ob das Grundstück erschlossen ist und ob gegebenenfalls Baulasten von Nachbarn erforderlich sind. Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Aussagen von Maklern, Bauunternehmern oder Verkäufern, wenn diese nicht im Kaufvertrag dokumentiert sind.

Auch wenn die Verkäuferseite positive Äußerungen zur Bebaubarkeit macht, können Sie sich darauf nur verlassen, wenn diese als Beschaffenheitsvereinbarung in den notariellen Kaufvertrag aufgenommen werden. Der Notar wird Sie auf erforderliche Prüfungen hinweisen. Nehmen Sie diese Hinweise ernst und holen Sie vor Vertragsschluss alle notwendigen Auskünfte ein. Eine nachträgliche Rückabwicklung des Kaufvertrags ist schwierig und oft nicht möglich.

Das Gericht hat in diesem Fall deutlich gemacht, dass Käufer ihre Sorgfaltspflichten ernst nehmen müssen. Wer sich auf bloße Hoffnungen stützt und notwendige Prüfungen unterlässt, trägt das Risiko selbst. Ein Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag ist ein deutliches Warnsignal, dass der Verkäufer für die beabsichtigte Nutzung nicht einstehen will. In einer solchen Situation ist besondere Vorsicht geboten.


Quelle: Landgericht Krefeld, Urteil vom 06.06.2024, Az. 5 O 324/22

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