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Digitale Belegeinsicht: Urteil und Gesetzesänderung bei Nebenkostenabrechnungen

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Müssen Vermieter bei der Belegeinsicht zu Nebenkostenabrechnungen immer Originalbelege vorlegen, oder reichen auch digitale Dokumente aus? Diese Frage beschäftigt regelmäßig Mieter und Vermieter – besonders in Zeiten steigender Nachzahlungsbeträge und zunehmender Digitalisierung. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Frankfurt sorgt hier für Klarheit und zeigt: Unter bestimmten Voraussetzungen ist die rein digitale Belegeinsicht zulässig.
Frau vor einen digitalen Wand
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Darum ging es im Streitfall

Ein Vermieter hatte seinen Mietern eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2021 zugesandt, die einen Nachzahlungsbetrag auswies. Zusätzlich sollten die Mieter eine Nachzahlung für Grundsteuer leisten, da der Vermieter einen geänderten Grundsteuerbescheid erhalten hatte.

Die Mieter verlangten daraufhin Einsicht in die Belege. Bei dem Termin in den Räumen des Vermieters stellten sie jedoch fest, dass ihnen keine Originalbelege in Papierform vorgelegt wurden. Das Büro des Vermieters arbeitet als "papierloses Büro", weshalb nur digitale Dokumente am Computer zur Einsicht bereitgestellt wurden.

Die Mieter weigerten sich, die Nachzahlung zu leisten und beriefen sich auf ihr Zurückbehaltungsrecht, da sie der Meinung waren, dass:

  1. Der Vermieter verpflichtet sei, Originalbelege und nicht nur digitale Kopien vorzulegen

  2. Die Belegeinsicht nicht vollständig gewährt worden sei

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Frankfurt (Urteil vom 02.02.2024, Az. 33 C 3020/23) entschied zugunsten des Vermieters und verurteilte die Mieter zur Zahlung der geforderten Nachzahlungsbeträge. Die zentralen Punkte der Entscheidung:

Digitale Belege können ausreichen

Das Gericht stellte klar: Obwohl Mieter grundsätzlich einen Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege haben, können gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausnahmefällen auch Kopien oder Scanprodukte ausreichen.

Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn:

  • Der Vermieter nachweislich eine papierlose Büroverwaltung führt

  • Die digitalen Belege geeignet sind, die dokumentierten Erklärungen unverändert wiederzugeben

Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter überzeugend dargelegt, dass ihm die Belege durch einen digitalen Dienstleister nur in digitaler Form zur Verfügung standen und legte sogar eine Bescheinigung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor, die die Echtheit der Dokumente bestätigte.

Belegeinsicht war ausreichend gewährt

Das Gericht sah die Belegeinsicht auch als ausreichend gewährt an. Die Mieter hatten nicht konkret dargelegt, welche Belege ihnen angeblich vorenthalten wurden. Der Vermieter hingegen konnte durch eine ausführliche Notiz seiner Mitarbeiter nachweisen, dass:

  • Den Mietern vorab die papierlose Verwaltung erläutert wurde

  • Einsicht in verschiedene Kostenpositionen gewährt wurde

  • Nach jeder Rechnung und Erklärung gefragt wurde, ob noch Fragen bestünden

  • Der Termin nach etwa 1,5 Stunden von den Mietern selbst abgebrochen wurde, obwohl 3 Stunden angesetzt waren

Die pauschale Behauptung der Mieter, "der PC habe nicht funktioniert", überzeugte das Gericht nicht.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter:

  • Bestehen Sie weiterhin auf Ihr Recht, die Belege zur Nebenkostenabrechnung einzusehen.

  • Akzeptieren Sie aber, dass Vermieter mit nachweislich papierloser Büroführung die Belege auch in digitaler Form bereitstellen dürfen.

  • Dokumentieren Sie genau, welche Belege Sie einsehen möchten und welche Ihnen eventuell nicht gezeigt wurden.

  • Ein pauschaler Einwand, die Belegeinsicht sei unzureichend gewesen, reicht vor Gericht nicht aus.

Für Vermieter:

  • Sie dürfen bei papierloser Büroführung die Belege digital bereitstellen.

  • Dokumentieren Sie jedoch sorgfältig, wie Sie die Belegeinsicht gewährt haben.

  • Idealerweise lassen Sie sich die Echtheit der digitalen Dokumente von einem unabhängigen Dritten bestätigen.

  • Erklären Sie den Mietern vorab, warum keine Originalbelege vorgelegt werden können.

Gesetzesänderung zum 01.01.2025

Der Gesetzgeber hat diese Entwicklung erkannt und das Belegeinsichtsrecht im Mietrecht zum 01.01.2025 angepasst. Der neu geschaffene § 556 Abs. 4 BGB regelt:

"Der Vermieter hat dem Mieter auf Verlangen Einsicht in die der Abrechnung zugrundeliegenden Belege zu gewähren. Der Vermieter ist berechtigt, die Belege elektronisch bereitzustellen."

Mit dieser Regelung wird die elektronische Bereitstellung von Belegen zur Nebenkostenabrechnung ausdrücklich erlaubt. Wichtig bleibt aber:

  • Der Ort der Einsichtnahme bleibt grundsätzlich der Geschäftssitz des Vermieters

  • Die Belege müssen auch in elektronischer Form geordnet vorliegen

  • Ein Anspruch auf Zusendung von digitalen Kopien per E-Mail besteht nicht automatisch

Fazit

Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt nimmt bereits wesentliche Aspekte der aktuellen Gesetzesänderung vorweg. Es zeigt: Die Digitalisierung hält auch im Mietrecht Einzug. Mieter müssen akzeptieren, dass Vermieter mit nachweislich papierloser Büroführung Belege digital bereitstellen dürfen. Gleichzeitig bleiben die Kernprinzipien des Belegeinsichtsrechts erhalten – die Belege müssen vollständig, geordnet und nachvollziehbar sein, egal ob digital oder analog.

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