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Barrierefreier Badumbau: Vermieter darf Sicherheit verlangen

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Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Neubrandenburg zeigt, wie wichtig es für Vermieter ist, auf berechtigte Anfragen ihrer Mieter zeitnah zu reagieren. Im vorliegenden Fall wollten Mieter ihr Badezimmer barrierefrei umgestalten und mussten dafür vor Gericht ziehen, weil ihre Vermieterin monatelang nicht auf ihre Anfragen reagierte.
Handwerker bauen ein Badezimmer um
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Worum ging es in dem Fall?

Die Mieter wandten sich bereits im September 2022 erstmals an ihre Vermieterin mit der Bitte um Zustimmung zum barrierefreien Umbau ihres Badezimmers. Der Hintergrund war die Pflegebedürftigkeit einer der Mieterinnen, die eine behindertengerechte Ausstattung des Bades notwendig machte. Zu ihrer Anfrage legten sie einen detaillierten Kostenvoranschlag einer Installationsfirma vor.

Die Vermieterin schwieg jedoch vollständig zu diesem Anliegen. Auch als der örtliche Mieterbund im Februar 2023 mit einer zehntägigen Frist zur Beantwortung nachfasste, blieb jede Reaktion aus. Erst nachdem die Mieter einen Anwalt einschalteten, der im März 2023 schriftlich vorstellig wurde, gab es überhaupt eine erste Rückmeldung.

Diese kam allerdings nicht von der Vermieterin selbst, sondern von einem Vertreter der Hausverwaltung. Dieser teilte lediglich mit, dass die Mieter ein Angebot für den späteren Rückbau des Badezimmers vorlegen müssten. Eine grundsätzliche Zustimmung zum berechtigten Anliegen der Mieter war dieser vagen Aussage nicht zu entnehmen.

Was sagt das Gesetz zu barrierefreien Umbauten?

Paragraph 554 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gibt Mietern das Recht, von ihrem Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen zu verlangen, die der Barrierefreiheit dienen. Dieses Recht besteht grundsätzlich und unabhängig davon, ob bereits eine Behinderung vorliegt oder ob diese erst in Zukunft zu erwarten ist.

Der Vermieter kann seine Zustimmung jedoch an bestimmte Bedingungen knüpfen. Dazu gehört insbesondere die Forderung nach einer angemessenen Sicherheit für den Fall, dass die baulichen Veränderungen bei Beendigung des Mietverhältnisses wieder rückgängig gemacht werden müssen.

Diese Regelung schafft einen Interessenausgleich zwischen den berechtigten Bedürfnissen der Mieter nach einer barrierefreien Wohnung und dem verständlichen Wunsch der Vermieter, ihr Eigentum zu schützen.

Muss der Mieter eine Sicherheitsleistung anbieten?

Ein wichtiger Aspekt der Entscheidung betrifft die Frage, ob die Mieter bereits von sich aus eine Sicherheitsleistung hätten anbieten müssen. Das Gericht verneinte dies eindeutig.

Die Richter machten klar, dass es Sache der Vermieterin gewesen wäre, dem grundsätzlich berechtigten Verlangen zunächst zuzustimmen und dann gegebenenfalls Bedingungen wie eine Sicherheitsleistung zu formulieren. Die Mieter waren nicht verpflichtet, von sich aus entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.

Diese Klarstellung ist wichtig für die Praxis: Mieter müssen nicht raten, welche Bedingungen ihr Vermieter stellen könnte. Vielmehr liegt es am Vermieter, seine Zustimmung zu erteilen und dabei klar zu benennen, unter welchen Voraussetzungen er dies tut.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat weitreichende praktische Konsequenzen sowohl für Mieter als auch für Vermieter und verdeutlicht mehrere wichtige Grundsätze:

Für Mieter bedeutet die Entscheidung eine erhebliche Stärkung ihrer Position. Sie haben nicht nur einen klaren Rechtsanspruch auf Zustimmung zu barrierefreien Umbauten, sondern können auch erwarten, dass Vermieter zeitnah auf entsprechende Anfragen reagieren. Monatelanges Schweigen oder Hinhalten ist nicht hinnehmbar und kann zu Schadensersatzansprüchen führen.

Wichtig ist dabei, dass Mieter ihre Anfragen sorgfältig dokumentieren und aussagekräftige Unterlagen wie Kostenvoranschläge beifügen. Je konkreter und nachvollziehbarer der Antrag gestellt wird, desto schwerer wird es für den Vermieter, eine Verzögerung zu rechtfertigen.

Vermieter sollten aus diesem Urteil lernen, dass schnelles und professionelles Handeln geboten ist. Auch wenn sie grundsätzlich berechtigt sind, Bedingungen für ihre Zustimmung zu stellen, müssen sie dies zeitnah kommunizieren. Ein monatelanges Schweigen kann teuer werden und führt im schlimmsten Fall dazu, dass sie sowohl ihre eigenen als auch die gegnerischen Anwaltskosten tragen müssen.

Sinnvoll ist es für Vermieter, bereits bei der ersten Anfrage klar zu kommunizieren, unter welchen Bedingungen sie einer baulichen Veränderung zustimmen würden. Dies schafft Planungssicherheit für beide Seiten und vermeidet unnötige Rechtsstreitigkeiten.

Die Sicherheitsleistung in der Praxis

Das Urteil bestätigt auch, dass Vermieter grundsätzlich berechtigt sind, eine angemessene Sicherheitsleistung für den späteren Rückbau zu fordern. Im vorliegenden Fall akzeptierten die Mieter eine Sicherheit von 7.000 Euro für den Umbau ihres Badezimmers.

Die Höhe einer solchen Sicherheitsleistung muss sich an den voraussichtlichen Kosten für den Rückbau orientieren und darf nicht unverhältnismäßig hoch sein. Vermieter können nicht beliebige Summen fordern, sondern müssen ihre Forderung nachvollziehbar begründen können.

Für Mieter ist wichtig zu wissen, dass sie eine Sicherheitsleistung nicht von vornherein ablehnen sollten. Oft ist es der einfachste Weg, dem Vermieter die gewünschte Sicherheit zu bieten und dadurch schnell zu der benötigten Zustimmung zu gelangen.

Fazit: Klare Regeln für beide Seiten

Das Urteil des Amtsgerichts Neubrandenburg schafft wichtige Klarheit in einem Bereich, der für viele Menschen von existenzieller Bedeutung ist. Barrierefreiheit ist kein Luxus, sondern oft eine Notwendigkeit, die nicht durch unnötige Verzögerungen behindert werden darf.

Gleichzeitig zeigt die Entscheidung, dass auch die berechtigten Interessen der Vermieter gewahrt bleiben. Die Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung zu fordern, gibt ihnen die nötige Planungssicherheit für den Fall, dass die Wohnung später wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden muss.

Der Schlüssel für beide Seiten liegt in der schnellen und transparenten Kommunikation. Mieter sollten ihre Anfragen konkret und mit entsprechenden Unterlagen stellen, Vermieter sollten zeitnah und klar antworten. So lassen sich die meisten Konflikte vermeiden, bevor sie vor Gericht landen.


Quelle: AG Neubrandenburg, Urteil vom 19.12.2024 - 109 C 353/23

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