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Belegeinsicht bei Betriebskostenabrechnung: Vor Ort oder per Post?

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Die Einsicht in die Belege einer Betriebskostenabrechnung ist ein wichtiges Mieterrecht. Doch viele Mieter stellen sich die Frage: Muss ich zur Einsichtnahme zum Vermieter fahren oder kann ich die Zusendung von Kopien verlangen? Das Landgericht Hanau hat hierzu am 24. März 2025 eine klare Entscheidung getroffen.
Mann sitzt am Schreibtisch und bedient einen Taschenrechner. In der anderen Hand hält er eine Kreditkarte.
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Ist 46 Kilometer Fahrtweg zumutbar?

In dem verhandelten Fall forderte ein Mieter aus Hanau seinen Vermieter auf, ihm Kopien der Belege zur Betriebskostenabrechnung zu übersenden. Die Hausverwaltung des Vermieters befand sich in Frankfurt, etwa 46 Kilometer vom Wohnort des Mieters entfernt. Für das Abrechnungsjahr 2020 hatte die Hausverwaltung dem Mieter tatsächlich Belegkopien per E-Mail zugeschickt. Für das Folgejahr 2021 verlangte der Mieter erneut die Übersendung von Kopien, ohne jedoch eine persönliche Einsichtnahme in Frankfurt zu vereinbaren.

Nachdem der Mieter später aus seiner Wohnung in Hanau ausgezogen war, befand sich sein neuer Wohnort sogar 124 Kilometer von der Hausverwaltung entfernt.

Der Streitpunkt: Übersendungspflicht oder Einsicht vor Ort?

Die zentrale Rechtsfrage lautete: Reicht die bloße Aufforderung zur Übersendung von Belegkopien als wirksames Einsichtnahmeersuchen aus? Und: Spielt es eine Rolle, dass der Vermieter früher einmal freiwillig Kopien übersandt hatte?

Der Kläger (Mieter) argumentierte, dass:

  • eine Aufforderung zur Übersendung der Belege immer als Einsichtnahmeverlangen umzudeuten sei
  • die frühere freiwillige Übersendung der Belege für das Jahr 2020 ein Recht auf Übersendung auch für das Jahr 2021 begründe
  • die Entfernung von 46 km zur Hausverwaltung in Frankfurt bereits unzumutbar sei
  • die Entfernung von 124 km nach seinem Umzug erst recht unzumutbar sei

Der Vermieter hingegen sah keine Verpflichtung zur Übersendung von Kopien und bestand auf dem Recht, die Belege zur Einsichtnahme in seinen Geschäftsräumen bereitzuhalten.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Hanau wies die Berufung des Mieters zurück und stellte zwei wichtige Grundsätze klar:

1. Ist dem Mieter die Einsichtnahme in die Belege der Betriebskostenabrechnung bei dem Vermieter zumutbar, stellt die alleinige Aufforderung zur Übersendung von Belegkopien kein wirksames Einsichtnahmeersuchen dar. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter freiwillig Belege übersendet.

2. Für die Frage, ob die Einsichtnahme bei dem Vermieter zumutbar ist, kommt es auf die Entfernung zur Mietwohnung an und nicht auf den Ort, an den der Mieter nach Mietende verzogen ist.

Das Gericht betonte, dass die einmalige freiwillige Übersendung der Belege durch den Vermieter kein dauerhaftes Recht auf Kopien begründe. Der Vermieter sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Mieter auf die Unzulässigkeit seines Übersendungsverlangens hinzuweisen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter haben Sie grundsätzlich das Recht, die Belege der Betriebskostenabrechnung einzusehen. Die wichtigsten Konsequenzen aus diesem Urteil sind:

  1. Persönliche Einsichtnahme hat Vorrang: Sie müssen in der Regel zur Hausverwaltung oder zum Vermieter fahren, um Einsicht in die Belege zu nehmen - sofern die Entfernung zumutbar ist.
  2. Zumutbare Entfernung: Eine Fahrtstrecke von 46 km, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln in unter einer Stunde zurückgelegt werden kann, gilt nach Ansicht des LG Hanau als zumutbar.
  3. Explizites Einsichtnahmeersuchen: Die bloße Bitte um Übersendung von Kopien genügt nicht. Sie sollten ausdrücklich um einen Termin zur Einsichtnahme bitten.
  4. Kein Gewohnheitsrecht: Selbst wenn Ihr Vermieter Ihnen früher einmal freiwillig Kopien zugesandt hat, begründet dies keinen Anspruch für die Zukunft.
  5. Umzug ändert nichts: Nach Ende des Mietverhältnisses bleibt die ursprüngliche Entfernung zwischen Mietwohnung und Vermieter maßgeblich - ein Umzug in eine weiter entfernte Gegend schafft keinen Anspruch auf Zusendung von Belegen.
  6. Sonderfall Unzumutbarkeit: Nur wenn die Einsichtnahme beim Vermieter objektiv unzumutbar ist (z.B. bei sehr großer Entfernung oder gesundheitlichen Einschränkungen), kann ein Anspruch auf Übersendung von Kopien bestehen. Dies müssen Sie allerdings gegenüber dem Vermieter konkret begründen.

Praktische Tipps

  • Bitten Sie stets um einen konkreten Termin zur Einsichtnahme in die Belege.
  • Dokumentieren Sie Ihre Anfrage schriftlich (per E-Mail oder Brief).
  • Falls Sie die Reise zum Vermieter wirklich nicht antreten können, erläutern Sie die Gründe für die Unzumutbarkeit detailliert und bitten Sie höflich um Übersendung von Kopien.
  • Verweisen Sie nicht allein auf frühere Übersendungen als Begründung für einen Anspruch.
  • Berücksichtigen Sie, dass der Vermieter für die Übersendung von Kopien eventuell eine angemessene Kostenpauschale verlangen kann.

Das Urteil verdeutlicht, dass Mieter nicht ohne Weiteres die Zusendung von Belegen verlangen können, sondern in der Regel die persönliche Einsichtnahme beim Vermieter wahrnehmen müssen, sofern dies zumutbar ist.

Quelle: LG Hanau, Beschluss vom 24.03.2025 - 2 S 43/24

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